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SteuerstrafverfahrenWenn der Steuerberater die eigene Steuererklärung nicht abgibt

Abo-Inhalt16.04.20252 Min. LesedauerVon RA Dr. Gottfried Wacker, FAStR, Münster

| Ob ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO vorliegt, bedarf einer Gesamtwürdigung aller Umstände und nicht allein der Höhe des Hinterziehungsbetrags (AG Siegen 21.12.21, 445 Ls – 46 Js 266/20-87/20, rkr.). |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Eine Steuerberaterin, die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, Land- und Forstwirtschaft sowie Vermietung und Verpachtung erzielte, gab infolge einer hohen persönlichen (Arbeits-)Belastung und gesundheitlicher Probleme für einen Zeitraum von drei Jahren keine persönlichen Steuererklärungen (Einkommensteuer und Umsatzsteuer) ab. Infolgedessen erließ das zuständige FA mehrere Schätzungsbescheide mit einer Zahllast von ca. 360.000 EUR. Für das Gericht hat sich die Steuerberaterin der Steuerhinterziehung in sieben Fällen und der versuchten Steuerhinterziehung nach §§ 370 Abs. 1 Nr. 2, 150 AO, 18 UStG, 25 EStG, 56 EStG, 22, 23, 52, 53 StGB schuldig gemacht. Sie wurde zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 150 EUR verurteilt. In seinen Gründen führte das AG dazu aus, dass die Steuerberaterin durch die bewusste Nichterklärung der Einkünfte und Umsätze in umfassender Kenntnis ihrer ErkIärungspflichten eine Verkürzung von Steuern billigend in Kauf nahm. Die Angeklagte habe aber Reue gezeigt und glaubhaft betont, mit der Sache abschließen zu wollen.

Relevanz für die Praxis

Von einem besonders schweren Fall i. S. d. § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO ging das AG nicht aus – entgegen der Rechtsprechung des BGH, der seit 2015 (BGH, 27.10.15, 1 StR 373/15) das Merkmal „in großem Ausmaß“ grundsätzlich als dann erfüllt ansieht, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 EUR übersteigt und damit einen besonders schweren Fall bejaht. Die Vorschrift des § 370 Abs. 3 AO formuliere allerdings nur eine Regel, was bedeute, dass es auch Ausnahmen gebe. Immer sei eine Gesamtwürdigung aller Umstände erforderlich, wobei auch relevant sei, ob die Steuerverkürzung auf Dauer oder nur auf Zeit erfolge. Der Wille zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit in Verbindung mit der vollständigen Begleichung der Steuerschulden könne die Indizwirkung des „großen Ausmaßes“ mit Blick auf die Strafzumessung aufheben und entkräften.

Im Falle der Begehung von Steuerstraftaten durch einen Steuerberater wird – unabhängig von der Frage, ob diese den privaten oder unternehmerischen Bereich betreffen, und unter Würdigung im Einzelfall bestehender Besonderheiten – regelmäßig eine berufsgerichtliche Maßnahme zusätzlich erforderlich sein, um das Ansehen des Berufs zu wahren (LG Nürnberg-Fürth 7.2.24, 18 StL 4/23). Theoretisch sind zwar befristetes Berufsverbot und Ausschließung aus dem Beruf möglich, soweit ersichtlich blieb es aber bislang bei der Verurteilungen mit einer Geldauflage.

AUSGABE: KP 5/2025, S. 91 · ID: 50297680

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