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Unternehmensverbundene StiftungenDie unternehmensverbundene Stiftung: Das sind die Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis
| Wenn Stiftungen einen besonderen Bezug zu einem Unternehmen aufweisen, spricht man von unternehmensverbundenen Stiftungen. SB wirft in einer Serie einen Blick auf diese Sonderform der Stiftung und zeigt: Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine Vielzahl an Stiftungsformen, Gestaltungsmöglichkeiten, Chancen und Risiken. Im folgenden Beitrag geht es um die Gestaltungsmöglichkeiten rund um Präambel, Stiftungszweck, Stiftungsvermögen, Stiftungsorgane und Strukturmaßnahmen. |
Großer Gestaltungsspielraum für Regelungen
Egal, ob man eine rechtsfähige oder eine unselbstständige unternehmensverbundene Stiftung ins Leben ruft. Sie hat immer die große Gestaltungsfreiheit als Vorteil. Eine Stiftung kann hinsichtlich Zweck, Vermögen und innerer Struktur an die konkreten Bedürfnisse angepasst werden. Das bedeutet zugleich, dass es eine unternehmensverbundene Stiftung „von der Stange“ nicht gibt. Es bedarf immer einer sorgfältigen Gestaltung. Flexible und auf seine Wünsche angepasste Regelungen kann der Stifter dann an nahezu jeder Stelle der Stiftungssatzung und ihren Nebenordnungen (z. B. in Anlage- oder Förderrichtlinien oder einer Geschäftsordnung) schaffen.
Präambel: Motivation und Ziele des Stifters
Schon am Anfang der Stiftungssatzung ist Individualität des Stifters gefragt. Seine Motivation zur Errichtung einer unternehmensverbundenen Stiftung und seine Vision von der Arbeit dieser Stiftung sollte er in einer Präambel beschreiben, die den übrigen Satzungsregelungen vorangestellt ist. Die Regelungen können kurzgehalten sein, sollten einem Leser aber einen Einblick in die Überlegungen des Stifters bei Errichtung der Stiftung ermöglichen.
Aus einer sorgfältig gestalteten Präambel ergeben sich für die Stiftungsorgane wertvolle Hinweise auf den Stifterwillen und damit Anregungen und Leitlinien für die weitere Stiftungsarbeit. Das ist besonders dann eine große Hilfe und schafft Handlungssicherheit, wenn der Stifter verstorben ist oder aus sonstigen Gründen nicht mehr als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Von einer gut formulierten Präambel profitiert darüber hinaus der Stifter selbst, weil er seinen Stifterwillen auf diese Weise nachhaltig umsetzen kann.
Stiftungszweck
Unternehmensverbundene Stiftungen sind vielfältig. Ihre Zwecke sind es daher ebenfalls. Von der Förderung des Unternehmens und der dort tätigen Arbeitnehmer über die Versorgung des Stifters und seiner Familie bis hin zur Förderung sonstiger, regelmäßig gemeinnütziger Zwecke kann einem in der unternehmensverbundenen Stiftung nahezu jeder erdenkliche Stiftungszweck begegnen. Die Zwecke können eigen- oder gemeinnützig sein.
Satzungsregelung / Unternehmensbezogener Stiftungszweck |
Muster für unter-
nehmensbezogenen Stiftungszweck Zweck der Stiftung ist der Erhalt des Unternehmens ... (Name des Unternehmens), die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen im Unternehmen und die Unterstützung der aktuellen und ehemaligen Arbeitnehmer des Unternehmens und ihrer Abkömmlinge, insbesondere durch die finanzielle Unterstützung bei ihrer schulischen, beruflichen und/oder universitären Aus- und Weiterbildung. |
Satzungsregelung / Unternehmenserhalt und Versorgung |
Zweck der Stiftung ist der Erhalt des Familienunternehmens ... (Name des Unternehmens) als Einheit und die finanzielle Unterstützung des Stifters und seiner leiblichen Abkömmlinge aus den Erträgen des Unternehmens, insbesondere, aber nicht ausschließlich in Fällen persönlicher oder wirtschaftlicher Not oder sonstiger Bedürftigkeit. |
Satzungsregelung / Gemeinnütziger Stiftungszweck |
Unternehmens-
verbundene Stiftung kann auch gemeinnützig sein Zweck der Stiftung ist die Förderung der Kunst, insbesondere durch die Vergabe von Preisen und Stipendien an begabte Nachwuchskünstler, die Finanzierung von Ausstellungen für Künstler in öffentlichen Museen, Kulturinstitutionen und Galerien und die finanzielle und organisatorische Unterstützung von Künstlern bei der Beschaffung der zur künstlerischen Tätigkeit benötigten Materialien. |
Gänzlich unbeschränkt können die Stiftungszwecke nicht gestaltet werden. Wie bei jeder Stiftung findet die Gestaltung Grenzen im allgemeinen Stiftungsrecht, insbesondere im sog. Prinzip der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung. Unternehmensverbundene Stiftungen, die nur den Erhalt des Unternehmens bezwecken („Selbstzweckstiftungen“) oder die ausschließlich den Stifter fördern sollen („Stiftung für den Stifter“), sind daher unzulässig.
