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WerkvertragsrechtDer BGH und die Rechtsberatung der Planer am Bau: Das gehört zu Ihren Pflichten und das nicht
| Der Architekt ist nicht einem Rechtsberater des Bauherrn gleichzusetzen. Eine allgemeine Rechtsberatung wird vom Berufsbild nicht erfasst, da es insoweit an einer hinreichenden juristischen Qualifikation fehlt. Diese Aussage des BGH hat für Aufsehen und Verunsicherung gesorgt. Was müssen Sie an Beratung leisten und wo sind die Grenzen zur unerlaubten (und nicht versicherten) Rechtsberatung? PBP klärt auf und unterstützt Sie mit Checklisten und Musterschreiben. |
Die jüngsten Verlautbarungen aus der Rechtsprechung
Die jüngsten Verlautbarungen aus der Rechtsprechung kommen vom BGH und vom OLG Frankfurt. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Dieses rechtliche Wissen muss der Planer haben
Der Architekt hat die Pflicht, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die mit dem Besteller vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Dieses Aufgabengebiet und damit das Berufsbild des Architekten hat in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen. So kann es zum Erreichen der vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele notwendig sein, über Kenntnisse des öffentlichen und privaten Baurechts zu verfügen und diese in der Beratung des Bauherrn umzusetzen.
Nach der Rechtsprechung des BGH muss der Architekt als geschäftlicher Oberleiter, sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn nicht unerhebliche Kenntnisse des Werkvertragsrechts, des BGB und der entsprechenden Vorschriften der VOB/B besitzen.
Die Tätigkeit des Architekten kann zudem erfordern, dem Bauherrn das planerische, wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Vorhabens zu erläutern und in diesem Zusammenhang öffentlich-rechtliche Vorschriften zum Bauplanungs- und Bauordnungsrecht in seine Beratung einzubeziehen. Insoweit soll der Architekt in seiner Berufsausübung durch das Rechtsdienstleistungsgesetz nicht behindert werden.
Nicht hinreichende juristische Qualifikation setzt Beratungsgrenzen
Der Architekt ist jedoch nicht einem Rechtsberater des Bauherrn gleichzusetzen. Eine allgemeine Rechtsberatung wird von dem Berufsbild des Architekten nicht erfasst, da es insoweit an einer hinreichenden juristischen Qualifikation fehlt. Insoweit greift der Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, den Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten.
Um diese beiden Rechtsberatungsfälle ging es aktuell
In den Fällen, die dem BGH und dem OLG Frankfurt zur Entscheidung vorlagen, ging es um unterschiedliche Sachverhalte:
BGH: Vom Architekten entworfene Skontoklausel für Bauvertrag
Im BGH-Fall war ein Architekt mit den Planungs- und Überwachungsleistungen eines Neubaus (Lph 1 bis 8) beauftragt. Vereinbarungsgemäß konzipierte er nach Rücksprache mit einem (inzwischen verstorbenen) Rechtsanwalt selbst eine als Allgemeine Geschäftsbedingung formulierte Skontoklausel, die der Auftraggeber in mehreren Bauverträgen nutzte. Nachdem sich herausstellte, dass die Klausel AGB-rechtlich unwirksam war, forderte der Auftraggeber vom Architekten Schadenersatz.
Der BGH gab ihm letztinstanzlich recht. Er erteilte allerdings der weitverbreiteten Auffassung, dass die Regelung aus Lph 7 h, wonach der Architekt ein Entgelt für das „Mitwirken bei der Auftragserteilung“ erhalte, teilweise als Erlaubnistatbestand i. S. v. § 5 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) auszulegen sei, eine klare Absage. Die Zurverfügungstellung einer den Interessen des Auftraggebers entsprechenden Skontoklausel zur Verwendung in Verträgen mit den Bauunternehmern geht über die mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinaus (BGH, Urteil vom 09.11.2023, Az. VII ZR 190/22, Abruf-Nr. 238420).
