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BewertungsrechtBerechnung der Brutto-Grundfläche eines zweigeschossigen Parkhauses
| Bei der Ermittlung der Brutto-Grundfläche im Rahmen des Sachwertverfahrens gemäß §§ 189 ff. BewG bleibt bei einer Hochgarage die nicht überdachte Fläche des oberen Parkdecks außen vor, wie das FG Münster mit Urteil vom 11.1.24 (3 K 2273/22 F, Rev. BFH II R 14/25) klargestellt hat. |
Sachverhalt
Die Klägerin erbte im Jahr 2016 von ihrem Vater dessen Anteil an einer GmbH & Co. KG, die Eigentümerin eines im Jahr 2001 errichteten Parkhauses ist. Im Erdgeschoss befindet sich die erste Parkebene, die vollständig mit einer Betonkonstruktion umbaut und komplett überdacht ist. Es sind keine Fenster verbaut. Die Belüftung und Tageslichtbeleuchtung erfolgt durch Öffnungen in den Wänden zwischen den Betonsäulen. Die zweite Parkebene auf dem Dach des Parkhauses ist über eine gesonderte Zufahrt wegen der abschüssigen Lage des Grundstücks ohne eine Zufahrtsrampe ebenerdig befahrbar. Die zweite Parkebene ist nicht überdacht.
Im Rahmen der Ermittlung des Bedarfswerts für das Parkhaus berechnete das FA die Brutto-Grundfläche (BGF) durch Multiplikation der tatsächlichen Stellplatzfläche mit einem Faktor von 1,55. Das FA verwies hierzu auf Fußnote 4 in Anlage 24 zur Gebäudeklasse 14.2 (Hochgaragen), die eine typisierte Berechnung der BGF vorschreibe. Es seien beide Parkebenen mit jeweils 3.672 m² BGF einzubeziehen. Nach Ansicht der Klägerin ist die obere Parkebene hingegen nicht in die Berechnung der BGF einzubeziehen, da diese nicht überdeckt und umschlossen ist, was Anlage 24 Teil I zu § 190 BewG aber fordere.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. In die Berechnung der BGF ist nur die untere Parkebene einzubeziehen (FG Münster 11.1.24, 3 K 2273/22 F, Rev. BFH II R 14/25, Abruf-Nr. 248671).
Nach § 182 Abs. 4 Nr. 3 BewG sind sonstige bebaute Grundstücke im Sachwertverfahren zu bewerten. Sonstige bebaute Grundstücke sind gem. § 181 Abs. 8 BewG solche, die nicht unter § 181 Abs. 2 bis Abs. 7 BewG fallen. Garagengrundstücke, Parkhäuser sowie Hoch- und Tiefgaragen sind sonstige bebaute Grundstücke, wenn sie nicht betrieblich genutzt werden oder in eine andere wirtschaftliche Einheit einzubeziehen sind (Stenger/Loose, Bewertungsrecht – BewG/ErbStG/GrStG, 167. Lieferung, 11/2023, § 181, Rn. 159 und § 182, Rn. 40).
Der Sachwert eines bebauten Grundstücks setzt sich aus dem Bodenwert des Grundstücks (§ 189 Abs. 2 BewG i. V. m. § 179 BewG) und dem Gebäudesachwert (§ 190 BewG) unter Multiplikation mit der Wertzahl nach § 191 BewG zusammen (§ 189 Abs. 3 S. 1 und 2 BewG). Zur Ermittlung des Gebäudesachwerts sind nach § 189 Abs. 1 i. V. m. § 190 Abs. 1 BewG die jeweiligen Regelherstellungskosten mit der BGF des Gebäudes zu multiplizieren.
