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LeserforumGewaltschutzsache: Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren für „nicht beteiligten“ Gegner?

Abo-Inhalt01.11.20243 Min. Lesedauer

| FRAGE: Nach der mündlichen Verhandlung erlässt das FamG eine einstweilige Anordnung nach dem GewSchG. Die Kosten werden dem Antragsgegner auferlegt – er legt Beschwerde ein. Das OLG weist die Beschwerde auf seine Kosten im schriftlichen Verfahren ohne Beteiligung des Antragstellers zurück. Der Zurückweisungsbeschluss und die Beschwerdeschrift werden dem Anwalt des Antragstellers zugestellt. Dieser beantragt die Kostenfestsetzung und rechnet für das Beschwerdeverfahren eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG ab. Ist das korrekt? |

ANTWORT von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock (Koblenz): Der Rechtsanwalt hat recht. Allerdings ist die Verfahrensgebühr i. H. v. 1,1 nach Nr. 3201 VV RVG entstanden.

Beachten Sie | Für die Tätigkeit im Beschwerdeverfahren hinsichtlich einer Gewaltschutzsache (§ 111 Nr. 6 FamFG) fällt eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG in Höhe von 1,6 oder ggf. in Höhe von 1,1 nach Nr. 3201 VV RVG an (vgl. Ahlmann/Kapischke/Pankatz/Rech/Schneider/Schütz/Ahlmann, RVG, 11. Aufl., Vorbem. 3.2.1, Rn. 7). Gemäß Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG entsteht die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich des Empfangs von Informationen. Der bloße Auftrag allein führt also noch nicht zur Entstehung der Verfahrensgebühr. Sobald der Anwalt jedoch nicht nur den Auftrag erhält, sondern auch Informationen entgegennimmt, greift nach dem Wortlaut des Gesetzes die Verfahrensgebühr, sofern es sich um einen Prozessauftrag handelt.

Ob die Gebühr in Höhe von 1,6 oder 1,1 anfällt, hängt davon ab, ob der Auftrag vorzeitig beendet wird. Eine vorzeitige Beendigung liegt beispielsweise vor, wenn der Anwalt lediglich einen Bestellschriftsatz ohne Sachanträge oder Sachvortrag einreicht (Nr. 3201 Anm. Nr. 1 VV RVG). Ebenso tritt eine vorzeitige Beendigung ein, wenn der Anwalt keinerlei Schriftsatz beim Rechtsmittelgericht einreicht und somit keine nach außen gerichtete Tätigkeit entfaltet.

Beachten Sie | Nach § 15 Abs. 1 RVG gelten die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit ab. In gerichtlichen Verfahren kann der Anwalt die Gebühren in jedem Rechtszug fordern (§ 15 Abs. 2 S. 2 RVG). Zum jeweiligen Rechtszug gehören dabei auch Neben- und Abwicklungstätigkeiten (§ 19 Abs. 1 RVG). Nach § 19 Abs. 1 S. 2 RVG Nr. 9 gehört dazu, Rechtsmittelschriften entgegenzunehmen und sie dem Auftraggeber mitzuteilen (BGH NJW 13, 312). Gleiches gilt, wenn die Bitte eines Rechtsmittelführers entgegengenommen und weitergeleitet wird, dass die Gegenseite noch keinen Prozessbevollmächtigten bestellen möge.

Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG entsteht, wenn der Anwalt irgendwie über die zuvor genannten Neben- und Abwicklungstätigkeiten hinaus im Rahmen der Erfüllung des Prozessauftrags tätig geworden ist. Eines nach außen erkennbaren Tätigwerdens bedarf es dabei nicht (vgl. BGH NJW 05, 2233). Der Anwalt verdient die Gebühr in den folgenden Fällen:

  • Er nimmt Informationen entgegen.
  • Er bespricht mit seinem Mandanten, wie er auf das von der Gegenseite eingelegte Rechtsmittel reagieren soll.
  • Er prüft intern, ob der Mandant sich gegen das eingelegte Rechtsmittel wehren soll (BGH NJW 08, 1087).

Beachten Sie | Wenn der Anwalt den Rechtsmittelschriftsatz und das Schreiben daraufhin prüft, ob etwas zu veranlassen ist, ist die Verfahrensgebühr nach Nrn. 3200, 3201 VV RVG noch nicht ohne Weiteres angefallen. Solange er nur Fragen prüft, die § 19 RVG gebührenrechtlich der vorherigen Instanz zuordnet, hat er die im Beschwerdeverfahren entstehende Verfahrensgebühr nicht verdient (BGH NJW 13, 312). Etwas anderes gilt erst, wenn er Tätigkeiten entfaltet – und sei es auch nur in der Form der Prüfung –, ob etwas zu veranlassen ist, was sich gebührenrechtlich auf das Beschwerdeverfahren bezieht. Diese Umstände muss er im Kostenfestsetzungsverfahren vortragen!

In der aufgeworfenen Frage hat der Anwalt genau dies geprüft. Es spielt dabei keine Rolle, dass das Gericht im schriftlichen Verfahren entschieden und dem Anwalt daher nur den Zurückweisungsbeschluss und die Beschwerdeschrift zugestellt hat. Dies entbindet diesen nicht von einer Prüfung und Beratung des Mandanten im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren.

AUSGABE: RVGprof 11/2024, S. 186 · ID: 50195208

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