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CoronapandemieUmsatzsteuer: Fitnessstudios müssen Beiträge trotz Lockdown versteuern

Abo-Inhalt28.05.20256 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.

| Fitnessstudios wurden von der Coronapandemie wirtschaftlich stark getroffen und mussten im Frühjahr 2020 aufgrund behördlicher Anweisung wochenlang schließen. Nun hat der BFH entschieden, dass Beiträge, die Fitnessstudios vor bzw. während der Lockdowns vereinnahmt haben, umsatzsteuerbar sind, auch wenn während der Lockdowns selbst keine Leistung erbracht wurde, sondern den Mitgliedern „kostenfreie Zusatzmonate“ gewährt wurden (BFH 13.11.24, XI R 5/23). |

Zum Hintergrund

Die Finanzverwaltung hatte sehr früh zu der Frage Stellung genommen, wie mit Beitragsfortzahlungen während der coronabedingten behördlichen Schließung steuerlich umzugehen war. Es gilt nach einer Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene (OFD NRW 15.12.20, S 7100 – 2020/0023):

  • Sagt ein Fitnessstudiobetreiber seinen Kunden zu Beginn der coronabedingten Schließzeiten zu, dass eine Beitragsfortzahlung zu einer taggenauen Zeitgutschrift führt, die eine Verlängerung des abgeschlossenen Dauervertrages zur Folge hat, handelt es sich um eine umsatzsteuerpflichtige Anzahlung. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage ist nur unter der Voraussetzung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG i. V. m. Abschn. 17.1 Abs. 7 S. 3 UStAE – mithin der Beitragsrückzahlung – möglich.
  • Sagt ein Fitnessstudiobetreiber seinen Kunden zu Beginn der coronabedingten Schließzeiten zu, dass bei Beitragsfortzahlung ein Gutschein entsprechend dem ursprünglich gebuchten Leistungsumfang für eine beitragsfreie Zeit, die der Dauer der Schließzeit entspricht, ausgestellt wird, handelt es sich um Anzahlungen auf einen Einzweck-Gutschein. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage ist wiederum nur unter der Voraussetzung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG i. V. m. Abschn. 17.1 Abs. 7 S. 3 UStAE möglich.

Nun hat der BFH der Finanzverwaltung zugestimmt: Das Einräumen der Möglichkeit zur Weiternutzung eines Fitnessstudios nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit ist auch dann ein verbrauchsfähiger Vorteil, wenn dem keine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung mit dem Kunden zugrunde liegt, weil der Leistungsaustausch umsatzsteuerrechtlich aus dem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den vom Unternehmer im Voraus vereinnahmten Mitgliedsbeiträgen und dem verbrauchsfähigen Vorteil in Gestalt von kostenfreien Zusatzmonaten folgt, den die Mitglieder eines Fitnessstudios aufgrund ihrer Zahlung während der coronabedingten Schließung erlangt haben. Die Minderung der Bemessungsgrundlage tritt nach § 17 UStG nicht schon dann ein, wenn ein Rückzahlungsanspruch des Zahlenden besteht, sondern erst, wenn das bereits gezahlte Entgelt tatsächlich zurückgezahlt worden ist.

Sachverhalt

Der Kläger betrieb im Jahr 2020 in ein Fitnessstudio. Die Mitgliedschaft betrug je nach Vereinbarung 12 oder 24 Monate. Das Fitnessstudio war in der Zeit vom 17.3.20 bis zum 17.5.20 aufgrund einer Landesverordnung pandemiebedingt geschlossen. Während des Lockdowns bot der Kläger seinen Mitgliedern an, dass der Zeitraum, in dem sie nicht trainieren konnten, am Ende der Mitgliedschaft beitragsfrei angehängt wird. Auch wurden Online-Kurse angeboten, um die Mitglieder nicht zu verlieren. In den USt-Voranmeldungen für die Monate April und Mai 2020 erklärte der Kläger für den Betrieb des Fitnessstudios (für Mai anteilig) keine Umsätze zu 19 % und kündigte zugleich eine Berichtigung für den Voranmeldungszeitraum März 2020 an. Es seien während der angeordneten Schließzeit keine Leistungen an die Mitglieder erbracht worden. Er berechnete für März und Mai 2020 (nur) die Schließzeiten taggenau als umsatzlos anteilig aus den eingegangenen Mitgliedsbeiträgen heraus.

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die Umsätze steuerbar seien. Den Mitgliedern gegenüber sei zugesagt worden, dass eine Beitragsfortzahlung zu einer Zeitgutschrift führe. Zwischen der jeweiligen Zahlung und der in Aussicht gestellten Leistung bestehe ein innerer Zusammenhang, der einen Leistungsaustausch begründe. Die nicht belegte mögliche Absicht der Mitglieder, das Fitnessstudio finanziell unterstützen zu wollen, werde durch die angekündigte Leistung überlagert. Der BFH sah das im Ergebnis genauso.

