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19. IWW-Kongress Praxis Ärzteberatung Strategien für die steuer- und rechtliche Beratung in der Ärztebranche

Abo-Inhalt20.05.202517 Min. LesedauerVon RAin und FAin für MedizinR Dina Gebhardt, Kanzlei am Ärztehaus, Münster, und RA und FA für MedizinR Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmundvon RAin und FAin für MedizinR Dina Gebhardt, Kanzlei am Ärztehaus, Münster, und RA und FA für MedizinR Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund

| Beim 19. IWW-Kongress Praxis Ärzteberatung 2025 standen praxisnahe und aktuelle Empfehlungen für die steuerliche und rechtliche Betreuung von Ärztinnen und Ärzten im Fokus. Neben einem Überblick über die jüngsten gesetzgeberischen Entwicklungen und steuerliche und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten wurden auch Herausforderungen in der Beratung umfassend behandelt. Der Kongress bot nicht nur praktische Lösungsansätze, sondern auch eine hervorragende Plattform für den fachlichen Dialog unter Expertinnen und Experten. |

1. Rechtliche Entwicklungen in der Heilberufe-Beratung

Professor Dr. Bernd Halbe präsentierte zahlreiche aktuelle Gerichtsurteile im Bereich des Medizinrechts.

Rechtsprechung

  • SG München (29.2.24, S 49 KA 5037/23): Die zahnärztliche Leitung ist für ein MVZ obligat. Fällt die Leitung aus, muss zwingend ein Vertreter benannt werden; sonst drohen komplette Honorarverluste zulasten des MVZ.
  • SG München (11.7.24, S 28 KA 95/22): Ein ärztlicher Leiter muss nicht in MVZ-Filiale tätig sein. Für eine solche Auflage gibt es keine gesetzliche Grundlage.
  • AG Neu-Ulm (26.6.24, 2 Ls 106 Js 10145/22): Ein Allgemeinmediziner, der nachträglich frei erfundene Anamneseprotokolle und Behandlungen bei der Abrechnung erfasst, gibt eine wahrheitswidrige Sammelerklärung ab und macht sich dadurch wegen Betruges strafbar.
  • BGH (4.4.24, III ZR 38/23): Die GOÄ ist auch für juristische Personen bei ambulanten ärztlichen Leistungen zwingend anzuwenden; eine Pauschalabrechnung ohne GOÄ-Bezug ist rechtswidrig.
  • BSG (6.3.24, B 6 KA 23/22 R): Honorarkürzungen bei Nichtteilnahme an der Telematikinfrastruktur sind zulässig. Diese stellen keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar.
  • OLG Frankfurt (21.12.23, 21 W 91/23): Die Erbeinsetzung eines Arztes durch einen Patienten führt nicht zur Nichtigkeit des Testaments. Die MBO-Ä richtet sich an Ärzte, nicht aber an Dritte, die grundsätzlich der Testierfreiheit unterliegen. Die Rechtsbeschwerde zum BGH ist zugelassen.

Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz ist in Kraft getreten, bliebe aber hinter den Erwartungen zurück. Die Budgetierung in der hausärztlichen Versorgung ist abgeschafft, ungewiss sei die Finanzierbarkeit. Zukünftig können Vertragsärzte und Vertragsärztinnen für chronisch Kranke mit geringem Betreuungsbedarf eine Versorgungspauschale für bis zu vier Quartale abrechnen, ohne die Patienten regelmäßig einbestellen zu müssen. Hausärzte und Hausärztinnen, die eine zentrale Rolle in der Versorgung spielen („Versorgerpraxen“), erhalten finanzielle Unterstützung. Für schwerkranke oder behinderte Menschen wird der Zugang zu medizinisch notwendigen Hilfsmitteln erleichtert, indem die Bewilligungsverfahren beschleunigt werden. Altersbeschränkungen für die Bereitstellung von Notfallkontrazeptiva entfallen in Fällen von sexuellem Missbrauch oder Vergewaltigung.

Auch das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens ist in Kraft getreten. Aufgrund fehlender Datensicherheit verzögert sich jedoch die Umsetzung. Privatversicherte erhalten ebenfalls Zugang zur ePA. Das E-Rezept wird als verbindlicher Standard eingeführt und kann über eine App verwendet werden, um den Zugang zu Medikamenten zu vereinfachen. Digitale Gesundheitsanwendungen, einschließlich komplexerer Behandlungsprozesse wie Telemonitoring, werden stärker in die Versorgung integriert. Begrenzungen für telemedizinische Leistungen entfallen, um den Zugang zu digitalen Behandlungsangeboten zu verbessern.

