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Interne TeilungAusgleichsberechtigter hat Anspruch auf Teilhabe an Rückdeckungsversicherung

Abo-Inhalt01.01.202412 Min. LesedauerVon VRiOLG a. D. Hartmut Wick, Celle

| Bei interner Teilung eines Versorgungsanrechts ist das Pfandrecht, das der Ausgleichspflichtige an den Rechten aus einer vom Versorgungsträger abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung erworben hat, anteilig auf den Berechtigten zu übertragen, und zwar im Umfang des zum Ehezeitende bestehenden Deckungsgrads am Ehezeitanteil, zuzüglich darauf entfallender Zinsen und Überschussanteile. Das hat der BGH entschieden. |

Sachverhalt

Der Ehemann M erwarb in der Ehezeit als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ein endgehaltsbezogenes Anrecht aus einer Direktzusage, für das Rückdeckungsversicherungen bei einer Lebensversicherung bestanden. Die Ansprüche daraus waren an den M verpfändet und das Kündigungsrecht war an ihn abgetreten worden. Aufgrund der gehaltenen Geschäftsanteile war der M im ersten Teil der Ehezeit als Arbeitnehmer i. S. d. Betriebsrentenrechts und im zweiten Teil der Ehezeit als Unternehmer anzusehen. Das OLG hat die in den beiden Zeitabschnitten erworbenen Teilanrechte getrennt intern geteilt und die Rückdeckungsversicherungen einschließlich der dem M daran bestellten Pfandrechte in entsprechender Weise der ausgleichsberechtigten F zugeordnet. Die Rechtsbeschwerde des M und das Anschlussrechtsmittel des Versorgungsträgers waren teilweise erfolgreich.

Leitsätze: BGH 23.3.22, XII ZB 337/21

  • 1. Zur Berechnung der nach einem Statuswechsel zwischen Arbeitnehmereigenschaft und Unternehmereigenschaft jeweils gesondert zu ermittelnden Ehezeitanteile einer einheitlichen Versorgung.
  • 2. Das Pfandrecht des ausgleichspflichtigen Ehegatten an den Rechten aus einer Rückdeckungsversicherung ist anteilig auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten zu übertragen, und zwar im Umfang des zum Ehezeitende bestehenden Deckungsgrads am Ehezeitanteil, zuzüglich darauf entfallender Zinsen und Überschussanteile.
  • (Abruf-Nr. 228821)

Entscheidungsgründe

Aufgrund des während der Ehezeit eingetretenen Statuswechsels ist nur der als Arbeitnehmer erworbene Teil des Anrechts nach § 45 Abs. 1 VersAusglG zu bewerten. Der Teil des Anrechts, den der M in der Zeit der Unternehmereigenschaft erworben hat, ist nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 5, 39 bis 42 VersAusglG zu bewerten (BGH FK 22, 205).

Das gesamte Anrecht ist anteilig nach den für die verschiedenen Zeitabschnitte jeweils maßgeblichen Bezugsgrößen zu teilen. Der insgesamt in Arbeitnehmereigenschaft erdiente Teil des Anrechts ist wie folgt zu berechnen: Der Kapitalwert der gesamten Versorgungszusage ist zeitratierlich mit dem Quotienten aus der Dauer der Betriebszugehörigkeit bis zum Statuswechsel und der bis zur vertraglichen Altersgrenze erreichbaren Betriebszugehörigkeit zu multiplizieren. Der Ehezeitanteil dieses Teilanrechts ergibt sich, indem der zuvor ermittelte Kapitalwert mit dem Quotienten aus der ehezeitlichen Betriebszugehörigkeit (bis zum Statuswechsel) und der gesamten Betriebszugehörigkeit (bis zum Statuswechsel) multipliziert wird.

Bei der Bewertung des in Unternehmereigenschaft erdienten Teils des Anrechts beginnt die Gesamtzeit (entgegen der Annahme des OLG) nicht ab dem Statuswechsel neu. Denn ab diesem Zeitpunkt ist nicht die gesamte Versorgung erdient worden, sondern nur der Teil, der nicht zeitratierlich schon vor dem Statuswechsel erdient war. Der in Unternehmereigenschaft erdiente Teil des Anrechts ergibt sich, wenn von dem Rentenbetrag der gesamten Versorgungszusage der vor dem Statuswechsel bereits zeitratierlich erdiente Betrag abgezogen wird. Nur dieser Betrag ist mit dem Quotienten aus der ehezeitlichen Unternehmenszugehörigkeit (nach dem Statuswechsel) und der gesamten Unternehmenszugehörigkeit (nach dem Statuswechsel) zu multiplizieren.

Bei der internen Teilung ist der Berechtigte auch an akzessorischen Sicherungsmitteln, die für das zu übertragende Anrecht bestehen und für die ein den Ehezeitanteil besicherndes Deckungskapital tatsächlich gebildet war, zu beteiligen, § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VersAusglG. Daher sind hier die den Insolvenzschutz flankierenden Pfandrechte des M an den Ansprüchen aus der Rückdeckungsversicherung anteilig der F zuzuordnen, um ihr durch den VA erworbenes Anrecht zu besichern. Dies erfolgt in einem Verhältnis, das dem Quotienten zwischen dem Ausgleichswert als (korrespondierendem) Kapitalwert und dem Kapitalwert des gesamten Anrechts zum Ende der Ehezeit entspricht. Sind – wie hier aufgrund des Statuswechsels – zeitlich getrennt zu bewertende Versorgungsanrechte von Pfandrechten anteilig besichert, sind auch die Sicherheiten anteilig zuzuordnen. Dies ist in der Beschlussformel auszusprechen.

Wertsteigerungen, die die bei Ehezeitende vorhandenen Deckungskapitalien der Rückdeckungsversicherungen nach Ende der Ehezeit in Form von Zinsen und Überschussanteilen erfahren haben, sind bereits ehezeitlich dem Anrecht zugeordnet und erhöhen deshalb das Maß der Besicherung (BGH FK 16, 153). Daher ist im Beschlusstenor auch auszusprechen, dass die der F zuzuordnenden anteiligen Sicherheiten um darauf entfallende nachehezeitliche Überschussanteile und Zinsen zu erhöhen sind.

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung zeigt, wie nach einem Statuswechsel – vom Arbeitnehmer zum Unternehmer – Versorgungsanrechte richtig zu bewerten und zu teilen sind.

Merke | Der seinem Wortlaut nach zu weitreichende § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG ist jedoch einschränkend dahin auszulegen, dass er auf Personen begrenzt bleibt, deren Lage im Fall einer Pensionsvereinbarung mit der eines Arbeitnehmers vergleichbar ist. Auf sog. beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, die allein oder zusammen mit anderen Gesellschafter-Geschäftsführern eine Beteiligungsmehrheit halten und nach der Verkehrsanschauung ihr eigenes Unternehmen leiten, ist das BetrAVG nicht anzuwenden (BGH FamRZ 14, 731; 20, 1549).

Merke | Für eine Unternehmerstellung reicht es aber auch aus, wenn ein Geschäftsführer, der einen nicht ganz unbedeutenden Geschäftsanteil besitzt, nur zusammen mit anderen Geschäftsführern Gesellschafterbeschlüsse fassen kann, sofern keiner der Geschäftsführer über die Stimmenmehrheit verfügt. Auch in einem solchen Fall ist nach der Verkehrsanschauung davon auszugehen, dass er sein eigenes Unternehmen leitet (BGH FamRZ 20, 1549).

