FeedbackAbschluss-Umfrage

Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortetSteuerhinterziehung im Tankwagen: Auch LKW-Fahrer können Täter sein

Abo-Inhalt07.07.20255615 Min. LesedauerVon Dr. Katharina Wild, RAin, FAin StR, FAin StrR, WILD Rechtsanwaltskanzlei, München

| Mischt ein LKW-Fahrer auf Anweisung seines Chefs den Diesellieferungen an Kunden Heizöl bei, um niedrigere Energiesteuer abführen zu müssen, ist fraglich, ob ein Angestellter überhaupt Täter einer Hinterziehung von Energiesteuer sein kann. Der BGH hat dies bejaht. |

FRAGE DES STEUERBERATERS: Gegen meinen Mandanten M wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Hinterziehung von Energiesteuer eingeleitet. Er ist als LKW-Fahrer bei einem Mineralölhändler angestellt und ist davon ausgegangen, dass sein Chef für die Steuererklärungen des Betriebs verantwortlich ist. Auf Anweisung seines Chefs hatte der M Diesellieferungen an Kunden Heizöl beigemischt, um niedrigere Energiesteuer abführen zu müssen. Kann ein Angestellter Täter einer Hinterziehung von Energiesteuer sein?

ANTWORT DES STRAFVERTEIDIGERS: Ja, auch der Fahrer eines Tankwagens, der Diesel ausliefert, kommt als Steuerschuldner i. S. d. EnergieStG in Betracht und kann damit Täter einer Steuerhinterziehung sein (BGH 11.9.24, 1 StR 304/24, Abruf-Nr. 244876). Denn Steuerschuldner nach § 21 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 EnergieStG ist jeder, der die in Abs. 1 S. 1 genannten Handlungen Bereithalten, Abgeben, Mitführen oder Verwenden von Energieerzeugnissen vornimmt. Deshalb kommt als Täter einer Steuerhinterziehung in der Tatvariante des Unterlassens nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO jeder in Betracht, den eine Anmeldepflicht nach § 21 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 und 4 EnergieStG trifft. Handeln mehrere Personen in Bezug auf dasselbe Energieerzeugnis und nehmen die tatbestandlichen Handlungen des Bereithaltens, Abgebens, Mitführens oder Verwendens vor, entsteht die Steuer mehrfach. Die Täter haften als Gesamtschuldner nach § 21 Abs. 2 S. 2 EnergieStG.

Zu berücksichtigen ist aber, dass Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nur derjenige sein kann, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist. Das Merkmal der Pflichtwidrigkeit in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO bezieht sich allein auf das Verhalten des Täters, nicht auf dasjenige eines anderen Tatbeteiligten, sodass die Zurechnung einer fremden Pflichtverletzung auch nicht in Betracht kommt, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen ein mittäterschaftliches Handeln vorliegen würde (BGH 9.4.13, 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218).

Vor diesem Hintergrund ist in einer Kette des Bereithaltens, Abgebens, Mitführens oder Verwendens von Energieerzeugnissen zu unterscheiden: Im Moment, als die Diesellieferung mit Heizöl vermischt wurde, traf die Anmeldepflicht nach § 21 Abs. 1 S. 1 EnergieStG den Mineralölhändler selbst, da dieser Energieerzeugnisse bereithielt. Die Mitwirkung des M an der Vermischung begründet keine Steuererklärungspflicht.

Tankwagenfahrer geben aber selbst Diesellieferungen (bzw. im hier vorliegenden Fall ein Diesel-Heizöl-Gemisch) an Kunden des Mineralölhändlers ab und sind damit auch selbst Steuerschuldner i. S. d. EnergieStG. Unterlässt der Tankwagenfahrer vorsätzlich die Anmeldung der Energiesteuer, begeht er eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO.

Hier kommt eine Täterstellung jedoch nur für Fälle in Betracht, in denen der M selbst das Gemisch ausgeliefert hat. Das Untermischen von Heizöl in die Diesellieferungen auf Anweisungen seines Chefs macht ihn nicht zum Mittäter bei der Auslieferung des Diesel-Heizöl-Gemischs seiner Kollegen. Jeder LKW-Fahrer ist nur für seine Lieferungen steuerrechtlich verantwortlich, nicht für die des anderen (BGH 11.9.24, 1 StR 304/24, Abruf-Nr. 244876).

Wusste der M nichts von seiner eigenen Anmeldepflicht, sodass ihm ein vorsätzliches Handeln nicht vorgeworfen werden kann, käme allenfalls eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Betracht (BGH 9.4.13, 1 StR 586/12 , BGHSt 58, 218; 22.9.21, 1 StR 345/19).

Nach den Grundsätzen der BGH-Rechtsprechung zur Beihilfestrafbarkeit berufstypisch neutraler Handlungen ist aber nicht jede objektiv tatfördernde Handlung als strafbare Beihilfe zu werten. Voraussetzung ist vielmehr, dass das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ausgerichtet ist, Straftaten zu begehen, und der Hilfeleistende dies weiß. In diesem Fall ist der Tatbeitrag in jedem Fall als strafbare Beihilfehandlung zu werten. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie sein Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es nur für möglich, dass sein Tun zur Begehung von Straftaten genutzt wird, ist das Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfe zu qualifizieren, es sei denn, es lag ein besonders hohes Risiko strafbaren Verhaltens vor (BGH 18.6.03, 5 StR 489/02, NJW 03, 2996; Sediqi, PStR 23, 84).

Ob einem Angestellten eine Beihilfe zur Hinterziehung von Energiesteuer durch den Unternehmensinhaber vorgeworfen werden kann, kommt somit auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an. Insbesondere ist relevant, ob der Angestellte wusste, dass der Chef die Anweisung zur Mischung von Diesel mit Heizöl gab, um niedrigere Energiesteuer abzuführen.

Im Fall des BGH hatte das LG den Tankwagenfahrer wegen Steuerhinterziehung in 63 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 8 Monaten verurteilt. Auf dessen Revision wurde das Urteil aufgehoben und der Fall an das LG zurückverwiesen. Denn das LG hatte nicht festgestellt, dass der Angeklagte damit rechnete, selbst anmeldepflichtig zu sein. Allerdings bejahte der BGH die Möglichkeit einer Täterstellung in Bezug auf die selbst durch den Tankwagenfahrer abgegebenen Lieferungen, da diese als Abgeben i. S. v. § 21 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 EnergieStG qualifiziert wurden. Der BGH gab dem LG für die neue Verhandlung auf, den subjektiven Tatbestand zu prüfen. Sollte ein vorsätzliches Handeln zu verneinen sein, käme eine Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Betracht. Das Unternehmen des Mineralölhändlers war in wirtschaftliche Schieflage geraten, sodass versucht wurde, durch die Hinterziehung von Energiesteuer die drohende Insolvenz abzuwenden (BGH 11.9.24, 1 StR 304/24, Abruf-Nr. 244876).

AUSGABE: PStR 8/2025, S. 191 · ID: 50399280

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte