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WettbewerbsverbotNachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern richtig vereinbaren

Abo-Inhalt02.05.20257 Min. LesedauerVon Michael Huth, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Senior Partner der dhpg, Köln

| Scheidet ein Arbeitnehmer aus, geht dem Unternehmen dadurch immer auch ein Stück Know-how und Erfahrung verloren. Das lässt sich nicht vermeiden. Wechselt der Arbeitnehmer zum Wettbewerber, geht mit dem Know-how-Verlust im eigenen Unternehmen allerdings ein entsprechender Know-how-Zufluss beim Konkurrenten einher. Dies wird bisweilen durch nachvertragliche Wettbewerbsverbote zu unterbinden versucht. LGP zeigt, worauf es dabei ankommt. |

Grundlegendes zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote betreffen die Zeit nach dem Vertrag; sie bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Vereinbarung. Dadurch unterscheiden sie sich vom sog. vertraglichen Wettbewerbsverbot, das entgegen der etwas verwirrenden Bezeichnung gerade keiner vertraglichen Vereinbarung bedarf, sondern ohne Weiteres gilt und sich aus der wechselseitigen Rücksichtnahmepflicht der Arbeitsvertragsparteien ableiten lässt: Während des laufenden Arbeitsverhältnisses ist ein Arbeitnehmer jedenfalls im Regelfall auch ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht dazu befugt, parallel für einen Wettbewerber tätig zu werden.

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote müssen aber nicht nur ausdrücklich vereinbart werden, sondern unterliegen auch einer Vielzahl einschränkender gesetzlicher Vorgaben, die sich aus §§ 74 ff. HGB ergeben. Diese handelsrechtlichen Vorschriften sind in Teilen nur schwierig zu verstehen, weil sie aus dem späten 19. Jahrhundert stammen und dem Wortlaut nach auf Handelsgeschäfte beschränkt sind. Die Rede ist im Gesetz vom Prinzipal und vom Handlungsgehilfen, doch wendet die ständige Rechtsprechung diese Regeln heute unstrittig auf alle Arbeitgeber und ihre Arbeitnehmer an.

Wer vom Wechsel zum Wettbewerber abgehalten wird, ist in der Entfaltung seiner beruflichen Perspektiven erheblich beschränkt. Deshalb geht das deutsche Recht seit jeher davon aus, dass solche nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkungen nur in engen Grenzen zulässig sein können.

Vorgaben für nachvertragliche Wettbewerbsverbote

§ 74a HGB formuliert dahingehend, dass ein Wettbewerbsverbot „insoweit unverbindlich ist, als es nicht zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des [Arbeitgebers] dient“ oder „soweit es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des [Arbeitnehmers] enthält“. In diesen knappen Sätzen verbergen sich zahlreiche Vorgaben, die für die Wirksamkeit einer Abrede über ein Wettbewerbsverbot eingehalten werden müssen.

Karenzentschädigung

Das Gesetz macht nachvertragliche Wettbewerbsverbote gegenüber Arbeitnehmern davon abhängig, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Gegenzug eine Karenzentschädigung verspricht. Konkret muss der (ausgeschiedene) Arbeitnehmer während des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (mindestens) die Hälfte seines letzten Gehalts bezahlt bekommen.

Musterformulierung / Karenzentschädigung

Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung nach Maßgabe der §§ 74 ff. HGB in der gesetzlich vorgeschriebenen Mindesthöhe von 50 Prozent der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Vergütung. Die Entschädigung ist in monatlichen Beträgen jeweils am Monatsende zu zahlen. Auf die Entschädigung wird im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen angerechnet, was der Arbeitnehmer während der Dauer des Wettbewerbsverbots durch anderweitige Verwertung der Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, während der Dauer des Wettbewerbsverbots auf Wunsch des Arbeitgebers jederzeit Auskunft über die Höhe seines Erwerbs zu erteilen und den jeweiligen Arbeitgeber oder Dienstherrn bekannt zu geben.

Zeitliche Komponente

Das Gesetz stellt ausdrücklich klar, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für nicht mehr als zwei Jahre vereinbart werden kann.

Örtliche Komponente

Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer die Konkurrenztätigkeit nur in dem Gebiet verbieten, in dem diese Tätigkeit für ihn wirklich Konkurrenz bedeutet. Das lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern stets nur mit der konkreten Geschäftstätigkeit des Unternehmens, das das nachvertragliche Wettbewerbsverbot mit seinem Arbeitnehmer vereinbart.

