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Der praktische Fall Güterstandsschaukel als „Steuerfalle“ – Vorteile nutzen und Fehler vermeiden

Abo-Inhalt25.02.2025801 Min. LesedauerVon StB Prof. Dr. jur. Annemarie Butz-Seidl, TH Aschaffenburg, Institut für Accounting, Auditing, Restructuring und Taxation (IAART)

| Als Güterstandsschaukel wird die vorzeitige Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft durch notarielle Beurkundung und die gleichzeitige Vereinbarung des Güterstands der Gütertrennung verstanden. In der gleichen notariellen Urkunde (vgl. BFH 12.7.05, II R 29/02, BStBl II 05, 843) oder nach Verstreichen einer „Schamfrist“ kann wieder der Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart und – bei Bedarf – wieder beendet werden – man „schaukelt“ einmal weg vom Güterstand der Zugewinngemeinschaft und wieder zurück. Anhand von praxisrelevanten Fallgestaltungen will dieser Beitrag einen Überblick über die Vorteile und Risiken sowie die inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten geben. Zudem wird der Frage nachgegangen, ob eine missglückte Güterstandsschaukel „reparabel“ ist. |

1. Musterfall

Die Ehegatten Reich leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Ehemann M hat seit Beginn der Ehe – aufgrund sehr erfolgreicher, aber mit Haftungsrisiken belasteter unternehmerischer Tätigkeit – erhebliches Vermögen von 2 Mio. EUR angehäuft. Ehefrau F ist nicht berufstätig und hat kein eigenes Vermögen. Das Ehepaar hat ein gemeinsames leibliches Kind K 1. Aus einer außerehelichen Beziehung des M ist Kind K 2 hervorgegangen, zu dem seitens des leiblichen Vaters keine persönliche Beziehung besteht. Die Ehegatten Reich möchten in nächster Zeit größere Vermögenswerte auf ihr gemeinsames Kind K 1 übertragen. M hat seiner Ehefrau F in den vergangenen Jahren wertvolle Geschenke zugewandt, für die keine Schenkungsteuer abgeführt wurde. Das Ehepaar überlegt nun, wie es von dem in der Presse immer wieder angepriesenen Modell der „Güterstandsschaukel“ profitieren und neben der finanziellen Absicherung der Ehefrau die vorzeitige Vermögensnachfolge vorantreiben kann.

2. Vorteil 1: Finanzielle Absicherung des Ehegatten

Der wesentliche steuerliche Anreiz des Modells besteht darin, dass die Zugewinnausgleichsforderung des Ehegatten, der im Laufe der Ehe weniger Zugewinn erzielt hat, wegen § 5 Abs. 2 ErbStG schenkungsteuerfrei vereinnahmt werden kann. Auch nichtsteuerliche Gründe können für diese Gestaltung sprechen. Die Güterstandsschaukel erfreut sich deshalb bei vermögenden Ehegatten zunehmender Beliebtheit, obwohl vielfältige Risiken bestehen, die diese Gestaltung zur „Steuerfalle“ werden lassen können.

Im Musterfall entsteht mit Beendigung der Zugewinngemeinschaft gem. § 1372 ff. BGB für die Ehefrau F ein Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns von etwa 1 Mio. EUR, der von ihr nach § 5 Abs. 2 ErbStG schenkungsteuerfrei geltend gemacht werden kann.

Merke | Der BFH hat die Güterstandsschaukel bereits mit Urteil vom 12.7.05 (II R 29/02, BStBl II 05, 843) als Gestaltungsmodell legitimiert und klargestellt, dass kein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO gegeben ist: „Entsteht von Gesetzes wegen eine Ausgleichsforderung durch ehevertragliche Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft, ist dies nicht als freigebige Zuwendung schenkungsteuerbar, wenn es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft kommt, und zwar auch dann nicht, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft im Anschluss an die Beendigung neu begründet wird.“

