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VertragsrechtDie Freiheit der Fachpersonalwahl im Planer-vertrag: Rechtliche Grenzen und Empfehlungen
| Die Flexibilität in der Wahl des Fachpersonals, das eine Aufgabe ausführt, ist ein entscheidendes Merkmal, das sowohl die Qualität Ihrer Arbeit als auch die Einhaltung der Vertragspflichten beeinflusst. Diese Autonomie ist im BGB verankert und ermöglicht es Fachleuten, ihre berufliche Urteilsfähigkeit und Fachkenntnisse optimal einzusetzen. Der Auftraggeber kann (aus Kostenersparnisgründen) also prinzipiell nicht Einfluss nehmen, welches Personal Sie für eine Aufgabe einsetzen. Weil PBP in diesem Kontext eine Leserfrage erreicht hat, gehen wir auf das Thema näher ein. |
So stellt sich das Problem in der Praxis dar
In der Baubranche treten zwischen Auftraggebern und Dienstleistern häufig Differenzen über die Frage auf, welche Qualifikationen für bestimmte Tätigkeiten erforderlich sind. Dies gilt insbesondere für Planerleistungen, die auf Stundenbasis abgerechnet werden. Die Diskussion, ob eine Aufgabe von einem Ingenieur oder Techniker ausgeführt werden soll, hat direkte Auswirkungen auf die Kostenstruktur eines Projekts und somit auch auf die Abrechnung.
So ist die Personaleinsatzfrage rechtlich geregelt
Nach § 650p BGB hat ein Planer die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Wie er diese Leistungen erbringt, also welche Mitarbeiter er dafür einsetzt, fällt grundsätzlich in seinen Entscheidungsbereich, solange er das versprochene Werk in der geschuldeten Qualität liefert. Dies umfasst auch die sachgerechte Auswahl des Personals nach Qualifikation und Eignung für die jeweiligen Aufgaben.
Werkvertraglich gilt das Prinzip der Erfüllungsfreiheit
Eine Einmischung des Auftraggebers in diese Auswahl könnte die Haftungsverhältnisse unklar machen und steht dem Grundsatz entgegen, dass der Werkunternehmer für die Erfüllung des Werks verantwortlich ist. Denn im Werkvertragsrecht gilt das Prinzip der Erfüllungsfreiheit. Das bedeutet, dass der Unternehmer frei darin ist, wie er das versprochene Werk erstellt, solange das Endergebnis den vertraglichen Anforderungen entspricht. Diese Freiheit schließt auch die Wahl des Personals mit ein, sofern nicht anders vereinbart.
Was ist im Vertrag geregelt?
Wenn im Vertrag keine spezifischen Anforderungen bezüglich der Qualifikation des einzusetzenden Personals festgelegt sind, kann der Auftraggeber nicht nachträglich Anforderungen stellen oder Vorgaben machen, welches Fachpersonal der Planer einzusetzen hat. Eine nachträgliche Einflussnahme des Auftraggebers diesbezüglich würde in die berufliche und betriebliche Autonomie unzulässig eingreifen. Planer sollten jedoch in der Lage sein, zu begründen, warum bestimmte Leistungen das höhere Qualifikationsniveau und damit verbundene höhere Kosten rechtfertigen. Bspw. könnte der Einsatz eines Ingenieurs notwendig sein, um spezielle technische Herausforderungen zu bewältigen oder sicherheitsrelevante Aspekte zu erfüllen.
Die Parallele zu § 4 Abs. 2 VOB/B
In der VOB finden sich ähnliche Prinzipien wie im BGB. Nach § 4 Abs. 2 VOB/B ist der Auftragnehmer frei in der Entscheidung, wie er die vertraglich geschuldete Leistung erbringt. Das Recht auf eigenverantwortliche Ausführung umfasst auch die Freiheit der Wahl der Mittel und die Entscheidungsfreiheit, den Herstellungsvorgang insgesamt bis zur Abnahme selbst zu bestimmen. Der Auftragnehmer entscheidet eigenverantwortlich über alle technischen und wirtschaftlichen Fragen, auch darüber, welche Arbeitnehmer und Nachunternehmer (in den Grenzen von § 4 Abs. 8 VOB/B) sowie Sonderfachleute er einsetzt, um das übernommene Risiko der vertragsgemäßen Ausführung meistern zu können. Diese Freiheit umfasst auch die Auswahl des Personals.
Drei Empfehlungen für die Praxis
In der Praxis bieten sich Ihnen drei Stellschrauben, um das Thema in beiderseitigem Einvernehmen mit dem Auftraggeber gut zu lösen:
- 1. Bewusstsein über rechtliche Rahmenbedingungen: Sowohl Auftragnehmer als auch Auftraggeber sollten sich über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sein und verstehen, dass die fachliche Freiheit des Unternehmers ein grundlegender Bestandteil seiner Vertragspflichten ist.
- 2. Vertragsgestaltung: Achten Sie darauf, dass der Vertrag klare Bestimmungen zur Auswahl des Fachpersonals enthält. Ist dies nicht der Fall, sollten Sie Ihre Auswahlentscheidungen dokumentieren, um im Streitfall Ihre Entscheidungen rechtfertigen zu können. Überprüfen Sie, was im Vertrag hinsichtlich der erforderlichen Qualifikationen des Fachpersonals und der entsprechenden Vergütung vereinbart wurde. Stellen Sie sicher, dass die Abrechnung diese vertraglichen Anforderungen widerspiegelt.Treffen Sie klare vertragliche Regelungen und ...
- 3. Dokumentation und Kommunikation: Regelmäßige Kommunikation mit dem Auftraggeber über die Auswahl des Fachpersonals und die Gründe für diese Wahl kann Missverständnisse vermeiden helfen. Eine transparente Darstellung der Qualifikationen und Erfahrung des eingesetzten Personals stärkt das Vertrauen des Auftraggebers. Berücksichtigen Sie die HOAI sowie die üblichen Standards in der Branche. Die HOAI gibt oft einen Rahmen für die Vergütung basierend auf der Art der erbrachten Leistungen und der Qualifikation des Personals.... sorgen Sie für eine transparente Kommunikation
Fazit | Die Freiheit der Fachpersonalwahl ist ein wichtiger Grundsatz im Werkvertragsrecht. Jedoch erfordert die vertragliche Differenzierung der Stundensätze eine höhere Transparenz und Begründungspflicht seitens des Architekten oder Ingenieurs, insbesondere wenn daraus für den Auftraggeber höhere Kosten entstehen. |
AUSGABE: PBP 6/2024, S. 22 · ID: 50025197