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Kennen Sie den Güterstand Ihrer Mandanten?Die „Güterstandsfalle“: Auswirkungen ausländischen Familienrechts auf die Besteuerung im Inland

Abo-Inhalt24.01.202515 Min. LesedauerVon RA/StB Dr. Thomas Stein, Stein & Partner mbB, Ulm

| Im Familienrecht tätige Juristen werden ständig konfrontiert mit ausländischen Güterständen, sie sind mit den daraus resultierenden Rechtsfragen im Bereich des Familienrechts vertraut. Bedeutsam ist aber, dass ausländische Güterstände auch in steuerlicher Hinsicht andere Rechtsfolgen nach sich ziehen können, als dies bei deutschen Güterständen der Fall ist. Vor diesem Hintergrund betrachtet die nachfolgende Beitragsserie steuerrechtliche Einordnungen anhand einer Grundkategorisierung der ausländischen Güterstände. |

1. Bedeutung ausländischer Güterstände – Überblick und Problemaufriss

Ausländische Güterstände sind in vielfältiger Hinsicht nicht nur zivilrechtlich, sondern auch steuerrechtlich von Relevanz. Betroffen sind nicht nur verheiratete Ehegatten, die nach Deutschland zugezogen sind. Die Beurteilung von ausländischen Güterständen hat auch Auswirkungen auf Inlandssachverhalte, sofern die Ehegatten nach den einschlägigen international-privatrechtlichen Regelungen dem ausländischen Güterrechtsregime unterliegen. Für die güterrechtlichen Verhältnisse sind aus deutscher Sicht für Ehen, die nach dem 29.1.19 geschlossen wurden, die europäischen Güterrechtsverordnungen maßgebend. Ehen, die vor dem 29.1.19 geschlossen wurden, sind in güterrechtlicher Hinsicht weiterhin nach Art. 15, 14 EGBGB zu beurteilen. Daneben kann sich das anzuwendende Güterrecht auch aus vorrangig zu beachtenden völkerrechtlichen Verträgen ergeben.

Während international-privatrechtliche Beurteilungen von Güterständen im Familienrecht fast zum „Tagesgeschäft“ gehören, sind sie im Bereich des Steuerrechts eher ein Fremdkörper. Ungeachtet dessen knüpfen steuerrechtliche Würdigungen vielfach an die güterstandsbezogenen Würdigungen an.

Dies gilt nicht zuletzt für die erbschaftsteuerlichen Befreiungen gem. § 5 ErbStG, wobei die tatsächlichen Auswirkungen weit darüber hinausreichen. Daneben ist in schenkungsteuerlicher Hinsicht zu beachten, dass ausländische Güterstände auch güterstandsbedingt gemeinschaftliches Vermögen begründen können. Bei gütergemeinschaftlichem Vermögen scheiden einerseits Zuwendungen während der Ehe aus, andererseits kann aber die Begründung gemeinschaftlichen Vermögens eine Steuerpflicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG auslösen (vgl. BFH 4.7.12, II R 38/10, DStRE 12, 1261 für die entsprechende Anwendung auf ausländische Güterstände). Darin zeigt sich in schenkungsteuerlicher Hinsicht die Notwendigkeit, sich mit ausländischen Güterständen zu befassen. In steuerlicher Hinsicht ist die Bestimmung des anwendbaren (gesetzlichen) Güterrechts auch mit internationalem Blickwinkel wesentlich, um zutreffende Beurteilungen der inländischen Besteuerungsfolgen treffen zu können. Mit diesen weiteren steuerrechtlichen Folgen befasst sich dieser Beitrag.

Um die steuerliche Aufarbeitung des Themenkreises anzugehen, ist zunächst die zivilrechtliche Rechtslage aufzuarbeiten. Darauf liegt der Fokus dieses Beitrags. Die detaillierte Darstellung der weiteren steuerlichen Folgen erfolgt im Anschlussbeitrag.

Merke | In quantitativer Hinsicht ist festzuhalten, dass etwa 5 % der in Deutschland lebenden Ehepaare einem ausländischen Güterrechtsregime unterliegen und dabei insbesondere vor dem 29.1.19 geschlossene Ehen betroffen sind und auch zugezogene Ehegatten von dieser Problematik betroffen sind. Vor diesem Hintergrund müssen sich steuerliche Berater zumindest dem Grunde nach mit dem Auftreten ausländischer Güterstände beschäftigen und sich über deren Konsequenzen für die steuerliche Beratung und die Erstellung von Steuererklärungen im Klaren sein.

2. Zivilrechtliche Bestimmung des anwendbaren Güterrechts

Bei der Bestimmung des anwendbaren Güterrechts ist zwischen Ehen zu unterscheiden, auf die die EU-Güterrechtsverordnungen Anwendung finden, und solchen, die vor dem Inkrafttreten der europäischen Güterrechtsverordnungen abgeschlossen wurden. Für diese Altehen gilt ein Bestandsschutz.