2. Neues aus der steuerlichen Beratungspraxis

Thomas Ketteler-Eising berichtete über ein breites Spektrum an Neuerungen aus dem Steuerrecht. Folgende Punkte sollen hervorgehoben werden.

2.1 Umsatzsteuer-Befreiung von Praxisgemeinschaften

Nach § 4 Nr. 29 UStG sind Umsätze einer Praxisgemeinschaft umsatzsteuerfrei, soweit diese Leistungen für „unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten (Anm.: gemeint sind bei Ärzten deren umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen) verwendet werden“. Leistungen, die lediglich mittelbar der Ausführung von nicht steuerbaren oder steuerfreien Umsätzen der Mitglieder dienen (z. B. allgemeine Verwaltungsleistungen), fallen hingegen nicht unter die Befreiung, weil sie diese allenfalls fördern. Das BMF hatte am 19.7.22 (BStBl I 22, 1208) verschiedentlich Verwaltungsleistungen aufgeführt, die gerade nicht umsatzsteuerbefreit sein sollten, z. B. die Eingabe und Pflege von Stammdaten, Tätigkeiten in der Telefonzentrale, allgemeine Organisations- oder Reinigungs- und Verpflegungsleistungen.

Das FG Niedersachsen hatte (11.11.21, 5 K 62/19) insoweit einen bedeutsamen Fall entschieden, in dem in einer Praxisgemeinschaft eine Reinigungskraft sowie eine Bürokraft, die einerseits in die laufende Praxisorganisation (Terminvergabe, Arztberichte) eingebunden war und andererseits Buchhaltungstätigkeiten vornahm, beschäftigt waren. Das FG entschied weitgehend zugunsten der Praxisgemeinschaft. Die Leistungen der Reinigungskraft seien nicht umsatzsteuerpflichtig, da sie der Praxishygiene und damit unmittelbar für Zwecke der ärztlichen Heilbehandlung dienten. Die Leistungen der Bürokraft seien nur umsatzsteuerpflichtig, soweit sie auf Buchführungs- und Abrechnungstätigkeiten entfielen. Umsatzsteuerfrei seien jedoch die Leistungen, die auf die Praxisorganisation und auf das Schreiben von Arztberichten bzw. ärztlichen Dokumentationen entfielen. Auch diese Tätigkeiten dienten dem Grund nach unmittelbar Zwecken der ärztlichen Tätigkeit der Gesellschafter.

Der BFH hat diese Entscheidung nun erfreulicherweise bestätigt (4.9.24, XI R 37/21). Dabei hat sich der BFH auch auf das europäische Recht, konkret auf Art. 132 Abs. 1 f) MwStSystRL, gestützt. Dabei blieb letztlich aber doch offen, welche Leistungen der Bürokraft konkret umsatzsteuerpflichtig waren, weil dies aus Sicht des BFH nicht mehr entscheidungserheblich war.

Praxistipp | Die Entscheidung ist für die Beratungspraxis zu begrüßen, da mehr Klarheit für die Handhabung in Praxisgemeinschaften besteht. Lediglich im Hinblick auf die Leistungen einer Bürokraft verbleibt eine Unsicherheit. Es ist daher anzuraten, hier möglichst konkret die Leistungen vertraglich zu fassen. Soweit umsatzsteuerpflichtige und umsatzsteuerfreie Leistungen durch eine Arbeitskraft erbracht werden sollen, dürfte es ratsam sein, die Tätigkeiten entweder durch Anstellung in beiden Praxen umzusetzen oder gespaltene Arbeitsverträge (umsatzsteuerfreie und umsatzsteuerpflichtige Leistungsinhalte) zu gestalten.