Wichtig | Im Gegensatz zu früheren Urteilen hat der BGH jetzt eine wesentliche Klarstellung hinsichtlich der Zulässigkeit von Rechtsdienstleistungen durch Planer vorgenommen. Er hat bestimmt, dass Grundleistungen, die in den Anlagen zur HOAI aufgeführt sind und Rechtsberatungsleistungen umfassen, weder unmittelbar noch mittelbar zur Erbringung dieser Rechtsdienstleistungen ermächtigen. Der Grund liegt in der Normenhierarchie zwischen dem RDG und der HOAI.
2. Die Rolle des Architekten bei der Nachtrags- bzw. Rechnungsprüfung
Mit der Rolle des Architekten bei der Nachtrags- bzw. Rechnungsprüfung hat sich das OLG Frankfurt a. M. aktuell befasst. Es hat klargestellt, dass die Hauptaufgabe des Architekten bzw. Ingenieurs bei der Prüfung der Schlussrechnung in der Kontrolle der bautechnischen und baubetrieblich-kalkulatorischen Aspekte liegt. Eine juristische Bewertung der Nachtragsforderungen, etwa in Bezug auf eine gerechtfertigte Mehrvergütung nach § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B, überschreite jeden Rahmen seiner Beauftragung und Verantwortung (OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.03.2023, Az. 21 U 69/21, Abruf-Nr. 240052, rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 11.10.2023, Az. VII ZR 64/23).
Wichtig | Nicht unerwähnt sei, dass der Auftraggeber die Beweislast für eine mangelhafte Rechnungsprüfung durch den Architekten trägt. Wenn er gegen Sie Schadenersatzansprüche geltend machen will, muss er konkret darlegen und beweisen, welche spezifischen Fehler Sie bei der Prüfung gemacht haben und welcher Schaden dadurch entstanden ist.
Rechtsberatungsleistungen im Kontext der Lph der HOAI
Die Rechtsberatungsleistungen von Architekten und Ingenieuren erstrecken sich grundsätzlich auf Beratungs-, Aufklärungs-, Sachwalter-, Beweissicherungs- und Handlungspflichten. Diese werden, sofern die Parteien die Leistungsbilder der HOAI vereinbart haben, durch die dort aufgeführten Grund- oder ggf. Besondere Leistungen definiert. Je Lph gilt Folgendes:
Lph 1: Grundlagenermittlung
In dieser Phase berät der Planer primär zu technischen Anforderungen und nur im Rahmen seines Fachgebiets zu rechtlichen Aspekten, hauptsächlich zu öffentlich-rechtlichen Regelungen.
Im Zuge der vertraglichen Vereinbarung kann ausdrücklich festgelegt werden, dass die Mitwirkung des Planers bei der Auswahl, Beschaffung und Übertragung von Grundstücken und Objekten als Besondere Leistung zu erachten ist. Innerhalb dieser vertraglich definierten Zuständigkeit obliegt dem Planer die Verpflichtung, zu relevanten rechtlichen Fragestellungen Position zu beziehen. Und er ist auch angehalten, eine umfassende Aufklärungs- und Beratungsfunktion hinsichtlich bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher Bestimmungen sowie anderer öffentlich-rechtlicher Regelungen zu erfüllen (z. B. Immissionsschutz- oder Umweltrecht). Dabei ist von ihm eine vertiefte Kenntnis der rechtlichen Gegebenheiten, die die einschlägigen Gesetzestexte und Ausführungsverordnungen übersteigen, zu erwarten.
Nach einer Entscheidung des OLG München (Urteil vom 02.07.1990, Az. 28 U 6783/89) ist er sogar angehalten, die behördliche Praxis zu berücksichtigen. Bei komplexeren Rechtsfragen sollte der Planer den Auftraggeber ggf. auf die Notwendigkeit einer Bauvoranfrage hinweisen oder die Konsultation eines Rechtsbeistands empfehlen, da die rechtliche Expertise des Planers hier ihre Grenzen findet (KG Berlin, Urteil vom 20.03.2006, Az. 24 U 48/05, Abruf-Nr. 062201; OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.10.2006, Az. 5 U 111/06, Abruf-Nr. 143531). Die erforderliche Detailtiefe der Rechtskenntnis kann z. B. im Umweltrecht auch die Prüfung der Zulässigkeit technischer Konstruktionen oder die Notwendigkeit besonderer Genehmigungen für Baustoffe umfassen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.06.2005, Az. 23 U 3/05).