2.1 Bestimmung des Güterstands gem. Art. 15, 14 EGBGB für bis zum 28.1.19 geschlossene Ehen

Der eheliche Güterstand greift zur Güterstandsbestimmung auf die Regelungen zu den allgemeinen Ehewirkungen zurück. Dabei sieht Art. 15 i. V. m. Art. 14 EGBGB eine klar abgestufte Rangfolge der Beurteilungskriterien vor:

  • das Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören
  • subsidiär das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Eheschließung haben
  • weiter subsidiär das Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind

Wichtig ist daher, dass es für die Beurteilung der Ehewirkungen und Güterstandsfragen bis zum 28.1.19 abgeschlossener Ehen nicht darauf ankommt, wo die Ehe geschlossen wurde, und auch nicht vorrangig darauf, wo die Ehegatten leben. Erstes Anknüpfungskriterium für solche Ehen ist die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten aus deutscher Perspektive. Art. 69 Abs. 3 EuGüVO sichert die Fortgeltung dieser Betrachtung.

Dabei ist in einem vorgelagerten Schritt zu prüfen, ob auch das vom deutschen EGBGB berufene, ausländische internationale Privatrecht nach dessen Regelungen die jeweilige Ehe diesem ausländischen Sachrecht (entsprechend dem deutschen BGB) unterwirft. Schließlich sind auch Rückverweisungen des ausländischen IPR auf deutsches IPR auszumachen. In einem solchen Fall nimmt Deutschland über Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB diese Rückverweisung an. Sodann kommt deutsches Sachrecht, also der deutsche gesetzliche Güterstand zur Anwendung.

Viele andere EU-Mitgliedstaaten haben für bis zum 28.1.19 abgeschlossene Ehen international privatrechtlich ebenfalls vorrangig an die Staatsangehörigkeit angeknüpft, sodass es häufig zur Anwendung ausländischen Sachrechts kommt. Dies bedeutet, dass sowohl ein deutscher Zivilrichter wie ein deutscher Finanzbeamter den Sachverhalt auf Basis des ihnen möglicherweise weniger bekannten ausländischen Güterrechts zu beurteilen haben. Besitzen aber beide Ehegatten mit mehreren Staatsangehörigkeiten jeweils auch die deutsche Staatsangehörigkeit, so wird der gemeinsamen deutschen Staatsangehörigkeit insoweit aus deutscher Sicht der Vorrang eingeräumt.

2.2 Bestimmung des Güterstands nach den EU-Güterrechtsverordnungen

Bei Rechtswahlen betreffend den ehelichen Güterstand seit dem 29.1.19 bzw. für seit dem 29.1.19 eingegangene Ehen gelten hingegen die Regelungen der EuGüVO. Kennzeichnend ist, dass sich durch die EuGüVO der primäre Anknüpfungspunkt zur Bestimmung des anwendbaren Güterrechts verschoben hat.

Erster Anknüpfungspunkt ist nun nicht mehr die gemeinsame Staatsangehörigkeit. Der eheliche Güterstand beurteilt sich gem. Art. 26 EuGüVO – vorbehaltlich einer Güterstandswahl – nach dem Recht des Staates,

Merke | Zusätzlich kann ein Gericht gem. Art. 26 Abs. 3 EuGüVO in Ausnahmefällen auf Antrag eines Ehegatten entscheiden, dass das Recht eines anderen Staates zum Tragen kommt, das gem. den vorstehenden Ziffern anwendbar ist. Es muss allerdings nachgewiesen werden, dass der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt in diesem anderen Staat gegeben war und beide Ehegatten auf dieses Recht des anderen Staates bei der Regelung oder Planung ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen vertraut haben.
  • in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder anderenfalls,
  • dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung besitzen, sofern nicht mehrere gemeinsame Staatsangehörigkeiten bestehen, oder anderenfalls,
  • mit dem die Ehegatten unter Berücksichtigung aller Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden sind.

Wenngleich nach den Regelungen der EuGüVO, die vorrangig am ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nach der Eheschließung anknüpfen, weniger ausländische Güterstände Gegenstand von familienrechtlichen Beurteilungen im Inland sein dürften, bleibt deren Zahl im Hinblick auf die Bestandsregelung für vor dem 29.1.19 geschlossene Ehen und auch für Zuzugsfälle wesentlich.

3. Die Charakterisierung der ausländischen Güterstände

Ausländische Güterstände orientieren sich nach den jeweiligen nationalen Regelungen. Dies bedeutet, dass Abweichungen von den Betrachtungen der Zugewinngemeinschaft, die dem deutschen Rechtsanwender bekannt ist, an der Tagesordnung sind.

