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HOAIHonorarabrechnung bei Planerwechsel: Die Ersatzkostenberechnung

Abo-Inhalt28.02.20247 Min. LesedauerVon Elisabeth Heinemann, Dipl.-Ing. Architektin, ö.b.u.v. Sachverständige für Honorare für Architektenleistungen, Augsburg

| Falls Sie als Planer erst für Leistungen nach der Lph 3 beauftragt sind, stellt sich die Frage, auf welcher Kostenermittlung Sie die anrechenbaren Kosten für die Honorarberechnung ermitteln können oder müssen. Grundsätzlich hat die Honorarermittlung nach HOAI seit 2009 auf Grundlage der Kostenberechnung zu erfolgen. Und sie muss „zum Zeitpunkt der Entwurfsplanung“ ermittelt sein. Doch was ist der Fall, wenn Sie zu der in der Lph 3 erstellten Kostenberechnung keinen Zugang erhalten oder diese falsch ist? |

Praxisprobleme der Honorarabrechnung bei Planerwechsel

Eine Honorarermittlung auf Grundlage eines Kostenanschlags oder einer Kostenfeststellung ist seit Einführung des „Kostenberechnungsmodells“ mit der HOAI 2009 nicht mehr zulässig (es sein denn dies ist ausdrücklich vertraglich vereinbart). In der Praxis führt dieser Sachverhalt allerdings immer wieder zu Problemen, wie die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen:

Beispiel A

Architekt A ist beauftragt für Leistungen ab der Lph 5. Er soll die genehmigte Planung eines Drittarchitekten D (Vorgängerarchitekten) ausführungsfähig planen, die Bauleistung ausschreiben und die Ausführung überwachen (Lph 5 bis 8 nach HOAI). Bereits während der Ausführungsplanung stellt sich heraus, dass die Kostenberechnung des D in der Summe zu gering ermittelt wurde und die Kosten nicht mehr dem geplanten Leistungsziel entsprechen. A teilt die von ihm ermittelten „realistischen“ Kosten seinem Auftraggeber in einer „aktualisierten Kostenberechnung“ sowie in „Kostenfortschreibungen“ mit. Der Auftraggeber pocht aber darauf, dass die Kostenberechnung des D heranzuziehen ist, die dieser „zum Zeitpunkt der Entwurfsphase“ erstellt hat. Für A stellt sich nach der erbrachten und abgenommenen Leistung also die Frage, auf welcher Grundlage bzw. welcher Kostenermittlung er nun abrechnen kann.

Beispiel B

Architekt B ist mit der „Objektüberwachung“ und anschließenden „Objektbetreuung“ (Lph 8 und 9) beauftragt. Einen Architektenvertrag in Textform hat er nicht geschlossen. Bislang hat er seine Leistungen immer ohne Widerspruch des Auftraggebers auf Grundlage der Kostenfeststellung abgerechnet. Doch nun weist der Auftraggeber seine Honorarschlussrechnung als „nicht prüffähig“ zurück und B erhält vom AG eine „Kostenberechnung“, auf deren Grundlage er abrechnen soll. Ist dieses Vorgehen gerechtfertigt?

Grundlage des Honorars nach HOAI

Welche Kosten anrechenbar sind, regelt die HOAI in § 4 i. V. m. § 2 Abs. 11. Für die Grundleistungen richtet sich das Honorar immer nach den anrechenbaren Kosten „auf Grundlage der Kostenberechnung oder, sofern keine Kostenberechnung vorliegt, auf der Grundlage der Kostenschätzung“,

  • „nach dem Leistungsbild“,
  • „nach der Honorarzone“,
  • „nach der Honorartafel“ sowie
  • dem Umfang der erbrachten Grundleistung.

„Die Kostenberechnung ist die Ermittlung der Kosten auf Grundlage der Entwurfsplanung“ (so § 2 Abs. 11 HOAI), die Kostenschätzung basiert hingegen auf der Vorplanung.

Da lediglich die DIN 276 für Kostenermittlungen als eine „allgemein anerkannte Regel der Technik“ gilt, ist für die Honorarermittlung nach der HOAI zwingend die Kostenberechnung nach DIN 276 von Dezember 2008 zugrunde zu legen (vgl. dazu PBP 6/2023, Seite 3 → Abruf-Nr. 49308832).

Es führt also bei HOAI-Verträgen – bzw. wenn kein anderslautender Vertrag in Textform geschlossen wurde – kein Weg am sog. „Kostenberechnungsmodell“ vorbei. Grundsatz hierfür ist, dass eine Ermittlung der anrechenbaren Kosten zur Honorarberechnung auf einer zur Entwurfsplanung erstellten Kostenberechnung erstellt werden muss.

