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SBStiftungsBrief

Öffentlich-rechtliche StiftungFG München erteilt öffentlich-rechtlicher nicht rechtsfähiger Stiftung in Bayern eine Absage

Abo-Inhalt12.01.20221857 Min. LesedauerVon Dr. Matthias Uhl, Rechtsanwalt bei Peters, Schönberger & Partner, München

| Es ist nach bayerischem Landesrecht nicht möglich, eine öffentlich-rechtliche – nicht rechtsfähige – Stiftung zu errichten. Diese Auffassung vertritt das FG München. Das Ergebnis überrascht, weil zumindest in anderen Bundesländern unselbstständige öffentlich-rechtliche Stiftungen anerkannt werden. SB erläutert die Entscheidung und beschreibt die Konsequenzen für die Praxis. |

Um diesen Fall ging es vor dem FG

Mit notarieller Urkunde aus dem Jahr 1989, die mit der Überschrift „Zweckzuwendung und Stiftung“ versehen war, waren einer bayerischen Gemeinde Grundstücke überlassen worden. Die Gemeinde wurde dabei von ihrem Kämmerer vertreten. Die Übergeberin bestimmte in der Urkunde, dass der Ertrag der Grundstücke alten und mittellosen Bürgern der Gemeinde zugutekommen muss. Wem genau im einzelnen Erträge in Form von einmaligen Zuwendungen in besonderen Notfällen als auch Dauerleistungen zufließen sollen, sollten die nach der Gemeindeordnung zuständigen Gremien entscheiden.

Die Grundstücke wurden danach als nicht rechtsfähige Stiftung gemäß Art. 84 der bayerischen Gemeindeordnung zugewendet, der auch eine Satzung gegeben wurde. Durch Gemeinderatsbeschluss wurde die Zuwendung „unter Beachtung der damit verbundenen Auflagen“ angenommen und eine „nichtrechtsfähige Stiftung gemäß Art. 84 GO gegründet“. Die Stiftungssatzung wurde jedoch durch den Gemeinderat erst 2018 mit rückwirkendem Inkrafttreten zu einem Datum aus dem Jahr 1989 beschlossen.

Im Zuge einer steuerlichen Außenprüfung der Gemeinde wurde das Finanzamt auf die Stiftung aufmerksam, weil für diese keine Steuererklärungen abgegeben wurden. Das Finanzamt beurteilte die Stiftung als eine solche des privaten Rechts und forderte die Gemeinde auf, steuerlichen Erklärungspflichten nachzukommen. Die Gemeinde meinte dagegen, dass die Stiftung als nicht rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts nicht erklärungspflichtig sei. Das Finanzamt erließ einen Schätzungsbescheid, gegen den die Gemeinde Einspruch erhob. Auf diese Weise landete der Fall letztlich vor dem FG München, wobei das Finanzamt zwischenzeitlich eine gesonderte Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO (= Feststellung der formellen Gemeinnützigkeit) ablehnte.

FG München: Fiduziarische Stiftung des privaten Rechts

Das FG hat wie folgt entschieden (FG München, Urteil vom 11.05.2021, Az. 6 K 1417/19, Abruf-Nr. 225847): Die Gemeinde als Treuhänderin verwaltet eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG körperschaftsteuerpflichtige, nicht rechtsfähige (fiduziarische) Stiftung des privaten Rechts und keine öffentlich-rechtliche Stiftung, weil

  • jemand durch einen privatrechtlichen notariell beurkundeten Vertrag einer bayerischen Gemeinde Vermögenswerte mit der Auflage zugewendet hat, die Erträge für einen bestimmten Zweck zu verwenden,
  • die Gemeinde die zugewendeten Vermögenswerte durch Mitwirkung beim Vertragsschluss (hier: Mitwirkung des Kämmerers nebst Genehmigungsbeschluss des Gemeinderats) auf zivilrechtlicher Grundlage entgegengenommen hat und
  • die Gemeinde sich verpflichtet hat, das Stiftungsvermögen gemäß der vertraglichen Verpflichtung nach Maßgabe des Art. 84 BayGO zu verwalten.

Keine Norm für öffentlich-rechtliche nicht rechtsfähige Stiftung in Bayern

Die Entscheidung des FG München basiert auf der herrschenden Auffassung, dass sich die Errichtung und die Rechtsverhältnisse von Stiftungen des öffentlichen Rechts nach dem Landesrecht richten. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

