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EinkommensteuerKeine gewerbliche Infektion durch Gesellschafter mit nur geringer freiberuflicher Tätigkeit

Abo-Inhalt20.05.20254 Min. LesedauerVon Dipl. Kfm. Dipl. Finw. André Reineke, Bielefeld

| Eine Gemeinschaftspraxis erzielt nur dann Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit nach § 18 EStG, wenn alle Gesellschafter über die persönliche Berufsqualifikation verfügen und tatsächlich freiberuflich tätig sind. Der BFH (4.2.25, VIII R 4/22) hat nun entschieden, dass ein als Zahnarzt zugelassener Mitunternehmer selbst dann freiberuflich tätig ist, wenn er die behandelnde Tätigkeit nur in einem äußerst geringfügigen Umfang ausübt und weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen erbringt. |

1. Berufsfremde Tätigkeit eines Mitunternehmers

Die freiberufliche Tätigkeit zeichnet sich durch die persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers aus. In einer Personengesellschaft müssen alle Gesellschafter die erforderliche Berufsqualifikation besitzen und diese auch nach außen hin ausüben. Allerdings muss nicht jeder Gesellschafter in allen Bereichen des Unternehmens leitend tätig sein. Eine Kombination aus freiberuflicher und organisatorischer Tätigkeit ist unproblematisch, und das Gesetz verlangt keine spezifische Aufteilung zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit. Die Rechtsprechung betrachtet Gesellschafter, die weder freiberuflich nach außen noch im Innenverhältnis tätig sind oder ausschließlich interne Aufgaben übernehmen, als gewerblich tätig. In solchen Fällen wird ihr Mitunternehmeranteil als reine Kapitalbeteiligung angesehen. Eine Übertragung der Freiberuflichkeit von anderen Gesellschaftern auf sie ist nicht möglich, da jeder Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen muss. Wenn auch nur ein Gesellschafter diese Merkmale nicht erfüllt, erzielt die gesamte Gesellschaft gewerbliche Einkünfte.

2. Entscheidung

Neu an der BFH-Entscheidung ist, dass ein Gesellschafter sowohl im Außenverhältnis als auch im Rahmen der Organisation des Praxisbetriebs tätig war, die freiberufliche Leistungserbringung aber nur in äußerst geringfügigem Umfang ausübte.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine eingetragene Partnerschaftsgesellschaft, die eine Zahnarztpraxis betreibt, in der alle sieben Partner approbierte Zahnärzte sind. Ein Seniorpartner übernahm die kaufmännische Leitung und organisatorische Aufgaben, war jedoch kaum in die zahnärztliche Tätigkeit eingebunden, da er nur fünf Patienten beriet, was weniger als 1 % des Gesamtumsatzes ausmachte. Aufgrund seines minimalen Beitrags zur freiberuflichen Tätigkeit stuften FA und FG seine Tätigkeit als gewerblich ein, was zur Folge hatte, dass die Einkünfte der Praxisgemeinschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrachtet wurden.

Dieser Argumentation folgte der BFH nicht. Er urteilte, dass sämtliche Gesellschafter der Personengesellschaft die Voraussetzungen für eine freiberufliche Tätigkeit erfüllten, da sie als Zahnärzte über die notwendige Berufsqualifikation verfügten. Alle Mitunternehmer, insbesondere auch der Seniorpartner, übten persönlich auch eine freiberufliche Tätigkeit aus. Hierbei sei es nicht notwendig, dass jeder Gesellschafter an jedem Auftrag leitend und eigenverantwortlich mitarbeitet. Die eigene freiberufliche Betätigung eines Mitunternehmers kann auch in Form der Mit- und Zusammenarbeit erfolgen. Einen Mindestumfang für die mit Außenwirkung erbrachte qualifizierte Tätigkeit sehe das Gesetz nicht vor. Daher sei es ausreichend, wenn jeder Gesellschafter die berufstypische freiberufliche Tätigkeit zumindest in geringem Umfang (hier fünf Patienten pro Jahr) ausübt.

Die berufstypische zahnärztliche Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG wird durch die auf zahnärztlich-wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten charakterisiert. Diese patientenbezogene Betrachtung schließt jedoch nicht aus, dass gerade bei größeren Zusammenschlüssen von Berufsträgern einzelne Gesellschafter neben einer sehr geringfügigen behandelnden Tätigkeit weit überwiegend mit der Organisation der Praxis beschäftigt sind. Auch in diesem Fall werden Tätigkeiten erbracht, die zum Berufsbild des Zahnarztes gehören, denn die kaufmännische Führung und Organisation der Praxis ist die Grundlage für die Ausübung der am Markt erbrachten berufstypischen zahnärztlichen Leistungen und somit auch Ausdruck der freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit sowie der Teilnahme an der praktischen Arbeit.

3. Konsequenzen für die Praxis

Der BFH hält an dem Grundsatz fest, dass eine Personengesellschaft nur dann freiberufliche Einkünfte gem. § 18 EStG erzielt, wenn alle Gesellschafter freiberuflich tätig sind. Aber: Auch Freiberufler haben neben ihrer eigentlichen selbstständigen Tätigkeit eine Vielzahl von administrativen Aufgaben zu erledigen, sodass es in der Praxis nicht unüblich ist, dass bei einer Praxisgemeinschaft ein Gesellschafter überwiegend organisatorisch tätig ist.

Der BFH hat nunmehr erfreulicherweise deutlich gemacht, dass selbst eine nahezu ausschließliche Übernahme von administrativen Aufgaben nicht zu einer Gewerblichkeit und somit zu einer Gewerbesteuerpflicht führt. Er berücksichtigt in seinem Urteil, dass die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft die Grundlage für die am Markt erbrachten berufstypischen zahnärztlichen Leistungen ist und somit auch zum Berufsbild eines Zahnarztes gehört. Dies gilt natürlich nicht nur für Arztpraxen, sondern auch für Rechtsanwälte oder Steuerberater etc.

Für den Fall, dass ein Berufsträger ausschließlich administrative und organisatorische Tätigkeiten erbringt, sieht die Rechtsprechung nach wie vor eine Gewerblichkeit der gesamten Gesellschaft vor. Allerdings scheint dieser Fall vor dem Hintergrund dieses Urteils durch das Erbringen äußerst weniger berufstypischer Leistungen mehr als vermeidbar zu sein. In jedem Fall ist es jedoch empfehlenswert, Beweisvorkehrungen zu treffen.

AUSGABE: PFB 6/2025, S. 158 · ID: 50387695

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