2.1 Der richtige „Fahrplan“ für die Güterstandsschaukel

  • 1. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft muss durch notarielle Vereinbarung beendet werden, denn nur dann entsteht der Ausgleichsanspruch nach § 1378 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes und nicht durch einen gewillkürten Tatbestand der freigebigen Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
  • 2. Es ist erforderlich, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte frei über den ausgeglichenen Zugewinn verfügen kann, sodass Vereinbarungen, die den ausgeglichenen Zugewinn später wieder verkürzen (z. B. vertragliche Widerrufsklauseln, Rückforderungsrechte im Scheidungsfall o. Ä.), vermieden werden müssen (Schlünder/Geißler in: Münch, Familienrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 4. Aufl. 2023, Rn. 59).
  • 3. Die Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft muss ernsthaft gewollt sein, d. h., die güterrechtliche Ausgleichsforderung ist „im Einzelnen“ zu ermitteln. Die Höhe der berechneten Zugewinnausgleichsforderung hat sich an den familienrechtlichen Regelungen der §§ 1372 ff. BGB zu orientieren und sollte weder überhöht noch verkürzt sein. Ein Mehrbetrag stellt eine steuerpflichtige Schenkung dar; ein Minderbetrag kann als Verzicht des berechtigten Ehegatten auf einen Teil der güterrechtlichen Zugewinnausgleichsforderung ausgelegt werden und stellt damit ebenfalls eine Schenkung dar, wenn eine Bereicherung des ausgleichsverpflichteten Ehegatten und der Wille zur Unentgeltlichkeit festgestellt werden (FG Hessen 15.12.16, 1 K 199/15).
  • 4. Zudem ist es ratsam, eine detaillierte und substantiierte Zugewinnausgleichsberechnung auf den Zeitpunkt des Wechsels des Güterstandes vorzunehmen, die insbesondere für eine spätere Überprüfung durch die Finanzverwaltung zu dokumentieren ist. Dies kann als Bestandteil der notariellen Urkunde erfolgen; eine rechtliche Verpflichtung besteht insoweit aber nicht.