Die grundsätzliche Beratungsleistung zum gesamten Leistungs- und Untersuchungsbedarf sowie entsprechende Besondere Leistungen (Projektstrukturplanung, Standortanalysen), implizieren eine erweiterte Beratungsverpflichtung in Bezug auf die rechtliche Gestaltung des Bauvorhabens. Dabei wird vom Planer ein fundiertes Wissen in vergabe- und bauvertragsrechtlichen Belangen vorausgesetzt. Es ist umstritten, ob vom Planer die Kenntnis unterschiedlicher rechtlicher Strukturierungsformen erwartet werden kann. Hier geht es um Fragen wie Beauftragung eines Generalunternehmers oder Einzelgewerkevergabe, Einschaltung eines Generalplaners oder Hinzuziehung von Sonderfachleuten und ob der Planer dem Auftraggeber auch die Vor- und Nachteile („Leistung aus einer Hand“, Schnittstellen, Vermeidung von GU-Zuschlägen etc.) vermitteln muss (Beck‘scher HOAI- und Architektenrechtskommentar, Fuchs/Berger/Seifert, 3. Auflage 2022, Rz. 1108 f.).
Lph 2: Vorplanung
Die Verpflichtungen des Planers im Rahmen der Grundleistung „Vorverhandlungen zur Klärung der Genehmigungsfähigkeit“ umfassen sowohl Beratungs- als auch Sachwalteraufgaben. Als treuhänderischer Vertreter seines Auftraggebers obliegt ihm die Aufgabe, Verhandlungen mit den zuständigen Behörden zu führen. In dieser Funktion ist er auch befugt, den Bauherrn in rechtlichen Angelegenheiten zu beraten, wobei sich diese Beratung ausschließlich auf bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Fragen beschränken muss (Fuchs/Berger/Seifert, 3. Auflage 2022, Rz. 1110).
Im Kontext der Grundleistung „Analyse und Erläuterung der zentralen Beziehungen, Richtlinien und Erfordernisse“ wird vom Planer nicht nur eine fundierte Kenntnis öffentlich-rechtlicher Bestimmungen erwartet, sondern auch ein Einblick in zivilrechtliche Regelungen gefordert, insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung der Verträge für Planung und Ausführung sowie die Grundkonzeption des Projekts.
Im Rahmen der Grundleistung „Erstellung einer Kostenschätzung und deren Abgleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen“ kann der Architekt verpflichtet sein, den Bauherrn über die Auswirkungen von Planungsentscheidungen auf die Beschaffung öffentlicher Fördermittel und eine private Anschlussfinanzierung aufzuklären (OLG Köln, Urteil vom 07.05.2003, Az. 13 U 158/02, Abruf-Nr. 032182).
Lph 3: Entwurfsplanung
In der Lph 3 berät der Planer den Bauherrn in Bezug auf bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Erfordernisse. Dabei umfasst insbesondere die Grundleistung „Verhandlungen über die Genehmigungsfähigkeit“ die Beratung über die baurechtliche Genehmigungsfähigkeit und die steuerrechtlichen Folgen der Planung, ohne dass der Planer in die rechtliche Detailprüfung einsteigen muss (Fuchs/Berger/Seifert, 3. Auflage 2022, Rz. 1110; BGH, Urteil vom 25.02.1999, Az. VII ZR 190/97).
Lph 4: Genehmigungsplanung
Der Planer erfüllt hier öffentlich-rechtliche Informations- und Sachwalterpflichten, indem er die Vorlagen und Nachweise für Genehmigungen zusammenstellt und eine fachlich technische Begleitung leistet, ohne eine umfängliche rechtliche Beratung durchzuführen. Gleiches gilt bezüglich eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens.