Abrechnung auf „richtiger“ Kostenberechnung

Grundsätzlich gilt, dass der Planer nur auf einer richtigen Kostenberechnung abrechnen kann. Ist die Kostenberechnung bspw. eines Drittarchitekten „unrichtig“, stimmt sie mit der Planung des nachfolgenden Architekten bzw. den Planungsanforderungen nicht überein – so wie in den vorgenannten Beispielen – dann ist der Architekt berechtigt, sein Honorar auf Grundlage der „richtigen“ Kostenberechnung zu ermitteln. Eine „unrichtige“ Kostenberechnung muss er seiner Honorarberechnung nicht zugrunde legen.

Mitwirkungspflicht des Auftraggebers

Der Auftraggeber ist verpflichtet, bei der Ermittlung von Kostenansätzen behilflich zu sein und über Angaben Auskunft zu geben, die dem Planer nicht zur Verfügung stehen. Ansonsten darf der Planer die fehlenden Kostenangaben auf Grundlage einer eigenen „plausiblen“ Schätzung vornehmen oder auch eine Ersatzkostenberechnung als Grundlage zur Ermittlung der anrechenbaren Kosten erstellen.

Prüffähigkeit der Schlussrechnung

Eine prüffähige Honorarrechnung setzt immer eine nachvollziehbare Ermittlung der anrechenbaren Kosten voraus. Diese muss auf einer geeigneten Kostenermittlung erstellt sein, also der Kostenberechnung oder der Kostenschätzung gemäß § 4 i. V. m. § 2 Abs. 10 bzw. 11 HOAI. Ein Kostenanschlag oder eine Kostenfeststellung sind seit dem Inkrafttreten der HOAI 2009 nicht mehr als Honorarermittlungsgrundlage zulässig und führen – werden sie der Honorarberechnung dennoch zugrunde gelegt – zwangsläufig zu einer nicht gegebenen Prüffähigkeit der Honorarrechnung. Liegt also keine richtige Kostenberechnung vor, dann ist von Ihnen als Planer in der Regel eine Ersatzkostenberechnung zu erstellen, mindestens aber eine detaillierte Kostenschätzung.

Die Ersatzkostenberechnung schafft Abhilfe

In der Regel haben Sie Ihrem Auftraggeber zunächst inhaltlich darzulegen, warum Sie an der Kostenberechnung eines Drittarchitekten nicht festhalten können. Das bedeutet: Sie müssen in Worten erläutern, was an der Kostenberechnung des Drittarchitekten falsch ist. Folgende Punkte kommen dabei u. a. in Frage:

  • Falsche und der Höhe nach zu geringe bzw. zu hoch gewählte Kostendaten
  • Eine falsche Objektauswahl als Datengrundlage
  • Ein unrichtiger Standard des Objekts
  • Unzutreffende Mengenangaben
  • Eine ungeeignete Fassung der DIN 276
  • Eine falsche Systematik im Aufbau der Kostenberechnung bzw. eine Abweichung vom Kostengruppen-System der DIN 276
  • Eine falsche Zuordnung der Kosten zu den Kostengruppen der DIN 276
  • Unvollständige bzw. fehlende Kostenangaben
  • Eine geänderte Planung

Auf welchen Zeitpunkt der Planung fußt die Ersatzkostenberechnung?

Die Kostendaten für die Ersatzkostenberechnung müssen sich auf einen möglichen Entwurfszeitraum beziehen. Demnach muss dieser auch bei der Ersatzkostenberechnung realistisch möglich gewesen sein und in der Regel vor dem Beginn der Ausführungsplanung liegen.

Wie viele Gliederungsebenen muss die Kostenermittlung umfassen?

Als Planer sollten Sie darauf achten, dass die Kosten

  • mindestens überschlägig,
  • zweifelsfrei ermittelt und
  • auf jeden Fall nachprüfbar sein müssen.

Bei der Honorarermittlung für die Fachplanung der Technischen Ausrüstung bedarf es auch bei einer Ersatz-„Kostenschätzung“ mindestens der zweiten Gliederungsebene, denn ansonsten lassen sich die Kosten nicht zweifelsfrei den jeweiligen Anlagengruppen zuordnen. Gleiches gilt auch für die Freianlagen. Eine Honorarermittlung auf Grundlage einer Kostenschätzung (= Mindestanforderung) sollte aber auch für das Leistungsbild Gebäude die Ausnahme bleiben.