2.2 Nachweispflicht als Ausschlussfrist? – § 22 Abs. 2 UmwStG

Ferner berichtete Herr Ketteler-Eising über eine Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz (17.12.24, 5 K 1293/33), die insbesondere bei Investorengeschäften mit „Rückbeteiligungsmodell“ bedeutsam sein dürfte. Nach § 22 Abs. 3 UmwStG hat der Einbringende in den dem Einbringungszeitpunkt folgenden sieben Jahren jährlich bis spätestens zum 31.5. den Nachweis darüber zu erbringen, wem mit Ablauf des Tages, der dem maßgebenden Einbringungszeitpunkt entspricht, die – verkürzt – Anteile zuzurechnen sind. Erbringt er den Nachweis nicht, gelten die Anteile als veräußert. Nach dem Anwendungserlass zum UmwStG (Rz. 22.33) kann die Nachweisfrist nicht verlängert werden. Allerdings könnten verspätete Nachweise noch berücksichtigt werden, wenn eine Änderung der betroffenen Bescheide verfahrensrechtlich noch möglich sei. In dem zugrunde liegenden Fall wurde letztlich der Nachweis nach § 22 Abs. 3 UmwStG nicht erbracht und erst – auf Nachfrage des Gerichts – im Rahmen des Klageverfahrens nachgeholt. Das FG Rheinland-Pfalz stellte sich dabei auf den Standpunkt, dass die in § 22 Abs. 3 UmwStG genannte Nachweisfrist keine Ausschlussfrist beinhalte (!). Die Revision wurde aus Sicht von Herrn Ketteler-Eising glücklicherweise zurückgenommen; denn der BFH hätte auch anders entscheiden können.

Praxistipp | Für den Berater gab Herr Ketteler-Eising insbesondere den Hinweis, bei sog. „Put-Optionen“ nicht zu hart am Wind zu segeln. Weiter seien insbesondere die Nachweispflichten penibel einzuhalten. Im Zweifel sollten vorsorglich Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen gestellt werden.

2.3 Neues BMF-Schreiben vom 2.1.25 zur Anwendung des UmwStG

Schließlich verwies Herr Ketteler-Eising noch auf den neuen AEUmwStG und sprach einzelne Punkte kurz an. So sei beispielhaft eine Ergänzung zur eGbR und PartG beim Formwechsel in Rz. 01.47 aufgenommen worden, die Anpassungen zum MoPeG umsetzt. Auch ist eine Klarstellung zu Sonderbetriebsvermögen beim Formwechsel in Rz. 20.05 enthalten (Übertragung im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang sind ein einheitlicher Vorgang). Bedeutsam sei, dass die Einbringung nur eines Teils eines Mitunternehmeranteils mit Sonderbetriebsvermögen bedinge, dass die Übertragung auch des Sonderbetriebsvermögens mindestens auch im selben quotalen Verhältnis Teilmitunternehmeranteil zum gesamten Mitunternehmeranteil nach sich ziehe (Rz. 20.11). Im Übrigen sei eine Gleichstellung einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung mit einer Schlussbilanz nun verankert für den Fall, dass keine Schlussbilanz erstellt werde (Rz. 24.03). Gleichwohl rät Herr Ketteler-Eising dringlich dazu, Schlussbilanzen zu erstellen, um Klarheit zu schaffen.

3. Betriebswirtschaftliche Beratung von Zahnarztpraxen

Die Lage für Zahnarztpraxen ist brisant: Personalmangel und Kostensteigerungen sind nur zwei Herausforderungen, mit denen Zahnarztpraxen konfrontiert seien, so Professor Dr. Johannes Georg Bischoff. Die betriebswirtschaftliche Beratung von Zahnarztpraxen werde deshalb immer wichtiger. Um die Zahnarztpraxis betriebswirtschaftlich zu optimieren, sollten alle Kosten der Praxis auf die Behandlungsstunde des Zahnarztes umgelegt werden. Unter Berücksichtigung der Praxiskosten (Praxiskosten laut Buchhaltung abzüglich Gehälter, Material, Fremdlabor) und der reinen Behandlungsstunden (nicht der Arbeitszeit) im Jahr lassen sich die Kosten pro zahnärztlicher Behandlungsstunde ermitteln und optimieren. Eine Möglichkeit zur Umsatzsteigerung könne der Einsatz von CEREC sein. Mit CEREC können Zahnärzte direkt in der Praxis individuelle Keramikrestaurationen wie Kronen, Inlays, Onlays oder Veneers anfertigen. Dies könne sinnvoll sein, um Behandlungszeit zu ersparen (kein Abdruck, kein zweiter Termin, weniger Abstimmung).

