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EhegattentestamentVerfügung über Einzelgegenstände trotz Erbvertrag als ergänzendes Vermächtnis anzusehen?

Abo-Inhalt02.04.20254 Min. LesedauerVon RA und Notar, StB, FA ErbR Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, Paderborn

| Das OLG Zweibrücken hatte sich in seiner Entscheidung vom 10.2.25 (8 W 21/24) mit der Frage zu beschäftigen, welchen Regelungsgehalt ein handschriftliches Testament entfaltet, durch das Einzelgegenstände verteilt werden, während der daneben bereits bestehende Erbvertrag die Erbfolge umfassend regelt. |

Sachverhalt

Die Eheleute E und F haben mehrere letztwillige Verfügungen getroffen. Zunächst schlossen sie 1981 einen Erbvertrag, in dem sie sich zunächst gegenseitig zu Alleinerben bestimmten. Als Schlusserben nach dem Überlebenden bestimmten sie ihre beiden Söhne A und B, während ihre Tochter C „auf den Pflichtteil“ gesetzt wurde. Ende 1995 änderten die Eheleute den Erbvertrag hinsichtlich der Schlusserbeneinsetzung ab und bestimmten nun: „Der Längstlebende und, wenn wir gleichzeitig ums Lebens kommen, ein jeder von uns setzt mit lediglich einseitig testamentarischer Wirkung und dementsprechend mit dem Recht der jederzeitigen Änderung zu seinen Erben die drei Kinder A, B und C sowie unser Enkelkind T zu gleichen Teilen ein.“ Ebenfalls Ende 1995 haben die Eheleute ihrem Sohn B das Anwesen HH-Straße 50 übertragen.

In 2017 verstarb C; T ist deren Tochter. Mitte 2018 schlossen die Ehegatten ein handschriftliches Testament mit folgendem Wortlaut: „Unser Sohn B bekam das Haus HH-Straße 50 als Schenkung von uns überschrieben. Da unsere Tochter C nicht mehr lebt, soll unser Sohn A das Haus HH-Straße 54 nach unserem Ableben erben. Nach unserem Ableben soll T 2.000 EUR von unserem Geld bekommen.“

Mitte 2019 verstarb der E, Ende 2019 die F. Das Vermögen der F setzte sich zum Todeszeitpunkt aus der Immobilie in der HH-Straße 54 mit einem Wert von ca. 350.000 EUR und einem Barvermögen/Kontoguthaben von ca. 30.000 EUR zusammen. Die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Errichtung des handschriftlichen Testaments entsprachen dem in etwa.

Sohn A beantragte nun – gestützt auf das Testament aus 2018 – einen Erbschein, der ihn als Alleinerben der F ausweisen sollte. Das Nachlassgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Aus dem Testament aus 2018 könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf eine Alleinerbenstellung des A geschlossen werden. Es könne dahinstehen, ob dieses Testament als Ergänzung des Erbvertrags von 1995 gemeint gewesen sei oder als Neufassung. Zumindest der Bruder B sei Miterbe geworden. Dem ist auch das OLG Zweibrücken (10.2.25, 8 W 21/24, Abruf-Nr. 247134) gefolgt.

Entscheidungsgründe

In dem gemeinschaftlichen Testament aus 2018 kann keine umfassende Regelung des Nachlasses gesehen werden. Schon vom Wortlaut her spreche alles dafür, die darin getroffenen Regelungen als reine Vermächtnisregelungen im Sinne eines Vorausvermächtnisses auszulegen. Dagegen spricht auch nicht, dass die Eheleute bei der Zuwendung des Hausgrundstücks an den A das Wort „erben“ gebraucht haben. Denn dem A wird dabei nur ein einzelner Vermögensgegenstand (Hausanwesen) zugewandt, wobei diese Zuwendung ausdrücklich als Ausgleich und zur Gleichstellung für eine bereits lebzeitig von den Testierenden vollzogene Zuwendung des anderen Hausgrundstücks an den B erfolgte. Dem darin zum Ausdruck kommenden Ziel der Eheleute entspricht es am ehesten, dies als Zuwendung eines Anspruchs auf Übereignung des entsprechenden Gegenstandes an den nun begünstigten A anzusehen – und gerade nicht als Alleinerbeinsetzung des A.

Weiter sei auch der Zusammenhang mit der zuvor an B erfolgten Schenkung zu sehen. Denn nach den Regelungen des Übergabevertrags mit dem B sollte diese Zuwendung nicht auf dessen Erbteil, sondern nur auf dessen Pflichtteil angerechnet werden Diese Schenkung erfolgte also „zusätzlich und ohne Anrechnung auf den Erbteil“.

Gegen eine Auslegung des eigenhändigen Testaments als eine abschließende und die Bestimmungen des Erbvertrages aus dem Jahr 1995 aufhebende Regelung der Erbfolge spricht weiterhin, dass das Testament keine Regelung der Erbfolge nach dem Erstversterbenden enthält. Auch hinsichtlich des über 2.000 EUR hinausgehenden Geldvermögens, des Inventars des Hauses, Schmuck oder PKW werden keine Regelungen getroffen. Diese „Lücken“ bei der Verteilung ihres Vermögens legen vielmehr den Schluss nahe, dass die Eheleute grundsätzlich an der in ihrem Erbvertrag von Ende 1995 vorgenommenen Erbeinsetzung festhalten und A und T nur im Sinne eines Vermächtnisses – vorab und ohne Anrechnung auf den Erbteil – zusätzlich konkrete Gegenstände zuwenden wollten.

Im Ergebnis richtet sich die Erbfolge daher grundsätzlich nach den Regelungen des notariellen Erbvertrages aus dem Jahr 1995, während die Regelungen in dem eigenhändigen Testament als ergänzende Vorausvermächtnisse anzusehen sind.

Relevanz für die Praxis

Das Nebeneinander verschiedener Testamente ist in der Praxis recht häufig anzutreffen. Beispielsweise wird in einem notariellen Testament oder Erbvertrag die Erfolge an sich abschließend geregelt, während in einem ergänzenden handschriftlichen Testament beispielsweise einzelne Kunst- oder Schmuckgegenstände einzelnen (Schluss-)Erben zugewandt werden. Daher empfiehlt es sich, bereits in dem die generelle Erbfolge regelnden Testament eine Öffnung für ein späteres Testament vorzusehen. Oder es sollte bei Abfassung des ergänzenden Testaments auf das erste Testament Bezug genommen und klargestellt werden, dass die dort getroffenen Erbfolgebestimmung unverändert gültig bleiben.

AUSGABE: ErbBstg 4/2025, S. 89 · ID: 50355741

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