Logo IWW Institut für Wissen in der Wirtschaft
Login
FeedbackAbschluss-Umfrage
SBStiftungsBrief

Zuwendungen Wann ist der Heimfrieden bei Zuwendung an eine dem Pflegeheim nahestehende Stiftung verletzt?

Top-BeitragAbo-Inhalt31.01.20221665 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Dr. Matthias Uhl, Peters, Schönberger & Partner, München

| Wird eine Stiftung, die einem Pflegeheimträger nahesteht, durch einen Heimbewohner zum Erben eingesetzt, kann das kritisch sein. Denn im Heimgesetz (§ 14 Abs. 1 und 5 HeimG) ist ein Zuwendungsverbot geregelt, das in der Praxis weithin unbekannt ist. Über dieses Verbot musste das LG Kempten auf Betreiben eines übergangenen Erben entscheiden. SB stellt die Hintergründe der Entscheidung vor und erläutert die Konsequenzen für Förderstiftungen. |

Heimrecht definiert gesetzliche Zuwendungsverbote

Als Bundesrecht regelt § 14 Abs. 1 und 5 HeimG Zuwendungsverbote bei Leistungen an den Heimträger und an die bei ihm Beschäftigten. In Bundesländern, die von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht haben, gibt es Bestimmungen, die § 14 Abs. 1 und 5 HeimG (weitgehend) entsprechen (z. B. Art. 8 Abs. 1 und 4 BayPfleWoqG). Wörtlich heißt es in § 14 HeimG:

§ 14 Abs. 1 und 5 HeimG

  • (1) Dem Träger ist es untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnerinnen und Bewohnern oder den Bewerberinnen und Bewerbern um einen Heimplatz Geld- oder geldwerte Leistungen über das nach § 5 vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen.
  • (5) Der Leitung, den Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern des Heims ist es untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnerinnen und Bewohnern neben der vom Träger erbrachten Vergütung Geld- oder geldwerte Leistungen für die Erfüllung der Pflichten aus dem Heimvertrag versprechen oder gewähren zu lassen. Dies gilt nicht, soweit es sich um geringwertige Aufmerksamkeiten handelt.

§ 14 HeimG lassen sich folglich zwei gesetzliche Verbote entnehmen:

  • Der Heimträger darf sich von oder zugunsten von Bewohnern oder den Bewerbern um einen Heimplatz kein Geld- oder geldwerte Leistungen über das vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren lassen.
  • Die Leitung, die Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiter des Heims dürfen sich von oder zugunsten von Bewohnern neben der vom Träger erbrachten Vergütung keine Geld- oder geldwerte Leistungen für die Erfüllung der Pflichten aus dem Heimvertrag versprechen oder gewähren lassen.

Rechtsgeschäfte, die gegen diese Verbote verstoßen, sind nichtig (§ 134 BGB), sofern keine Ausnahmegenehmigung durch die zuständige Behörde nach § 14 Abs. 6 HeimG vorliegt.

Diese gesetzlichen Verbote bezwecken es, eine unterschiedliche, sachlich ungerechtfertigte Behandlung der Heimbewohner zu vermeiden. Sie dienen insoweit dem „Heimfrieden“. Darüber hinaus sollen die Heimbewohner davor geschützt werden, faktisch über das vereinbarte Leistungsentgelt hinaus bzw. nochmals „zur Kasse gebeten“ zu werden. Schließlich soll § 14 HeimG die Testierfreiheit der Heimbewohner garantieren.

Auch letztwillige Verfügungen vom Zuwendungsverbot erfasst

Aus dem zuletzt genannten Schutzzweck folgt, dass nicht nur lebzeitige Schenkungen erfasst werden, sondern auch letztwillige Verfügungen, also die Vorgaben in Testamenten und Erbverträgen (die ab Inkrafttreten des HeimG zum 01.01.1975 errichtet worden sind, so jedenfalls OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.06.2010, Az. 8 W 241/10, Abruf-Nr. 226991).

Solche letztwillige Zuwendungen zugunsten des Heimträgers oder eines Heimmitarbeiters sind aber nur dann unwirksam, wenn sie im Einvernehmen zwischen dem Erblasser und dem Bedachten geschehen („gewähren lassen“). Der Bedachte – der Heimmitarbeiter oder ein anderer Repräsentant des Heimträgers – muss also den letzten Willen des Erblassers vor dessen Ableben kennen und diesen billigen. Das „stille“ Testament führt zu keinem Testierverbot und ist somit nicht nach § 14 Abs. 1 HeimG i. V. m. § 134 BGB unwirksam (BGH, Beschluss vom 26.10.2011, Az. IV ZB 33/10, Abruf-Nr. 114004).

Kein Zuwendungsverbot bei nicht nahestehender Stiftung

Obige Zuwendungsverbote bestehen nach Ansicht des LG Kempten nicht, wenn eine Stiftung als Erbin berufen ist, deren Zweck sich nicht in der Förderung des Pflegeheimträgers erschöpft, weil

  • der Zweck sich auf vielfältige andere soziale und karitative Zwecke erstreckt (im Fall vor dem LG Kempten erstreckt er sich u. a. auf die Förderung der Jugendhilfe, der stationären und ambulanten Kranken- und Altenpflege, der Hilfen nach dem SGB XII, in der Familienpflege, auf dem Gebiet der Betreuung u. a. durch Übernahme von Pflegschaften sowie die Beratung und Unterstützung von diakonischen Einrichtungen u. a.) und
  • der Pflegeheimträger auf die Mittelvergabe keinen Einfluss hat.

