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AnteilsverkäufeGemeiner Wert von GmbH-Anteilen: Pauschaler Holdingabschlag nicht zu berücksichtigen
| Der gemeine Wert eines nicht börsennotierten Anteils an einer GmbH lässt sich nur dann nach § 11 Abs. 2 S. 2 BewG aus Verkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, ableiten, wenn die Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erfolgt, der die marktwirtschaftlichen Grundsätze von Angebot und Nachfrage vollzieht. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Ein über die Jahre gleichbleibender pauschaler Holdingabschlag ist bei der Ableitung des gemeinen Werts eines Anteils an einer GmbH nicht zu berücksichtigen, wenn er nicht auf der konkreten Beschaffenheit des Wirtschaftsguts beruht und nicht auszuschließen ist, dass mit diesem auch persönliche Verfügungsbeschränkungen des Anteilsinhabers abgegolten werden sollen (BFH 25.9.24, II R 49/22). |
Sachverhalt
Die Klägerin K, eine GmbH, war im Streitjahr 2009 als Holdinggesellschaft an mehreren Gesellschaften beteiligt. Gesellschafter der K waren überwiegend Abkömmlinge der Firmengründer in der neunten Generation. Im November 2009 trat Gesellschafter L Anteile an der K unentgeltlich an seine drei Kinder ab. In der Feststellungserklärung gab K den gemeinen Wert der von L abgetretenen Anteile mit jeweils 510 % des Nominalwerts abzüglich eines Holdingabschlags von 20 %, mithin mit 408 % an. Diesen Wert hatte sie auf der Grundlage von 63 Verkäufen von Geschäftsanteilen in dem Zeitraum vom 5.12.08 bis zum 27.11.09 ermittelt. Die Verkäufe erfolgten überwiegend zwischen Personen, die entfernter als bis zum dritten Grad miteinander verwandt oder verschwägert waren. Die den Kaufpreisen zugrunde liegenden Anteilswerte hatte die Steuerabteilung der K nach dem von ihr angewandten „Net Asset Value“-Verfahren ermittelt.
Das FA akzeptierte den „Net Asset Value“, nicht aber den Holdingabschlag. Die der Wertermittlung der K zugrunde liegenden Verkäufe seien nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter fremden Dritten erfolgt. Das FG Düsseldorf (2.11.22, 4 K 1832/20 F, EFG 23, 179) gab der Klage statt, der BFH sah das aber anders.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet (BFH 25.9.24, II R 49/22, Abruf-Nr. 246422). Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass der Substanzwert bei der Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen zwischen fremden Dritten nicht die Untergrenze bildet. Der „Net Asset Value“ entspricht den Grundsätzen des § 11 Abs. 2 BewG und kann angesetzt werden. Allerdings ist der Abschlag von 20 % nicht anzuerkennen.
Maßgebend für die Ableitung des gemeinen Werts von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach § 11 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BewG ist der Preis, der bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr tatsächlich erzielt wurde (BFH 22.1.09, II R 43/07, BStBl II 09, 444, unter II.1.a).
Marktwirtschaftliche Preisbildung darf nicht erheblich beeinträchtigt sein |
Im Streitfall war eine bestimmte Reihenfolge bei den Personen einzuhalten, denen die Anteile zum Kauf angeboten wurden. Aufgrund der vorgegebenen Reihenfolge konnte sich ein frei ausgehandelter Preis, der auf Angebot und Nachfrage beruhte, nicht ohne Weiteres bilden. Dieses Vorgehen schließt es aus, dass sich bei mehreren Interessenten der Preis aufgrund der dann höheren Nachfrage erhöht und sich damit ein Preis in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage bildet. Für eine Beschränkung und gegen eine freie Preisbildung bei den herangezogenen Verkaufsfällen spricht zudem, dass die Verkaufspreise innerhalb eines bestimmten Zeitraums tatsächlich stets dieselben waren.
Der von der Steuerabteilung der K vorgenommene pauschale Holdingabschlag hat mit der Beschaffenheit der Anteile selbst nichts zu tun und ist daher auszuklammern. Die zur Ermittlung des gemeinen Werts (§ 9 Abs. 2 BewG) vorgenommenen Abschläge müssen objektivierbar und wirtschaftsgutbezogen, also nach der Beschaffenheit des konkreten Wirtschaftsguts (§ 9 Abs. 2 S. 1 BewG) begründet sein, und zwar nicht nur dem Grunde nach, sondern auch hinsichtlich der Höhe (BFH 15.3.17, II R 10/15, BFH/NV 17, 1153, Rz. 18). Im Streitfall ist der Abschlag im Zeitverlauf gleich geblieben. Ein solcher gleichbleibender Holdingabschlag ist im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gerade nicht festzustellen.
Relevanz für die Praxis
Mit Urteil vom 25.9.24 (II R 15/21) hat der BFH entschieden, dass der Substanzwert nicht die Untergrenze für den Wert von Anteilen an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft nach § 11 Abs. 2 S. 3 BewG ist, wenn eine Ableitung des (niedrigeren) gemeinen Werts aus Verkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, nach § 11 Abs. 2 S. 2 BewG möglich ist.
Die im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Verfügungsbeschränkungen für die Übertragung der Geschäftsanteile zählen zu den persönlichen Verhältnissen i. S. v. § 9 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 BewG, die bei der Wertermittlung nicht zu berücksichtigen sind (BFH 19.12.07, II R 22/06, BFH/NV 08, 962, unter II.2.a; BFH 12.7.05, II R 8/04, BStBl II 05, 845, unter II.2.).
AUSGABE: ErbBstg 4/2025, S. 87 · ID: 50347889