4. Tendenzen im Gesundheitswesen und Konsequenzen für die Berater

Janine Peine gab einen interessanten Überblick über die Vielfalt der Gesundheitsbranche:

  • Im Bereich der Ärzteschaft sinkt die Zahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte stetig, während die Anzahl angestellter Ärzte wächst. Dabei sinkt aber interessanterweise die Quote angestellter Ärzte in MVZ.
  • In der Zahnärzteschaft gibt es derzeit ca. 44.600 Personen, die freiberuflich tätig sind; ca. 28.000 sind angestellt tätig. Gerade die Zahnmedizin ist zunehmend „weiblich“. Hier werden für die Zukunft entsprechende Anpassungen in der Beratungspraxis zu erwarten sein.
  • Bei den Apotheken ist auf das stetige Sinken der Apothekenzahl hinzuweisen („Apothekensterben“). Die Sorge, das E-Rezept begünstige v. a. den Versandapothekenmarkt, hat sich bislang noch nicht realisiert. Abzuwarten bleibt, ob die Tendenzen, dass Drogeriemärkte auch in den Apothekenbereich eindringen, weiter Platz greifen. Das große Faustpfand bestehe nach wie vor in der qualifizierteren „Beratungsqualität“ der Apotheken.
  • Der Therapeutenmarkt ist im Wandel und wird, so etwa auch die Auffassung der AOK, immer bedeutsamer. Die Blankoverordnung bei Ergo- und Physiotherapeuten zeigt, dass erste Schritte zur „Kompetenzerweiterung“ gegangen wurden. Es sind auch deutliche Vergütungszuwächse zu verzeichnen. So steigt die Vergütung der Physiotherapeuten wegen eines aktuellen Schiedsspruchs rückwirkend zum 1.1.25 um 4,01 %. Auch gibt es mittlerweile zunehmend stärkere Forderungen, eine Verkammerung herbeizuführen und eine eigene Berufsordnung zu erhalten. Ebenso dürfte die Änderung der Ausbildungsstrukturen in Zukunft erfolgen.
  • Bei der ambulanten Pflege gibt es einen dramatischen Wandel. Durch die demografische Entwicklung und den Nachwuchsmangel gibt es ein erhebliches „Ungleichgewicht“. Die Branche hat insbesondere mit der „Tariftreuepflicht“ bei komplizierter Vergütungsstruktur zu kämpfen. Parallel erfolgt die Digitalisierung des Pflegemarktes. Damit einhergehend sollen – wie auch in der Ärzteschaft – lebenslange Beschäftigtennummern eingeführt werden mit Qualifikationsnachweisen. Alsbald wird dann auch mit Plausibilitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu rechnen sein. Die wirtschaftliche Situation der Einrichtungen ist kritisch. Es ist damit zu rechnen, dass nur schlagkräftige Einheiten sich dauerhaft behaupten werden. Es ist daher eine starke „Verbundbildung“ am Markt festzustellen.

5. Gestaltung in der Arztpraxis – rechtlich und steuerlich

Gerrit Tigges und Joachim Blum widmeten sich in einem Praktikerforum Gestaltungsmodellen in Arztpraxen unter rechtlicher und steuerlicher Betrachtung.

5.1 Heilberufler-GmbH

Zunächst wurde auf die Heilberufler-GmbH eingegangen. Nach § 29 HeilBerG NRW ist die Ausübung (zahn)ärztlicher oder psychotherapeutischer Tätigkeit in gewerblicher Form unzulässig. Ausnahmen gibt es für MVZ nach § 95 Abs. 1 SGB V. Die Führung einer Einzelpraxis oder einer Praxis in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts sei im Übrigen an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. So muss u. a. der Gesellschafter den Beruf frei von Weisungen und persönlich ausüben, Dritte dürfen nicht am Gewinn der Gesellschaft und an Fragen der Berufsausübung dürfen nur die entsprechend berechtigten Berufsangehörigen beteiligt sein. Ferner ist auch eine Kapitalbeteiligung von Gesellschaftern ohne aktive Tätigkeit in der Gesellschaft ausgeschlossen. Gesellschafter können nur Leistungserbringer sein. Die Heilberufler-GmbH sei derzeit (noch) nicht bundesweit „umsetzbar“.

Bei der MVZ GmbH gilt ein Arzt- bzw. Leistungserbringervorbehalt. Beteiligungen Dritter sind möglich, allerdings nur „eingeschränkt“ (z. B. über eine Krankenhaus-Holding). MVZ werden nur ambulant tätig. Anders als die Heilberufler-GmbH oder die Privatkrankenanstalten werden MVZ-GmbH aber nicht nur privat-, sondern auch vertragsärztlich tätig.

