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FinanzierungRückbeteiligung, Darlehen oder Earn-Out: Innovative Modelle für den Bürokauf bzw. -verkauf

Abo-Inhalt13.02.20248 Min. Lesedauer

| Der Kauf- bzw. Verkaufspreis und dessen Finanzierung sind zwei entscheidende Stellschrauben, die über die Realisierung von Büroübernahmen oder -verkäufen entscheiden. Weil gerade aktuell (wegen der guten Erträge in den zurückliegenden Boom-Jahren) sehr hohe Preise aufgerufen und entsprechender „Preisdruck“ auch vom Finanzamt kommt, sind alternative Finanzierungslösungen gefragt. PBP stellt drei Lösungen vor, die in die aktuelle – volatile – Zeit gut passen. Die Rückbeteiligung, das Earn-Out-Modell und das Verkäuferdarlehen. |

Die Rückbeteiligung

Bei einer Rückbeteiligung handelt es sich um eine Art (Teil-)Finanzierung, bei der der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises als Beteiligung erhält. Ein Verkäufer kann damit – je nach Verhandlung – einen höheren Verkaufspreis erzielen, da ein Teil des Preises erst später vom Käufer an den Verkäufer fließt. Der Käufer kann einem höheren Kaufpreis zustimmen, weil der Verkäufer ein wirtschaftliches bzw. finanzielles Risiko mitträgt. Denn wenn der Käufer keinen Erfolg mit dem gekauften Büro erzielt und das im worst case z. B. untergeht, wird der Verkäufer den Verlust mittragen (müssen).

Beispiel

Ein Ingenieurbüro will 100 Prozent der Anteile an einer anderen Ingenieur-GmbH kaufen. Die Verkäufer-GmbH will für eine Mio. Euro verkaufen, die Käufer-GmbH lediglich 700.000 Euro bezahlen. Es wird sich auf eine Mio. Euro geeinigt. Der Käufer hat 300.000 Euro eigene liquide Mittel und will 700.000 Euro mit Fremdkapital finanzieren. Die Bank möchte aber nur 500.000 Euro bereitstellen. Somit fehlen dem Käufer 200.000 Euro, um den Kaufpreis zu bezahlen. Mit dem Verkäufer wird nach intensiven Verhandlungen eine Rückbeteiligung in Höhe von 200.000 Euro vereinbart. Das sind 20 Prozent vom geplanten Verkaufspreis.
Vorher
Kaufpreis/Verkaufspreis
100 %1.000.000 Euro
Eigene Mittel Käufer-GmbH (30 %)
30 %300.000 Euro
Fremdkapital Käufer-GmbH (50 %)
50 %500.000 Euro
Lücke zum Kaufpreis
20 %200.000 Euro
Nachher
Kaufpreis/Verkaufspreis
100 %800.000 Euro
Eigene Mittel Käufer-GmbH (30 %)
37,5 %300.000 Euro
Fremdkapital Käufer-GmbH (50 %)
62,5 %500.000 Euro
Lücke zum Kaufpreis
0 %0 Euro
Rückbeteiligung Verkäufer (nominal 20 %)
200.000 Euro

In diesem Fall gründen der Verkäufer und der Käufer eine neue GmbH: Zu 20 Prozent ist der Verkäufer Gesellschafter und zu 80 Prozent der Käufer. Der Verkäufer vereinbart mit der Käufer-GmbH z. B., dass zum Zeitpunkt X (im Jahr 20XX) die 20 Prozent zum nominalen Wert (Wert, der bei der Kaufpreisverhandlung von beiden Parteien vereinbart wird) an die Käufer-GmbH verkauft werden. Somit kennen sowohl Verkäufer als auch Käufer den Zeitpunkt und den Wert. Der Käufer kann Rückstellungen (o. Ä.) in der Käufer-GmbH bilden. Es könnte auch eine komplexe Holdingstruktur aufgebaut werden. Das ist abhängig von den Gesamtzielen der Beteiligten.

PU-Grafik_Rückbeteiligung_Schimmelfeder.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Diese Rückbeteiligungsmodelle gibt es

Für eine Rückbeteiligung können verschiedene Modelle angewendet werden. So ist ein Verkauf von Gesellschaftsanteilen zu 100 Prozent mit Teilzahlung des Kaufpreises durch den Käufer möglich.