  • Das FG gibt zunächst die Rechtslage wieder, dass inländische „nichtrechtsfähige Stiftungen des privaten Rechts“ nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind. Öffentlich-rechtliche Stiftungen hingegen sind nicht körperschaftsteuerpflichtig. Im vorliegenden Fall verwalte die Gemeinde eine „nicht rechtsfähige fiduziarische Stiftung des privaten Rechts“.
  • Die „Rechtsqualität“ einer Stiftung richte sich nach der Rechtsform seiner Entstehung und dem Stiftungszweck. Hier wurde die Stiftung durch einen privatrechtlichen Vertrag aus dem Jahr 1989 gegründet.
  • Der Umstand, dass eine Gemeinde als Treuhänderin fungiert, führt nicht dazu, einen zivilrechtlichen Vertrag als Hoheitsakt anzusehen. Es gebe keine Rechtsnorm, die die Gründung einer öffentlich-rechtlichen nicht rechtsfähigen Stiftung in Bayern ermöglicht.
  • Das bayerische Landesrecht sieht nur vor, dass rechtsfähige Stiftungen des öffentlichen Rechts (und natürlich solche des bürgerlichen Rechts) gegründet werden können. Die Regelungen des bayerischen Stiftungsgesetzes seien abschließend.
  • Die im Jahr 1972 in die bayerische Gemeindeordnung eingefügten Art. 84 f. BayGO führen zu keiner Änderung dieser Rechtslage. Diese Bestimmungen beschäftigten sich lediglich mit der Frage, wie von Gemeinden verwaltete privatrechtliche fiduziarische Stiftungen zu verwalten seien.

Danach war – bei unterstellter „wirtschaftlicher Selbstständigkeit“ der Vermögensmasse – eine nicht rechtsfähige Stiftung privaten Rechts als Körperschaftsteuersubjekt gegeben. Folglich war es für das FG München auch richtig, zugunsten der Stiftung keinen Feststellungsbescheid nach § 60a AO zu erlassen, da erst 2018 überhaupt eine Satzung beschlossen worden ist.

Praxistipp | Das Urteil überrascht. Denn zumindest in anderen Bundesländern werden unselbstständige öffentlich-rechtliche Stiftungen anerkannt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.03.1984, Az. 15 A 1620/81).

Zuständigkeit nach Gemeindeordnung

Der entschiedene Sachverhalt enthält noch einen weiteren interessanten Aspekt: Nach Anordnung der Stifterin waren die Unterstützungsleistungen im vorliegenden Fall nach dem Ermessen der nach der Gemeindeordnung zuständigen Gremien zu gewähren und zu verteilen.

Welches „Gremium“ – genauer gesagt: welches Gemeindeorgan (typischerweise Bürgermeister oder Gemeinderat) – darüber befinden darf, an welche Destinatäre der Stiftungsgenuss zu verteilen ist, bildet ein häufiges Praxisproblem bei kommunal verwalteten Stiftungen. Denn behandelt der Bürgermeister diese Thematik als eine ihm obliegende Angelegenheit der laufenden Verwaltung, provoziert dies Protest auf Seiten solcher Gemeinderatsmitglieder, die diesbezüglich Mitspracherechte reklamieren.

Vorbehaltlich spezieller Satzungsvorgaben und der konkreten Verhältnisse der jeweils zu beurteilenden Stiftung unterliegt die Verteilung von Stiftungsleistungen an Destinatäre bei kommunalen Stiftungen im Zweifel nicht einer „einsamen“ Entscheidung des Bürgermeisters. Stattdessen ist der Gemeinderat für funktional zuständig zu erachten (grundlegend zur intrakommunalen Organzuständigkeit bei der kommunalen Stiftung Uhl, ZStV 2017, 150).

Die Konsequenzen für die Praxis

Der vom FG München entschiedene Sachverhalt ist in der Praxis so oder in ähnlicher Form häufig bei Gemeinden anzutreffen. Daraus ergibt sich folgender Handlungsbedarf:

Handlungsbedarf für Gemeinden bei von ihnen verwalteten Stiftungen

Die Entscheidung gibt allen Gemeinden Anlass, die Rechtsnatur der von ihnen verwalteten nicht rechtsfähigen Stiftungen zu überprüfen. Da sich die Errichtung und die Rechtsverhältnisse von öffentlich-rechtlichen Stiftungen primär nach dem Landesrecht richten, können die Ergebnisse einer solchen Überprüfung durchaus unterschiedlich ausfallen. Je nachdem, ob im Ergebnis nichtrechtsfähige Stiftungen des privaten Rechts oder solche des öffentlichen Rechts vorliegen, ist dann eine jeweilige Körperschaftsteuerpflicht zu bejahen oder zu verneinen. Ja nach Einstufung bestehen dann steuerliche Deklarationspflichten (oder eben nicht).

Handlungsbedarf bezüglich formeller Satzungsmäßigkeit

Ist die Stiftung dem Grunde nach körperschaftsteuerpflichtig, ist regelmäßig auch das Thema formelle Satzungsmäßigkeit relevant. Also die Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid über die satzungsmäßige Gemeinnützigkeit nach § 60a Abs. 1 AO zu erlangen. Dies ist deshalb für die Steuerbefreiung gemeinnütziger (nicht) rechtsfähiger Stiftungen relevant, weil die hierfür nötigen Voraussetzungen bei der Körperschaft- und der Gewerbesteuer den ganzen Veranlagungszeitraum hindurch bestehen müssen (§ 60 Abs. 2 AO).

AUSGABE: SB 3/2022, S. 55 · ID: 47918870

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