Gemäß Anlage 24 Teil I zum BewG ist die BGF die Summe der bezogen auf die jeweilige Gebäudeart marktüblich nutzbaren Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks. In Anlehnung an die DIN 277-1:2005-02 sind bei den Grundflächen folgende Bereiche zu unterscheiden:
- Bereich a: überdeckt und allseitig in voller Höhe umschlossen
- Bereich b: überdeckt, jedoch nicht allseitig in voller Höhe umschlossen
- Bereich c: nicht überdeckt
Bei der Ermittlung der BGF sind nur die Grundflächen der Bereiche „a“ und „b“ zu erfassen. Balkone, auch wenn sie überdeckt sind, sind dem Bereich „c“ zuzuordnen. Im Streitfall zählt somit nur die erste Parkebene zur BGF als „Bereich b“. Die erste Parkebene ist überdeckt, jedoch aufgrund der Säulenkonstruktion nicht allseitig in voller Höhe umschlossen. Der zweiten Parkebene fehlt es dagegen an einer seitlichen Umschließung und an einer Überdachung.
Nach Anlage 24 Teil II Fußnote 4 zu 14.2 und 14.3 ist für Hoch- und Tiefgaragen die BGF das Produkt aus der tatsächlichen Stellplatzfläche (Länge × Breite) in qm multipliziert mit 1,55. Dieser Wortlaut („tatsächliche Stellplatzfläche“) kann zwar so verstanden werden, dass in die BGF-Berechnung sämtliche Parkflächen, auch die des Parkdecks, einfließen. Die Berechnungsformel gilt aber wörtlich für Hoch- und Tiefgaragen. Damit sind nur solche Stellplatzflächen zu erfassen, die als Garage verstanden werden können. Die Stellplätze auf dem Parkdeck haben aber nicht die Eigenschaften, die im Allgemeinen vorausgesetzt werden, wenn von einer Garage gesprochen wird, denn eine Garage ist ein Raum zum Einstellen von Kraftfahrzeugen (www.iww.de/s13077). Für eine solche Räumlichkeit bedarf es der Überdachung. Fehlt eine Überdachung, kann lediglich von einem Parkplatz, nicht aber von einer Garage gesprochen werden. Anlage 24 Teil II Fußnote 4 zu 14.2 definiert den Begriff der BGF für Hochgaragen somit nicht abweichend von Anlage 24 Teil I, sondern ordnet lediglich eine vereinfachte Berechnung der definierten BGF an.
Ferner wird das Parkdeck bereits als eigenes Bauteil im Rahmen der Ermittlung der Standardstufe für das Bauteil „Dach“ der Hochgarage berücksichtigt (vgl. Anlage 24 Teil III zu 14.2). Wenn es sich bei dem Parkdeck um ein Bauteil handelt, ist die gleichzeitige Erfassung als Gebäudefläche widersprüchlich und würde im Rahmen der Bewertung zu einer Doppelerfassung führen.
Relevanz für die Praxis
Für andere Gebäudearten weist das FG darauf hin, dass hinsichtlich des Dachs in Anlage 24 ein aufwendiger Standard vorgesehen ist, wenn das Dach befahrbar ist. Für die Gebäudearten 5.2 bis 6.1 Banken und ähnliche Geschäftshäuser, Bürogebäude/Verwaltungsgebäude, 7.1 bis 8.3 Gemeindezentren/Vereinsheime, Saalbauten/Veranstaltungsgebäude, Kindergärten, Schulen und 9.1 bis 11.1 Wohnheime, Alten-/Pflegeheime, Krankenhäuser, Tageskliniken, Beherbergungsstätten, Hotels, Verpflegungseinrichtungen ist ein Parkdeck einzig über den Gebäudestandard des Bauteils „Dach“, „befahrbares Flachdach“, zu erfassen. Die Brutto-Grundfläche wird hinsichtlich des unter dem befahrbaren Flachdach gelegenen Gebäudekörpers nach Maßgabe der Anlage 24 Teil I Nr. 1 ermittelt. Das Dach als solches bleibt als „nicht überdeckter Bereich c)“ bei der Brutto-Grundflächenberechnung bei anderen Gebäudearten unberücksichtigt.
AUSGABE: ErbBstg 7/2025, S. 161 · ID: 50445115