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Arbeitsrechtliche Kündigung (Teil 1)So wird die außergerichtliche Vertretung der Kündigung mit Zustimmungserfordernis abgerechnet
| In bestimmten Fällen muss bei der Kündigung eines Arbeitnehmers eine behördliche Stelle zustimmen. Bei der außergerichtlichen Vertretung rechnen Sie zwei verschiedene Angelegenheiten ab: das Zustimmungsverfahren als verwaltungsrechtliche Angelegenheit und die Kündigung bzw. deren Abwehr als arbeitsrechtliche Angelegenheit. Für beide wird jeweils auch ein eigener Gegenstandswert bestimmt. |
Inhaltsverzeichnis
1. Fälle der behördlichen Zustimmung
Der Arbeitgeber muss in den folgenden Fällen einer Kündigung behördliche Stellen beteiligen:
- §§ 85 ff. SGB IX: Zustimmung des Integrationsamtsamts bei Kündigung eines Schwerbehinderten;
- § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG: Zulässigkeitserklärung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle bei Kündigung während der Elternzeit;
- § 17 Abs. 2 S. 1 MuSchG: Zulässigkeitserklärung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle bei Kündigungen während der Schwangerschaft.
2. Anwaltsgebühren
Wird der Anwalt in den eingangs genannten Fällen vom Auftraggeber (sei es vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) sowohl mit dessen Vertretung vor der Behörde als auch dem Ausspruch der Kündigung bzw. deren Abwehr beauftragt, liegen zwei verschiedene Angelegenheiten i. S. d. § 15 RVG vor:
- Beim Zustimmungs- oder Zulässigkeitsverfahren handelt es sich um eine verwaltungsrechtliche Angelegenheit.
- Beim Verfahren betreffend die Kündigung bzw. deren Abwehr liegt eine arbeitsrechtliche Angelegenheit zugrunde.
Beachten Sie | Der Anwalt erhält im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung die Vergütung jeweils gesondert.
Ist der Anwalt mit der Kündigung oder deren Abwehr beauftragt, erhält er eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG von 0,5 bis 2,5. Die Mittelgebühr beträgt 1,5. Soweit die Angelegenheit weder umfangreich noch schwierig ist, erhält er also nur eine 1,3-Gebühr (Anm. Abs. 1 zu Nr. 2300 VV RVG).
Auch im behördlichen Verfahren erhält der Anwalt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG.
Beachten Sie | Hier kann der Anwalt die Geschäftsgebühr zweimal verdienen, nämlich zum einen im Verwaltungsverfahren und zum anderen im Widerspruchsverfahren. Beide Verfahren sind zwei verschiedene Angelegenheiten (§ 17 Nr. 1a RVG). Allerdings muss sich der Anwalt, wenn er bereits im Verwaltungsverfahren tätig war, die dort verdiente Geschäftsgebühr nach Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV RVG hälftig auf die Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens anrechnen lassen, höchstens zu 0,75.
3. Gegenstandswert
Hinsichtlich der Kündigung bestimmt sich der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 RVG nach § 42 Abs. 2 S. 1 GKG. Maßgebend ist der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts. Eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet.
Der Gegenstandswert im Zustimmungsverfahren vor dem Integrationsamt nach §§ 85 ff. SGB IX bemisst sich gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 RVG nach § 52 GKG. Insoweit ist ergänzend der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit heranzuziehen, dort Nr. 39. Danach gilt der Auffangwert, der sich nach § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR beläuft. Es ist nicht auf den Quartalswert des § 42 Abs. 2 GKG abzustellen (Bayerischer VGH AGS 19, 186; LG Mainz 27.5.08, 6 S 179/07).
Gleiches gilt für die Zulässigkeitserklärungen nach § 17 Abs. 2 S. 1 MuSchG (Nr. 27.1 des Streitwertkatalogs) und nach § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG (Nr. 27.2 des Streitwertkatalogs).
Beispiel 1: Zustimmungsverfahren vor Integrationsamt und Kündigung | |
Arbeitgeber A des schwerbehinderten Mandanten M möchte diesem kündigen. Er beantragt vor dem Integrationsamt die Zustimmung hierzu. M beauftragt seinen Anwalt R, ihn in diesem Verfahren zu vertreten. Die Zustimmung wird erteilt. Anschließend erhält M die Kündigung (Monatseinkommen: 3.000 EUR). Hiergegen wendet sich R auftragsgemäß außergerichtlich. Lösung Berechnung ausgehend von Schwellengebühren 1. Verfahren vor dem Integrationsamt | |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 5.000 EUR) | 434,20 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG | 86,30 EUR |
504,50 EUR | |
2. Außergerichtliche Vertretung hinsichtlich der Kündigung | |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 9.000 EUR) | 725,40 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG | 141,63 EUR |
887,03 EUR |
Beachten Sie | Kommt es im Zustimmungsverfahren vor der Behörde zu einem Widerspruchsverfahren, entsteht die Geschäftsgebühr zweimal. Dabei wird die erste Geschäftsgebühr hälftig auf die zweite Geschäftsgebühr angerechnet.
Beispiel 2: Mit Widerspruchsverfahren | |
Arbeitgeber A des schwerbehinderten Mandanten M möchte diesem kündigen. Er beantragt vor dem Integrationsamt die Zustimmung hierzu. M beauftragt seinen Anwalt R, ihn in diesem Verfahren zu vertreten. Die Zustimmung wird schließlich im Widerspruchsverfahren erteilt. Anschließend erhält der M die Kündigung. Hiergegen wendet sich R auftragsgemäß zunächst außergerichtlich (Auffangwert: 5.000 EUR). Lösung 1. Verfahren vor dem Integrationsamt | |
a) Verwaltungsverfahren | |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 5.000 EUR) | 434,20 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG | 86,30 EUR |
504,50 EUR | |
b) Widerspruchsverfahren | |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 5.000 EUR) | 434,20 EUR |
gem. Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen, 0,65 aus 5.000 EUR | - 217,10 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG | 45,05 EUR |
282,15 EUR | |
2. Kündigung | |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 9.000 EUR) | 725,40 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG | 141,63 EUR |
887,03 EUR |
- Der Beitrag wird in Teil 2 mit den Anwaltsgebühren bei der gerichtlichen Vertretung in Fällen der Kündigung mit Zustimmungserfordernis fortgesetzt.
AUSGABE: RVGprof 3/2025, S. 47 · ID: 50255259