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HOAI Die Honorarabrechnung nach § 11 Abs. 4 HOAI: Die Minderung bei Nachfolgeaufträgen

Abo-Inhalt26.03.20244 Min. LesedauerVon Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Jobst, Architekt, Honorarsachverständiger für Leistungen der Architekten und Innenarchitekten, Alteglofsheim

| Zum Abschluss der Beitragsreihe rund um § 11 HOAI widmet sich PBP der Regelung in § 11 Abs. 4. Sie bestimmt die Honorarminderung bei Aufträgen, die bereits Gegenstand eines anderen Auftrags über gleiche Objekte waren. Abs. 4 betrifft somit einen Sonderfall. Denn es handelt sich um einen Rückgriff auf schon erbrachte Grundleistungen in einem Nachfolgeauftrag. |

Der Wortlaut von § 11 Abs. 4 HOAI

Auch bei dieser Vorschrift sehen wir uns zunächst den Wortlaut des Verordnungstextes an.

§ 11 Abs. 4 HOAI

Umfasst ein Auftrag Grundleistungen, die bereits Gegenstand eines anderen Auftrags über ein gleiches Gebäude, Ingenieurbauwerk oder Tragwerk zwischen den Vertragsparteien waren, so ist Absatz 3 für die Prozentsätze der beauftragten Leistungsphasen in Bezug auf den neuen Auftrag auch dann anzuwenden, wenn die Grundleistungen nicht im zeitlichen oder örtlichen Zusammenhang erbracht werden sollen.

Aus dem Wortlaut von § 11 Abs. 4 sind vor allem die folgenden Begrifflichkeiten von Bedeutung und bedürfen der näheren Erläuterung:

1. Gebäude, Ingenieurbauwerk oder Tragwerk

Bei der Aufzählung der Objektbegriffe ist festzustellen, dass Verkehrsanlagen, Freianlagen, Innenräume und Anlagen der TA nicht aufgeführt sind. Das bedeutet, dass die Honorarminderungsvorschrift auf Gebäude, Ingenieurbauwerke und Tragwerke begrenzt ist.

2. Gleiches (Objekt)

Im Gegensatz zu Abs. 2 und 3, wo von vergleichbaren oder im Wesentlichen gleichen Gebäuden, Ingenieurbauwerken, Verkehrsanlagen oder Tragwerken gesprochen wird, haben diese Objekte in § 11 Abs. 4 HOAI gleich zu sein. Der Begriff „gleich“ lässt also keine Abweichung zu. Spiegelgleiche Objekte, wie z. B. Doppelhäuser, sind nicht gleich, da der Wortlaut dieser Vorschrift eng auszulegen ist.

3. Auftrag

Hinsichtlich des Vertragsgegenstands ist vorgegeben, dass dieser bereits Gegenstand eines vorangegangenen Vertragsverhältnisses zwischen den Vertragsparteien gewesen sein muss. Da hier der Begriff Vertragsparteien verwendet wird, lässt es keine Abweichung zwischen den „neuen“ Vertragsparteien zu. Es muss die sog. Vollidentität vorliegen.

4. Zeitlicher oder örtlicher Zusammenhang

Im Unterschied zu den Honorarminderungsvorschriften nach Abs. 2 und 3 ist bei Abs. 4 kein zeitlicher oder örtlicher Zusammenhang erforderlich. Das Honorar kann trotzdem gemidmet, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen.

5. Bauliche Verhältnisse

Der Begriff der baulichen Verhältnisse spielt bei Abs. 4 keine Rolle. Sofern aber bei der neuen Planung z. B. andere Baugrundverhältnisse vorliegen, die sich auf die Planung auswirken, ändert sich die Planung. Dann kann somit nicht mehr von einem gleichen Objekt gesprochen werden.

So mindert sich das Honorar bei Nachfolgeaufträgen

Werden die o. g. Voraussetzungen erfüllt, ist das Honorar für die maßgeblichen Objekte nach der Vorgabe gemäß Abs. 4 zu mindern. Die Honorarminderung entspricht der in § 11 Abs. 3 HOAI:

  • Für die erste bis vierte Wiederholung erfolgt eine Minderung der Prozentsätze um 50 Prozent (Faktor 0,5).
  • Für die fünfte bis siebte Wiederholung erfolgt eine Minderung der Prozentsätze um 60 Prozent (Faktor 0,4).
  • Ab der achten Wiederholung erfolgt eine Minderung der Prozentsätze um 90 Prozent (Faktor 0,1).

Wichtig | Eine Honorarminderung erfolgt nur für die Grundleistungen der Lph 1 bis 6. Ein Anwendungsbeispiel für die Honorarermittlung finden Sie im dritten Beitrag dieser Reihe (Abruf-Nr. 49901717).

Fazit | Die Beitragsreihe zu § 11 HOAI hat gezeigt, dass bei den unterschiedlichen Regelungen des § 11 HOAI eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe vorliegen, die in der Praxis immer wieder zu Honorarstreitigkeiten zwischen Auftraggebern und Planern führen. Das differenziert dargelegte Fachwissen zu Rechtsprechung und Kommentarliteratur soll zusammen mit der Bewertungsmethode der Honorarsachverständigen Krüger/Ziser dazu beitragen, Streitigkeiten schon im Vorfeld zu vermeiden. Da die HOAI 2021 keinen verbindlichen Charakter mehr besitzt, ist es bei Vertragsschluss wichtig, diese ganz oder in Teilen zu vereinbaren. Das bedeutet, dass die komplizierte Vorschrift des § 11 HOAI so nicht tatsächlich vereinbart werden muss: Stattdessen können Sie einfachere Berechnungsmethoden mit unstrittigen Rahmenbedingungen treffen. So können Sie für Anwendungsfälle nach § 11 Abs. 2 HOAI individuelle (schriftliche) Vereinbarungen treffen, die die Begriffe „vergleichbar“ oder „weitgehend gleichartige Planungsbedingungen“ klar definieren. Ebenso können Sie die Berechnungsmethode nach § 11 Abs. 3 HOAI hinsichtlich der betroffenen Lph und/oder der anzusetzenden Prozentsätze verändert abstimmen. Gehen Sie das Thema proaktiv an und überzeugen Sie Ihren Auftraggeber mit stichhaltigen Argumenten.
Weiterführender Hinweis
  • PBP hat die vierteilige Beitragsreihe zu § 11 HOAI in einer Sonderausgabe zusammengefasst. Diese finden Sie auf pbp.iww.de → Abruf-Nr. 49923368

AUSGABE: PBP 4/2024, S. 4 · ID: 49903076

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