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Aktuelle OFD-VerfügungenRegelmäßige Arbeitsstätte oder Auswärtstätigkeit - weiterhin viele offene Fragen!
Mit dem neuen Reisekostenrecht sollte eigentlich alles einfacher werden. Aber bereits jetzt zeigt sich, dass viele Fragen strittig sind und wohl erst durch die Finanzgerichte geklärt werden können. Die OFD Rheinland und Münster haben sich jetzt zur Anwendung der „46-Tage-Regel“ geäußert und dabei die neuen Regeln mehrfach zugunsten der Finanzverwaltung ausgelegt.
Mit dem neuen Reisekostenrecht sollte eigentlich alles einfacher werden. Aber bereits jetzt zeigt sich, dass viele Fragen strittig sind und wohl erst durch die Finanzgerichte geklärt werden können. Die OFD Rheinland und Münster haben sich jetzt zur Anwendung der „46-Tage-Regel“ geäußert und dabei die neuen Regeln mehrfach zugunsten der Finanzverwaltung ausgelegt (Verfügungen vom 13.2.2009, Az: S 2338 - 1001 - St 215 und S 2353 - 20 - St 22 - 31; Abruf-Nr. 091405091405).
Definition Auswärtstätigkeit und regelmäßige Arbeitsstätte
Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitsstätte oder ausschließlich an wechselnden Arbeitsstätten tätig ist. Die regelmäßige Arbeitsstätte wurde dabei wie folgt definiert (R 9.4 Abs. 3 LStR 2008):
Definition regelmäßige Arbeitsstätte
Ortsgebundener Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers, unabhängig davon, ob es sich um eine Einrichtung des Arbeitgebers handelt.Insbesondere jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er durchschnittlich im Kalenderjahr mindestens an einem Arbeitstag je Arbeitswoche aufsucht.
Regelmäßige Arbeitsstätte beim Arbeitgeber
Unproblematisch sind die Fälle, in denen Arbeitnehmer täglich in den Betrieb ihres Arbeitgebers fahren und dort ihre Arbeit verrichten. Für sie ist unstreitig der Betrieb eine regelmäßige Arbeitsstätte. Schwieriger wird es, wenn der Arbeitnehmer nur selten im Betrieb vorbeischaut (zum Beispiel nur einmal in der Woche) und sonst auswärts tätig ist.
In diesen Fällen kommt die „46-Tage-Regel“ ins Spiel (die 46 Tage entspringen der Überlegung: 52 Wochen abzüglich 6 Wochen Urlaub). Auch nach Ansicht des BFH wird eine Einrichtung des Arbeitgebers zur regelmäßigen Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer sie durchschnittlich einmal wöchentlich aufsucht (Urteil vom 4.4.2008, Az: VI R 85/04; Abruf-Nr. 081836081836).
Die Finanzverwaltung geht von einer regelmäßigen Arbeitsstätte aus, wenn diese an 46 Tage im Jahr „planmäßig“ aufgesucht werden soll. Das gilt auch dann, wenn die 46 Tage „planwidrig“ nicht erreicht werden. Dieser vorausschauenden Betrachtungsweise ist zuzustimmen.
Beispiel
Ein Außendienstmitarbeiter muss einmal wöchentlich zur Teamsitzung im Betrieb seines Arbeitgebers erscheinen. Er hat dort unstreitig eine regelmäßige Arbeitsstätte. Das gilt auch, wenn er dann tatsächlich an weniger als 46 Tagen im Büro seines Arbeitgebers war, weil zum Beispiel vier Sitzungen ausgefallen sind.
Im Gegenzug müsste dann aber keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegen, wenn sie „planmäßig“ nicht mindestens an 46 Tagen im Jahr aufgesucht werden soll. Das sieht die Finanzverwaltung allerdings anders: „Umgekehrt führt eine Tätigkeit im Betrieb von mindestens 46 Tagen im Kalenderjahr zur unwiderlegbaren Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte, auch wenn diese Tätigkeit in einem solchen Umfang nicht geplant war“.
Diese Sichtweise wird sicherlich noch die Finanzgerichte beschäftigen. Denn schon aus praktischen Gründen ist nur eine vorausschauende Betrachtungsweise umsetzbar. Denn angenommen, es wird - zunächst aus Sicht der Finanzverwaltung zurecht - von einer Auswärtstätigkeit ausgegangen. Dann werden alle Fahrten zur Tätigkeitsstätte unterjährig nach den Reisekostengrundsätzen (Verpflegungsmehraufwand und 0,30 Euro je gefahrenen Kilometer) abgerechnet. Stellt sich am Jahresende aber heraus, dass der Arbeitnehmer außerplanmäßig an mehr als 45 Tagen an der Tätigkeitsstätte war, wird daraus dann nach dem Willen der Finanzverwaltung eine regelmäßige Arbeitsstätte. Folge: Alle Reisekostenabrechnungen müssten rückgängig gemacht werden bzw. die gezahlten Reisekosten wären steuer- und sozialabgabenpflichtiger Arbeitslohn.
