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Technische AusrüstungArchitekt oder Fachplaner: Wer koordiniert die Technische Ausrüstung?

Abo-Inhalt25.02.20249 Min. LesedauerVon Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. Martin Vielhauer, Honorarsachverständiger für Technische Ausrüstung, München

| Wer muss was mit wem koordinieren? Diese Frage erzeugt seit Jahrzehnten Konflikte zwischen Architekten und TA-Fachplanern. Neben der eigentlichen Leistung geht es dabei oft um Zusatzaufwendungen und damit natürlich auch um Honorarfragen. Die Meinungen hierzu füllen ganze Regale an Kommentarliteratur. PBP klärt Sie auf und gibt Ihnen praktische Hilfestellung bei dieser komplexen Schnittstellenproblematik. |

Das sagt die HOAI im Leistungsbild Gebäude und Innenräume

Eigentlich ist doch alles ganz einfach: Die HOAI ordnet die Koordinations- und Integrationsleistung über die Grundleistungen eindeutig dem Architekten zu. Sie regelt diesbezüglich im Leistungsbild Gebäude und Innenräume Folgendes:

Anlage 10.1: Leistungsbild Gebäude und Innenräume
Lph 2 e): Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten sowie Koordination und Integration von deren Leistungen
Lph 3 b): Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten sowie Koordination und Integration von deren Leistungen
Lph 5 c): Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten, sowie Koordination und Integration von deren Leistungen
Lph 6 c): Abstimmen und Koordinieren der Schnittstellen zu den Leistungsbeschreibungen der an der Planung fachlich Beteiligten
  • Lph 7 a): Koordinieren der Vergaben der Fachplaner
  • Lph 8 c): Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten

Damit wäre die Zuordnung der Leistung zumindest auf Basis der Grundleistungen geklärt. Schon allein deshalb, weil die Objektplanung für diese Leistung eigenes Honorar erhält. Und das nicht zu knapp. Hierzu definiert § 33 Abs. 2 „Besondere Grundlagen des Honorars“ Folgendes:

§ 33 Abs. 2: Besondere Grundlagen des Honorars

Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind auch die Kosten für Technische Anlagen, die der Auftragnehmer nicht fachlich plant oder deren Ausführung er nicht fachlich überwacht,
1. vollständig anrechenbar bis zu einem Betrag von 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten und
2. zur Hälfte anrechenbar mit dem Betrag, der 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten übersteigt.

Das sagt die HOAI im Leistungsbild TA

Leistung und Vergütung geklärt – doch warum entsteht dann so oft Streit um dieses Thema? Immer wieder wird die Meinung geäußert, auf dieser Grundlage könne sich der TA-Planer zurücklehnen und sich „koordinieren“ lassen. Ein Blick in den Grundleistungskatalog der TA zeigt folgende Formulierungen im Zusammenhang mit der Koordinationsleistung:

Anlage 15.1: Grundleistungen u. Besondere Leistungen im Leistungsbild TA
Lph 2
  • a) Analysieren der Grundlagen Mitwirken beim Abstimmen der Leistungen mit den Planungsbeteiligten
  • b) (…) zeichnerische Darstellung zur Integration in die Objektplanung unter Berücksichtigung exemplarischer Details, Angaben zum Raumbedarf
  • d) (...) Mitwirken bei der Integration der technischen Anlagen
Lph 3
  • a) Durcharbeiten des Planungskonzepts (stufenweise Erarbeitung einer Lösung) unter Berücksichtigung aller fachspezifischen Anforderungen sowie unter Beachtung der durch die Objektplanung integrierten Fachplanungen, bis zum vollständigen Entwurf
  • d) Übergeben der Berechnungsergebnisse an andere Planungsbeteiligte zum Aufstellen vorgeschriebener Nachweise; Angabe und Abstimmung der für die Tragwerksplanung notwendigen Angaben über Durchführungen und Lastangaben
Lph 4
  • a) Erarbeiten und Zusammenstellen der Vorlagen und Nachweise für öffentlich-rechtliche Genehmigungen oder Zustimmungen einschließlich der Anträge auf Ausnahmen oder Befreiungen sowie Mitwirken bei Verhandlungen mit Behörden
Lph 5
  • a) Erarbeiten der Ausführungsplanung auf Grundlage der Ergebnisse der Leistungsphasen 3 und 4 (stufenweise Erarbeitung und Darstellung der Lösung) unter Beachtung der durch die Objektplanung integrierten Fachplanungen bis zur ausführungsreifen Lösung
  • b) (…) Abstimmen der Ausführungszeichnungen mit dem Objektplaner und den übrigen Fachplanern
Lph 6
  • c) Mitwirken beim Abstimmen der Schnittstellen zu den Leistungsbeschreibungen der anderen an der Planung fachlich Beteiligten
Lph 7
  • e) Erstellen der Vergabevorschläge, Mitwirken bei der Dokumentation der Vergabeverfahren
Lph 8
  • b) Mitwirken bei der Koordination der am Projekt Beteiligten

