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WEG-NovelleAnspruch auf Barrierefreiheit

Abo-Inhalt19.03.2024556 Min. LesedauerVon (mitgeteilt von RAin Kornelia Reinke, Bonn)

| In zwei Urteilen hat der BGH jetzt über den Anspruch eines Eigentümers gegen die Gemeinschaft auf Barrierefreiheit entschieden. Dem Eigentümer steht ein solcher individueller Anspruch auf die in § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 4 WEG n. F. aufgeführten baulichen Veränderungen zu (Reinke, MK 22, 55). |

Im ersten Fall des BGH ging es um einen Außenaufzug in einem unter Denkmalschutz stehenden Jugendstilhaus (9.2.24, V ZR 244/22, Abruf-Nr. 239774). Das Gebäude besteht aus einem Vorder- und Hinterhaus. Das Vorderhaus erhielt 1983 den Fassadenpreis der Stadt München. Das Hinterhaus ist schlicht gehalten. Es handelt sich um das ehemalige „Gesindehaus“. Ein Personenaufzug ist nur für das Vorderhaus vorhanden. Die Eigentümer und Kläger der Wohnungen im dritten und vierten Stock des Hinterhauses wollten am Treppenhaus auf eigene Kosten einen Außenaufzug anbringen lassen. Das lehnten die Miteigentümer ab. Der BGH gab den Klägern recht. Er sah in der Errichtung eines Personenaufzugs eine angemessene bauliche Veränderung, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dient, § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG n. F. Die Angemessenheit ist der Regelfall und nur ausnahmsweise zu verneinen, wenn mit der Maßnahme Nachteile verbunden sind, die über die Folgen hinausgehen, die typischerweise mit der Durchführung einer privilegierten baulichen Veränderung gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 WEG n. F. einhergehen. Eingriffe in die Bausubstanz, übliche Nutzungseinschränkungen des Gemeinschaftseigentums und optische Veränderungen der Anlage, etwa aufgrund von Anbauten, können die Unangemessenheit daher regelmäßig nicht begründen. Ohne Bedeutung sind auch die Kosten der baulichen Veränderung nach § 20 Abs. 2 S. 1 WEG n. F., da sie der verlangende Eigentümer nach § 21 Abs. 1 S. 1 WEG n. F. tragen muss. Die Errichtung eines Aufzugs ist auch keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage im Sinne von § 20 Abs. 4 HS. 1 Alt. 1 WEG n. F.

Im zweiten Fall hatten die Eigentümer in der Eigentümerversammlung einer Eigentümerin die Errichtung einer Rampe auf der Rückseite des Gebäudes als barrierefreien Zugang als privilegierte Maßnahme nach § 20 Abs. 2 S. 1 WEG n. F. gestattet (BGH 9.2.24, V ZR 33/23, Abruf-Nr. 240022). Hiergegen hatten andere Eigentümer Anfechtungsklage erhoben. Der BGH wies diese ab. Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses über die Durchführung oder Gestattung einer baulichen Veränderung, die ein Eigentümer unter Berufung auf § 20 Abs. 2 S. 1 WEG n. F. verlangt, hängt nicht davon ab, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 WEG n. F. im Einzelnen vorliegen und ob die bauliche Veränderung angemessen ist. Hierauf kommt es nur an, wenn der Individualanspruch des Eigentümers abgelehnt worden ist und sich dieser mit einer Anfechtungsklage gegen den Negativbeschluss wendet und/oder den Anspruch mit der Beschlussersetzungsklage weiterverfolgt wird (s. o., BGH 9.2.24, V ZR 244/22). Die Neuregelung diene u. a. dem Zweck, den baulichen Zustand von Wohnungseigentumsanlagen leichter verbessern und an Gebrauchsbedürfnisse der Eigentümer anpassen zu können. Deshalb dürfen diese eine bauliche Veränderung auch durch Mehrheitsbeschluss gestatten, wenn sie die in § 20 Abs. 2 S. 1 WEG n. F. geregelten Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen nicht als gegeben ansehen oder Zweifel hieran hegen. Hierdurch werde kein Eigentümer i. S. d. § 20 Abs. 4 Hs. 1 Alt. 2 WEG n. F. gegenüber anderen unbillig benachteiligt.

AUSGABE: MK 4/2024, S. 66 · ID: 49960234

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