Welche Kosten sind der Ersatzkostenberechnung zu Grunde zu legen?

Die Kosten sind auf der „Grundlage der ortsüblichen Preise zu ermitteln“, so § 4 HOAI. Die ortsüblichen Preise sind aus realisierten und abgerechneten Vergleichsobjekten zu generieren.

Checkliste zur Anwendung im Büro

In der folgenden Checkliste sind die wichtigsten „Abarbeitungsthemen“ beim Thema Ersatzkostenberechnung noch einmal zusammengefasst.

Checkliste / Ersatzkostenermittlung zur Honorarberechnung

  • Zunächst müssen Sie klären, was Sie vertraglich vereinbart haben. Mit dem Inkrafttreten der HOAI 2021 können Sie sich nicht mehr auf den „Mindest-“ oder „Basissatz“ berufen, wenn Sie z. B. eine Honorarvereinbarung unterschrieben haben, mit der Sie sich zur Übernahme einer fremden Kostenberechnung als Honorarberechnungsgrundlage verpflichtet haben. Vorsicht also bei der Vertragsunterzeichnung. Ist hingegen nichts Konkretes vereinbart oder liegt keine Honorarvereinbarung in Textform vor, gilt Folgendes:
  • Die Kostenberechnung muss auf den Planungsanforderungen an das Objekt, also den Anforderungen an das Bauvorhaben beruhen. Diese dürften in den meisten Fällen auch mit dem realisierten Bauvorhaben übereinstimmen, wenn z. B. erhöhende Kosten nicht vom Planer zu vertreten sind.
  • Die Kostendaten der Kostenberechnung müssen sich auf den „Zeitpunkt der Entwurfsplanung“ beziehen. Dies bedeutet, dass die Kostendaten zeitlich aus der möglichen und realistischen Entwurfsphase – also vor der Ausführungsplanung – zu Grunde zu legen sind. Wie immer gilt: Es dürfen keine Kosten aus Angeboten oder tatsächliche Kosten herangezogen werden. Stattdessen können Sie die Kosten mit Hilfe der BKI-Baudatenbank ermitteln.
  • Die Kostenberechnung ist nachvollziehbar und auf der Grundlage der DIN 276/2008 zu erstellen. Die Kostenberechnung sollte mindestens in zwei Gliederungsebenen erstellt werden. Nur im Ausnahmefall kann nach einer Kostenschätzung abgerechnet werden. Sie sind verpflichtet, Angaben zu den Mengen, Kostendaten, zum gewählten Standard, dem Material und der Art der Verarbeitung mit der Kostenberechnung dem Auftraggeber zu übergeben. Die Erläuterungen zum Inhalt der Kostenberechnung (vgl. Grundleistungen Lph 3: Objekt-/Anlagenbeschreibung) sind wichtig, denn Sie als Planer tragen die Beweislast. Ihre Angaben müssen richtig und nachvollziehbar sein.
  • Prüfen Sie gleich zu Beginn Ihres Auftrags, ob eine geeignete Kostenberechnung vorliegt. Falls nicht, können Sie sich die Kostenberechnung zusätzlich beauftragen lassen. Nach Abschluss des Bauvorhabens wird es schwerer, denn dann hat der Auftraggeber in der Regel daran kein Interesse mehr.
Fazit | Stellt der Auftraggeber einem Architekten oder Ingenieur, der erst nach der Lph 3 beauftragt worden ist, keine zutreffende Kostenberechnung als Honorarberechnungsgrundlage zur Verfügung, ist die zur Verfügung gestellte Kostenberechnung „unrichtig“ oder entspricht sie inhaltlich nicht dem Vertragsgegenstand, so hat der Planer die Möglichkeit, eine Ersatzkostenermittlung als Grundlage für seine Honorarberechnung zu erstellen, um nach den Anforderungen des § 4 Abs. 1 HOAI prüffähig abzurechnen. Diese Ersatz-Kostenberechnung hat der Planer nach den Vorgaben der HOAI und der DIN 276/2008 zu erstellen. Die Kostendaten sind auf einen möglichen Entwurfszeitraum zu beziehen. Die Ersatzkostenberechnung muss nachvollziehbar und richtig sein.
Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Welche Kostenberechnung ist für die Honorarermittlung die Richtige?“, PBP 6/2023, Seite 3 → Abruf-Nr. 49308832

AUSGABE: PBP 3/2024, S. 10 · ID: 49872767

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