Über diesen Grundleistungskatalog wird eine „Mitwirkung“ des TA-Fachplaners formuliert, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Mitwirkung ist im Übrigen keine passive Haltung. Jedoch kann aus dem Grundleistungskatalog keinesfalls eine führende „Koordinationsleistung“ abgeleitet werden. Vor allem wenn es um die intradisziplinäre Koordination innerhalb der TA geht, wird es spannend.

Intradisziplinäre Koordination – die (eine) TA gibt es nicht

Für den Umgang mit der Koordination der TA ist vorab eines klarzustellen: „Die eine“ TA gibt es nicht. Allein die HOAI definiert acht unterschiedliche Anlagengruppen, die leicht auf 22 Abrechnungseinheiten (vgl. Anlagengruppe 7) erweitert werden können.

Nun sind Fachplanungsbüros, die alles aus „einer Hand“ anbieten können, relativ selten geworden. So ist es üblich, dass die Fachplanungsleistungen an unterschiedliche Büros vergeben werden. Diese haben meist unterschiedliche Schwerpunkte. Die häufigste Aufteilung ist die Trennung in „Mechanik“ (Angr. 1, 2, 3, 7, 8) und „Elektrotechnik“ (Angr. 4, 5, 6). Und schon wird es interessant. Wer koordiniert die Zusammenarbeit zwischen Mechanik und Elektrotechnik? Betrachtet man die Grundleistung, so ist es – vermeintlich – eindeutig. Der Architekt hat die übergeordnete Koordinationsaufgabe.

Erweitert man dieses Szenario, könnten durchaus alle Anlagengruppen von unterschiedlichen Büros bearbeitet werden. In Zeiten des Fachkräftemangels und eines immer stärker werdenden Drucks auf die Honorare wird eine derartige Zergliederung sogar wahrscheinlich. Und bereits heute werden Planungsinhalte der Anlagengruppe 7 (Sprinkler- und Küchentechnik) an Spezialbüros vergeben. Wenn also in Zukunft noch stärker zergliedernd vergeben werden wird, dann wird ein noch höherer Koordinationsaufwand für den Objektplaner entstehen.

Zudem haben Architekten immer größere Probleme, die Fachgewerke zu koordinieren. Zum einen mangelt es an der notwendigen Fachkenntnis, um die Abläufe und Abhängigkeiten der zunehmend komplexer werdenden TA-Gewerke zu verstehen. Im Architekturstudium wird die Zusammenarbeit im Projektgeschäft kaum gelehrt und „geübt“. Zum anderen fehlt oft die Zeit bzw. das Honorar, um diese Leistung ordnungsgemäß erbringen zu können. Somit wird zunehmend versucht, „schmal“ durch diese ungeliebte und mit hoher Verantwortung verbundene Leistung durchzukommen, meist mit fatalen Folgen für das Projekt. Dieser Sachverhalt ist umso dramatischer, als die Rechtsprechung zur mangelnden Koordinationsleistung des Objektplaners immer strenger wird (PBP 1/2021, Seite 12, Abruf-Nr. 47028340). Planungs- und Objektüberwachungsfehler der Fachplaner beinhalten häufig, wenn auch nur anteilig, Koordinationsfehler der Objektplanung.

