FeedbackAbschluss-Umfrage

Arbeitsrechtliche Kündigung (Teil 1)So wird die außergerichtliche Vertretung der Kündigung mit Zustimmungserfordernis abgerechnet

Abo-Inhalt25.02.20254 Min. LesedauerVon RA Norbert Schneider, Neunkirchen

| In bestimmten Fällen muss bei der Kündigung eines Arbeitnehmers eine behördliche Stelle zustimmen. Bei der außergerichtlichen Vertretung rechnen Sie zwei verschiedene Angelegenheiten ab: das Zustimmungsverfahren als verwaltungsrechtliche Angelegenheit und die Kündigung bzw. deren Abwehr als arbeitsrechtliche Angelegenheit. Für beide wird jeweils auch ein eigener Gegenstandswert bestimmt. |

1. Fälle der behördlichen Zustimmung

Der Arbeitgeber muss in den folgenden Fällen einer Kündigung behördliche Stellen beteiligen:

  • §§ 85 ff. SGB IX: Zustimmung des Integrationsamtsamts bei Kündigung eines Schwerbehinderten;
  • § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG: Zulässigkeitserklärung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle bei Kündigung während der Elternzeit;
  • § 17 Abs. 2 S. 1 MuSchG: Zulässigkeitserklärung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle bei Kündigungen während der Schwangerschaft.

2. Anwaltsgebühren

Wird der Anwalt in den eingangs genannten Fällen vom Auftraggeber (sei es vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) sowohl mit dessen Vertretung vor der Behörde als auch dem Ausspruch der Kündigung bzw. deren Abwehr beauftragt, liegen zwei verschiedene Angelegenheiten i. S. d. § 15 RVG vor:

  • Beim Zustimmungs- oder Zulässigkeitsverfahren handelt es sich um eine verwaltungsrechtliche Angelegenheit.
  • Beim Verfahren betreffend die Kündigung bzw. deren Abwehr liegt eine arbeitsrechtliche Angelegenheit zugrunde.

Beachten Sie | Der Anwalt erhält im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung die Vergütung jeweils gesondert.

Ist der Anwalt mit der Kündigung oder deren Abwehr beauftragt, erhält er eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG von 0,5 bis 2,5. Die Mittelgebühr beträgt 1,5. Soweit die Angelegenheit weder umfangreich noch schwierig ist, erhält er also nur eine 1,3-Gebühr (Anm. Abs. 1 zu Nr. 2300 VV RVG).

Auch im behördlichen Verfahren erhält der Anwalt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG.

Beachten Sie | Hier kann der Anwalt die Geschäftsgebühr zweimal verdienen, nämlich zum einen im Verwaltungsverfahren und zum anderen im Widerspruchsverfahren. Beide Verfahren sind zwei verschiedene Angelegenheiten (§ 17 Nr. 1a RVG). Allerdings muss sich der Anwalt, wenn er bereits im Verwaltungsverfahren tätig war, die dort verdiente Geschäftsgebühr nach Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV RVG hälftig auf die Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens anrechnen lassen, höchstens zu 0,75.

3. Gegenstandswert

Hinsichtlich der Kündigung bestimmt sich der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 RVG nach § 42 Abs. 2 S. 1 GKG. Maßgebend ist der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts. Eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet.

Der Gegenstandswert im Zustimmungsverfahren vor dem Integrationsamt nach §§ 85 ff. SGB IX bemisst sich gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 RVG nach § 52 GKG. Insoweit ist ergänzend der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit heranzuziehen, dort Nr. 39. Danach gilt der Auffangwert, der sich nach § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR beläuft. Es ist nicht auf den Quartalswert des § 42 Abs. 2 GKG abzustellen (Bayerischer VGH AGS 19, 186; LG Mainz 27.5.08, 6 S 179/07).

Gleiches gilt für die Zulässigkeitserklärungen nach § 17 Abs. 2 S. 1 MuSchG (Nr. 27.1 des Streitwertkatalogs) und nach § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG (Nr. 27.2 des Streitwertkatalogs).

Beispiel 1: Zustimmungsverfahren vor Integrationsamt und Kündigung
Arbeitgeber A des schwerbehinderten Mandanten M möchte diesem kündigen. Er beantragt vor dem Integrationsamt die Zustimmung hierzu. M beauftragt seinen Anwalt R, ihn in diesem Verfahren zu vertreten. Die Zustimmung wird erteilt. Anschließend erhält M die Kündigung (Monatseinkommen: 3.000 EUR). Hiergegen wendet sich R auftragsgemäß außergerichtlich.
Lösung
Es entstehen zwei Geschäftsgebühren. Vor dem Integrationsamt gilt der Regelwert von 5.000 EUR und für die Kündigung das Quartalseinkommen (3 x 3.000 EUR =) 9.000 EUR. Ausgehend von den Schwellengebühren ist wie folgt zu rechnen:
1. Verfahren vor dem Integrationsamt
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 5.000 EUR)
434,20 EUR
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG
86,30 EUR
504,50 EUR
2. Außergerichtliche Vertretung hinsichtlich der Kündigung
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 9.000 EUR)
725,40 EUR
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG
141,63 EUR
887,03 EUR

Beachten Sie | Kommt es im Zustimmungsverfahren vor der Behörde zu einem Widerspruchsverfahren, entsteht die Geschäftsgebühr zweimal. Dabei wird die erste Geschäftsgebühr hälftig auf die zweite Geschäftsgebühr angerechnet.

Beispiel 2: Mit Widerspruchsverfahren
Arbeitgeber A des schwerbehinderten Mandanten M möchte diesem kündigen. Er beantragt vor dem Integrationsamt die Zustimmung hierzu. M beauftragt seinen Anwalt R, ihn in diesem Verfahren zu vertreten. Die Zustimmung wird schließlich im Widerspruchsverfahren erteilt. Anschließend erhält der M die Kündigung. Hiergegen wendet sich R auftragsgemäß zunächst außergerichtlich (Auffangwert: 5.000 EUR).
Lösung
1. Verfahren vor dem Integrationsamt
a) Verwaltungsverfahren
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 5.000 EUR)
434,20 EUR
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG
86,30 EUR
504,50 EUR
b) Widerspruchsverfahren
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 5.000 EUR)
434,20 EUR
gem. Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen, 0,65 aus 5.000 EUR
- 217,10 EUR
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG
45,05 EUR
282,15 EUR
2. Kündigung
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 9.000 EUR)
725,40 EUR
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG
141,63 EUR
887,03 EUR
Weiterführender Hinweis
  • Der Beitrag wird in Teil 2 mit den Anwaltsgebühren bei der gerichtlichen Vertretung in Fällen der Kündigung mit Zustimmungserfordernis fortgesetzt.

AUSGABE: RVGprof 3/2025, S. 47 · ID: 50255259

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte