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Blitzlicht MandatspraxisEinsicht in VKH-Unterlagen ist nur in Ausnahmefällen zulässig
| Die Erklärung und die Belege zum Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unterliegen dem Datenschutz. Damit der Gegner auch nicht durch Akteneinsicht Zugang zu ihnen erhält, ist jeweils ein gesondertes PKH-/VKH-Heft zu führen, auf das sich das Einsichtsrecht nicht erstreckt. Es gibt aber eine Ausnahme. |
Beispiel |
In einem Scheidungsverfahren erhält der Bevollmächtigte der Antragstellerin F die Mitteilung, es sei vorgesehen, die Erklärung und die Belege zum VKH-Antrag der Antragsgegnerseite, dem M, zugänglich zu machen, da dieser einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen habe. Auf Anfrage erklärt hierzu die Geschäftsstelle, der zuständige Richter verfahre auch ohne Antrag der jeweiligen Gegenseite immer so. Ist diese Verfahrensweise rechtens? |
Nach der BGH-Rechtsprechung hat der Gegner eines Antragstellers im PKH-/VKH-Verfahren kein Anhörungsrecht, wenn das Gericht prüft, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse PKH/VKH rechtfertigen (BGH NJW 15, 1827 ff. Rn. 18). Diese Prüfung ist allein Sache des Gerichtes. Daran hat sich auch dadurch nichts geändert, dass § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO eingeführt wurde. Danach können die Erklärung und die Belege dem Gegner auch ohne Zustimmung einer Partei/eines Beteiligten zugänglich gemacht werden, wenn ein Auskunftsanspruch über Einkünfte und Vermögen nach bürgerlichem Recht besteht. Die Norm begründet aber kein Anhörungs- und kein Akteneinsichtsrecht. Die Regelung hat einen nur objektiv-rechtlichen Charakter, sie dient allein einer verbesserten Aufklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch das Gericht im Interesse zutreffender Ergebnisse.
Auskunftsansprüche können sich z. B. aus §§ 1361, 1580 und 1605 BGB ergeben. Allgemeine Auskunftsansprüche z. B. aus §§ 260, 666 BGB sollen nicht genügen. Ist ein in Betracht kommender Auskunftsanspruch gegeben, ist für die Entscheidung über die Bekanntgabe an den Gegner das Gericht zuständig. Ein subjektives Recht auf Einsicht wird ausdrücklich verneint (BGH, a. a. O., Rn. 22).
Dem Betroffenen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, bevor dem Gegner seine Erklärung übermittelt wird. Die Übermittlung ist ihm nach § 117 Abs. 2 S. 4 ZPO bekannt zu geben und er kann sofortige Beschwerde erheben (Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 117 Rn. 31).
Lösung |
Die Entscheidung über die Übermittlung ist eine Ermessensentscheidung. D. h., das eingeräumte Ermessen muss auch ausgeübt werden. Bei jeweils automatischer Übermittlung an die andere Seite fehlt evident die erforderliche Ermessensentscheidung. Dem sollte mit der sofortigen Beschwerde entgegengetreten werden. Nach stattgebender Beschwerdeentscheidung dürfte der zuständige Familienrichter seine Übermittlungspraxis ändern. (St) |
AUSGABE: FK 1/2024, S. 4 · ID: 49739761