Beispiel

Käufer und Verkäufer vereinbaren einen Kaufpreis von einer Mio. Euro. Der Verkäufer erhält von der Käufer-GmbH „nur“ 800.000 Euro, sodass der Käufer ihm bzw. dem Gesellschafter der Verkaufs-GmbH die Differenz von 200.000 Euro schuldet. Der Verkäufer hält an der Käufer-GmbH keine Anteile, sondern hat eine Forderung gegen diese. Diese Forderung kann sich z. B. vertraglich geregelt in Gesellschaftsanteile wandeln (etwa bei Nichtzahlung nach x Jahren). Die Ausgestaltung ist hierbei individuell zu vereinbaren.

Es kann aber auch vereinbart werden, dass ein Teil der Kaufpreissumme vom Verkäufer als (stille) Beteiligung in die Käufer-GmbH reinvestiert wird. Dann erhält der Verkäufer auf seine Rückbeteiligung eine Dividende. Verkauft er der Käufer-GmbH Anteile wieder zurück, erhält er die Gewinnbeteiligung aufgrund seiner Gesellschaftsanteile.

Bei der Rückbeteiligung behält der Verkäufer damit ein Stück weit Kontrolle über das Unternehmen und kann es weiter steuern. Er ist damit weiterhin dem Unternehmen verbunden.

Das Earn-Out-Modell

Mit der Rückbeteiligung nicht zu verwechseln ist das Earn-Out-Modell. Bei einem Earn-Out zahlt der Käufer die Kaufsumme nicht auf einmal. Der Verkäufer erhält eine erste Zahlung zum Zeitpunkt der Übernahme. Der Rest der vereinbarten Zahlung wird erst in Zukunft ausgezahlt. Und auch dann nur, wenn die im Vertrag vereinbarten Bedingungen eintreten.

Die Zweiteilung des Kaufpreises

Bei der variablen Kaufpreisgestaltung wird ein Teil des Kaufpreises vom Erreichen bestimmter Ziele abhängig gemacht. Dieses betrifft sowohl die absolute Höhe als auch den Zahlungszeitpunkt. Übliche Bezugsgrößen sind das operative Ergebnis (EBIT oder EBITDA) und Zeiträume von einem bis drei Jahren. Hierbei kann es absolute Ziele geben, die nur bei Erreichen gewertet werden oder auch proportionale Ziele.

Danach steigt bzw. fällt die Höhe der Earn-Out-Zahlung entsprechend der Zielerreichung. Über- oder Unterschreitungen des Zielwerts führen zu prozentualen Abschlägen bei der Earn-Out-Zahlung. Die Messbarkeit der Zielerreichung sollte so einfach wie möglich strukturiert werden, um später Diskussionen zu vermeiden.

 

Der Unterschied zur Rückbeteiligung

Für den Verkäufer bietet sich die Chance, bei besserer Geschäftsentwicklung daran zu partizipieren. Allerdings verliert er den Einfluss auf das Unternehmen und damit die Zielerreichung. Der Earn-Out wird trotzdem häufig als Lösung gesehen, wenn beide Parteien beim Kaufpreis und der zugrunde liegenden Planung zu weit auseinanderliegen.

Die Besteuerung einer Earn-Out- Zahlung

Die Besteuerung einer Earn-Out-Zahlung war lange umstritten. Die Finanzverwaltung vertrat den Standpunkt, dass Earn-Out-Zahlungen nachträgliche Kaufpreiszahlungen gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO darstellen und damit im Jahr der Veräußerung steuerlich berücksichtigt werden müssten.

Dieser Ansicht ist der Bundesfinanzhof (BFH), das höchste deutsche Steuergericht, jetzt entgegengetreten. Bei gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreisabreden ist seiner Meinung nach auf die Realisation des Veräußerungsentgelts im Zeitpunkt des Zuflusses abzustellen. Es handelt sich insoweit um aufschiebend bedingte Kaufpreisansprüche (vgl. § 158 Abs. 1 BGB), da im Zeitpunkt der Veräußerung weder feststeht, ob in den Folgejahren eine Kaufpreisforderung entsteht noch wie hoch diese sein wird. Eine Earn-Out-Zahlung muss vom Bezieher (Verkäufer) also in dem Jahr versteuert werden, in dem er sie bekommen hat (BFH, Urteil vom 09.11.2023, Az. IV R 9/21, Abruf-Nr. 239077).

Das Verkäuferdarlehen

Bei einem Verkäuferdarlehen werden Teile des Kaufpreises in ein Darlehen umgewandelt. Dieser wird erst bei Fälligkeit des Darlehens an den Verkäufer gezahlt. Der Betrag wird vom Verkäufer faktisch gestundet. Der Käufer zahlt den Betrag zu einem späteren Zeitpunkt, wenn durch die weitere Entwicklung die Liquidität des gekauften Unternehmens weniger belastet ist als direkt nach der Transaktion.

