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TreuhandstiftungUnselbstständige Stiftung: Alternative, Baustein und Zwischenstufe zur rechtsfähigen Stiftung
| Wer an die Errichtung einer Stiftung denkt, hat häufig die „klassische“ rechtsfähige Stiftung im Sinn. Doch unselbstständige Stiftungen („Treuhandstiftungen“) bieten ebenfalls viele Möglichkeiten und sind sinnvolle Gestaltungsalternativen. Und nicht nur das: Auch in Kombination mit selbstständigen Stiftungen oder als Zwischenschritt zu deren Errichtung sind unselbstständige Stiftungen ein wertvoller Baustein. SB macht Sie nachfolgend mit den Details vertraut und gibt Tipps für die Praxis. |
Rechtsfähige und unselbstständige Stiftungen – Unterschiede
Der Name sagt es: Der wesentliche Unterschied zwischen rechtsfähigen und unselbstständigen Stiftungen ist die Frage nach ihrer zivilrechtlichen Eigenständigkeit.
- Rechtsfähige Stiftungen sind juristische Personen (und als solche Trägerin des Stiftungsvermögens).
- Demgegenüber handelt es sich bei unselbstständigen Stiftungen um schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen dem Stifter und einem Stiftungstreuhänder. Träger des Stiftungsvermögens ist bei unselbstständigen Stiftungen der Stiftungstreuhänder; er ist jedoch verpflichtet, das Vermögen der unselbstständigen Stiftung getrennt von seinem sonstigen Vermögen besonders zu verwalten (Sondervermögen). Weil die schuldrechtliche Beziehung zum Stiftungstreuhänder meistens Aspekte eines Treuhandverhältnisses aufweist, werden unselbstständige Stiftungen auch als „Treuhandstiftungen“ bezeichnet.... zivilrechtlichen Einordnung der jeweiligen Stiftung
Rechtsfähige wie unselbstständige Stiftungen können unter Lebenden oder von Todes wegen errichtet werden. Da die rechtsfähige Stiftung eine juristische Person ist und die unselbstständige Stiftung nicht, unterscheiden sie sich trotzdem grundlegend in der Art ihrer Errichtung:
- Rechtsfähige Stiftungen setzen ein eher formelles Stiftungsgeschäft und die Anerkennung der Stiftung durch die zuständige Stiftungsaufsichtsbehörde voraus.
- Unselbstständige Stiftungen dagegen können durch den Abschluss eines Vertrags zwischen dem Stifter und dem Stiftungstreuhänder begründet werden. Zivilrechtlich liegt dem ein Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis oder eine Schenkung unter Auflage zugrunde. Eine behördliche Zustimmung ist für die Errichtung der unselbstständigen Stiftung nicht erforderlich.
Gemeinsamkeit der beiden Stiftungsformen
Rechtsfähige und unselbstständige Stiftungen haben trotz aller Unterschiede eine wesentliche Gemeinsamkeit: Der Stifter hat eine große Gestaltungsfreiheit. Er kann nicht nur den Zweck und die Aufgaben der Stiftung weitgehend frei gestalten, sondern auch Vorgaben für die Vermögensausstattung und -verwaltung der Stiftung machen. Es steht ihm zudem frei, über die obligatorischen Stiftungsorgane hinaus (bei der rechtsfähigen Stiftung ist das der Vorstand, bei unselbstständigen Stiftungen der Treuhänder) weitere Stiftungsorgane einzusetzen.
Praxistipp | Unabhängig von der Stiftungsform kann der Stifter aufgrund seiner großen Gestaltungsfreiheit „seine“ Stiftung nach seinen Vorstellungen im Einzelfall gestalten. Er sollte gerade bei einer unselbstständigen Stiftung darauf achten, dass er in der Stiftungssatzung detaillierte Regelungen für die Stiftung schafft. Denn auf die unselbstständige Stiftung sind die für rechtsfähige Stiftungen geltenden gesetzlichen Vorschriften nicht anwendbar; das sind v. a. §§ 80 ff. BGB und die Regelungen in den Stiftungsgesetzen der Länder. |
Denkanstöße für die Rechtsformwahl
Bei der Entscheidung zwischen einer rechtsfähigen und einer unselbstständigen Stiftung gibt es kein pauschales „Richtig“ oder „Falsch“. Beide Stiftungsformen haben für den Stifter Vor- und Nachteile; und es kommt auf den Einzelfall an, welche Punkte diesem besonders wichtig sind.
