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GrundstücksverkaufStundung der Kaufpreisforderung mit einer Ratenzahlungsabrede: Zinsverzicht als Schenkung?

Abo-Inhalt25.06.20254 Min. LesedauerVon WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

| Die Stundung der Kaufpreisforderung aus der Veräußerung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks im Wege einer Ratenzahlungsabrede ist als Einräumung eines Darlehens zu qualifizieren, welches zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG führen kann. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien eine Verzinsung ausdrücklich ausgeschlossen haben. Wird der Zins- bzw. Kaufpreisvorteil aus der Ratenzahlungsabrede z. B. im Rahmen eines Angehörigenvertrages ausdrücklich verschenkt und ist die Schenkung als freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 ErbStG zu qualifizieren, dann tritt die Ertragsbesteuerung des Zinsanteils rechtssystematisch zurück (FG Schleswig-Holstein 17.9.24, 4 K 34/24, Rev. BFH VIII R 30/24). |

Sachverhalt

Die Kläger sind Ehegatten und waren mehr als zehn Jahre Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Im Jahr 2021 veräußerten sie dieses Grundstück an ihre Tochter und vereinbarten mit ihr Folgendes: „Der Betrag (Kaufpreis) wird zunächst gestundet. Der Übernehmer zahlt dem Überlasser diesen Betrag in monatlichen Raten à 900 EUR ab (…). Eine Verzinsung ist nicht vereinbart. Die in diesem Verzicht liegende Kaufpreisreduzierung wird dem Übernehmer geschenkt.“

Das FA erfasste den für 2021 und 2022 in den Kaufpreisraten enthaltenen Zinsanteil gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG jeweils hälftig bei den Einkünften der Kläger aus Kapitalvermögen.

Entscheidungsgründe

Die Differenz zwischen dem Nominal- und dem abgezinsten Barkaufpreis haben die Kläger ihrer Tochter ausdrücklich geschenkt. Die in diesem Kapitalnutzungsvorteil liegende freigebige Zuwendung ist damit als Schenkung unter Lebenden i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu qualifizieren und deshalb rechtssystematisch für die Einkommensteuer irrelevant (FG Schleswig-Holstein 17.9.24, 4 K 34/24, Rev. BFH VIII R 30/24, Abruf-Nr. 244646).

Nach § 12 Abs. 3 BewG sind unverzinsliche Forderungen, deren Laufzeit mehr als ein Jahr betragen und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind, abzuzinsen und in einen Kapital- und einen Zinsanteil aufzuteilen. Dabei ist von einem Zinssatz von 5,5 % auszugehen. Nach Ansicht des BFH sind daher Kaufpreisraten in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil aufzuteilen. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien keine Zinsen vereinbart oder eine Verzinsung ausdrücklich ausgeschlossen haben (BFH 25.6.74, VIII R 163/71, BStBl II 1975, 431). Mangels einer speziellen Bewertungsvorschrift im EStG ist § 12 Abs. 3 BewG gemäß § 1 Abs. 2 BewG auch für die Bewertung privater Forderungen im Einkommensteuerrecht maßgebend (BFH 26.6.96, VIII R 67/95, DStRE 1997, 65).

Im Streitfall haben die Vertragsparteien jedoch festgehalten, dass die in dem Verzicht auf eine Verzinsung des Kaufpreises liegende „Kaufpreisreduzierung“ dem Übernehmer „geschenkt“ wird. Diese eindeutig vereinbarte Schenkung hebt sich schon begrifflich von einer durch § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG vorausgesetzten Kapitalanlage oder einem Ertrag aus einer Kapitalforderung ab. Für die Einordnung als freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 ErbStG ist es unerheblich, dass die Überlassung von Kapital als solches zivilrechtlich als unentgeltliches Darlehen zu qualifizieren wäre (BFH 30.3.94, II R 105/93, BFH/NV 1995, 70). Die Kläger haben sich der Nutzungsmöglichkeit dieses Kapitals für die Zeit der Stundung begeben.

Besteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen einem ertragsteuerlichen Einkünftetatbestand und einer freigebigen Zuwendung, dann tritt die Ertragsbesteuerung rechtssystematisch zurück. Wenn jemand einer anderen Person etwas schenken möchte, ist seine Handlung gerade keine Erwerbshandlung, denn sie ist nicht auf Einkünfteerzielung am Markt, also auf einen Hinzuerwerb von Einkommen, ausgelegt. Fehlt es an der notwendigen Erwerbshandlung, kommt eine Erfassung von Erträgen als Einkünfte i. S. d. EStG grundsätzlich nicht in Betracht (BFH 12.9.11, VIII B 70/09, DStRE 12, 154).

Die Frage, ob der gesetzliche Zinssatz gemäß § 12 Abs. 3 S. 2 BewG i. H. v. 5,5 % auch für die Jahre 2021 und 2022 noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist (vgl. dazu das anhängige Revisionsverfahren VIII R 6/23), kann vorliegend offenbleiben.

Relevanz für die Praxis

Übertragen Eltern ein bebautes Grundstück gegen eine Veräußerungszeitrente an ihre Kinder, fließen den Eltern mit den Rentenzahlungen von Beginn an steuerpflichtige Zinseinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu, soweit die Rentenzahlungen nicht auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem Barwert des Rentenstammrechts zu Beginn und zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres (Tilgungsanteil) entfallen. Unerheblich ist, ob es sich um eine teilentgeltliche Übertragung handelt, bei der die Summe der Rentenzahlungen niedriger als der Verkehrswert der Immobilie im Übertragungszeitpunkt ist (BFH 14.7.20, VIII R 3/17, BStBl II 20, 813).

AUSGABE: ErbBstg 7/2025, S. 164 · ID: 50439209

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