2.2 Gestaltungstipps zur Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung

  • 1. Es wird empfohlen, den güterrechtlichen Zugewinnausgleich zeitnah durchzuführen, d. h., die sofort fällige Ausgleichsforderung (vgl. § 1378 Abs. 3 BGB) in voller Höhe durch Zahlung in Geld zu erfüllen, um evtl. Einwänden gegen die konkrete Gestaltung vorzubeugen. Bei Liquiditätsproblemen kann die Möglichkeit der verzinsten Stundung genutzt werden, da in der höchstrichterlichen Entscheidung des BFH vom 12.7.05 eine Stundung bis zum Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten bei einer Verzinsung von 1,5 % p. a. zugelassen wurde – ohne dass Sicherheiten vereinbart wurden (vgl. BFH 12.7.05, II R 29/02, BStBl II 05, 843).
  • Beachten Sie | Bei dieser Gestaltung darf aber die erhebliche ertragsteuerliche Belastung, die bei hohen Ausgleichsforderungen und langen Stundungszeiträumen zu erwarten ist, nicht außer Acht gelassen werden; zumal der ausgleichsberechtige Ehegatte in jedem Veranlagungszeitraum höchstens den Sparerpauschbetrag von 1.000 EUR zum Abzug bringen kann.
  • 2. Probleme können sich auch ergeben bei einer zinsfreien Stundung der Zugewinnausgleichsforderung, die der ausgleichsberechtigte dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten gewährt. Diese Vereinbarung kann als Schenkung des ausgleichsberechtigten Ehegatten gewertet werden, die den schenkungsteuerlichen Freibetrag dieses Ehegatten aufzehrt oder Schenkungsteuer auslöst (FG Hessen 15.12.16, 1 K 199/15).
  • 3. Problematisch ist eine Stundungsvereinbarung, wenn der ausgleichsberechtigte vor dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten (und späteren Erben) verstirbt. Die Zugewinnausgleichsforderung befindet sich im Nachlass. Zivilrechtlich fallen Forderung und Pflicht in der Person des Erben zusammen; steuerlich gelten die Rechtsverhältnisse durch Vereinigung von Recht und Pflicht nicht als erloschen (vgl. § 10 Abs. 3 ErbStG). Damit der ausgleichsverpflichtete Ehegatte die im Nachlass befindliche Zugewinnausgleichsforderung gegen sich selbst – die von ihm nicht ausgeglichen wurde – nicht versteuern muss, empfiehlt es sich, im Rahmen der Stundungsvereinbarung festzulegen, dass die Zugewinnausgleichsforderung nur bis zum Tod des Ausgleichsberechtigten besteht.
  • 4. Erfolgt der Ausgleich des Zugewinns nicht „in Geld“, sondern ganz oder teilweise durch die Übertragung von Sachwerten (z. B. Immobilien), ist besondere Vorsicht geboten, da es sich insoweit um eine „Leistung an Erfüllungs statt“ (§ 364 BGB) handelt, die ertragsteuerlich grundsätzlich einen entgeltlichen Veräußerungsvorgang darstellt (vgl. BFH 31.7.02, R 48/99, DStR 03, 457; OFD München 26.6.01, 2556 – 17 St 41, DStR 01, 1298). Nicht mehr steuerverstrickte Immobilien stellen ertragsteuerlich kein Problem dar. Problematisch ist aber die Übertragung folgender Sachwerte mit i. d. R. stillen Reserven, da sich aufgrund des Veräußerungsvorgangs häufig ein Gewinn ergibt, der beim Ausgleichsverpflichteten der Ertragsbesteuerung unterliegt:
    • Mitunternehmeranteile wegen Veräußerungsbesteuerung (§ 16 EStG)
    • Vermögensgegenstände aus dem Betriebsvermögen (Entnahmebesteuerung § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG; vGA § 8 Abs. 3 S. 2 KStG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG)
    • Anteile an Kapitalgesellschaften (Veräußerungsbesteuerung § 17 EStG oder § 20 Abs. 2 EStG)
    • Immobilien innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist (§ 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG)

Beachten Sie | Ferner gilt es, laufende Sperrfristen im Blick zu behalten, die durch die Übertragung als „Leistung an Erfüllungs statt“ verletzt sein könnten (z. B. §§ 22, 24 UmwStG; § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG; §§ 13a, 13b, 13c, 19a, 28, 28a ErbStG). Als Ausweg bietet sich an, die Regelung des § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zu nutzen:

In einem ersten Schritt werden die vorgesehenen Sachwerte schenkweise unter Anrechnung auf einen zukünftig entstehenden Zugewinnausgleichsanspruch übertragen. Im zweiten Schritt erfolgt die Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft und die Auslösung des Ausgleichsanspruchs. § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ermöglicht, dass die Steuer für die zunächst erfolgte Schenkung mit Wirkung für die Vergangenheit erlischt. Für Zwecke der Ertragsteuer geht die herrschende Meinung davon aus, dass durch dieses Vorgehen keine Umqualifizierung von einem unentgeltlichen in einen entgeltlichen Vorgang erfolgt (vgl. BFH 24.1.12, IX R 8/10, BStBl II 13, 363; Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 29 Rn. 93 m. w. N.). Die Übertragung „an Erfüllungs statt“ mit der unliebsamen Folge der ertragsteuerlichen Gewinnbesteuerung kann damit vermieden werden. Neuerdings ist aber auch auf steuerstrafrechtliche Vorschriften zu achten (s. u. Punkt 2.2). Zur Vorbeugung sollte vor Durchführung dieser Gestaltung zwingend eine verbindliche Auskunft bei der Finanzverwaltung eingeholt werden.