Eine gegen den Heimfrieden verstoßende Zuwendung an das Pflegeheim liegt dann nicht vor, so das LG Kempten. Damit ging die Klägerin leer aus. Sie wollte mit ihrer Klage festgestellt wissen, dass sie selbst die Rechtsnachfolge von Todes wegen antreten dürfe und nicht die Stiftung, die von der in einem Alten- und Pflegeheim untergebrachten Erblasserin zur Erbin eingesetzt war (LG Kempten, Endurteil vom 12.11.2020, Az. 33 O 649/20, Abruf-Nr. 226548; zum Beschluss der Berufungsinstanz: OLG München vom 05.07.2021, Az. 33 U 7071/20, Abruf-Nr. 226992).

Wichtig | Es muss nicht zwingend – wie im Fall des LG Kempten – um eine Erbeinsetzung gehen. Denn auch andere letztwillige Verfügungen wie Vermächtnisse und Auflagen werden vom Zuwendungsverbot erfasst, sofern der Heimträger oder Heimmitarbeiter hierdurch begünstigt werden (BayObLG, Beschluss vom 22.02.2000, Az. 1Z BR 147/99, Abruf-Nr. 226993). Im vom LG Kempten entschiedenen Fall hatte die Erblasserin der Stiftung jedoch keine Vorgaben für die Verwendung des ihr zugewandten Nachlasses zugunsten des Pflegeheims und auch keine sonstige Auflage gemacht. Die Erbeinsetzung ist daher nicht nach § 14 HeimG nichtig.

Mit Förderstiftungen das Zuwendungsverbot umgehen?

Aufgrund der Zuwendungshindernisse stellt sich die Frage, ob Heimträger ihnen nahestehende Förderstiftungen nutzen oder solche sogar selbst ins Leben rufen können, die dann zulässigerweise als Empfänger entsprechender Zuwendungen in Frage kommen. In der Praxis werden solche Überlegungen häufig angestellt. Da solche Konstellationen auf eine Umgehung des vom Gesetzgeber angestrebten Wahrung des Heimfriedens hinauslaufen können, bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit entsprechender Gestaltungen, in denen dann eine analoge Anwendung von § 14 HeimG erwogen werden muss.

In diesem Sinne besonders weit ging bereits das VG Würzburg. Es ließ es für eine analoge Anwendung von § 14 Abs. 1 HeimG genügen, dass Heimträger und Erbe, obwohl diese beiden personenverschieden waren, als „in der Öffentlichkeit zusammengehörig auftreten“ (VG Würzburg, Urteil vom 03.06.2008, Az. W 1 K 08.638, Abruf-Nr. 226994).

Demgegenüber wird nach wohl herrschender Auffassung bei Stiftungen als Zuwendungsempfänger wie folgt unterschieden (vgl. Dietz, MittBayNot 2007, 453, 457; BayObLG, Beschluss vom 04.06.2003, Az. 1Z BR 17/03):

Praxistipp | Nach § 14 Abs. 6 HeimG (und vergleichbarer landesrechtlicher Regelungen wie z. B. § 8 Abs. 6 BayPfleWoqG) droht keine Unwirksamkeit, wenn der Erblasser vorher eine Ausnahmegenehmigung durch die zuständige Behörde einholt. Diese wird im Einzelfall erteilt, wenn der Schutz der Bewohner die Aufrechterhaltung der Verbote nicht erfordert und die Leistungen noch nicht versprochen oder gewährt worden sind.

  • Somit ist bei letztwilligen Verfügungen darauf zu achten, dass die Genehmigung vor der Errichtung der letztwilligen Verfügung erteilt werden muss.
  • Dies gilt auch für Testamente, obwohl diese im Grundsatz frei widerrufen werden können. Denn § 14 Abs. 6 HeimG könnte in der Praxis dahingehend ausgelegt werden, dass ab der Testamentserrichtung die Leistung bereits „versprochen“ worden ist.
  • Kann der Heimbetreiber durch rechtliche und/oder faktische Einflussnahmemöglichkeiten auf die Stiftung (z. B. kraft einer Personalunion oder kraft zulässigerweise vorbehaltener Reservatrechte als Stifter) über die Mittelverwendung auf Seiten der Stiftung entscheiden, erscheint eine analoge Anwendung des gesetzlichen Zuwendungsverbots naheliegend.
  • Kann der Heimbetreiber indes auf die Stiftung keinen Einfluss ausüben, soll selbst die „ideelle“ Nähe einer „befreundeten“ Förderstiftung nicht zur analogen Anwendung des gesetzlichen Zuwendungsverbots führen. Denn in diesem Fall liegt keine mittelbare bzw. indirekte Begünstigung des Verbotsadressaten vor.

AUSGABE: SB 2/2022, S. 38 · ID: 47913172

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2022

Bildrechte