Der Planer ist bei der Bewältigung komplexer rechtlicher Fragestellungen von einer Haftung für unterlassene oder fehlerhafte Beratung/Aufklärung befreit, sofern ihm keine diesbezügliche Verpflichtung auferlegt wurde (BGH, Urteil vom 19.03.1992, Az. III ZR 117/90; KG Berlin, Urteil vom 20.03.2006, Az. 24 U 48/05, Abruf-Nr. 062201). Daraus folgt, dass dem Planer bei der Erstellung der Unterlagen und Nachweise sowie bei der Antragstellung eine rechtliche Beratungsleistung nur bis zu einer bestimmten „Komplexitätsgrenze“ obliegt. Die Unterstützung des Bauherrn in einem Widerspruchsverfahren zählt nicht zu den Aufgaben. Dies stellt nach § 2 Abs. 1 RDG eine Rechtsdienstleistung dar, die nach § 5 Abs. 1 RDG nicht zulässig ist (BGH, Urteil vom 21.02.2021, Az. I ZR 227/10).
Lph 5: Ausführungsplanung
Bei der Erarbeitung der Ausführungsplanung sollte der Planer die Einhaltung genehmigter Pläne überwachen und bei Abweichungen den Auftraggeber beraten, ohne jedoch in tiefgreifende rechtliche Beratungen einzusteigen. Der Planer muss aufgrund seiner öffentlich-rechtlichen Kenntnisse selbst beurteilen, für welche Änderungen ggf. eine erneute Genehmigung, Befreiung von der Genehmigung oder von Auflagen der Genehmigung erforderlich sein wird. Als Bestandteil der Grundle istung „Fortschreiben des Terminplans“ erbringt der Planer eine Gegenüberstellung zwischen bisherigem Soll- und Ist-Terminplan und damit auch eine Zuordnung der zeitlichen Folgen zu einem bestimmten Störungsereignis (Fuchs/Berger/Seifert, 3. Auflage 2022, Rz. 1115).
Lph 6: Vorbereitung der Vergabe
Zur Lph 6 gehören Beratungs- und Aufklärungsleistungen im Hinblick auf vergaberechtliche Bestimmungen. Diese Tätigkeit gehört auch zum Berufsbild und ist Nebenleistung nach § 5 RDG. Der Planer hat daher über vergaberechtliche Bestimmungen aufzuklären, ohne jedoch in die Erstellung rechtlicher Vertragswerke einzugreifen. Etwas anderes geht auch nicht aus der Grundleistung „Zusammenstellen der Vergabeunterlagen für alle Leistungsbereiche“ hervor. Denn die Konzeption und Zusammenstellung von Vergabeunterlagen für alle Leistungsbereiche darf nicht so ausgelegt werden, dass sie auch die Erstellung von Vertragsdokumenten, die über die fachliche und technische Zuarbeit, wie bspw. Preisermittlungen, Terminplanungen, Definitionen des technischen Leistungssolls und technische Koordinationsaufgaben, hinausgeht, einschließt.
Lph 7: Mitwirkung bei der Vergabe
Fast alle Grundleistungen der Lph 7 (z. B. „Einholung von Angeboten“, „Prüfen und Werten der Angebote (…) [inkl.] zusätzlicher und geänderter Leistungen…“, „Führen von Bietergesprächen“, „Erstellen der Vergabevorschläge, Dokumentation des Vergabeverfahrens“, „Zusammenstellen der Vertragsunterlagen für alle Leistungsbereiche“ und „Mitwirken bei der Auftragserteilung“) erfordern rechtliche Kenntnisse. Auch hier gilt jedoch der Grundsatz, dass der Planer nicht Rechtsberater des Auftraggebers ist. Gegen die weite Ausdehnung der Beratungspflichten spricht auch der Wortlaut der Grundleistungen, die bspw. ein „Zusammenstellen der Vergabeunterlagen“ und eben kein „Erstellen von Vertragswerken“ vorsehen. Von einem Planer kann keine umfassende Vertragsgestaltung erwartet werden.