Beispiele

  • Die klassische Autowerkstatt verfügt über einen nur eingeschränkten Einzugsbereich. → Sie konkurriert nur mit nahe gelegenen anderen Betrieben.
  • Eine Kette wie ATU hingegen ist deutschlandweit tätig. → Sie hat auch Konkurrenz in ganz Deutschland.
  • Eine Spezialwerkstatt kann als einzige in Deutschland bestimmte Oldtimer instand setzen. → Sie konkurriert ggf. sogar mit Spezialwerkstätten im Ausland.

Inhaltliche Komponente

Auch inhaltlich muss das Wettbewerbsverbot dem Schutze eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dienen. Verboten werden kann daher nur eine Tätigkeit, die im Geschäftsbereich des bisherigen Arbeitgebers liegt. Die Praxis differenziert vereinfachend zwischen unternehmensbezogenen und tätigkeitsbezogenen Wettbewerbsverboten.

Beispiele

Die Parteien schließen ein auf den Bereich der Kraftfahrzeugreinigung bezogenes Wettbewerbsverbot. Dieses tätigkeitsbezogene Verbot bezieht sich nur auf den Bereich der Kraftfahrzeugreinigung und greift nicht, wenn ein Arbeitnehmer später als Verkäufer für ein Autohaus tätig wird.

Musterformulierung / Wettbewerbsverbot – Beschränkung nach Zeit, Ort und Gegenstand

  • 1. Nach ... (z. B. Ablauf der Probezeit, anderes Startdatum), das heißt ab dem ... (Datum) tritt das folgende nachvertragliche Wettbewerbsverbot in Kraft.
  • Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von ... Monaten (1 bis 24 Monate) nach Beendigung des Arbeitsvertrags weder für eigene noch für fremde Rechnung in selbstständiger oder sonstiger Weise (z. B. beratende Tätigkeit) für ein Konkurrenzunternehmen (siehe Ziffer 2 unten) innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs (siehe Ziffer 4 unten) tätig zu werden oder selbst oder mittelbar durch Dritte für eigene oder fremde Rechnung ein Konkurrenzunternehmen zu errichten oder sich an einem solchen zu beteiligen (nachvertragliches Wettbewerbsverbot).
  • 2. Als Konkurrenzunternehmen gelten solche Unternehmen, die in dem Geschäftsfeld der Gesellschaft oder einem mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Gesellschaft tätig sind oder während der Dauer dieses nachvertraglichen Wettbewerbsverbots tätig werden. Als Geschäftsfeld der Gesellschaft gilt derzeit: ... (Geschäftsfeld nennen). Dies sind zurzeit jedenfalls folgende Unternehmen: ... (Namen nennen)
  • 3. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich explizit nicht auf ...
  • 4. Das Wettbewerbsverbot ist räumlich beschränkt auf den Tätigkeitsraum, in dem die Gesellschaft oder ein mit dieser verbundenes Unternehmen zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus der Gesellschaft tätig ist oder während der Dauer dieses nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes tätig wird. Derzeit erstreckt sich der Tätigkeitsraum auf ... (Städte, Umkreise, Länder etc. nennen). In diesem Tätigkeitsraum darf der Arbeitnehmer weder tätig werden noch von einem anderen Ort aus für ein dort agierendes Konkurrenzunternehmen tätig werden.
  • Unternehmensbezogen ist das Wettbewerbsverbot, wenn es die Tätigkeit branchenbezogen oder bei bestimmten Konkurrenzunternehmen untersagt.
  • Tätigkeitsbezogen ist das Wettbewerbsverbot, wenn es bestimmte Arten von Tätigkeiten untersagt.

Fehlerhaft vereinbartes Verbot und Unverbindlichkeit

Verstößt die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gegen die aufgezeigten Anforderungen, muss der Arbeitgeber mit folgenden Konsequenzen rechnen:

Wettbewerbsverbot enthält keine Karenzentschädigung

Die Rechtsfolge eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne vereinbarte Karenzentschädigung ist nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots, sondern dessen Unverbindlichkeit. Das bringt den Arbeitnehmer in eine komfortable Position:

  • Der Arbeitnehmer kann nämlich selbst entscheiden, ob er sich entweder an das Wettbewerbsverbot hält und im Gegenzug die (zwar vertraglich nicht versprochene, aber gesetzlich zwingende) Karenzentschädigung verlangt
  • oder ob er zum Wettbewerber wechselt, im Gegenzug aber dann selbstverständlich keine Karenzentschädigung bezieht.

