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BerufsrechtWas können Steuerberater tun, wenn sie auf Bewertungsforen massiver Kritik von Mandanten ausgesetzt sind?
| Bewertungsplattformen sind heute allgegenwärtig und auch Steuerberater bleiben von Kritik auf solchen Foren nicht verschont. Doch wie sollten Steuerberater reagieren, wenn sie massiver Kritik ausgesetzt sind? Der Beitrag beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und gibt Handlungsempfehlungen für den Umgang mit negativen Bewertungen, wobei besonders das Spannungsfeld aus Verschwiegenheitspflicht und Möglichkeit zur (rechtlichen) Abwehr berücksichtigt wird. |
Meinungsfreiheit vs. Schutz der Berufsausübung
Wenn Mandanten im Internet Kritik an Steuerberatern üben, müssen die Rechte der Beteiligten gegeneinander abgewogen werden. Auf der einen Seite steht die Meinungsfreiheit des Mandanten (Art. 5 Abs. 1 GG), die als fundamentaler Bestandteil der demokratischen Ordnung geschützt ist. Auf der anderen Seite stehen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Steuerberaters (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie dessen Recht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), welche beide die berufliche und persönliche Integrität des Steuerberaters schützen.
Die Abgrenzung zwischen einer erlaubten Meinungsäußerung und einer unzulässigen Tatsachenbehauptung oder Schmähkritik ist dabei entscheidend. Nach der Rechtsprechung (BVerfG 22.6.82, 1 BvR 1376/79; BVerfG 10.10.95, 1 BvR 1476/91; BGH 23.6.09, VI ZR 196/08) muss die Äußerung gedeutet werden, um festzustellen, ob es sich um ein Werturteil (Meinung) oder eine Tatsachenbehauptung handelt. Dass eine Aussage polemisch oder verletzend formuliert ist, entzieht sie nicht schon dem Schutzbereich des Grundrechts (BVerfG 13.5.80, 1 BvR 103/77).
Rechtliche Möglichkeiten gegen unzulässige Bewertungen
Betroffene müssen Meinungsäußerungen grundsätzlich akzeptieren, da sie durch die Meinungsfreiheit geschützt sind. Doch bei unwahren Tatsachenbehauptungen oder Schmähkritik ist dies anders. Der Steuerberater kann in solchen Fällen rechtliche Schritte einleiten, um die Löschung oder Unterlassung der Äußerung zu erreichen. Der BGH (28.7.15, VI ZR 340/14) hat festgelegt, dass die Löschung einer Äußerung verlangt werden kann, wenn es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt. Schmähkritik, die hauptsächlich der Diffamierung dient, ist ebenfalls nicht geschützt. Eine Meinungsäußerung ist dann als Schmähung anzusehen, wenn sie jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person besteht (BVerfG 26.6.90, 1 BvR 1165/89).
Die Verschwiegenheitspflicht als Herausforderung
Eine besondere Herausforderung bei der Reaktion auf negative Bewertungen stellt die Verschwiegenheitspflicht dar. Steuerberater sind verpflichtet, alle ihnen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit anvertrauten Informationen vertraulich zu behandeln. Diese Pflicht ist zeitlich unbegrenzt und umfasst auch den Umstand, ob überhaupt ein Mandat besteht oder bestand (§ 57 Abs. 1 StBerG, § 5 BOStB).
Wenn ein Steuerberater gegen unwahre Behauptungen vorgehen möchte, muss er sicherstellen, dass er dabei keine vertraulichen Informationen preisgibt. Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht kann schwerwiegende berufliche und rechtliche Konsequenzen haben. Der Anwaltsgerichtshof München (1.2.22, BayAGH II-3-9/21) hat klargestellt, dass eine Reaktion des Berufsträgers, die zur Offenlegung vertraulicher Mandanteninformationen führt, nur in sehr eingeschränkten Fällen zulässig ist: Sieht sich etwa ein Rechtsanwalt berufsrechtlichen Vorwürfen des Mandanten ausgesetzt, kann eine Befugnis bestehen, Mandatsgeheimnisse zu offenbaren, allerdings nur soweit dies zur Wahrung seiner Rechte erforderlich ist. Dies gilt auch bei wahrheitswidrigen Vorwürfen des Mandanten in der Öffentlichkeit (Weyland/ Träger, 10. Aufl. 20, BRAO § 43a Rz. 28, 29). Die betroffene Anwältin hatte allerdings diesen Fall gegen die Verschwiegenheitspflicht durch die Offenlegung sensibler Mandanteninformationen zur Verteidigung gegen negative Bewertungen verstoßen.
Sachliche und verhältnismäßige Reaktionen
Berufsträger haben also die Möglichkeit, auf negative Bewertungen öffentlich zu antworten, müssen dabei jedoch sorgfältig vorgehen. Die Antwort sollte sachlich und verhältnismäßig sein. Es kann z. B. darauf hingewiesen werden, dass die vorgebrachten Vorwürfe unbegründet oder substanzlos sind. Dabei darf jedoch keine detaillierte Offenlegung von Informationen aus dem Mandat erfolgen, die unter die Verschwiegenheitspflicht fallen. Die Reaktion muss stets verhältnismäßig sein, um die Verschwiegenheitspflicht nicht zu verletzen.
AUSGABE: KP 1/2025, S. 13 · ID: 49601106