Aspekt Eigenständigkeit und staatliche Kontrolle
Natürlich ist die Frage nach der rechtlichen Eigenständigkeit ein wichtiger Aspekt. Bei vielen Stiftern besteht der Wunsch nach einer auf Ewigkeit angelegten, selbstständigen Einheit. Sie entscheiden sich meist für die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung.
Liegt dem Stifter an einem geringen behördlichen Abstimmungsaufwand, bietet sich dagegen eine unselbstständige Stiftung an. Sie bedarf weder bei der Errichtung noch in der laufenden Stiftungsarbeit der Anerkennung oder sonstigen Freigabe durch die Stiftungsaufsichtsbehörden, wie es bei rechtsfähigen Stiftungen der Fall ist. Umgekehrt kann die Kontrolle durch die staatlichen Behörden im Einzelfall als Kontrollinstanz sogar gewünscht sein; dann ist die rechtsfähige Stiftung die bessere Wahl.
Aspekt Stiftungsvermögen
Auch das Stiftungsvermögen kann für die Rechtsformwahl mitentscheidend sein. Die Stiftungsaufsichtsbehörden prüfen genau, ob das Vermögen einer rechtsfähigen Stiftung ausreicht, um ihren Zweck nachhaltig erfüllen zu können. Rechtsfähige Stiftungen werden deswegen üblicherweise nur für größere (im Regelfall mindestens sechsstellige) Stiftungsvermögen anerkannt.
Unselbstständige Stiftungen können dagegen schon mit einem geringeren Vermögen errichtet werden. Zu gering sollte ihr Vermögen trotzdem nicht sein, da sich sonst (im Normalfall) der Aufwand für die Errichtung und laufende Verwaltung der Stiftung nicht lohnt. Wenn der Stiftungstreuhänder für seine Tätigkeit eine Vergütung erhalten soll, ist auch dies einzuberechnen.
Aspekt Einflussmöglichkeiten des Stifters
Für die Wahl zwischen den Stiftungsformen kann es außerdem Bedeutung haben, welche Einflussmöglichkeiten sich der Stifter vorbehalten will.
- Bei der Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung können für den Stifter zwar Sonderrechte vorbehalten werden (z. B. Rechte zur Besetzung der Stiftungsorgane). Doch das Vermögen ist im Regelfall unwiederbringlich auf die Stiftung übertragen.
- Bei unselbstständigen Stiftungen – gerade, wenn sie als Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis gestaltet sind – kann man den Einfluss des Stifters weitgehender fassen. Das geht so weit, dass ihm einseitige Kündigungsmöglichkeiten zugestanden werden können, die bei rechtsfähigen Stiftungen nahezu ausgeschlossen sind. Solche Kündigungsregelungen müssen allerdings bei gemeinnützigen Stiftungen sorgfältig gestaltet werden, um die Steuerprivilegierung nicht – schlimmstenfalls rückwirkend – zu verlieren.Unselbstständige Stiftung lässt dem Stifter mehr Eingriffsoptionen
Nebenaspekt: Steuerrecht
Obgleich dem Steuerrecht ansonsten häufig (zu Recht) eine wesentliche Rolle bei der Rechtsformwahl zukommt, ist das bei der Wahl zwischen rechtsfähiger und unselbstständiger Stiftung nicht unbedingt der Fall. Denn obwohl unselbstständige Stiftungen zivilrechtlich nicht eigenständig sind, können sie unter bestimmten Voraussetzungen wie rechtsfähige Stiftungen ein eigenes Körperschaftsteuersubjekt sein (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG). Sie können als solche auch als gemeinnützig anerkannt werden.
Wie rechtsfähige und unselbstständige Stiftung „koalieren“
Jede unselbstständige Stiftung braucht einen Stiftungstreuhänder, der das Stiftungsvermögen verwaltet und die Stiftung im Rechtsverkehr vertritt. Dabei können rechtsfähige und unselbstständige Stiftungen optimal miteinander kombiniert werden. Denn eine rechtsfähige Stiftung ist häufig ein passender Treuhänder für unselbstständige Stiftungen (sofern ihre eigene Satzung dem nicht entgegensteht). Wenn die rechtsfähige Stiftung – wie im Regelfall – als Ewigkeitsstiftung konzipiert ist, kann sich der Stifter darauf verlassen, dass sie als Treuhänderin dauerhaft zur Verfügung steht.