3. Vorteil 2: Schenkungsteuerliches Fehlverhalten heilen

In unserem Praxisfall hatte Ehemann M seiner Ehefrau F in den vergangenen Jahren wertvolle Geschenke und hohe Geldbeträge zugewandt, für die keine Schenkungsteuer abgeführt wurde. Kann dieses Fehlverhalten eventuell geheilt werden?

3.1 Schenkungen während der Ehe und Schenkungsteuerpflicht

Zuwendungen während der Ehe, die nach den Lebens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten über den Wert von Gelegenheitsgeschenken hinausgehen (vgl. MükoBGB/Koch, 9. Aufl. 2022, § 1380 Rn. 13, 14) und für die bisher keine Schenkungsteuer abgeführt wurde, werden – auch ohne entsprechende Vereinbarung bei Vornahme der Zuwendung (§ 1380 Abs. 1 S. 1 BGB) – nach § 1380 Abs. 1 S. 2 BGB auf den Zugewinnausgleichsanspruch angerechnet (vgl. MükoBGB/Koch, 9. Aufl. 2022, § 1380 Rn. 1; Rn. 7-14).

Eine Nachzahlung der Schenkungsteuer erlischt mit Wirkung für die Vergangenheit gem. § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Fraglich ist, ob steuerliches Fehlverhalten „im Nachhinein“ tatsächlich korrigiert werden kann. Die aus schenkungsteuerlicher Sicht erfreuliche Konsequenz der Güterstandsschaukel birgt bei hohen Geldgeschenken und/oder sehr werthaltigen Zuwendungen neuerdings erhebliche steuerstrafrechtliche Risiken.

3.2 Empfehlungen für die Beratungspraxis

  • 1. Für die Vereinbarung der Güterstandsschaukel ist die Entscheidung des FG Hessen (7.5.18, 10 K 477/17, EFG 18, 1253) insoweit von großer Bedeutung:

  • Der rückwirkende Wegfall des Schenkungsteueranspruchs nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG führt nicht zwingend dazu, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) bei solchen nicht gemeldeten Zuwendungen entfällt, wenn deren Wert über dem schenkungsteuerlichen Freibetrag liegt. Unter Beachtung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ trägt die Finanzverwaltung zwar die Feststellungslast für den Steuerstraftatbestand. Ein Irrtum über die Pflichtwidrigkeit der unterlassenen Anzeige nach § 30 Abs. 1 ErbStG ist nicht als vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum i. S. v. § 16 StGB, sondern als Verbotsirrtum nach § 17 StGB zu behandeln. Entscheidend ist, ob im Einzelfall der objektive und subjektive Tatbestand einer vollendeten Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO verwirklicht wurde; die hinterzogenen Steuern (vgl. § 235 AO) sind zu verzinsen. Nach Auffassung des FG Hessen (7.5.18, 10 K 477/17, a. a. O.) fallen Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) auch dann an, wenn die hinterzogene Schenkungsteuer nachträglich wegfällt.
  • 2. In der Beratungspraxis muss vor Vereinbarung der Güterstandsschaukel in jedem Einzelfall sorgfältig die steuerstrafrechtliche Relevanz geprüft werden; ggf. empfiehlt sich im Einzelfall eine Selbstanzeige (§ 371 AO). Die Gefahr der Festsetzung von Hinterziehungszinsen ist dadurch allerdings nicht gebannt, da eine Selbstanzeige das Entstehen des Zinsanspruchs nicht hindert (FG Hessen 7.5.18, 10 K 477/17, a. a. O.).

4. Vorteil 3: Übertragung von Vermögen auf die Kinder

Praxisfall

Wir erinnern uns: Die Ehegatten Reich möchten Vorsorge treffen für den Fall des Todes des vermögenden Ehegatten und planen zudem, in nächster Zeit größere Vermögenswerte auf ihr gemeinsames Kind K 1 zu übertragen.

4.1 Schenkungsteuerfreie Vermögensübertragung

Die Güterstandsschaukel ist ein geeignetes Instrument, um die Übertragung von Vermögenswerten vorzubereiten, sei es im Hinblick auf den Todesfall des vermögenden Ehegatten oder im Hinblick auf die Werteübertragung an die nächste Generation.

