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ImmobilienAusführungszeitpunkt einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG

Abo-Inhalt25.02.20254 Min. LesedauerVon WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

| Haben die Vertragsparteien bei einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung eine Vollzugshemmung vereinbart, wonach der bevollmächtigte Notar von der bereits erteilten Eintragungsbewilligung erst dann Gebrauch machen darf, wenn die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen ist, gilt die gemischt-freigebige Schenkung erst im Zeitpunkt der vertraglich vorgesehenen Kaufpreiszahlung i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG als ausgeführt – wie der BFH in seinem Urteil vom 21.8.24 (II R 11/21) klargestellt hat. |

Sachverhalt

Mit notariellem Vertrag vom 9.10.12 verpflichtete sich Frau P, ihr bebautes Grundstück (acht Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten) der Klägerin K gegen Zahlung eines Barkaufpreises und einer ab dem 1.1.13 monatlich zu zahlenden Rente zu übertragen. Zudem verpflichtete sich K, die P zu pflegen, soweit P nicht mehr in der Lage sein sollte, sich selbst zu versorgen. P bewohnte eine der Wohnungen, für die sie sich ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht zurückbehielt. Der Kaufpreis war bis zum 1.2.13 durch Überweisung auf ein Notaranderkonto zu leisten. Die Übergabe des Grundstücks sollte am Tag des Kaufpreiseingangs, spätestens am 1.2.13, erfolgen. Der Notar wurde angewiesen, den Vertrag mit der Auflassungserklärung erst beim Grundbuchamt einzureichen, wenn ihm alle Unterlagen, gegebenenfalls mit Ausnahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung, vorliegen und alle vertraglichen Bedingungen für deren Einreichung erfüllt oder sichergestellt sind, insbesondere die Belegung des Kaufpreises. P verstarb am 24.11.12 noch vor Eintragung des Eigentumswechsels. K ist Erbin der P und wurde am 15.2.13 als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.

Das FA sah in dem Vertrag vom 9.10.12 eine gemischt-freigebige Zuwendung der P an K, da die Gegenleistungen der K deutlich unter dem gemeinen Wert des übertragenen Grundstücks lagen. Bei der Bemessung der Steuer berücksichtigte das FA den Kapitalwert der Renten- und Pflegeverpflichtung sowie des Wohnrechts nach § 14 Abs. 2 BewG nicht, da diese Leistungen wegen des Versterbens der P nicht erbracht worden seien. K machte geltend, § 14 Abs. 2 BewG sei auf die Renten- und Pflegeverpflichtung nicht anzuwenden. Das FG Hamburg (27.5.20, 3 K 122/18) wies die Klage ab.

Entscheidungsgründe

Die Vertragsparteien haben eine Vollzugshemmung bis zur Kaufpreiszahlung vereinbart, sodass die Schenkung erst im Zeitpunkt der Zahlung des Barkaufpreises ausgeführt und die Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erst in diesem Zeitpunkt entstanden sein kann. Die Sache wird an das FG zurückverwiesen, da das FG nicht festgestellt hat, zu welchem Zeitpunkt der Kaufpreis belegt wurde (BFH 21.8.24, II R 11/21, Abruf-Nr. 245231).

Eine Grundstücksschenkung ist bereits dann ausgeführt, wenn die Auflassung (§ 925 BGB) beurkundet worden ist und der Schenker die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch bewilligt hat (§ 19 GBO). Die Ausführung der Grundstücksschenkung i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG setzt voraus, dass der Schenker alles zur Bewirkung der Leistung Erforderliche getan hat und der Beschenkte durch die vertragliche Vereinbarung in die Lage versetzt wird, jederzeit den Eintritt der dinglichen Rechtsänderung durch einen Antrag beim Grundbuchamt herbeizuführen.

Darf der Beschenkte erst zu einem späteren Zeitpunkt von der Eintragungsbewilligung Gebrauch machen, tritt die Ausführung der Grundstücksschenkung erst zu diesem Zeitpunkt ein (BFH 2.2.05, II R 26/02, BStBl II 05, 312). Haben die Vertragsparteien bei einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung eine Vollzugshemmung dahin gehend vereinbart, dass der Notar von der Eintragungsbewilligung erst dann Gebrauch machen darf, wenn die Kaufpreiszahlung nachgewiesen ist, ist die gemischt-freigebige Schenkung erst in diesem Zeitpunkt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt.

Im Streitfall konnte K über den Notar von der erteilten Eintragungsbewilligung erst nach Eingang des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto Gebrauch machen. Bis dahin bestand ein Vollzugshemmnis. Diesem Vollzugshemmnis entsprechend war die Übergabeverpflichtung der P bis zur Zahlung des Kaufpreises, spätestens bis zum 1.2.13, aufgeschoben.

Relevanz für die Praxis

Der BFH weist für den zweiten Rechtsgang auf Folgendes hin:

  • Sollte das FG feststellen, dass die Schenkung bis zum Tod der P nicht ausgeführt wurde, dürfte das Schenkungsversprechen durch Kollision erloschen sein, soweit keine Ausnahmekonstellation vorliegt, was im Streitfall nicht ersichtlich ist. In diesem Fall ist das FG nicht gehindert, über den von K gestellten Änderungsantrag hinaus den Schenkungsteuerbescheid insgesamt aufzuheben. Begehrt der Kläger die Herabsetzung einer festgesetzten Steuerschuld um einen bestimmten Betrag, darf das Gericht in seinem Urteil über dieses Klagebegehren zwar nicht hinausgehen (§ 96 Abs. 1 S. 2 FGO). Dies gilt aber dann nicht, wenn der angefochtene Bescheid insgesamt rechtswidrig ist, also insgesamt nicht hätte ergehen dürfen (19.2.20, II R 32/17, BStBl II 21, 25, Rz. 23). Dies ist der Fall, wenn – wie hier – mangels Ausführung einer Schenkung ein Schenkungsteuerbescheid schon dem Grunde nach nicht ergehen durfte.
  • Sollte das FG dagegen feststellen, dass die Schenkung noch zu Lebzeiten der P ausgeführt wurde, hätte das FA bei der Ermittlung der Gegenleistung für die teilentgeltliche Übertragung des Grundstücks an die K den Kapitalwert der Nutzungs- und Leistungsauflagen nach § 14 Abs. 2 BewG zutreffend gekürzt (zur Nutzungs- und Duldungsauflage BFH 5.7.18, II B 122/17, BStBl II 18, 660, Rz. 22; H E 7.4 [1] ErbStH, unter „Bewertung von Leistungs-, Nutzungs- und Duldungsauflagen“). Es sind keine Gründe ersichtlich, bei der Anwendung von § 14 Abs. 2 BewG zwischen Leistungsauflagen einerseits sowie Nutzungs- und Duldungsauflagen andererseits zu unterscheiden.

AUSGABE: ErbBstg 3/2025, S. 53 · ID: 50272800

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