Darüber hinaus sind es in der Praxis vielfach Stiftungen, die nicht nur eine, sondern mehrere unselbstständige Stiftungen unter ihrem Dach versammeln. In diesem Zusammenhang ist an Bürgerstiftungen, institutionelle Stiftungstreuhänder oder größere Stiftungen zu denken, die über das Angebot von unselbstständigen Stiftungen unter ihrem Dach zusätzliche potenzielle Stifter anwerben wollen. Solche Stiftungen verfügen häufig über einen Erfahrungsschatz bei der Verwaltung von unselbstständigen Stiftungen, von dem jede der von ihr verwalteten Stiftungen profitieren kann.
Treuhandstiftung als Zwischenstufe zur rechtsfähigen Stiftung
Eine unselbstständige Stiftung muss nicht immer unselbstständig bleiben. Sie kann auch eine Zwischenstufe auf dem Weg zur rechtsfähigen Stiftung sein. Dabei kann der Wunsch nach einer solchen Umwandlung dem Stifter
- schon bei Errichtung der (noch unselbstständigen Stiftung) vor Augen stehen oder
- sich erst später entwickeln.
Motive für die „Umwandlung“ einer unselbstständigen Stiftung
Es kommt vor, dass Stifter bei der Errichtung ihrer Stiftung erst einmal „nur“ eine unselbstständige Stiftung errichten können oder wollen. So kann es sein, dass der Stifter zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht über die zur Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung erforderlichen Mittel verfügt. Möglicherweise möchte er auch erst ausprobieren, ob das Konzept der Stiftung für ihn passt und sich einen „Rücktritt“ vorbehalten („Stiftung auf Probe“).
Damit in solchen Fällen auf die Errichtung einer Stiftung nicht verzichtet werden muss, kann die Stiftungsarbeit zunächst mit einer unselbstständigen Stiftung beginnen. Sie kann später in eine rechtsfähige Stiftung umgewandelt werden, wenn das erforderliche Stiftungsvermögen oder die notwendigen Kenntnisse für den Betrieb der Stiftung erworben worden sind.
Praxistipp | Wenn der Stifter eine solche Entwicklung schon bei der Errichtung seiner Stiftung nicht ausschließt oder sogar wünscht, sollte er das in der Satzung entsprechend klar gestalten (dazu unten mehr). |
Es gibt ebenso Konstellationen, in denen sich der Wunsch nach der Umwandlung einer unselbstständigen in eine rechtsfähige Stiftung erst im Laufe der Stiftungsarbeit entwickelt, ohne dass sich der Stifter selbst dazu Gedanken gemacht hat.
Typische Fälle |
... Ruf nach eigener Rechtspersönlichkeit laut werden lassen Typischerweise handelt es sich um Fälle, in denen die Stiftungsarbeit erfolgreich verläuft oder die Stiftung nicht mehr nur Projekte anderer fördert, sondern selbst Projekte entwickelt und umsetzt. In solchen Situationen entsteht häufig erst nach einiger Zeit der Wunsch, der Stiftung ihrer Bedeutung gemäß eine eigene Rechtspersönlichkeit zukommen zu lassen. Werbeeffekte und der ggf. einfachere Zugang zu Fördermitteln, wenn sie durch die Stiftung selbst beantragt werden können, spielen manchmal ebenfalls eine Rolle. |
Ablauf der „Umwandlung“ der unselbstständigen in rechtsfähige Stiftung
Die „Umwandlung“ der unselbstständigen Stiftung in eine rechtsfähige Stiftung meint die Überleitung des Stiftungsvermögens und ggf. der Stiftungsverbindlichkeiten von der unselbstständigen Stiftung auf die rechtsfähige Stiftung. Für diesen Wandel des Rechtskleids gibt es allerdings keine gesetzliche Regelung und keine Möglichkeit der Gesamtrechtsnachfolge. Denn:
- Die unselbstständige Stiftung ist keine juristische Person und damit kein umwandlungsfähiger Rechtsträger nach dem Umwandlungsgesetz.
- Die Vorschriften zur Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen (§§ 86 ff. BGB nach dem neuen Stiftungsrecht) gelten nicht – auch nicht entsprechend – für unselbstständige Stiftungen.