Daneben wurden Privatkrankenanstalten nach § 30 GewO kurz vorgestellt, die privatärztlich im Bereich stationärer Leistungen tätig werden. Hier sind – anders als bei der Heilberufler-GmbH – durchaus Beteiligungen Dritter denkbar, da Gesellschafter und Geschäftsführer keine Ärzte sein müssen. Die Privatklinik muss aber unter ärztlicher Leitung stehen. Bedeutsam ist, dass die Privatklinik nicht dem (zahn)ärztlichen Berufsrecht unterliegt.

Beweggründe für eine GmbH-Gestaltung

  • Einerseits bestehe wegen der Möglichkeit zur Thesaurierung eine auf den ersten Blick „niedrigere“ Steuerlast. Allerdings werde verkannt, dass im Fall der Ausschüttung in der Regel eine höhere Steuerbelastung eintrete.
  • Vielfach werde auch der Wunsch nach einer Haftungsbeschränkung genannt, etwa aufgrund von Haftungspotenzialen aus Miet- oder Arbeitsverträgen. Gerade in diesen Bereichen seien aber meist „persönliche Haftungsübernahmen“ erforderlich, etwa für Bankdarlehen.
  • Schließlich sei oft der Wunsch nach Etablierung einer Holding-Struktur darin begründet, einen „steuerfreien Exit“ bei Verkauf der Heilberufler-GmbH (§ 8b II KStG) zu erlangen sowie die Gewinne der Heilberufler-GmbH für andere Investitionen zu nutzen.
  • Teils werde auch angeführt, dass – was zutrifft – ein angemessenes Gesellschafter-Geschäftsführer-Gehalt steuerlich bei der GmbH abzugsfähig sei.

Die Heilberufler-GmbH hat jedoch auch Nachteile: So ist bei Vollausschüttung die GmbH mit einer höheren Steuerbelastung verbunden. Eine Beispielrechnung zeigte bei einem Gewinn von 100.000 EUR eine Mehrbelastung von etwa 5.000 EUR, was aber vom jeweiligen Gewerbesteuerhebesatz abhängt. Ferner haben Erwerber von GmbH-Beteiligungen kein Abschreibungspotenzial, Herr Blum sprach von einem steuerlichen „Ladenhüter“, da letztlich der Kreis potenzieller Käufer erheblich limitiert werde. Schließlich sei auch der Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen sowie die Komplexität, getrennte Vermögenswerte zu führen, wofür nicht jeder Mandant geeignet sei.

5.2 Parallele GmbH-Struktur

Angedacht wurde sodann, ob neben der vertragsärztlichen Praxis eine GmbH-Struktur sinnvoll sei mit der Folge, dass weiterhin vertragsärztlich Einkünfte nach § 18 EStG erzielt werden, jedoch z. B. privatärztliche Leistungen in die GmbH überführt werden. Dort werde der Arzt dann bei der GmbH angestellt mit der Folge, dass Einkünfte nach § 19 EStG und/oder Ausschüttungen nach § 20 EStG bezogen werden. Hier stellen sich aber steuerliche Risiken:

  • Probleme bereitet dabei die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten, Personal etc. in der Praxis, die umsatzsteuerrechtliche Folgen aufwirft. Hier muss sodann notwendig eine Praxisgemeinschaft zwischen der GmbH und der verbleibenden (vertragsärztlichen) Praxis begründet werden. Die Praxisgemeinschaft müsste sodann in Miet- und Arbeitsverträge eintreten. Ferner ist die (steuerneutrale) Übertragung des Inventars sorgfältig zu veranlassen. Es ist darauf zu achten, dass die Mitglieder der Kostengemeinschaft die nutzenden Personen selbst sein müssen. Ärztliches Personal muss natürlich in der jeweiligen Praxis angestellt bleiben, da die Praxisgemeinschaft nicht nach außen auftritt. Eine Arbeitnehmerüberlassung ist ohne Erlaubnis rechtlich unzulässig. Sollte es sich nicht vermeiden lassen, sind zwei Arbeitsverträge anzuraten (vgl. auch Ausführungen zum Vortrag von Herrn Ketteler-Eising).
  • Eine Übertragung des Patientenstamms ist nicht möglich. Es handelt sich insbesondere nicht um einen Teilbetrieb i. S. v. § 20 UmwStG. Eine Übertragung des Vermögensgegenstands ohne Gegenleistung stelle sich, so Herr Blum, als steuerlich verdeckte Einlage dar. Eine entgeltliche Übertragung des Patientenstamms stellt keine Lieferung dar, nach geänderter Rechtsprechung inzwischen aber eine „sonstige Leistung“. Die Übertragung ist daher voll steuerpflichtig. Die GmbH hat keinen Vorsteuerabzug, da es sich um eine Ausführung nach § 4 Nr. 14 UStG handelt. Das Dilemma kann ggf. durch die „Kleinunternehmerregelung“ gerettet werden, soweit der Patientenstamm als „Anlagevermögen“ anerkannt wird. Denkbar ist auch eine Rettung durch umsatzsteuerliche Organschaft bei Einzelpraxen.
  • Zudem besteht das Risiko einer Betriebsaufspaltung, da wesentliche Betriebsgrundlagen der Praxis an die GmbH überlassen werden. In der betreffenden Gestaltung wird nach Auffassung von Herrn Blum eine Gewerblichkeit des Besitzunternehmens (Praxis!) wohl nicht zu vermeiden sein und eine Verstrickung der GmbH-Anteile im Betriebsvermögen eintreten. Damit würde – nur eine Folge – das Konstrukt auch IHK-pflichtig.