Die Grundkonditionen

Die Konditionen für ein Verkäuferdarlehen hängen von einigen grundlegenden Faktoren ab. Im ersten Schritt ist die exakte Stellung des Darlehensgebers festzuhalten. Wird er als regulärer Darlehensgeber betrachtet, oder wird, wie es Banken häufig erwarten, das Darlehen mit einem Rangrücktritt belegt? Je nach Ausgestaltung der Nachrangigkeit wird das Verkäuferdarlehen wirtschaftlich häufig auch dem Eigenkapital zugerechnet. Diese Einordnung als Eigenkapital wird von Banken in der Regel erwartet, wirkt sich aber auch positiv auf das Bankenrating aus.

Die Höhe des Darlehens

Die Höhe des Darlehens hängt ebenfalls davon ab, ob dieses als Hauptfinanzierung dienen soll oder als Ergänzung. Wenn das Verkäuferdarlehen als Ergänzung zu einer Bankfinanzierung eingebracht wird, beläuft es sich normalerweise auf zehn bis zwanzig Prozent des Kaufpreises.

Laufzeit und Amortisationen

Die Laufzeit eines Verkäuferdarlehens beträgt in der Regel fünf bis zehn Jahre. Die Rückzahlung hängt üblicherweise von der Tilgung eines höherrangigen Bankdarlehens ab und wird endfällig vereinbart. Akquisitionsdarlehen von einer Bank sehen vertraglich vor, dass freie Liquidität, die nicht operativ genutzt wird, nur zur Zins- und Tilgungsleistung auf das Bankdarlehen genutzt werden darf. Erst wenn dieses wesentlich getilgt ist, darf der Cashflow auf andere Verbindlichkeiten oder als Ergebnisverwendung verwendet werden.

In vielen Fällen wird jedoch vereinbart, dass bereits nach drei oder vier Jahren mit der Tilgung des Darlehens begonnen werden kann. Hier sollte das Gespräch mit der finanzierenden Bank gesucht werden.

Verzinsung

Neben dem Umfang und der Laufzeit des Darlehens bietet besonders die Regelung der Verzinsung Gestaltungsspielräume. Die nachrangige und endfällige Struktur führt üblicherweise zu einem höheren Zins. Die letztliche Zinshöhe kann dabei auch als Kaufvertragsbestandteil betrachtet werden mit der Folge der Vereinbarung einer weiteren Kaufpreisstundung. Bei einem niedrigeren Zins kann stattdessen ein höherer Kaufpreis der Transaktion fällig werden.

Sicherheiten

Sicherheiten sind aus Sicht des Darlehensgebers wünschenswert, im Falle eines nachrangigen Darlehens wird dieses üblicherweise unbesichert gegeben. Auch das spiegelt sich in der Verzinsung wider.

Rechtliche Sicherheiten können in Formen von Change-of-Control-Regelungen und Informationsrechten eingeräumt werden. Diese schützen den Verkäufer davor, dass das Unternehmen weiterverkauft wird, und bietet ihm die Möglichkeit, den Geschäftsverlauf zu verfolgen und bei negativer Entwicklung einzugreifen. Bei Kauf durch eine natürliche Person kann auch über eine Todesfallrisikopolice nachgedacht werden. Die fälligen Kosten trägt in der Regel der Verkäufer.

Fazit | Man hört zwar immer wieder den Spruch „Am Geld scheitert ein Bürokauf oder -verkauf in der Regel nicht. Wenn, dann an den zwischenmenschlichen Beziehungen“. Trotzdem ist und bleibt das Geld ein ganz entscheidender Faktor. Gerade deshalb sollten Büroübergeber und „Anteilseigner-Interessenten“ wissen, ob und welche Modelle es gibt, die die Liquidität des Übernehmers schonen. Gerade, wenn der Nachfolger aus dem eigenen Büro kommt. Die drei vorgestellten Lösungen sollten deshalb in Übergabe- bzw. Übernahmegesprächen immer zur Sprache kommen.
Weiterführender Hinweis
  • Interessieren Sie sich für weitere Themen rund um den Bürokauf bzw. -verkauf“? Etwa „wie das Finanzamt den steuerlichen Bürowert ermittelt und was das für Käufer und Verkäufer bedeutet“? Dann schreiben Sie einfach an pbp@iww.de.

AUSGABE: PBP 3/2024, S. 28 · ID: 49871252

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