Also doch nur „eine“ TA?

Eine interessante Meinung der Kommentarliteratur vertritt die These, dass der Architekt über die HOAI-Grundleistungen nur eine – bereits in sich koordinierte – TA-Planung zu integrieren und zu koordinieren hätte. Die Koordination würde sich nur auf die Beiträge der Fachplanungen beziehen und davon kennt die HOAI nur die Tragwerksplanung und die Technische Ausrüstung. Die TA wird in dieser These zum „monolithischen Block“. Für die Koordination der TA-Anlagengruppen untereinander sei der Auftraggeber selbst verantwortlich. Übernimmt er diese Leistung nicht, würde dies dann zu einer Besonderen Leistung, sprich der „Intra-Koordination“ der TA führen. Diese könne von der Objektplanung, der Projektsteuerung oder von einem der TA-Planer übernommen werden.

Diese Auslegung ist spitzfindig und bei „durchschnittlichen“ Projekten selten anzutreffen. Zudem ist es schwer vorstellbar, dass der Verordnungsgeber eine solch massive Koordinationslücke über die letzten Novellierungen der HOAI nicht geschlossen hätte. Außerdem stellt sich die Frage, mit wem der Architekt die „in sich koordinierte Planung“ koordinieren würde. Nichtsdestotrotz zeigt die Praxis, dass eine gesondert beauftragte Koordinationsleistung Sinn machen kann. Insbesondere bei hochtechnisierten Umbaumaßnahmen von Technikzentralen unter Einbeziehung aller Gewerke mit einem geringen Kostenanteil der KG 300 weisen TA-Koordinatoren immense Vorteile auf. Der TA-Planer kann Herausforderungen und Abhängigkeiten der Fachgewerke schlichtweg besser beurteilen als ein Objektplaner.

Koordination – was ist das?

Ein weiterer Reibungspunkt ist der undefinierte Begriff der „Koordination“. Die knapp beschriebenen Grundleistungen der HOAI helfen hier nicht weiter. Am deutlichsten werden die sich daraus ergebenden Interpretationsspielräume bei der Terminplanung (PBP 9/2023, Seite 11, Abruf-Nr. 49616689) und der Kollisionsplanung, insbesondere in Kombination mit der Schlitz- und Durchbruchsplanung. Letztere beginnt nach dem Grundleistungsbild zwar erst in der Lph 5, jedoch muss die dazu notwendige Kollisionsprüfung bereits in der Lph 3 abgeschlossen sein (PBP 11/2021, Seite 13, Abruf-Nr. 47635816). Aber auch Decken- und Bodenspiegel sowie Flurkoffer und Schächte erzeugen einen immensen Interaktions- und Koordinationsaufwand zwischen den Fachgewerken der TA sowie mit dem Brandschutz und der Tragwerksplanung.

Hier beginnt also der Streit darüber, ob sich die unterschiedlichen TA-Gewerke selbst koordinieren müssen oder der Objektplaner das komplizierte Miteinander im Detail abzustimmen hat. Klar ist, dass diese Leistung einer Führung bedarf.

Und nun? – Der Umgang in der Praxis

Wie so oft hängt das konkrete Vorgehen vom Projekt ab. Bei komplexeren Projekten ist es notwendig, den Sachverhalt im Vorfeld zu thematisieren und zu klären. Das fängt bereits bei der Angebotserstellung an. Definieren Sie also als Fachplaner in Ihrem Angebot, welche Koordinationsleistungen Sie erwarten, ausschließen oder selbst anbieten wollen:

