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StiftungsrechtStifter kann Wahlen, Beschlussfassungen und Satzungsänderungen nicht zu Fall bringen

Top-BeitragAbo-Inhalt28.04.20225053 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn

| Mit der Frage, ob ein Stifter nach der Anerkennung der Stiftung befugt ist, Beschlüsse der Stiftung anzufechten, musste sich das OLG Hamm auseinandersetzen. Dabei ging es auch um Fragen zur Wirksamkeit von Wahlen über die Beschlussfassung bis hin zu Satzungsänderungen. Der Stifter unterlag in allen Punkten. SB stellt die für die Stiftungspraxis wichtige Entscheidung des OLG Hamm vor. |

Streit eines Stifters mit der Stiftung und dem Land NRW

In dem Verfahren stritt einer der Stifter einer gemeinnützigen Stiftung mit der Stiftung und dem Bundesland Nordrhein-Westfalen, das als Stiftungsaufsicht die Stiftung anerkannt und insbesondere Satzungsänderungen genehmigt hatte.

Der Stifter hatte bereits 2019 sämtliche ihm selbst zustehenden Rechte als Stifter an einen Dritten abgetreten und ihn unwiderruflich zu seinem alleinigen Rechtsnachfolger für alle mit der Stiftung im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten bestimmt. Mit der Klage versuchte er, „eine Vielzahl von Feststellungsanträgen“ gerichtlich durchzusetzen.

Stifter scheitert auch vor OLG Hamm

Wie bereits in der Vorinstanz vor dem LG Paderborn hatte der Stifter auch vor dem OLG Hamm keinen Erfolg (OLG Hamm, Urteil vom 03.02.2022, Az. 27 U 15/21, Abruf-Nr. 228415).

Stifter fehlt bereits Aktivlegitimation

Nach Ansicht des OLG fehlte dem Stifter im Urteilsfall bereits die Aktivlegitimation. Einem Stifter ist ein nur auf der Eigenschaft als Stifter beruhendes Klagerecht nicht zuzubilligen. Dies betrifft sowohl die Beschreitung des Zivilrechtswegs als auch des Verwaltungsrechtswegs. Dies beruht darauf, dass sich eine Stiftung mit ihrer Anerkennung vom Stifter emanzipiert und das rechtliche Band zu diesem endgültig zertrennt wird.

Wichtig | Ein potenzieller Stifter ist hierdurch auch nicht rechtlos gestellt. Denn es sei ihm nicht verwehrt, sich satzungsgemäß Rechte vorzubehalten, deren Beeinträchtigung dann auch gerügt und zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden kann. An diesen fehlte es hier jedoch bzw. diese hatte er auf einen Nachfolger dauerhaft übertragen.

Rechtsmissbräuchliches Zuwarten – Rechte verwirkt

Der Stifter wendete sich mit der Klage aus dem Jahr 2020 gegen Wahlen zum Kuratorium (das für die Wahl des Vorstands zuständig war), die im April 2014 durchgeführt worden waren. Die Amtszeit war zwischenzeitlich ausgelaufen.

Hier war es für das OLG eindeutig und offensichtlich, dass es dem Stifter allein um die Frage der Nichtigkeit der Satzungsänderungen aus dem Jahr 2017 und die künftige (behauptete) Entwicklung der Stiftung ging. Dies sei missbräuchlich, die jahrelang hingenommenen Wahlen im Jahr 2014 einzig zur Bekämpfung der Satzungsänderungen im Jahr 2017 und deren (behaupteter) inhaltlicher Zweckänderungen einzusetzen. Eine Fortwirkung von unwirksamen Wahlen im weiteren Verlauf für weitere Wahlen sei rechtlich nicht begründbar.

Fehlende Fortsetzungsklausel ist unschädlich

Die Satzung sah vor, dass die Amtszeit des Vorstands „einheitlich vier Jahre“ beträgt. Dass eine ausdrückliche „Fortsetzungsklausel“ („bleibt bis zur Neuwahl im Amt“) offensichtlich fehlte, war aus Sicht des OLG unproblematisch. Denn die Neuwahl des Vorstands hatte keine zwei Wochen nach dem End-datum stattgefunden. Die Satzung sei nicht so zu verstehen, dass die Amtszeit an einem bestimmten Tag endet, weil die Satzung insbesondere nicht die Formulierung „endet am“ enthalte.

Besetzung des Kuratoriums ist ordnungsgemäß

In Stiftungen ist es nicht unüblich, dass Persönlichkeiten der Gesellschaft berufen werden. Im Urteilsfall war u. a. der Bürgermeister berufen worden. Bei diesem fehlte offensichtlich eine förmliche Beschlussfassung des Rates, der „zwar aus Gründen der Rechtssicherheit angebracht“ gewesen sei; jedoch konnte nachgewiesen werden, dass der Rat mit seiner Tätigkeit einverstanden war und (lediglich) die förmliche Beschlussfassung hierzu nachgeholt hat, nachdem die Frage der rechtlichen Notwendigkeit aufgekommen war.

Praxistipp | Förmliche Beschlüsse über die Besetzung der Gremien sollten stets dokumentiert werden.

Satzungsänderungen verstoßen nicht gegen Stifterwillen

Der in der Stiftungsurkunde niedergelegte Stifterwille ist auch bei einer Satzungsänderung zu respektieren und zu verwirklichen. Der durch die Genehmigung der Stiftung verselbstständigte und objektivierte Stifterwille bleibt auch für Satzungsänderungen maßgeblich. Diese müssen mit dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Stifters im Einklang stehen und sind nach einem allgemeinen Grundsatz des Stiftungsrechts nur zulässig, wenn hierfür ein rechtfertigender Grund besteht, vor allem wenn sie wegen wesentlicher Veränderung der Verhältnisse angezeigt sind. Dass hier gegen den Stifterwillen verstoßen worden sei, konnte der Kläger nicht nachweisen.

Genehmigung durch Stiftungsaufsicht ist Verwaltungsakt

Die Genehmigung einer Satzungsänderung durch die Stiftungsaufsicht wirkt sich nicht auf die materiell-rechtliche Wirksamkeit einer Satzungsänderung aus. Deshalb ergibt sich auch hieraus bereits im rechtlichen Ansatz kein zivilrechtlicher Feststellungsanspruch gegen das Land NRW. Hier käme allenfalls ein verwaltungsgerichtliches Verfahren in Betracht.

Fazit | Lehrbuchartig führt das OLG in verschiedene Aspekte ein, die im Stiftungsbereich immer wieder eine Rolle spielen. Aus Beratersicht sind in dem Urteil wertvolle Hinweise enthalten, auf die geachtet werden sollten.

AUSGABE: SB 5/2022, S. 89 · ID: 48221429

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