Zusammenfassend wird die GmbH im Heilberuflerbereich regelhaft aus steuerlicher Sicht eher nicht in Betracht kommen. Die Risiken und notwendigerweise einzugehenden Nachteile überwiegen. Eine abschließende Beurteilung bleibt letztlich aber dem individuellen Einzelfall vorbehalten.

5.3 Holding-Gründung

Ferner gingen Herr Blum und Herr Tigges auf die Gründung einer Holding ein. Nach bislang herrschender Meinung ist eine Holding-Gründung nicht möglich, auch wenn Gesellschafter ausschließlich vertragsärztliche Leistungserbringer sind. Es handelt sich bei der Holding-GmbH um eine (fremde) „Dritte“, die nicht gründungsberechtigt ist. Zwar wird von vereinzelten Fällen berichtet, in denen es zu Genehmigungen gekommen sein soll. Es dürfte sich aber um Einzelfälle handeln, die initial „durchgerutscht“ sind.

Teils wird vorgeschlagen, über ein „Treuhandmodell“ eine Umgehungsoption zu schaffen. Die Idee besteht darin, dass die Ärzte die rechtlichen Eigentümer der Gesellschaftsanteile an einer MVZ-GmbH bleiben, die wirtschaftliche Berechtigung, die sich aus den Gesellschaftsanteilen ergibt (z. B. das Recht, Gewinne an sich auszuschütten), aber bei der Holding-GmbH liegt. Solch eine Gestaltung sollte jedoch nur dann initiiert werden, wenn zuvor eine Genehmigung des Vorhabens mit der jeweils zuständigen K(Z)V erfolgt ist.

5.4 Möglichkeiten der Praxiserweiterung

Weiter gingen Herr Tigges und Herr Blum auf zulässige Möglichkeiten zur Praxiserweiterung ein. Hier wurde auf Möglichkeiten zur Sitzteilung, Jobsharing-Modelle, Sonderbedarfskonstellationen oder auch Assistenzen im Bereich der Weiterbildung oder aus Gründen zulässiger Entlastung (z. B. bei Kindererziehungszeiten oder Pflege naher Angehöriger) eingegangen. Die jeweils geeignete Option sei im Einzelfall zu prüfen auf Basis der konkreten Umstände (z. B. Leistungsumfang und Interessen der Beteiligten, Auswirkungen auf das Honorar, Plausibilitätszeiten, Bedarfsplanungsgesichtspunkte etc.).

6. Nachfolgen in der (ü)BAG sicher gestalten

In einem weiteren Praktikerforum referierten Jonas Kaufhold und Christoph Gasten zur steuerlichen und rechtlichen Gestaltung der Nachfolge in der (ü)BAG. Bei den Rechtsfolgen des Ausscheidens verwiesen sie auf die Veränderungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts. Das Ausscheiden aus der Gesellschaft hat als gesetzliche Rechtsfolge nicht mehr die Beendigung der Gesellschaft zur Folge. Das BGB wurde entsprechend geändert: Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Anteil an der Gesellschaft den übrigen Gesellschaftern im Zweifel im Verhältnis ihrer Anteile zu. Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, so erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation. Das Gesellschaftsvermögen geht zum Zeitpunkt des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über. Neben der Kündigung der Mitgliedschaft in der Gesellschaft ist nun auch ausdrücklich die Kündigung der Gesellschaft (§ 731 BGB) möglich.