Im Rahmen der Lph 7 ist es möglich, den Planer mit der Besonderen Leistung zu beauftragen, die in der „Unterstützung bei der Prüfung von bauwirtschaftlich fundierten Nachtragsangeboten“ besteht. Es ist es dem Planer gestattet, die technische Prüfung von Nachtragsangeboten vorzunehmen. Sie umfasst die Analyse qualitativer oder quantitativer Bedingungen, die Evaluierung der Auswirkungen auf den Bauablauf und möglicherweise auch die Beurteilung finanzieller Aspekte wie die Preisfindung auf Basis der Kalkulation oder die Überprüfung der Ortsüblichkeit der Preise. Der Planer ist jedoch in der Regel nicht befugt, sämtliche baurechtlichen Konsequenzen eines Vergütungsanspruchs zu bewerten.
Lph 8: Objektüberwachung
Während der Objektüberwachung erbringt der Planer regelmäßig weitreichende Aufklärungs- und Beratungsdienste, die mit umfangreichen Beweissicherungs- und Handlungspflichten einhergehen. Dies betrifft vor allem die Grundleistung „Überwachung der Ausführung des Objekts“, die gemäß ihrer Beschreibung die Überprüfung der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Genehmigungen oder Zustimmungen, Vertragsbeziehungen mit ausführenden Firmen, Ausführungsunterlagen, relevanter Vorschriften und anerkannter Regeln der Technik beinhaltet. Demnach wird erwartet, dass der Planer nicht nur über öffentlich-rechtliches Wissen verfügt, sondern auch die vertragsrechtlichen Gegebenheiten versteht. Es ist daher als zulässige Nebenleistung nach § 5 RDG angesehen, dass er die Vertragsinhalte zwischen Auftraggeber und ausführenden Unternehmen kennt, interpretiert und entsprechende Schlussfolgerungen zieht.
Der Planer ist generell dazu verpflichtet, den Bauprozess so zu dokumentieren, dass die Rechte seines Auftraggebers gewahrt bleiben. Das erfordert insbesondere bei bauzeitlichen Verzögerungen, Beschleunigungsmaßnahmen oder Störungen im Bauablauf sowohl fundierte Rechtskenntnisse als auch eine adäquate rechtliche Beratung, die normalerweise über das nach § 5 RDG gestattete Maß hinausgeht. Die rechtliche Beratung, die sich auf die reine Faktenerhebung, technische Feststellungen oder die Dokumentation von Soll-/Ist-Verhältnissen beschränkt, ist zulässig, wie etwa das Ausstellen von Mahnungen oder Abhilfeaufforderungen gemäß § 5 Abs. 3 VOB/B. Würde jedoch die Beratung auf die spezifische Anwendung von Anspruchsgrundlagen ausgedehnt oder konkrete Handlungsempfehlungen gegeben, fiele dies nicht mehr unter erlaubte Nebenleistungen (Fuchs/Berger/Seifert, 3. Auflage 2022, Rz. 1120).
Darüber hinaus muss der Planer im Rahmen der Rechnungsprüfung und der Kostenfeststellung, bei der Durchführung gemeinsamer Aufmaße und bei Abnahmen juristische Bestimmungen kennen und seinen Auftraggeber beraten sowie Maßnahmen ergreifen (z. B. den Vorbehalt einer Vertragsstrafe anmelden oder Mängelrügen vorbereiten). Der Planer ist jedoch üblicherweise nicht dazu verpflichtet, spezifische rechtliche Beratung bezüglich der Mängelrechte des Auftraggebers oder eine „rechtsstrategische“ Beratung zu erbringen (Koeble in LKF Einl. Rz. 123, § 34 Rn. 232). Sollte der Planer jedoch Empfehlungen zur Vorgehensweise bei Mängelansprüchen geben, etwa die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes empfehlen oder eine spezifische Einbehaltungshöhe vorschlagen, muss diese Empfehlung korrekt sein, um Haftungsansprüche zu vermeiden. Beratungsleistungen in diesem Bereich sind grundsätzlich nach § 5 RDG abgedeckt, solange sie nicht über die Mitteilung möglicher Mängelansprüche hinausgehen.