Entscheidungsgründe

Eine „Leistung gegen Entgelt“ setzt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer (steuerbaren) Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Der unmittelbare Zusammenhang beruht regelmäßig auf den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger. Eine Geldzahlung ohne ausgeführte Lieferung oder erbrachte Dienstleistung allein löst noch keine Steuerpflicht beim Empfänger aus. Keine Dienstleistung gegen Entgelt liegt vor, wenn das Unternehmen zwar eine Zahlung erhält, dieses Geld aber von dem Zahlenden nicht für einen verbrauchbaren Vorteil aufgrund eines Rechtsverhältnisses, sondern aus persönlichen Motiven gezahlt wird.

Nach § 17 UStG ist der für einen Umsatz geschuldete Steuerbetrag zu berichtigen, wenn sich die Bemessungsgrundlage geändert hat. Die Minderung der Bemessungsgrundlage tritt aber nicht schon dann ein, wenn die vereinbarte Leistung tatsächlich nicht erbracht wird und deshalb ein Rückzahlungsanspruch des Zahlenden besteht, sondern erst dann, wenn das bereits gezahlte Entgelt tatsächlich zurückgezahlt worden ist.

Bei den Leistungen, die von einem Fitnessstudio während der Laufzeit der jeweiligen Mitgliedschaft geschuldet werden, handelt es sich um Teilleistungen i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 3 UStG. Es liegen mit den eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten der Einrichtungen im Fitnessstudio wirtschaftlich teilbare Leistungen vor, die im Rahmen der Laufzeiten (hier: 12 oder 24 Monate) der jeweils als Dauerschuldverhältnis zu beurteilenden Mitgliedschaft kontinuierlich und in zeitlichen Abschnitten von jeweils einem Monat zu erbringen sind und die Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen geben.

Merke | Die von den Mitgliedern auf Grundlage der bestehenden Vereinbarungen als Anzahlung entrichteten Beiträge für die monatlichen Teilleistungen sind selbst dann weiter Entgelte für steuerbare Leistungen, soweit die Erbringung dieser Leistungen (hier: aufgrund der Landesverordnung vom 17.3.20 bis 17.5.20) unmöglich geworden ist, falls sie nicht bzw. nicht anteilig zurückgewährt wurden. Eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG i. V. m. § 17 Abs. 1 S. 1 UStG wegen einer nicht erbrachten Teilleistung erfolgt gemäß den Ausführungen auch im Falle der Unmöglichkeit der Leistung erst dann, wenn die hierfür entrichtete Anzahlung zurückgewährt wird.

Unabhängig von der vorstehenden Beurteilung sind Beiträge auch dann Entgelt für eine steuerbare Leistung, wenn den Mitgliedern in Gestalt der zugesagten Bonusmonate für die geleisteten Zahlungen ein verbrauchsfähiger Vorteil als Leistung dergestalt verschafft wird, dass sie im Anschluss an den Ablauf der jeweiligen Mitgliedschaft beitragsfrei für die Zeit, in denen das Fitnessstudio schließen musste, weiter trainieren konnten.

Eingezogene Mitgliedsbeiträge, die auf die Monate einer behördlich angeordneten Schließung eines Fitnessstudios entfallen, sind demnach als steuerbare Vorauszahlung i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG für die nachfolgend noch zu gewährenden Bonusmonate zu sehen. Auf die Frage, ob die vom Fitnessstudio zugesagte Verlängerung der Vertragslaufzeit durch Gewährung der Bonusmonate zivilrechtlich wirksam zu einer Vertragsänderung geführt hat, kommt es umsatzsteuerrechtlich nicht an.

Relevanz für die Praxis

Der BGH hatte bereits mit Urteil vom 4.5.22 (XII ZR 64/21) zur Pflicht der Rückzahlung von Mitgliedsbeiträgen bei coronabedingter Schließung eines Fitnessstudios Stellung bezogen. Er hatte entschieden, dass der Kläger gemäß § 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4, § 346 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der für den Zeitraum der Schließung entrichteten Monatsbeiträge hat. Diesem Rückzahlungsanspruch des Klägers könne die Beklagte nicht entgegenhalten, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahin gehend anzupassen, dass sich die vereinbarte Vertragslaufzeit um die Zeit, in der das Fitnessstudio geschlossen werden musste, verlängert wird. Der BFH distanziert sich steuerlich aber von der zivilrechtlichen Sichtweise.

Das Besprechungsurteil ist für andere Fälle gleichermaßen von Interesse. Man denke an Sport- oder kulturelle Veranstaltungen oder auch an Freizeitparks, bei denen die potenziellen Besucher die Eintrittsberechtigungen im Rahmen eines Abonnements erworben haben. In einem weiteren Urteil vom 13.11.24 (XI R 36/22) gelangt der BFH zum gleichen Ergebnis.

AUSGABE: GStB 6/2025, S. 196 · ID: 50402412

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