Denn der Arbeitnehmer ist an das Wettbewerbsverbot in einem solchen Fall nicht gebunden (insoweit „unverbindlich“), kann sich aber freiwillig dafür entscheiden, sich an das unverbindlich vereinbarte Verbot zu halten, dann aber eben auch die Karenzentschädigung einzufordern.

Zu weites Wettbewerbsverbot

Vergleichbares gilt, wenn der Arbeitgeber zwar die Karenzentschädigung in den Vertrag aufgenommen hat, im Hinblick auf die sonstigen Grenzen des Wettbewerbsverbots aber zu weit gegangen ist, also ein nach Inhalt, Zeit und/oder Ort nicht mehr angemessenes Verbot vereinbart hat. Obwohl der Gesetzeswortlaut etwas anders nahelegt, wird ein derart überschießendes Verbot nicht etwa auf den noch zulässigen Inhalt zurechtgestutzt (sog. geltungserhaltende Reduktion). Es wird vielmehr von der ständigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte für insgesamt unverbindlich erklärt – auch hier mit der Folge, dass sich der ausgeschiedene Arbeitnehmer entscheiden kann, ob er sich an die Vereinbarung hält und die Karenzentschädigung bezieht, oder ob er zum Wettbewerber wechselt.

Ohne Risiko ist das allerdings auch für den ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht, sofern nicht das Wettbewerbsverbot ganz offensichtlich zu weit geht (etwa wenn der örtliche Versicherungsvertreter seinen Arbeitnehmer mit einem weltweiten Wettbewerbsverbot belegt). Wagt der Arbeitnehmer nämlich den Wechsel zum Wettbewerber, erhält er nicht nur keine Karenzentschädigung (mit der er dann ohnehin nicht rechnet), sondern kann von seinem vormaligen Arbeitgeber auch auf Unterlassung der Wettbewerbstätigkeit verklagt werden, und zwar auch im einstweiligen Rechtsschutz, also im Schnellverfahren. Hat eine solche Verfügung Erfolg, muss der vormalige Arbeitnehmer seine neue Tätigkeit beim Konkurrenten unverzüglich und für die Dauer des restlichen Wettbewerbsverbots einstellen. Allerdings muss der vormalige Arbeitgeber für diesen Zeitraum dann auch Karenzentschädigung entrichten.

Wettbewerbsverbot in Kombination mit Vertragsstrafe

Viele Arbeitgeber kombinieren das nachvertragliche Wettbewerbsverbot zudem mit einer Vertragsstrafenregelung. Sie zielt darauf ab, die Einhaltung des Verbots zu gewährleisten, und wird fällig, wenn das Wettbewerbsverbot verletzt wird. Auch solche Vertragsstrafen unterliegen jedoch erheblichen Beschränkungen; z. B. dürfen sie in der Regel ein Monatsgehalt nicht übersteigen.

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Die Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote ist fehleranfällig und komplex. Zahlreiche Einzelheiten und Stolpersteine sind aus Platzgründen hier nicht einmal erwähnt, und vergleichbare Vereinbarungen mit Geschäftsführern oder Mitgliedern eines Vorstands oder mit selbstständigen Handels- oder Versicherungsvertretern folgen teils anderen Regeln.

Praxistipps |
  • Arbeitgeber sollten genau prüfen, für welche Arbeitnehmer sich die Kosten für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot lohnen. Soll der Arbeitnehmer auf ein nicht nötiges Verbot verzichten, tut er das meist nicht ohne Entschädigung.
  • Für besonders wichtige Positionen kann es sich lohnen, das Wettbewerbsverbot nicht nur auf ein Jahr zu begrenzen. Im zweiten Jahr kann die Gefahr des Know-how-Verlusts an den Wettbewerber im Einzelfall genauso hoch sein.
  • Standardisierte Vertragsvorlagen sollten nie ungeprüft übernommen werden.

AUSGABE: LGP 7/2025, S. 157 · ID: 50399530

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