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UnternehmensnachfolgeFührt die schenkweise Übertragung von Gesellschaftsanteilen zu Arbeitslohn?
| Verschenkt ein Unternehmen Geschäftsanteile an leitende Mitarbeiter, um die Unternehmensnachfolge zu sichern, führt das laut BFH nicht automatisch zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (BFH 20.11.24, VI R 21/22, Abruf-Nr. 245926). |
Sachverhalt
Die Klägerin K war im Streitjahr 2014 bereits seit vielen Jahren bei der A-GmbH in leitender Position angestellt. Im Jahr 2013 übertrugen die Gründungsgesellschafter der GmbH, Herr A und Frau B, mit Wirkung zum 1.1.14 auf K und vier weitere leitende Mitarbeiter jeweils GmbH-Anteile i. H. v. 5,08 %, insgesamt somit 25,4 %. Die übrigen 74,6 % übertrugen A und B auf ihren Sohn S.
Vor der Anteilsübertragung wurde in einer Gesellschafterversammlung festgehalten, dass die Übertragung von Geschäftsanteilen im Rahmen der Unternehmensnachfolge vorgesehen sei. K und die leitenden Mitarbeiter sollten das Unternehmen auch nach dem Wechsel in der Geschäftsleitung verantwortlich führen und leiten. Die Leitung des Unternehmens nur durch S sei mangels Erfahrung nicht gewährleistet. Der zukünftige Erfolg der Gesellschaft sei von der stärkeren Einbindung der bisher in der Geschäftsleitung tätigen Mitarbeiter abhängig, die daher an der Gesellschaft beteiligt werden sollten.
Anteilsübertragung nicht vom Fortbestand der Arbeitsverhältnisse abhängig |
Das FA sah in dem Anteilserwerb einen geldwerten Vorteil für die fünf Arbeitnehmer, der als Arbeitslohn für das Beschäftigungsverhältnis zu qualifizieren sei. Das FG Sachsen-Anhalt (27.4.22, 3 K 161/21) gab der Klage statt.
Entscheidungsgründe
Der aus der Schenkung der Beteiligung an der GmbH resultierende Vorteil ist kein Arbeitslohn der K. Arbeitslohn setzt voraus, dass der geldwerte Vorteil „für“ (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) eine Beschäftigung gewährt wird, also durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist, ohne dass ihm eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Arbeitslohn kann dabei auch in der Zuwendung eines Dritten bestehen, wenn diese ein Entgelt „für“ eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll (BFH 1.9.16, VI R 67/14, BStBl II 17, 69, Rn. 21). Dagegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn eine Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (BFH 21.6.22, VI R 20/20, BStBl II 23, 87, Rn. 12).
Auch wenn die Anteilsübertragung im Streitfall mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängt, ist sie durch dieses nicht maßgeblich veranlasst. Das entscheidende Motiv für die Übertragung war die Regelung der Unternehmensnachfolge. Dies hat durch die vereinbarte erbschaftsteuerliche Rückfallklausel jedenfalls mittelbar Niederschlag gefunden und kam in der Gesellschafterversammlung klar zum Ausdruck. A und B haben ihren Sohn zwar mit 74,6 % als Hauptanteilseigner bedacht, zugleich aber dafür Sorge getragen, dass die in der Geschäftsleitung des Unternehmens erfahrene K und die weiteren leitenden Angestellten mit zusammen 25,4 % der Anteile über die Sperrminorität verfügen und dadurch maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensleitung nehmen können.
Beachten Sie | Bei einer Unternehmensnachfolge, die die Übernahme von Leitungsaufgaben voraussetzt, sind die Nachfolger regelmäßig bereits vor der Anteilsübertragung im Unternehmen tätig. Der Sachgrund der Übertragung ist hier die Regelung der Unternehmensnachfolge. Vor dem Hintergrund der Förderung der Unternehmensnachfolge durch die §§ 13a, 13b und 19a ErbStG muss dies auch gelten, wenn der Nachfolger nicht der Unternehmerfamilie angehört (Daragan, Recht der Familienunternehmen [RFamU] 22, 530).
Im Streitfall wurden die Anteilsübertragungen nicht an den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft. Ferner fällt der bei K und ebenso bei den anderen Beschenkten vom FA angenommene Vorteil im Vergleich zu deren Bruttoarbeitslöhnen deutlich aus dem Rahmen. Warum A und B als Dritte trotz ihres eigenen Ausscheidens aus der GmbH der K sowie den weiteren leitenden Angestellten allein für ihre in der Vergangenheit geleisteten Dienste eine solche Summe zukommen lassen sollten, ist nicht erkennbar. Schließlich ist auch nicht nachvollziehbar, warum A und B ihre leitenden Angestellten trotz sehr unterschiedlicher Beschäftigungsdauer und unterschiedlicher Gehälter mit nämlichen Beteiligungen einheitlich „entlohnen“ sollten.
Relevanz für die Praxis
Der BFH hebt hervor, dass sich der Streitfall maßgeblich von dem Sachverhalt unterscheidet, der dem BFH-Beschluss vom 30.12.04 (VI B 67/03 (BFH/NV 05, 702) zugrunde lag: Dort ging es um die zukünftige Bindung und Erprobung des Klägers, von dessen Fähigkeiten als Geschäftsführer und Sanierer der Unternehmensgruppe sich die Altgesellschafter erst hätten überzeugen wollen. Der Erfolg des Klägers bei der Ausübung der Geschäftsführertätigkeit sei Bedingung für die Übertragung der bezeichneten Gesellschafterrechte gewesen. Der vergünstigte Erwerb der Gesellschaftsanteile sei daher überwiegend auf die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer zurückzuführen.
AUSGABE: ErbBstg 4/2025, S. 83 · ID: 50347943