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AuftragsbeschaffungVergleichsberechnung Leasing oder Direktinvest: So erarbeiten Sie sich ein neues Marktsegment

Abo-Inhalt15.02.20222103 Min. Lesedauer

| Öffentliche Bauherren stehen oft vor der Entscheidung, ob sie ein Projekt als Leasingmodell oder konventionelle Investition durchführen. Im Vorfeld sind objektspezifische Vergleichsberechnungen erforderlich und verpflichtend. PBP empfiehlt, dieses wichtige Auftrags- und Beratungsfeld nicht zu übersehen. Für seriöse Vergleichsberechnungen wird nämlich neben kaufmännischem auch viel baufachliches Know-how benötigt. Als Architektur- oder Ingenieurbüro sitzen Sie hier sozusagen in der ersten Reihe. |

Um diese Projekte geht es

Öffentliche Bauherren stehen bei vielen Projekten (Schulen, Krankenhäuser, Brücken, Autobahnen, Kläranlagen) vor der Frage, ob sie das Projekt selbst in eigener Verantwortung bauen (Investorrolle) oder sich eines Dritten bedienen und das Projekt von ihm mieten oder leasen. Da sie häufig nicht über genügend Fachkräfte verfügen, beauftragen sie immer öfter Dienstleister mit entsprechenden Vergleichsberechnungen.

Baufachliche Faktoren sind oft Zünglein an der Waage

Die folgende Liste zeigt, wie groß der Anteil baufachlicher Faktoren ist, die in solchen Vergleichsberechnungen berücksichtigt werden müssen und das Ergebnis entscheiden können. Hier ist Kompetenz gefordert, die am besten von Ihnen als Architektur- oder Ingenieurbüro eingebracht werden kann. Bei den nachfolgenden Beispielskriterien ist insbesondere die belastbare fachliche Herleitung der in diesem Stadium bestehenden Schwankungsbreiten der jeweiligen Ansätze (= Risikofaktoren) wichtig:

  • Schätzung der Investitionskosten für die Baumaßnahme (und vor allem Herleitung der jeweiligen Kosten).
  • Unterscheiden sich die Bauinvestitionen bei konventioneller Durchführung oder beim Leasingmodell? Wenn ja, warum ist das so? Hier geht es insbesondere darum, fachlich nachvollziehbare und belastbare Herleitungen zu entwickeln.
  • Welche Instandhaltungsmaßnahmen mit entsprechenden Bauunterhaltungskostenansätzen werden für den Zeitraum der Vertragslaufzeit prognostiziert? Auch hier sollte die Vergleichsberechnung einzelfallbezogene Kostenansätze liefern, bei denen die jeweiligen baulichen Umstände oder die verfahrensbedingten Unterschiede gewürdigt werden.
  • Wie werden sich die Kosten bei der Bauunterhaltung bzw. Instandsetzung entwickeln? Lässt die Bauqualität bzw. die Höhe der Investkosten darauf einen Rückschluss zu? Rechnen sich höhere Investkosten wegen relativ geringerer Bauunterhaltungskosten?
  • Modernisierungen oder Umbauten aufgrund von Nutzungsänderungen während der Vertragslaufzeit: Wer darf die Umbauten zu welchen Konditionen überhaupt durchführen? Wo liegen die konkreten Unterschiede zwischen den Verfahrensalternativen?
  • Wie ist das Verhältnis zwischen Energiesparmaßnahmen bei Investitionskosten (trägt z. B. der Leasinggeber) und den späteren Verbrauchskosten (trägt z. B. der Benutzer/Mieter)?
  • Gibt es einen verfahrensbedingten Unterschied bei den Nebenkosten? Falls ja, wie gern behauptet, aus welchen nachvollziehbaren Gründen?

Baufachliche Kriterien oft entscheidungserheblich

Die oben beschriebenen Kriterien können je nach technischer oder kostenbezogener Herangehensweise die Entscheidung zwischen den beiden Verfahrensalternativen entscheidend beeinflussen. Deshalb sind hier Ingenieurkompetenzen gefordert. Die kaufmännischen Kriterien wie z. B.

  • Kreditfinanzierung,
  • Zinsveränderung während der Vertragslaufzeit,
  • Beschaffungskostenvorteile (oft unklar wo die herkommen),
  • schnellere Baudurchführung,

die bei Leasingvergleichen auch von Relevanz sind, dürften allein jedoch nicht entscheidungserheblich sein.

So ist z. B. eine Kommune oder ein Bundesland bei der Höhe von Kreditzinsen oft nicht schlechter gestellt als der private Finanzierer (Leasinggeber), sondern teils besser. Bei öffentlicher Eigenfinanzierung fällt auch der insoweit nötige Ertrag nicht an, den ein Leasinggeber budgetieren muss. Auch die Beschaffungskostenvorteile bei Leasing bzw. Public Private Partnership werden oft überschätzt.

Die Kostenunterschiede zwischen Eigeninvestition und Leasing errechnen sich über den Zeitraum der gesamten Vertragslaufzeit. Diese Unterschiede werden oft als Barwert- oder Effizienzvorteil am Ende der Vertragslaufzeit bezeichnet. Das bedeutet, dass Unterschiede z. B. bei der Erstinvestition, Bauunterhaltung, den Energiekosten, den Zinsen (Leasinggeber oder Investor) jeweils je Verfahrenswahl auf das Ergebnis auswirken.

Fazit | Bei der Entscheidung, ob die Realisierung als Leasing- oder konventionelles Projekt wirtschaftlicher ist, ist baufachliche Kompetenz zwingend zu beteiligen. Eine rein betriebswirtschaftlich ausgerichtete Wirtschaftlichkeitsberechnung kann bereits durch die rechnerischen und baufachlichen Schwankungsbreiten bei Baukostenschätzungen ihre Aussagekraft verlieren. Selbst die Rechnungshöfe sehen bei den Vergleichsberechnungen Optimierungspotenzial, weil fachtechnische Parameter nicht selten „einfach gesetzt werden“, ohne sie fachlich, prognostisch oder rechnerisch hergeleitet zu haben. Genau hier können Planungsbüros mit gleichzeitig kostenbezogener Kompetenz aufwarten. Das Marktsegment betrifft alle Objektplaner. Denn Leasing ist bei Infrastrukturmaßnahmen genauso ein Thema wie im Hochbau.

AUSGABE: PBP 3/2022, S. 14 · ID: 47936755

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