4.2 Gestaltungsempfehlungen

  • 1. Ziel der Güterstandsschaukel ist es, in einem ersten Schritt das Vermögen gleichmäßig auf die Eheleute zu verteilen. Vorteilhaft ist, dass im unerwarteten Todesfall des vermögenden Ehegatten nur das hälftige Vermögen vererbt wird, sodass der überlebende Ehegatte und das gemeinsame Kind K1 die schenkungsteuerlichen Freibeträge (Ehegatte 500.000 EUR/Kind 400.000 EUR) optimal nutzen können.
  • 2. In einem zweiten Schritt bietet es sich an, dass die Ehegatten bereits zu Lebzeiten – unter Ausnutzung der schenkungsteuerlichen Freibeträge – Vermögen auf die nächste Generation übertragen. Die Gestaltung der Güterstandsschaukel hat zur Folge, dass Kind K1 von seinen Eltern Vermögenswerte von insgesamt 800.000 EUR steuerfrei erhält. Bei vorausschauendem Handeln der Eheleute Reich kann auch die 10-Jahresfrist des § 14 ErbStG für schenkungsteuerfreie Vermögensübertragungen genutzt werden.

5. Vorteil 4: Pflichtteilsrechte begrenzen

Praxisfall

Zur Erinnerung: Ehemann M möchte im Fall seines Todes sein außereheliches Kind K2 möglichst von der Teilhabe am Nachlass fernhalten.

5.1 Güterstandsschaukel und Pflichtteilsrecht

Als erbrechtliche Folge der Güterstandsschaukel ist die Reduzierung des Pflichtteilsanspruchs des außerehelichen Kindes K 2 – nach dem Tod des Ehemanns M als leiblichem Vater – möglich, da sich die Höhe des Pflichtteils aus dem reduzierten Vermögen des Erblassers (§ 2311 BGB) in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils errechnet. Laut BGH steht es den Ehegatten jederzeit frei, „ihre güterrechtlichen Verhältnisse für die Zukunft zu ändern und den bis dahin geltenden Güterstand durch einen anderen zu ersetzen“ (BGH 6.12.91, V ZR 229/90, NJW 92, 558). Es handelt sich insoweit nicht um eine Schenkung, die einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB auslösen kann.

5.2 Gestaltungsempfehlungen

  • 1. Entscheidend ist, bei der Neuordnung der güterrechtlichen Verhältnisse jeden Anschein der Rechtsmissbräuchlichkeit zu vermeiden. Sobald „ehefremde Zwecke“ für die Gestaltung feststellbar sind, kann ein Pflichtteilsergänzungsanspruch des außerehelichen Kindes gem. § 2325 BGB entstehen.
  • Vereinzelt wird in der Literatur das sofortige „Zurückschaukeln“ in die Zugewinngemeinschaft als unentgeltliche Zuwendung gesehen, wenn es dadurch zu einer Minderung der Pflichtteilsquote des außerehelichen Kindes kommt (vgl. Keim, ZEV 24, 350); Kleffmann, FuR 17, 532). Aktuelle Rechtsprechung dazu, ob der auf einem einheitlichen Entschluss beruhende doppelte Güterstandswechsel in die Gütertrennung und zurück in die Zugewinngemeinschaft Pflichtteilsergänzungsansprüche auslöst, liegt wohl nicht vor.
  • 2. Als Motive für den doppelten Güterstandswechsel können in der notariellen Urkunde die Neuordnung der güterrechtlichen Verhältnisse und der Wunsch, den wirtschaftlich schwächeren Ehegatten an dem in der Ehe erarbeiteten Vermögen des wirtschaftlich stärkeren Ehegatten teilhaben zu lassen, dokumentiert werden.
  • 3. Eine gewisse Verweildauer im Güterstand der Gütertrennung ist geeignet, den Bedenken in der Literatur zu begegnen. Allerdings ist es sehr zu empfehlen, beim (zeitlich nachgelagerten) erneuten Wechsel in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft „ehebedingte“ Motive für den Wechsel in der notariellen Urkunde zu dokumentieren.

