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FirmenwagenKein Anschein der Privatnutzung trotz mangelhaftem Fahrtenbuchs

Abo-Inhalt20.03.20254 Min. Lesedauer von StB Jürgen Derlath, Münster

| Bei der Prüfung, ob der für eine private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge streitende Anscheinsbeweis erschüttert ist, müssen sämtliche Umstände berücksichtigt werden. Ein Fahrtenbuch darf nicht von vornherein mit der Begründung außer Betracht gelassen werden, es handele sich um ein nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (BFH 22.10.24, VIII R 12/21). |

1. Sachverhalt

Der Kläger, ein Prüfsachverständiger, besaß diverse Fahrzeuge. In seinem Betriebsvermögen hielt er einen BMW 740d X Drive sowie einen Lamborghini Aventador, in seinem Privatvermögen einen Ferrari 360 Modena Spider und einen Jeep Commander. Er trug vor, dass sich aus den handschriftlichen Fahrtenbüchern und den von ihm nach den Fahrtenbüchern angefertigten Transkripten ergebe, dass er den Lamborghini und den BMW nicht privat genutzt habe. Eine Privatnutzung sei auch deshalb nicht zu versteuern, weil er über gleichwertige Fahrzeuge im Privatvermögen verfügt habe. Doch damit konnte er weder beim FA noch beim FG durchdringen. Zum einen handele es sich um andere Fahrzeugtypen mit unterschiedlichem Prestige und Nutzungsmöglichkeiten. Zum anderen seien die handschriftlich geführten Fahrtenbücher nicht lesbar gewesen. Die Unleserlichkeit von Fahrtenbüchern könne auch nicht durch ein nachträglich erstelltes Transkript geheilt werden. Der BFH ist anderer Auffassung und hat die Vorentscheidung aufgehoben.

2. Entscheidungsgründe

Dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge werden erfahrungsgemäß auch privat genutzt. Das FG kann in der Regel davon ausgehen, dass eine private Nutzung stattgefunden hat, es sei denn, es gibt Anhaltspunkte für das Gegenteil. Der Kläger muss nicht das Gegenteil beweisen, sondern lediglich ernsthafte Möglichkeiten für eine andere Nutzung aufzeigen.

Der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung ist nicht allein durch die Behauptung erschüttert, private Fahrzeuge stünden zur Verfügung. Er kann aber erschüttert werden, wenn ein gleichwertiges privates Fahrzeug verfügbar ist. Auch mehrere vergleichbare Fahrzeuge im Privat- und Unternehmensbereich können den Beweis erschüttern, besonders bei geringer Differenz in Status und Gebrauchswert.

Die Vorinstanz ging fälschlicherweise davon aus, dass nur ein ordentliches Fahrtenbuch den Anscheinsbeweis entkräften kann. Auch andere Aufzeichnungen können dies tun. Das FG hätte prüfen müssen, ob die Fahrtenbücher und Transkripte übereinstimmen und keine Privatfahrten belegen, selbst wenn die Transkripte teilweise unleserlich sind.

3. Relevanz für die Praxis

Die Sache wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss nun anhand der Kriterien des BFH prüfen, ob der Kläger den Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des BMW und des Lamborghini erschüttert hat.

3.1 Die Krux mit dem Anscheinsbeweis

Für einen Firmenwagen, der sich im Betriebsvermögen befindet, ist die Ein-Prozent-Regelung zur Versteuerung der – tatsächlichen oder angeblichen – Privatnutzung anzuwenden, wenn kein Fahrtenbuch geführt wird. Es gilt der „Beweis des ersten Anscheins“, der fast immer für eine Privatnutzung eines Fahrzeugs spricht. Mit der Behauptung, das Kfz werde ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt, lässt sich kein Finanzbeamter erweichen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden betriebliche Fahrzeuge, die auch zur Nutzung für private Zwecke zur Verfügung stehen, tatsächlich auch privat genutzt (BFH 13.12.11, VIII B 82/11). Selbst wenn sich ein weiteres Kfz im Privatvermögen befindet, verzichtet der Fiskus nur selten auf die Versteuerung des Privatanteils. Dann ist es Sache des Steuerpflichtigen, den Anscheinsbeweis einer Privatnutzung zu erschüttern. Doch wie kann diese Erschütterung gelingen?

Nach der Rechtsprechung der FG kommt eine Erschütterung des Anscheinsbeweises in Betracht, wenn für Privatfahrten ein weiteres Fahrzeug zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung steht. Voraussetzung für eine solche Entkräftung ist jedoch, dass dieses Privatfahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar ist. Beispielsweise wären ein VW Touareg und ein Volvo XC 90 solch vergleichbare Fahrzeuge (FG Niedersachsen 20.3.19, 9 K 125/18). In der Praxis zweifeln die FÄ die Vergleichbarkeit der Fahrzeuge aber oftmals an. Oder sie wenden ein, dass das Fahrzeug im Privatvermögen auch durch den Ehegatten oder die volljährigen Kinder genutzt werden konnte. Und dann soll wiederum doch nur ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch den Anscheinsbeweis der Privatnutzung entkräften können. Nun hat der BFH aber zugunsten der Betriebsinhaber wie oben geschildert entschieden.

3.2 Gekürzter Betriebsausgabenabzug bei Luxusfahrzeugen.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Auch wenn der Kläger vor dem BFH erfolgreich war, so heißt das nicht, dass er nun alle Kosten für die beiden Luxusfahrzeuge als Betriebsausgaben abziehen darf. Bei dem Lamborghini ist nämlich auch die (Un-)Angemessenheit der Fahrzeugaufwendungen zu prüfen. Die Vorinstanz hatte die abziehbaren Kosten um 2/3 gekürzt. Es spricht einiges dafür, dass es bei dieser Kürzung bleiben wird. Zu guter Letzt soll noch einmal der warnende Zeigefinger erhoben werden: Auch wenn die Sache im Besprechungsfall vielleicht noch einmal gut ausgeht, so ist doch stets zu raten, ein Fahrtenbuch korrekt zu führen. Im aktuellen Fall ging es im Übrigen nur um die Frage, ob angesichts der Fahrzeuge im Privatvermögen die Versteuerung einer Privatnutzung der betrieblichen Kfz überhaupt erforderlich ist. Und immerhin verfügte der Steuerpflichtige über Aufzeichnungen. Wer von vornherein weder ein Fahrtenbuch noch irgendwelche anderen aussagekräftigen Aufzeichnungen führt, wird weniger Erfolg haben als der Kläger des Besprechungsfalls.

AUSGABE: PFB 4/2025, S. 92 · ID: 50297786

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