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Vertragsrecht Leserforum: Wer koordiniert Leitungstrassen in Freianlagen?

Abo-Inhalt28.05.20243 Min. Lesedauer

| Wer ist für die Koordination und Integration der Ver- und Entsorgungsleitungen unter den Freianlagen verantwortlich? Diese Frage ist schon mehrfach an PBP herangetragen worden. Im Tagesgeschäft wird die Leistung oft bei den Architektur- oder Ingenieurbüros für Objektplanung verortet. Das ist aber in deren Leistungsbildern nicht als Grundleistung geregelt. Was gilt also? Anlass für PBP, der Sache auf den Grund zu gehen und dabei auch einen Blick in die „HOAI-Zukunft“ zu werfen. |

Das sind die typischen Schnittstellenthemen und -fragen

In der Praxis geht es vor allem um folgende Themen, die für Auseinandersetzungen sorgen:

  • Den Aushub größerer Baugruben, die mit ihrem Böschungswinkel (und gelegentlich mit Bermen oder Baugrubensicherungsmaßnahmen) weit in die Freianlagen hineinreichen.
  • Die kollisionsfreie Planung und Ausführung von Ver- und Entsorgungs-trassen.
  • Sicherstellung der richtigen Höhenlage von Außentrassen, im Trassenverlauf und insbesondere an den Schnittstellen zu Gebäuden oder zur öffentlichen Ver- und Entsorgung.

Wer ist für die Koordination zuständig?

Zunächst ist festzuhalten, dass es immer auf den konkreten Vertragsinhalt ankommt, welche Leistungen geschuldet werden und welche nicht. Das gilt auch für Koordinations- und Integrationsleistungen weiterer an der Planung Beteiligter.

Wird man in der HOAI fündig?

Unterstellt, dass jeweils Grundleistungen nach HOAI beauftragt sind, gilt für die einzelnen Leistungsbilder Folgendes:

  • Leistungsbild Objektplanung Gebäude: Wenn Sie mit den Grundleistungen für die Objektplanung Gebäude oder Ingenieurbauwerk beauftragt sind, ergibt sich aus den Grundleistungen im jeweiligen Leistungsbild, dass die Objektplanung mit ihren Koordinations- und Integrationsleistungen an der jeweiligen Objektgrenze Halt macht. Somit enden auch die Koordinations- und Integrationsleistungen an der Objektgrenze, die Vertragsgegenstand ist. Für Gebäudeplaner ist die Fassade im Regelfall die äußere Grenze des Objektes Gebäude.
  • Damit müssen Objektplaner keine Koordinations- und Integrationsleistungen für den Bereich der in den Freianlagen liegenden Ver- und Entsorgungstrassen erbringen. Das bedeutet, dass hier eine entsprechende Beauftragung durch die Auftraggeberseite vorzunehmen ist. Je nach Art der Trasse kommen hier ggf. unterschiedliche Ingenieurbüros infrage.
  • Leistungsbild Freianlagen: Ob diese Koordinations- und Integrationsleistungen vom Objektplaner für Freianlagen zu erbringen sind, wird in der Fachwelt unterschiedlich beurteilt. Deshalb lohnt ein Blick in den Abschlussbericht zur neuen HOAI 202X. Dort steht, dass das Koordinieren von Leitungsplanungen Dritter und die Erstellung eines koordinierten Leitungsplans in den Freianlagen eine Besondere Leistung im Leistungsbild Freianlagen (Lph 3) darstellt. In der Begründung dazu heißt es, dass diese Leistungszuordnung in die Besonderen Leistungen eine Klarstellung ist, Daraus ergibt sich, dass es sich bei dieser Art von Koordinations- und Integrationsleistungen im Leistungsbild Freianlagen nicht um eine Grundleistung handeln dürfte, auch nicht in der derzeitigen Fassung der HOAI.

Ergo: Die Trassenkoordination von Ver- und Entsorgungsleitungen im Bereich unterhalb der Freianlagen stellt ganz offensichtlich keine Grundleistung in den o. g. Leistungsbildern dar.

Empfehlung: Einzelfallbezogene Regelung treffen

Daher empfiehlt PBP, dass die betreffenden Planer den Auftraggeber frühzeitig auf die Leistungslücke hinweisen und ihm empfehlen, diese fachlich notwendige Leistung zu beauftragen. Es ist sinnvoll, diese Regelung vor der Erstellung der Kostenschätzung (Lph 2) zu treffen, damit hinreichend klar ist, wer für welche Kostenanteile zuständig ist. Mit den diesbezüglichen Regelungen sollten auch Klarstellungen zur evtl. Anrechenbarkeit von Kosten getroffen werden.

Dabei kommt es auch darauf an, ob sich Fachplanungsbüros in der Lage sehen, diese Leistungen aus fachlichen Gründen zu erbringen. So gibt es z. B. TA-Büros, die ausschließlich auf die technische Ausrüstung innerhalb von Gebäuden und Ingenieurbauwerken ausgerichtet sind und Trassen außerhalb von Bauwerken im Erdreich (Abwassersammelleitungen) fachlich nicht planen und überwachen.

Praxistipp | Da die neue HOAI 202X diese Besondere Leistung aller Voraussicht nach im Leistungsbild Freianlagen ansiedelt, stellt sich für Büros, die Freianlagen planen, die Frage, ob sie dieses Prinzip nicht bereits nach der jetzigen HOAI 2021 anwenden und die Besondere Leistung anbieten. Selbstverständlich kann dieses Thema auch bereits im VGV-Verfahren als Anfrage ins Vergabemanagementsystem eingestellt werden.
Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Gutachten zur Reform der HOAI-Leistungsbilder: 269-seitiger Band steht online“, pbp.iww.de → Abruf-Nr. 49572591
  • Beitrag „Schnittstellenkoordination bei unterschiedlichen Objektplanungen: Darauf müssen Sie achten“, PBP 10/2023, Seite 22 → Abruf-Nr. 49703570

AUSGABE: PBP 6/2024, S. 15 · ID: 50003876

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