Wichtig | Die Umwandlung der unselbstständigen Stiftung in eine rechtsfähige Stiftung ist deswegen vor allem (Vertrags-)Gestaltung ohne besondere gesetzliche Grundlage; auch deswegen kommt dem in der Satzung niedergelegten Stifterwillen eine große Bedeutung zu.
Letztlich vollzieht sich die Umwandlung in zwei Schritten: Die unselbstständige Stiftung wird aufgelöst. Ihr Vermögen wird im Wege der Einzelrechtsnachfolge (also durch Übertragung jedes einzelnen Vermögensgegenstands) auf eine rechtsfähige Stiftung übertragen.
Die rechtsfähige Stiftung kann vorher existiert haben oder vom Stiftungsträger und/oder einer sonstigen Person im Zusammenhang mit der Umwandlung neu errichtet worden sein.
Stifter der neuen rechtsfähigen Stiftung ist entweder der Stiftungstreuhänder („Stifter auf Weisung“) oder der ursprüngliche Stifter, der den Treuhänder dann zur Übertragung des bis dahin treuhänderisch gehaltenen Vermögens auf die neue rechtsfähige Stiftung anweist.
Praxistipp | Von entscheidender Bedeutung bei solchen Umstrukturierungsmaßnahmen ist ungeachtet von der konkreten Ausgestaltung, dass die aktuellen und zukünftigen Stiftungsorgane untereinander und mit den zuständigen Stiftungsaufsichts- und Finanzbehörden gut zusammenarbeiten. Letzteres gilt vor allem, wenn die umzuwandelnde unselbstständige Stiftung gemeinnützig ist. |
Stifterwille und Satzungsgestaltung
Die Umwandlung einer unselbstständigen Stiftung ist nur möglich, wenn sie vom ausdrücklichen oder hypothetischen Stifterwillen gedeckt ist. Maßgeblich ist der ursprüngliche Stifterwille bei der Errichtung der Stiftung, der sich insbesondere aus dem Stiftungsgeschäft oder der damit im Zusammenhang erlassenen Stiftungssatzung ergeben kann.
Praxistipps |
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Fehlt eine Satzungsregelung, kann die Einschätzung, ob die Umwandlung in eine rechtsfähige Stiftung vom Stifterwillen gedeckt ist, dementsprechend schwieriger sein. Hilfreich ist in diesen Fällen der Blick in die Regelungen zur Kündigung oder zum Widerruf des Vertragsverhältnisses zwischen dem Stifter und dem Stiftungstreuhänder oder zur sonstigen Auflösung der unselbstständigen Stiftung. Sind solche Maßnahmen an hohe Voraussetzungen geknüpft, wird voraussichtlich auch die Umwandlung in eine rechtsfähige Stiftung nicht ohne Weiteres vom Stifterwillen gedeckt sein.
Eine ad hoc erklärte Weisung des Stifters zur Umwandlung kann in solchen Situationen hilfreich sein, greift aber nicht immer durch. Denn gerade, wenn die unselbstständige Stiftung als Schenkung unter Auflage und nicht als Geschäftsbesorgungsverhältnis errichtet wurde, steht dem Stifter ggf. kein Weisungsrecht gegenüber dem Stiftungstreuhänder zu. Die Entscheidung über die Umwandlung der Stiftung obliegt dann allein dem Treuhänder. Diese Punkte zeigen einmal mehr, dass der Stifter – egal wie er sich am Ende entscheidet – der Thematik bei der Gestaltung seiner unselbstständigen Stiftung Beachtung schenken sollte.
Fazit | Unselbstständige und rechtsfähige Stiftungen sind jeweils sinnvolle Gestaltungsoptionen für Stifter, ohne dass eine per se besser oder schlechter ist. Anders gesagt: Für jeden Stifter gibt es die für ihn richtige Stiftungsform. Die beiden Stiftungsformen können aber miteinander kombiniert werden oder ineinander übergehen (z. B. bei der Umwandlung der unselbstständigen Stiftung in eine rechtsfähige Stiftung). Der Stifter sollte diese Möglichkeiten bereits bei der Errichtung seiner Stiftung bedenken und in der Stiftungssatzung abbilden. |
- Mehr zum Thema der unselbstständigen Stiftung finden Sie in Ausgabe 4/2022. Dort geht es um die einzelnen Schritte und den Ablauf der Umwandlung.
AUSGABE: SB 3/2022, S. 43 · ID: 47997992