Es obliegt dem Stifter, „seiner“ unternehmensverbundenen Stiftung einen Zweck zu geben, der konkret genug ist, um den Stiftungsorganen eine Richtung vorzugeben, aber zugleich weit genug ist für Handlungsspielräume. Wie er – in diesen Grenzen – den Unternehmensbezug berücksichtigt (als Bestandteil des Stiftungszwecks, als Grundlage für Stiftungserträge, als Gegenstand des Familienvermögens…), entscheidet er allein. Er sollte dabei die Art und Weise der Zweckerfüllung vorgeben (z. B. durch „insbesondere“-Konkretisierungen in der Satzung oder durch Erlass von Förderrichtlinien).
Unabhängig vom gewählten Zweck und Kreis der Destinatäre sollte in der Satzung klargestellt werden, dass kein Anspruch auf Leistungen der Stiftung besteht, sondern es sich immer um freiwillige Leistungen handelt.
Satzungsregelung / Kein Anspruch auf Leistungen |
Ein Rechtsanspruch auf Leistungen der Stiftung besteht – auch bei wiederholter Gewährung von Leistungen – nicht. |
Stiftungsvermögen
Der Stifter legt fest, welches Vermögen er der Stiftung widmet und ob bzw. wie dieses zu erhalten und zu verwalten ist. Auch hinsichtlich des Stiftungsvermögens gibt es daher nicht „die unternehmensverbundene Stiftung“ per se, sondern maßgeschneiderte Gestaltungen für den Einzelfall.
Beteiligung als Kernbestandteil – ja oder nein?
Häufig wird sich die unternehmensverbundene Stiftung dadurch auszeichnen, dass Unternehmensbeteiligungen einen wesentlichen Bestandteil des Stiftungsvermögens ausmachen. Vielfach wird es sich um Mehrheitsbeteiligungen handeln. Aber auch Minderheitsbeteiligungen können einen Unternehmensbezug herstellen, insbesondere, wenn sie mit Veto- oder vergleichbaren Sonderrechten verbunden sind.
Manchmal machen die Unternehmensbeteiligungen im Verhältnis zum Gesamtvermögen nur einen kleinen Teil aus (z. B. wenn noch viele werthaltige Immobilien eingebracht sind). Ist dem Stifter aber gerade diese Beteiligung besonders wichtig, kann auch das eine unternehmensverbundene Stiftung sein. Für manche Stiftungen sind die Unternehmensbeteiligungen – konkreter: die von der Stiftung gehaltenen Gesellschaftsanteile – entscheidender Gegenstand ihres Stiftungsvermögens, für andere „nur“ ein austauschbarer Vermögensgegenstand.
Praxistipps |
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Satzungsregelung / Beteiligung und Umschichtungsverbot |
... auch Ausnahmen bestimmen Umschichtungen des Vermögens der Stiftung sind grundsätzlich zulässig. Dies gilt jedoch nicht für die Beteiligung an der XY-GmbH (oder ihren Rechtsnachfolgern, z. B. im Fall von Umwandlungen); dort sind Umschichtungen nur zulässig, wenn andernfalls der nachhaltige und dauernde Bestand der Stiftung gefährdet ist. Hiervon ist auszugehen, wenn aus der Unternehmensbeteiligung in mehr als fünf aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren keine Erträge erzielt wurden. |
Satzungsregelung / Umschichtungen und Umschichtungsgewinne |
Was wird bei Umschichtung des Stiftungsvermögens aus Gewinnen? Umschichtungen des Vermögens der Stiftung sind zulässig. Umschichtungsgewinne können für die Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden oder dem Grundstockvermögen zugeschrieben werden; hierüber entscheidet der Stiftungsvorstand. |
Nicht nur über die Zusammensetzung und Umschichtung des Stiftungsvermögens muss sich der Stifter Gedanken machen. Er sollte darüber hinaus Regelungen zum Erhalt und der Nutzung des Stiftungsvermögens treffen.