Vorübergehende Abordnung
Wird ein Arbeitnehmer vorübergehend an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers tätig, wird die betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, auch dann nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte, wenn sie durchschnittlich im Kalenderjahr an mindestens 46 Tagen aufgesucht wird (R 9.4 Abs. 3 Satz 5 LStR).
Allerdings enthalten die LStR keine zeitliche Begrenzung hinsichtlich des Merkmals „vorübergehend“. Die Vorgabe einer festen zeitlichen Obergrenze lehnt die Finanzverwaltung weiterhin ab. Allerdings geht sie davon aus, dass auch eine vierjährige Abordnung noch vorübergehend ist.
Beachten Sie: Wird eine zunächst befristete Abordnung später verlängert, soll anhand des Einzelfalls aufgeklärt werden, ob von Beginn an eine unbefristete und damit dauerhafte Tätigkeit beabsichtigt war.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer soll die Zweigniederlassung seines Arbeitgebers in B auf das neue Softwareprogramm umstellen und anschließend auch die weitere Betreuung übernehmen. A wird deshalb zunächst für drei Jahre nach B abgeordnet. Dieser Einsatz wird nach Ablauf der dreijährigen Tätigkeit in B um weitere drei Jahre verlängert.
Die Finanzverwaltung geht in diesem Fall von einer auf Dauer angelegten Tätigkeit aus. Anhand der Gesamtumstände - vereinbart war nicht nur die Umstellung auf das neue Softwareprogramm, sondern auch die weitere Betreuung - sei davon auszugehen, dass von Beginn der Tätigkeitsaufnahme in B an eine nicht nur vorübergehende Tätigkeit geplant war.
Unser Tipp: Um die Vermutung eines dauerhaften Einsatzes zu widerlegen, sollten Arbeitgeber entsprechende Nachweise zu den Lohnunterlagen nehmen. Denn aus Sicht der Finanzverwaltung muss der Arbeitgeber das Vorliegen einer vorübergehenden Tätigkeit beweisen.
Regelmäßige Arbeitsstätte bei einem Dritten
Die Finanzverwaltung geht weiterhin davon aus, dass ein Arbeitnehmer auch bei einem Dritten eine regelmäßige Arbeitsstätte begründen kann.
Dabei hat sie offenbar besonders die Leih- und Zeitarbeiter im Visier. In folgenden Fällen unterstellt die Finanzverwaltung eine regelmäßige Arbeitsstätte bei einem Dritten (Entleiher), weil die Tätigkeit beim Entleiher nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt ist:
- Dauerhafte Überlassung: Ein Arbeitnehmer wird von einer Zeitarbeitsfirma einem Unternehmen als Mitarbeiter überlassen. Der Überlassungsvertrag enthält keine zeitliche Befristung („bis auf Weiteres“).
- Projektarbeit: Ein Arbeitnehmer wird von einer Zeitarbeitsfirma ausschließlich für die Überlassung an ein Unternehmen für ein bestimmtes Bauvorhaben eingestellt; das Arbeitsverhältnis mit der Zeitarbeitsfirma endet vertragsgemäß nach Abschluss des Bauvorhabens.
- Outsourcing: Ein jetzt entliehener Arbeitnehmer war zuvor bei dem Entleiher mit gleicher Tätigkeit beschäftigt.
BFH-Urteil zur regelmäßigen Arbeitsstätte bei einem Kunden
Der BFH hat bereits entschieden, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte nur eine „ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers“ sein könne (Urteil vom 10.7.2008, Az: VI R 21/07; Abruf-Nr. 082919082919). In dem BFH-Fall hatte das Finanzamt noch wegen des Zeitablaufs (nach drei Monaten) eine regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers bei dem Kunden angenommen. Nach dem neuen Reisekostenrecht wäre es wohl auch von einer Auswärtstätigkeit ausgegangen. Denn es war klar, dass der Arbeitnehmer bei dem Kunden nur vorübergehend (aber eben länger als drei Monate) tätig sein würde. Außerdem hatte der Arbeitnehmer daneben unstreitig eine regelmäßige Arbeitsstätte.
Unser Tipp: Der BFH kann jetzt in einem Verfahren (Az: VI R 21/08) klarstellen, ob und wenn doch unter welchen Voraussetzungen eine über lange Zeit aufgesuchte Tätigkeitsstätte, die nicht dem Arbeitgeber zuzurechnen ist, zur regelmäßigen Arbeitsstätte wird. In dem Verfahren geht es um einen outgesourcten Arbeitnehmer (FG Niedersachsen, Urteil vom 24.10.2007, Az: 12 K 611/04; Abruf-Nr. 082332082332).
AUSGABE: LGP 5/2009, S. 78 · ID: 126441