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VerfahrensrechtFolgen des Vollmachtswiderrufs bei Bekanntgabe

Abo-Inhalt09.12.20242 Min. LesedauerVon Rechtsassessor Dr. Matthias Gehm, Limburgerhof

| Eine wirksame Bekanntgabe durch die Post an den Bevollmächtigten liegt vor, wenn bei Aufgabe des Bescheids dem FA der Widerruf der Vollmacht noch nicht zugegangen war (BFH 11.6.24, IX R 30/23). |

Sachverhalt

Der Kläger hatte einen Steuerberater für seine Einkommensteuerveranlagung und die Entgegennahme von Steuerbescheiden bevollmächtigt. Die geänderten Einkommensteuerbescheide für VZ 14 und VZ 15 vom 21.12.21 (Tag der Aufgabe zur Post) gingen in der Kanzlei am 22.12.21 ein. Allerdings hatte der Kläger dem Steuerberater das Mandat entzogen, was das FA am 23.12.21 erfuhr. Der Berater leitete die Bescheide an den Kläger per einfachem Brief weiter, der den Erhalt der Bescheide bestritt. Am 19.7.22 erhob der Kläger Klage mit dem Ziel der Feststellung, dass die Bescheide mangels Bekanntgabe unwirksam seien. Die Vorinstanz teilte diese Rechtsauffassung (FG Sachsen 22.11.22, 6 K 709/22, EFG 22, 1093).

Entscheidungsgründe

Es liegt eine zulässige, jedoch unbegründete Feststellungsklage vor. Nach § 41 Abs. 1 HS 1 Alt. 1 FGO kann mit dieser Klage die Feststellung begehrt werden, dass ein Verwaltungsakt mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden ist. Dabei ist kein Vorverfahren erforderlich und die Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der Gestaltungs- oder Leistungsklage steht dem nicht entgegen (BFH 9.12.09, X R 54/06, BStBl II 10, S. 732). Hier waren die Bescheide wirksam bekannt gegeben worden. Der Bekanntgabevermutung nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO – am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post (ab 1.1.25: am vierten Tag) – steht nicht entgegen, dass das FA nach Aufgabe zur Post vom Widerruf der Vollmacht Kenntnis erlangte, denn nach § 80 Abs. 1 S. 3 AO wird der Widerruf gegenüber dem FA erst mit seinem Zugang wirksam. Dies wird durch den Wortlaut des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gestützt und durch § 80 Abs. 1 S. 3 AO, der dem FA Rechtssicherheit verschaffen soll.

Folglich kommt es auf den Zeitpunkt der letzten Behördenhandlung, also der Aufgabe zur Post an, ob eine wirksame Vollmacht vorliegt. Somit sind die Bescheide wirksam am 24.12.21 (Freitag) dem Steuerberater als Bekanntgabeadressat bekannt gegeben worden und nach § 124 Abs. 1 AO wirksam. Dass dies Heiligabend war, ist ohne Belang, da dies ein Werktag ist, sodass § 108 Abs. 3 AO nicht greift.

Relevanz für die Praxis

Da sich der IX. Senat der Rechtsmeinung des VI. Senats (BFH 8.2.24, VI R 25/21) in diesem Zusammenhang anschließt, kann von einer gefestigten Rechtsprechung ausgegangen werden. Auch wenn der Steuerpflichtige die Vollmacht widerrufen hat, kann die Finanzbehörde wirksam an den Bevollmächtigten Bescheide bekannt geben, solange sie vom Widerruf noch nichts weiß.

AUSGABE: KP 1/2025, S. 15 · ID: 50212820

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