Kommt es zur Auflösung der Gesellschaft (Betriebsaufgabe notwendig) und setzen die Gesellschafter ihre Tätigkeit anderweitig fort, kommt es steuerlich zu einer echten Realteilung. Hierbei ist das Umsatzsteuerrisiko zu prüfen. Begünstigt seien Übertragungen in ein bestehendes Einzelbetriebsvermögen, Übertragungen in ein neu entstehendes Einzelbetriebsvermögen und Übertragungen in ein Sonderbetriebsvermögen zu einer anderen Mitunternehmerschaft. Die Sperrfrist nach § 16 Abs. 3 S. 3 EStG (drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft) ist bei der echten Realteilung zwingend von allen (Alt-) Gesellschaftern zu beachten.

Beachten Sie | Abzugrenzen ist die echte von der unechten Realteilung. Diese liegt vor, wenn die Mitunternehmerschaft ohne den Ausscheidenden fortbesteht, beispielsweise indem ein Gesellschafter aus einer mehrgliedrigen Gesellschaft ausscheidet und seine Tätigkeit anderweitig fortsetzt. Die Sperrfrist nach § 16 Abs. 3 S. 3 EStG gilt sodann nur für den ausgeschiedenen unechten Realteiler.

Ein Hauptaugenmerk bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen sei immer auf die Ausscheidensklauseln zu legen, so Jonas Kaufhold: Sollen Versorgungsaufträge langfristig an die Gesellschaft/Ü(BAG) gebunden werden, ist eine Bindungsklausel hinsichtlich des Vertragsarztsitzes im Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren. Aber Obacht: Die Rechtsprechung hat hierzu sehr hohe Anforderungen gestellt, ob eine Bindungsklausel wirksam vereinbart werden kann. Dies sei immer eine Frage des Einzelfalls (Stichwort: praktische Konkordanz) und anhand verschiedener Komponenten zu beurteilen. Nimmt der Ausscheidende seinen Versorgungsauftrag mit, so erhält er keine Abfindung für seinen Anteil am immateriellen Gesellschaftsvermögen. Die Vereinbarung von Festlaufzeiten könne sinnvoll sein, um die Gesellschaft zu stabilisieren und Investitionen abzusichern. Wenn ein Nachfolger in die Gesellschaft eingebunden werden soll, kann dies schrittweise erfolgen, beispielsweise über ein vorübergehendes Anstellungsverhältnis zum Kennenlernen oder besondere gesellschaftsvertragliche Regelungen, z. B. ein Hinauskündigungsrecht während einer definierten Kennenlernphase.

Bei den Abfindungsklauseln müsse eine Gestaltung gefunden werden, die heute fair ist, aber auch noch in vielen Jahren angemessen sei, mahnte Christoph Gasten. Der Schutz der Praxis müsse aus Beratersicht im Vordergrund stehen. Dies gelte insbesondere bei der Bestimmung der Höhe der Abfindung. Es empfiehlt sich, seine Mandanten in regelmäßigen Abständen darauf hinzuweisen, den eigenen Gesellschaftsvertrag dahin gehend zu prüfen, ob dieser noch dem tatsächlich Gewollten entspreche. Dies gelte vor allem im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen.

7. Brennpunkt Umsatzsteuer in der Pflege

Im weiteren Praktikerforum beleuchtete Frau Anja Schwinger die Situation ambulanter Pflegeeinrichtungen insbesondere aus steuerlicher Sicht. Bundesweit gebe es in Deutschland fünf Millionen Pflegebedürftige – Tendenz steigend. Der Markt stehe in einem kräftigen Wachstum. Für Steuerberater sei die Branche überaus interessant. Es gebe nahezu ausschließlich bilanzpflichtige Betriebe, die viele spannende Fragestellungen mit sich bringen.

Nach Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL sind Leistungen u. a. durch Altenheime oder andere von dem Mitgliedstaat anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter von der Umsatzsteuer befreit. Flankiert wird dies durch § 4 Nr. 16 Buchst. a bis n UStG. Zentral ist, dass Leistungen erbracht werden, die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbunden sind. Die Hilfsbedürftigkeit wiederum richtet sich nach den sozialrechtlichen Regelungen. Schließlich ist eine Umsatzsteuerbefreiung davon abhängig, dass die betreffende Leistung eine solche ist, die der Versorgungsvertrag mit den Kostenträgern (z. B. nach § 77 SGB XI) erfasst.