  • Welche Anrechte sind nach § 45 VersAusglG zu bewerten? § 45 VersAusglG enthält Sondervorschriften für die Bewertung von Anrechten nach dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG). Anrechte der betrieblichen Altersversorgung sind daher nur nach § 45 VersAusglG zu bewerten, wenn sie von Personen erworben worden sind, auf die das BetrAVG anzuwenden ist. Dazu gehören nur Arbeitnehmer, d. h. Arbeiter, Angestellte und Auszubildende, die in einem Beschäftigungsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Zwar bezieht S. 2 dieser Vorschrift auch andere Personen, denen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind, in den Schutzbereich des BetrAVG ein.
  • Wie sind Anrechte von Gesellschafter-Geschäftsführern im VA zu bewerten? Geschäftsführende Gesellschafter von Kapitalgesellschaften erwerben aus betrieblichen Zusagen der Gesellschaft oft recht werthaltige Versorgungsanrechte. Es ist daher sehr wichtig, dass diese im VA zutreffend erfasst werden. Zu klären ist, ob das Anrecht überhaupt in den VA fällt; falls ja, wie es zu bewerten und auszugleichen ist. Maßgeblich ist, ob bzw. inwieweit der als Gesellschafter-Geschäftsführer tätige Ehegatte das Anrecht als Arbeitnehmer oder als Unternehmer erworben hat. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist Angestellter der Gesellschaft und daher an sich als Arbeitnehmer anzusehen. Eine betriebliche Altersversorgung i. S. d. BetrAVG erwirbt er aber nur, wenn er trotz seiner Beteiligung an der Gesellschaft keinen beherrschenden Einfluss darauf hat, den Betrieb zu führen. Als Unternehmer sind nicht nur Mehrheitsgesellschafter anzusehen, sondern auch geschäftsführende Gesellschafter, deren Beteiligung unter 50 Prozent liegt, die aber zusammen mit anderen Gesellschafter-Geschäftsführern mindestens 50 Prozent der Geschäftsanteile halten. Da sie damit die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung blockieren können, haben sie eine derartige Leitungsmacht im Unternehmen, dass sie nicht für ein fremdes, sondern für ihr eigenes Unternehmen tätig sind (BGH FamRZ 20, 89).
  • Eine Unternehmerversorgung ist kein Anrecht i. S. d. BetrAVG. Sie fällt daher nur in den VA, wenn sie auf eine Rente gerichtet ist, § 2 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1 VersAusglG. Die Bewertung einer Unternehmerversorgung richtet sich nach der allgemeinen Regel des § 5 Abs. 1 VersAusglG, sodass die §§ 39 bis 42 VersAusglG anzuwenden sind (BGH FK 22, 205; FamRZ 20, 1549). Der Versorgungsträger kann sich hinsichtlich der Bezugsgröße nicht – wie bei einer betrieblichen Versorgung i. S. d. BetrAVG nach § 45 Abs. 1 VersAusglG – zwischen Rente und Kapital entscheiden, sondern muss Ehezeitanteil und Ausgleichswert gem. § 5 Abs. 1 und 3 VersAusglG in der Bezugsgröße berechnen, die in der Versorgungsordnung vorgesehen ist. Bei endgehaltsbezogenen Versorgungen ist das i. d. R. eine Rente.
  • Welche Konsequenzen hat ein Wechsel zwischen Arbeitnehmer- und Unternehmereigenschaft während der Ehezeit? Tritt während der Ehezeit ein Statuswechsel zwischen Arbeitnehmer- und Unternehmereigenschaft ein, ist im VA von zwei unterschiedlich zu bewertenden Teilanrechten auszugehen. Für die jeweiligen Zeitabschnitte ist jeweils getrennt zu beurteilen, ob die Anrechte dem VA unterfallen und ob und inwieweit sie unverfallbar sind. Außerdem sind die Anrechte getrennt nach den jeweils maßgeblichen Vorschriften zu bewerten und auszugleichen (BGH FamRZ 20, 1549).
  • Dabei ist das im ersten Teil der Ehezeit erdiente Teilanrecht aus dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit vor dem Statuswechsel zu der gesamten bis zu der vertraglichen Altersgrenze höchstens erreichbar gewesenen Dauer der Betriebszugehörigkeit zu ermitteln; der Ehezeitanteil dieses Teilanrechts wird berechnet, indem der Gesamtwert des Teilanrechts mit dem Quotienten aus der ehezeitlichen Betriebszugehörigkeit vor dem Statuswechsel und der gesamten Betriebszugehörigkeit vor dem Statuswechsel multipliziert wird. Das nach dem Statuswechsel erworbene weitere Teilanrecht ergibt sich, indem von dem Wert der gesamten Versorgungszusage der vor dem Statuswechsel bereits zeitratierlich erdiente Betrag abgezogen wird. Der Ehezeitanteil dieses Teilanrechts wird ermittelt, indem es mit dem Quotienten aus der ehezeitlichen Betriebszugehörigkeit nach dem Statuswechsel und der gesamten Betriebszugehörigkeit nach dem Statuswechsel multipliziert wird.
  • Wie ist der Berechtigte bei interner Teilung an einer zugunsten des Verpflichteten bestehenden Rückdeckungsversicherung zu beteiligen? Bei interner Teilung eines Anrechts ist für den Berechtigten ein „entsprechend gesichertes Anrecht“ zu schaffen, § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VersAusglG. Daher muss das Gericht die zugunsten des Ausgleichspflichtigen bestehenden Sicherheiten anteilig auch für das zu übertragende Anrecht begründen. Besteht für das auszugleichende Anrecht eine Rückdeckungsversicherung, ist deren am Ehezeitende vorhandenes Deckungskapital anteilig dem auf den Berechtigten übertragenen Anrecht zuzuordnen. Ebenso ist ein den Insolvenzschutz flankierendes Pfandrecht des Pflichtigen an den Ansprüchen aus der Rückdeckungsversicherung dem Berechtigten anteilig zuzuordnen, um sein Anrecht entsprechend zu sichern. Sind – wie hier aufgrund eines Statuswechsels während der Ehezeit – zeitlich getrennt zu bewertende Teilanrechte von dem bestehenden Pfandrecht anteilig besichert, ist auch diese Sicherheit den übertragenen Teilanrechten anteilig zuzuordnen. Erfährt eine Rückdeckungsversicherung nach Ende der Ehezeit eine Wertsteigerung in Form von Zinsen und Überschussanteilen, die auf das ehezeitlich gebildete Deckungskapital entfallen, ist die dem Berechtigten zuzuordnende Sicherheit entsprechend zu erhöhen.
Weiterführender Hinweis
  • Ein Tenorierungsmuster für die vorliegende Fallgestaltung findet sich in der Beschlussformel der hier besprochenen BGH-Entscheidung.

AUSGABE: FK 1/2024, S. 10 · ID: 49792961

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