6. Vorteil 5: Schutz im Insolvenzverfahren

Praxisfall

Und nochmals zur Erinnerung: In unserem Praxisfall sieht sich Ehemann M zukünftig hohen Haftungsansprüchen von Gläubigern ausgesetzt.

6.1 Insolvenzrechtliches Anfechtungsrecht und Güterstandsschaukel

Die Güterstandsschaukel kann zum Schutz des Vermögens des Ehemanns M vor dem Zugriff seiner Gläubiger eingesetzt werden. Allerdings hat der BGH für das Insolvenzrecht entschieden, dass auch ein güterrechtlicher Vertrag als entgeltlicher Vertrag nach § 133 Abs. 2 InsO anfechtbar ist (BGH 1.7.10, IX ZR 58/09, FamRZ 10, 1548). Die Insolvenzfestigkeit der Güterstandsschaukel wird davon beeinflusst.

6.2 Gestaltungsempfehlungen

  • 1. Wesentliche Voraussetzung für die Insolvenzfestigkeit der Güterstandsschaukel ist, dass zum Zeitpunkt der Vereinbarung Gläubigerforderungen noch nicht entstanden sind; andernfalls schmälern diese Forderungen das Endvermögen des Schuldners als Verbindlichkeiten nach § 1375 Abs. 1 BGB, und der beabsichtigte Effekt des Asset Protection geht ins Leere. Idealerweise sind bei Abschluss der güterrechtlichen Vereinbarung auch keine Zahlungsschwierigkeiten absehbar.
  • 2. Anfechtungsgründe und Anfechtungsfristen ergeben sich aus den Regelungen der InsO (entsprechend AnfG): § 133 Abs. 1 InsO (zehn Jahre), § 134 InsO (vier Jahre) und § 133 Abs. 2 InsO (zwei Jahre).
  • Der zehnjährigen Anfechtungsfrist zu entrinnen und nur der vierjährigen Anfechtungsfrist zu unterliegen, erfordert ein objektives nachvollziehbares Motiv des zuwendenden Ehegatten, das familienrechtlich begründet und aus der Übertragungsurkunde ersichtlich sein muss. Der Eindruck des „Beiseiteschaffens“ von Vermögenswerten durch die Güterstandsschaukel muss zwingend vermieden werden, da andernfalls die Insolvenzfestigkeit der Übertragung verloren geht. Die Entscheidung des BGH, dass auch ein güterrechtlicher Vertrag als entgeltlicher Vertrag nach § 133 Abs. 2 InsO anfechtbar ist (BGH 1.7.10, IX ZR 58/09, FamRZ 2010, 1548), begrenzt die Möglichkeiten des Vermögensschutzes durch die Güterstandsschaukel. Entscheidend ist, dass der Nachweis der fehlenden Kenntnis von einem etwaigen Benachteiligungsvorsatz des zuwendenden Ehegatten gelingt.

7. Ist eine missglückte Güterstandsschaukel reparabel?

Praxisfall

Die Eheleute Reich wechseln durch Ehevertrag vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft in eine Gütertrennung. Der Ehemann verpflichtet sich, die Zugewinnausgleichsforderung durch Übertragung von Anteilen an einer GmbH zu erfüllen, an der der ausgleichsverpflichtete Ehemann zu mehr als 1 % beteiligt ist. Aufgrund der Beratung durch einen Steuerberater vor Abschluss der notariellen Urkunde zum Güterstandswechsel gingen die Eheleute unzutreffenderweise davon aus, dass durch die geplante Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs keine einkommensteuerlichen Konsequenzen entstehen würden. Tatsächlich liegt ein Veräußerungsvorgang i. S. d. § 17 EStG vor. Im Rahmen einer Änderungsvereinbarung wurde deshalb eine verzinsliche Stundung der Zugewinnausgleichsforderung bis zum Tod des Klägers und eine Rückübertragung der GmbH-Anteile vereinbart.