Nicht erfasst wird von der bisherigen umsatzsteuerlichen Konzeption eine Befreiung für Verträge nach § 132d SGB V im Rahmen einer SAPV (spezialisierte, ambulante, palliativmedizinische Versorgung). Es ist derzeit nicht geklärt, ob diese Leistungen umsatzsteuerbefreit sind; Frau Schwinger betonte, dass nach ihrem Verständnis der steuerrechtlichen Subsumtion derzeit keine Umsatzsteuerbefreiung gegeben sei. Für die Beratung wäre im Übrigen anzuraten, etwaige Leistungen, die umsatzsteuerbar sind bzw. sein könnten, in eine gesonderte Gesellschaft, zumindest aber in einen gesonderten Buchungskreis, auszugliedern.

Entsprechend sei auch die Pkw-Gestellung an Mitarbeiter in der ambulanten Pflege dem Grunde nach umsatzsteuerbar. Hier gebe es auf Basis eines BMF-Rundschreibens eine praktische Option, wonach eine 80/20-Betrachtung eröffnet sei. Danach kann Vorsteuer in Höhe von 80 % der Umsatzsteuer, die auf den nach der 1 %-Methode ermittelten geldwerten Vorteil entfällt, abgezogen werden. Diese pauschale Ermittlung wird in der Regel unausweichlich sein.

Schließlich ging Frau Schwinger auf aktuell anhängige Revisionsverfahren beim BFH ein, die Fragen des „persönlichen Budgets“ betreffen (z. B. BFH V R 1/22 oder XI R 1/23). Mit dem persönlichen Budget soll den Berechtigten ein selbstbestimmtes Leben in eigener Verantwortung ermöglicht werden, indem regelmäßige Geldzahlungen zur Verfügung gestellt werden, durch die sie Leistungen selbst organisieren können. Hier stellt sich die Frage, ob Budgetassistenzleistungen eines Pflegedienstes, die gegenüber den pflegebedürftigen – behinderten – Kunden erbracht werden, von der Umsatzsteuer befreit sind, soweit die Kunden sie aus ihrem „persönlichen Budget“ (in den Streitjahren 2012 bis 2015 § 17 SGB IX; jetzt § 29 SGB IX) bezahlen? Frau Schwinger hält hier eine Umsatzsteuerbarkeit der Leistungen de lege lata für zutreffend.

8. Aktuelles zur Praxisbewertung

Abschließend referierte Peter Goldbach im letzten Praktikerforum zum Thema Aktuelles aus der Praxisbewertung. Dargestellt wurden zunächst die allgemeinen Bewertungsverfahren. Die Gesamtbewertungsverfahren, das Ertragswertverfahren und das Vergleichswertverfahren, das Einzelbewertungsverfahren – hier werden sämtliche Positionen der Aktiva und Passiva einzeln bewertet (bspw. Substanzwert- oder Liquidationswertverfahren) und Mischverfahren als eine Kombination aus Einzel- und/oder Gesamtbewertungsverfahren.

In der Praxisbewertung sei die modifizierte Ertragswertmethode in unterschiedlichen Ausprägungen angekommen. Das dort in Ansatz zu bringende Oberarztgehalt in der Klinik stamme allerdings aus der „alten Welt“. Ideale Vergleichswerte seien Löhne angestellter Ärzte in ambulanten Praxen oder MVZ. Auch die Prozess- und Verwaltungsqualität wirke sich zukünftig auf die Bewertung aus. Zu berücksichtigen seien z. B. Kosten für Implementation von digitalen Prozessen, Telemedizin, IT-Sicherheit und Datenschutz und QM und Verfahrensdokumentation.

Aktuell wird der IDW S 1 diskutiert. Bis Ende April 2025 können noch Anmerkungen einfließen. Folgendes wird angedacht:

Praxistipp | Der 20. IWW-Kongress Praxis Ärzteberatung 2026 findet am 20.3.26 in Düsseldorf statt: www.kongress-praxis-aerzteberatung.de.
  • Stärkung der Eigenverantwortung des Gutachters
  • Einführung neuer Rollen, z. B. neutraler Sachverständiger
  • Weiterentwicklung des objektivierten Werts: Anpassung an aktuelle Entwicklungen
  • Anpassung des Stichtagsprinzips: Zukünftig sollen auch neue Entwicklungen Berücksichtigung finden
  • Einführung des plausibilisierten Entscheidungswerts
  • Einbeziehung potenzieller Synergien
  • Öffnungsklausel Steuern bei Kapitalgesellschaften
  • Ertragssteuern der Anteilseigner
  • Integration von Praxishinweisen

AUSGABE: PFB 6/2025, S. 171 · ID: 50369703

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