Angebotsklausel / Koordinationsleistungen

  • „Unser Honorarangebot basiert auf einer kompletten Koordination aller Anlagengruppen, Fachplanungen und Sonderfachleute durch den Objektplaner. Dabei gehen wir von folgenden Leistungen des Objektplaners und Planungsprozessen aus: (...)“ oder
  • „Über unser Honorar ist die Koordination innerhalb der von uns angebotenen Anlagengruppen enthalten. Die Koordination anderer Anlagengruppen oder Fachplanungen der TGA wird explizit nicht über das angebotene Honorar abgedeckt. Aufgrund der Komplexität des Projektes empfehlen wir dringend, einen Koordinator für die Technische Ausrüstung zu beauftragen. Gerne können wir Ihnen diese Leistung als Besondere Leistung anbieten. Diese beinhaltet folgende Punkte: (…)“.

Da die HOAI 2021 nur noch Empfehlungscharakter hat, bieten sich verschiedene Möglichkeiten der Vergütung an. Sie können die Leistung pauschal, als Zeithonorar oder aber auf Basis der Architektenvergütung nach § 33 Abs. 2 anbieten. Letzteres hat den Vorteil, dass über die anrechenbaren Kosten eine einfache Abrechnungsgrundlage im Projektverlauf geschaffen wird. Als weitere Argumentationshilfe für ein Zusatzhonorar für Koordinationsleistung bietet sich die HOAI an (vgl. § 8 Abs. 3 HOAI 2021): „Die gesonderte Vergütung eines zusätzlichen Koordinierungs- oder Einarbeitungsaufwands ist in Textform zu vereinbaren.“

Beratungspflichten zur Koordination

Es obliegt dem Architekten, das Thema der Koordination mit dem Bauherrn als Erster anzusprechen. Er hat auf die Notwendigkeit von Zusatzleistungen und Sonderfachleuten aufmerksam zu machen:

Anlage 10: Grundleistungen im Leistungsbild Gebäude, Lph 1

  • c) Beraten zum gesamten Leistungs- und Untersuchungsbedarf
  • d) Formulieren der Entscheidungshilfen für die Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter

Wichtig ist, dass Sie vor Leistungsbeginn die umfangreichen Interpretationsspielräume der HOAI bezüglich der Leistungen eingrenzen bzw. ganz ausschließen. Das vermeidet Konflikte und erleichtert die Projektabwicklung. Kommt der Objektplaner seiner – hoffentlich ausreichend definierten – Koordinationspflicht nicht nach, so haben Sie als TA-Planer die Leistung einzufordern.

Auf keinen Fall sollten derartige Leistungen ohne Klärung der Vergütung übernommen werden. Doch ist dies nicht das einzige Risiko. Bevor Sie Koordinationsaufgaben übernehmen, sollten Sie unbedingt prüfen, ob diese durch Ihre Berufshaftpflichtversicherung gedeckt sind. Denn das Berufsbild des TA-Planers umfasst keine weitreichenden Koordinationsaufgaben.

Fazit | Grundsätzlich wird die Koordinationsleistung über die HOAI der Objektplanung zugeordnet. Aufgrund der fehlenden Definition der Leistung über die HOAI entstehen aber immer wieder Konflikte, vor allem bei der intradisziplinären Koordination der Anlagen der TGA. Es ist daher dringend zu empfehlen, die Leistungen bereits im Vorfeld zu bestimmen und ggf. bei Bedarf eine eigene Koordinationsleistung als Fachplaner anzubieten.
Weiterführende HinweisE
  • Beitrag „Lph 3: Rechtsprechung misst Koordinations- und Integrationsleistungen höchste Bedeutung zu“, PBP 1/2021, Seite 12 → Abruf-Nr. 47028340
  • Beitrag „Die Terminplanung in der TA: Indikator für Qualität im Projekt und wichtiges Vertragswerkzeug“, PBP 9/2023, Seite 11“ → Abruf-Nr. 49616689
  • Beitrag „Welche Qualität muss die Entwurfsplanung der Technischen Ausrüstung aufweisen?“, PBP 11/2021, Seite 13 → Abruf-Nr. 47635816

AUSGABE: PBP 3/2024, S. 14 · ID: 49910653

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