Im Rahmen der Lph 8 ist es die Aufgabe des Planers, Verjährungsfristen für Mängelansprüche zu erfassen, was die Feststellung des Abnahmezeitpunktes und der vereinbarten Mängelhaftungsfrist erfordert. Vom Planer kann erwartet werden, dass er sich über den Vertragsinhalt und die gesetzlichen sowie vertraglichen Bestimmungen informiert, insbesondere wenn keine formelle Abnahme stattgefunden hat. In Fällen, in denen abweichende Verjährungsfristen vereinbart wurden, kann nicht vorausgesetzt werden, dass der Planer ohne spezifische rechtliche Kenntnisse die Gewährleistungsfrist genau bestimmen kann. Jedoch wird erwartet, dass er die Existenz einer formellen Abnahme, den Zeitpunkt der Abnahmereife und die grundlegenden Verjährungsfristen ermittelt. Diese Aktivitäten sind durch § 5 RDG gedeckt.
Im Kontext der Rechnungsprüfung muss der Planer feststellen, welche Leistungen der Auftragnehmer erbracht hat und welche Vergütung ihm dafür zusteht. Zudem obliegt es ihm, die Gegenansprüche des Auftraggebers zu berücksichtigen, indem er prüft, ob
- Nachlässe gewährt wurden,
- Skonti abgezogen werden können,
- die Rechnungen prüffähig sind und somit eine Fälligkeit gegeben ist,
- vertraglich festgelegte Einbehalte vorgenommen werden müssen,
- vereinbarte Sicherheiten zu beachten sind,
- unstrittige Gegenforderungen wegen Mängeln oder Verzug existieren und welche möglicherweise strittigen Ansprüche bestehen.
Sollte der Planer auf potenzielle Gegenansprüche hinweisen, ist es seine Pflicht, dem Auftraggeber zu empfehlen, diese durch einen Anwalt prüfen zu lassen. Zulässig ist die Klärung fachlicher oder technischer Fragen; z. B., ob der Preis einer Nachtragsleistung der ursprünglichen Kalkulation entspricht oder ob die Leistung im vertraglichen Leistungsverzeichnis enthalten ist. Nicht erwartet werden kann vom Planer, dass er die zivilprozessualen Regelungen für die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens oder einer Streitverkündung detailgenau kennt und dementsprechend seinen Auftraggeber adäquat beraten kann. In Bezug auf Ansprüche aus geänderten oder zusätzlichen Leistungen ist vom Planer lediglich eine technische Beratung geschuldet: Er sollte den Auftraggeber darauf hinweisen, wenn die gewünschte Ausführung möglicherweise vom vereinbarten Bausoll abweicht (Fuchs/Berger/Seifert, 3. Auflage 2022, Rz. 1124).
Lph 9: Objektbetreuung
Im Bereich der Objektbetreuung sind Grundkenntnisse über Verjährungsfristen und Gewährleistungsansprüche notwendig. Der Planer muss vorallem die Regelungen der §§ 634a ff. BGB und 13 VOB/B und deren Unterschiede kennen. Der Planer soll den Auftraggeber über diese informieren, ohne jedoch eigenständige rechtliche Bewertungen vorzunehmen oder Beratungen durchzuführen, die tiefergehende rechtliche Expertise erfordern.
Das erwartet Sie in der Mai-Ausgabe
Dieser Beitrag wird in der Mai-Ausgabe fortgesetzt. Dort erwarten Sie unter anderem
- eine Checkliste zu Rechtsdienstleistungen technischer Natur, die Sie dem Auftraggeber fachlich schulden,
- eine Checkliste zu Rechtsdienstleistungen juristischer Natur, die Ihre Befugnisse überschreiten und Haftungsrisiken nach sich ziehen sowie
- drei Musterschreiben an Auftraggeber zu in der jeweiligen Checkliste aufgegriffenen und diskutierten Sachverhalten.
AUSGABE: PBP 4/2024, S. 16 · ID: 49879641