- Möchte der Stifter eine Ewigkeitsstiftung errichten, bei der das Vermögen in seinem Wert zu erhalten ist und allein die Erträge für die Stiftungszwecke verwendet werden, sollte er festlegen, was er unter „Erhalt“ des Stiftungsvermögens versteht. Vom (teil-)gegenständlichen Erhalt über den inflationsbereinigten Erhalt bis hin zum nominellen Erhalt gibt es viele Anknüpfungspunkte.Regelungen zur Art des Erhalts des Vermögens treffen
- Auch (Teil-)Verbrauchsstiftungen sind möglich. Dort muss der Stifter z. B. Vorgaben für den Vermögensverbrauch (Verbrauchszeitraum und Aufteilung des Verbrauchs) machen.Bei Verbrauchs-stiftung Vorgaben zu Verbrauch sinnvoll
- Details können in Anlagerichtlinien geregelt werden. Der Stifter kann sie selbst erlassen oder den Stiftungsorganen diese Möglichkeit eröffnen. Dann sollte er allerdings zumindest die Rahmenbedingungen (zuständiges Organ, Zeitpunkt, ggf. Leitlinien für die Anlageentscheidungen) vorgeben.
Stiftungsorgane
Stiftungen lassen dem Stifter Gestaltungsspielräume, und zwar gerade bei der Ausgestaltung der inneren Stiftungsstruktur und den Regelungen für die Stiftungsorgane. Flexibel ist der Stifter deswegen in nahezu allen Bereichen, die die Stiftungsorgane betreffen:
- Abgesehen von den zwingenden Stiftungsorganen (dem Vorstand bei rechtsfähigen Stiftungen und dem Treuhänder bei unselbstständigen Stiftungen) kann der Stifter sich frei entscheiden, weitere Stiftungsorgane zu schaffen (z. B. Kuratorium, Stiftungsrat oder Aufsichtsrat).
- Die Besetzung aller Stiftungsorgane kann der Stifter vorgeben. Er kann... bei Besetzung aller Stiftungsorgane frei und ...
- persönliche Voraussetzungen aufstellen (z. B. fachliche Qualifikationen oder die Zugehörigkeit zur Stifterfamilie) oder darauf verzichten;
- regeln, wie die Organmitglieder bestellt werden (z. B. Wahl durch ein anderes Stiftungsgremium oder Selbstergänzung/Kooption);
- sich oder anderen Personen sogar Sonderrechte (z. B. Entsende-, Benennungs- oder Vorschlagsrechte) einräumen.
- Der Stifter legt die Kompetenzen der Stiftungsorgane im Innenverhältnis (Geschäftsführung) und Außenverhältnis (Vertretung) fest. Er kann die Kompetenzordnung so gestalten, wie es in „seiner“ Stiftung passt. Ihm steht dafür eine Vielzahl an Werkzeugen zur Verfügung (u. a. Zustimmungsvorbehalte, Vetorechte, Einzel- und Gesamtvertretung, Regelung zur Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens und des Insichgeschäfts nach § 181 BGB). Er regelt auch, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Organmitglieder für ihre Entscheidungen haften (z. B. über Regelungen zu Haftungsbeschränkungen oder den Abschluss von D&O-Versicherungen).... regelt dieKompetenzen
- Der Stifter entscheidet, ob Organe ehrenamtlich oder hauptamtlich tätig sind, ob sie eine Vergütung oder Aufwendungsersatz erhalten. Dabei steht es ihm frei, dies selbst festzulegen oder den Stiftungsorganen einen Entscheidungsspielraum darüber einzuräumen (sog. Öffnungsklauseln).Stifter kann Vergütung selbst regeln oder Organen überlassen
- Der Stifter kann seine Vorgaben in der Satzung selbst oder in einer Nebenordnung (z. B. einer Geschäftsordnung) treffen. Dabei gibt es keinen Königsweg, sondern es kommt entscheidend darauf an, wie flexibel und an welchen Stellen er in Zukunft Änderungen erlauben will. Grundsätzlich gilt: Die Änderung einer Nebenordnung ist einfacher möglich als eine Satzungsänderung. Letztere ist an hohe Voraussetzungen geknüpft und bedarf der Zustimmung der Stiftungsaufsicht.Nebenordnung macht Änderungen leichter möglich
Bei der unternehmensverbundenen Stiftung sollte der Blick des Stifters über die Stiftung hinaus reichen. Die Stiftungsorgane – in der Regel die Vorstandsmitglieder – vertreten nämlich die Stiftung im Rechtsverkehr und üben daher auch die Gesellschafterrechte der unternehmensverbundenen Stiftung für diese aus, wenn sie Anteile an Unternehmen hält. Bildlich gesprochen sitzen die Mitglieder der Stiftungsorgane in der Gesellschafterversammlung des Unternehmens und treffen dort Entscheidungen. Das sollte der Stifter einer unternehmensverbundenen Stiftung im Blick haben und deswegen bei der Gestaltung der Stiftung insbesondere die folgenden fünf Punkte bedenken:
- Wer wird die Stiftung bei der Wahrnehmung von Gesellschafterrechten in (Tochter-)Unternehmen vertreten (z. B. Vorsitzender des Vorstands oder des Aufsichtsrats)?... fünf Punkte bedenken
- Welche Qualifikationen soll der- oder diejenige haben (z. B. Zugehörigkeit zur Stiftungsfamilie oder bestimmte fachliche Vorkenntnisse)?