7.1 Reparatur der missglückten Güterstandsschaukel durch Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)?

  • 1. Eine Güterstandsschaukel, bei der der Zugewinnausgleichsanspruch des ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht „in Geld“, sondern durch Übertragung eines GmbH-Anteils von mehr als 1 % erfüllt wird, ist als „Leistung an Erfüllungs statt“ (§ 364 BGB) anzusehen, die einen ertragsteuerlichen Veräußerungsgewinn gem. § 17 EStG auslöst, sodass die mit der Güterstandsschaukel verfolgten Gestaltungsziele nicht erreicht werden.
  • 2. Das Urteil des FG Niedersachsen vom 5.1.23 (9 K 162/21, ErbR 23, 974) zeigt nun folgende „Reparaturmöglichkeit“ auf: Die Vertragsparteien berufen sich darauf, dass durch die unerwünschten ertragsteuerlichen Folgen der Vereinbarung die Geschäftsgrundlage für die Transaktion entfallen und daher das zugrunde liegende Rechtsgeschäft nichtig ist. In der Folge sei der Vorgang rückabzuwickeln, sodass ein unerwünschter ertragsteuerlich zu berücksichtigender Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG entfällt.

7.2 Gestaltungsempfehlungen

Fazit | Die Güterstandsschaukel darf nicht zur „Steuerfalle“ werden. Vorteile und Risiken sind im Einzelfall sorgfältig abzuwägen. Für sämtliche Fallgestaltungen empfiehlt sich ein Formulierungsvorschlag in der notariellen Urkunde, der die familienrechtliche Veranlassung des Güterstandswechsels wie folgt dokumentiert: „Der ehebedingte ideelle Anteil der Ehefrau am wirtschaftlichen Erfolg des Ehemanns während der Ehe erfordert eine Neuordnung der güterrechtlichen Verhältnisse.“

  • 1. Der Einwand des Wegfalls der Geschäftsgrundlage mit der Konsequenz, die unliebsamen ertragsteuerlichen Folgen zu beseitigen, kann nur gelingen, wenn die Vertragsgrundlage auch einem Dritten erkennbar ist. An die Dokumentation der die Geschäftsgrundlage der Transaktion bildenden Umstände sind deshalb hohe Anforderungen zu stellen. Es ist nicht ausreichend, wenn im Änderungsvertrag von den beiden Vertragsparteien behauptet wird, dass bei Abschluss des ursprünglichen güterrechtlichen Vertrags eine gemeinsame Fehlvorstellung vorlag, die nun zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führt. Eine solche Vertragsgrundlage muss für sich allein erkennbar sein.
  • Entscheidend für eine gelungene „Reparatur“ der Güterstandsschaukel ist daher, dass sich der Wegfall der Geschäftsgrundlage für Dritte entweder aus dem Änderungsvertrag selbst (Vertragsklausel) oder zumindest aus in zeitlichem Zusammenhang mit dem Rechtsgeschäft stehenden Quellen eindeutig erkennen lässt. Nach FG Niedersachsen (5.1.23, 9 K 162/21, ErbR 23, 974) können „beispielsweise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Rechtsgeschäfts erstellte Dokumente herangezogen werden oder auch Aussagen eines nicht am Vertragsschluss beteiligten Dritten“.
  • 2. Die Dokumentation der von den Vertragsparteien erwarteten (ertrag-)steuerlichen Folgen in einer Vertragsklausel der notariellen güterrechtlichen Urkunde oder durch ein steuerrechtliches Gutachten (als Anlage der Vertragsurkunde) lassen den Nachweis des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei einer missglückten Güterstandsschaukel auf einfachem Weg gelingen.

AUSGABE: ErbBstg 3/2025, S. 57 · ID: 50190945

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