- Wer entscheidet stiftungsintern darüber, wie Gesellschafterrechte der Stiftung ausgeübt werden? Muss die nach außen vertretungsberechtigte Person Weisungs-, Zustimmungs- oder Vetorechte berücksichtigen?
- Soll es eine Verknüpfung zwischen den im Unternehmen Verantwortlichen und den bei der Stiftung zuständigen Personen geben? (Achtung bei gemeinnützigen Stiftungen: durch personelle Verflechtungen entsteht ggf. ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb!)
- Soll es Vorgaben darüber geben, wie die Stiftung allgemein ihre Gesellschafterrechte ausüben soll (z. B. Vorgaben über die Person der von der Stiftung in der (Tochter-)Gesellschaft bestellten Geschäftsführer oder andere Weisungen des Stifters mit Blick auf die Unternehmensbeteiligung)?
Strukturmaßnahmen
Eine Herausforderung bei der Gestaltung von Stiftungen ist, dass diese meist für die Ewigkeit (jedenfalls für einen langen Zeitraum) errichtet werden sollen, zugleich aber so flexibel sein müssen, dass sie auf veränderte Umstände reagieren können. Auch an dieser Stelle ist der Stifter gefragt.
Rahmen für Strukturmaßnahmen
Der Stifter muss vorgeben, in welchem Rahmen Änderungen in der Stiftungsstruktur zulässig sein sollen – also
- Satzungsänderungen (auch Zweckänderungen),
- Zulegungen,
- Zusammenlegungen und
- die Auflösung der Stiftung.
Bei Stiftungen, die als unternehmensverbundene Familienstiftung starten, kann auch gewünscht sein, dass der Stiftungszweck ab einem gewissen Punkt (z. B. nach Veräußerung des Unternehmens) von einem privat- in einen gemeinnützigen Zweck „umgewandelt“ wird.
Maßgeblichkeit des Stifterwillens
Für all diese Strukturmaßnahmen gilt die Maßgeblichkeit des Stifterwillens. Sprich: Nur, was der Stifter an Änderungsspielraum zulässt, können die zuständigen Stiftungsorgane später nutzen. Er muss dabei die richtige Balance finden. Denn weder uneingeschränkte Änderungsvorbehalte noch extrem starre Vorgaben sind sinnvoll. Ggf. sind sie sogar unwirksam.
... formelle und materielle Voraussetzungen definieren Praxistipp | Der Stifter sollte sich über Strukturmaßnahmen bei der Satzungsgestaltung sorgfältig Gedanken machen. Anschließend sollte er in der Satzung insbesondere die folgenden Punkte regeln:
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- Beitrag „Die unternehmensverbundene Stiftung: Begriff, Motive, steuerlicher Rahmen und Alternativen“, SB 2/2022, Seite 27 → Abruf-Nr. 48836381
- Beitrag „Die Errichtung der unternehmensverbundenen Stiftung – auf diese Details kommt es an“, SB 3/2023, Seite 49 → Abruf-Nr. 48836544
- Beitrag „Die unternehmensverbundene Stiftung – Sonderfälle Doppelstiftung und Stiftung & Co. KG in SB 5/2023
AUSGABE: SB 4/2023, S. 67 · ID: 48751034