3.1 Überblick über die Güterstände im Ausland

Aus internationaler Sicht ist die Zugewinngemeinschaft nach deutschem Vorbild selten. Diese wird in Europa lediglich in Griechenland und auf Zypern als ähnlicher gesetzlicher Güterstand geregelt. Der Zugewinngemeinschaft nahe steht noch die sogenannte Errungenschaftsbeteiligung nach schweizerischem bzw. seit 2002 auch türkischem Recht (OLG Hamm 21.3.19, 10 W 31/17, ErbR 19, 647). Die gesetzlichen Güterstände anderer Staaten basieren teils auf Gütertrennungsüberlegungen und kennen bei Beendigung gütergemeinschaftliche Abhandlungen (etwa Österreich oder skandinavische Staaten) oder sehen die Gütergemeinschaft (mit Anpassungen) als gesetzlichen Güterstand vor.

Der überwiegende Güterstand in Europa ist hingegen die Errungenschaftsgemeinschaft. Diese ist etwa in Belgien, Slowenien, Frankreich, Luxemburg, Spanien, Estland, Lettland, Malta, Tschechien, Polen, Ungarn, Italien, Litauen, Kroatien, Bulgarien, Portugal, der Slowakei und Rumänien der gesetzliche Güterstand. Daher liegt bei den folgenden Betrachtungen der Fokus auf der Beurteilung der Errungenschaftsgemeinschaft, einerseits wegen der Häufigkeit des Auftretens und andererseits wegen der Besonderheiten, die aus dem „partiellen gemeinschaftlichen Vermögen“ resultieren.

Beachten Sie | Uneinheitlich, da staatenbezogen, ist das güterrechtliche System der USA (siehe zu den Einordnungen der Güterstände der USA nach Grundkategorien: OLG München 22.1.13, 34 Wx 413/12, FamRZ 13, 1488).

3.2 Klassifizierung der Errungenschaftsgemeinschaft als häufigstem gesetzlichem Güterstand in Europa

Wenngleich die einheitliche Verwendung des Typusbegriffs „Errungenschaftsgemeinschaft“ eine Deckungsgleichheit der gesetzlichen Güterrechte dieser Staaten vermuten lassen könnte, sind die nationalen Ausprägungen dennoch zu beachten und bleiben für die güterrechtliche Beurteilung entscheidend.

Typisch ist, dass in der Errungenschaftsgemeinschaft ein Eigengut besteht, das eben nicht gemeinschaftliches Vermögen ist. Dies ist der Unterschied gerade zur Gütergemeinschaft. Dieses Eigengut umfasst insbesondere das vorehelich erworbene Vermögen und die unentgeltlich während der Ehe erworbenen Vermögenswerte (zum Umfang etwa für Italien: Art. 177 CC; auf Deutsch als Fassung der Südtiroler Landesregierung abrufbar, www.iww.de/s12052). Häufig werden auch weitere Gegenstände aus dem Errungenschaftsvermögen ausgenommen, etwa solche, die ausschließlich dem Gebrauch eines Ehegatten oder der Berufsausübung dienen oder die als Schadenersatz erlangt werden (siehe etwa in Italien: Art. 179 CC; mit weiteren Verweisen: OLG München 25.6.20, 34 Wx 504/19, FamRZ 20, 1470; für Spanien: Art. 1346 CC). Die während der Ehedauer hinzuerworbenen Vermögenswerte gelten demgegenüber als errungen und werden Gegenstand der Errungenschaftsgemeinschaft.

Unterschiedlich ist nach den jeweiligen nationalen Rechten, welche Vermögenswerte als „errungen“ gelten. Zumeist werden alle Vermögensgegenstände als „errungen“ eingeordnet, die mit Mitteln erworben werden, die während der Ehe zufließen. Andere differenzieren weiter zwischen Vermögenserwerben durch Arbeitseinkommen und solchen aus Einkünften aus dem Eigengut. Nur erstere sollen der Errungenschaftsgemeinschaft unterfallen (Huzel in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, 3. Aufl. 2017, 1046).

Merke | Wichtig zu betonen ist daher, dass die jeweilige Einordnung nach dem jeweiligen ausländischen Güterrecht entscheidend bleibt für die Frage, ob ein Vermögensgegenstand einem ehelichen Gemeinschaftsvermögen unterfällt oder nicht. Dies gilt auch für die Frage, ob das jeweilige ausländische Recht die deutsche Vorstellung von gemeinschaftlichem Vermögen in eigentumsrechtlicher Sicht teilt (siehe etwa für Italien: Art. 177 CC; zu den Haftungsfolgen des Ehevermögens nach italienischem Recht: Art. 186, 189 CC; für Spanien: Art. 1316 CC).

Beachten Sie | Die deutsche Rechtsprechung hat in jüngerer Zeit in Fällen der Errungenschaftsgemeinschaft die während der Ehe erworbenen Vermögenswerte grundsätzlich dem gemeinschaftlichen Errungenschaftsvermögen zugeordnet.

Einen Fremdkörper stellt die Errungenschaftsgemeinschaft im deutschen Recht nicht dar. Bis zum 1.7.58 war sie gem. § 1519 BGB auch ein deutscher Güterstand. Für die Grundeinordnungen dürften daher auch die damaligen Vorstellungen zu den steuerlichen Folgerungen aus dem Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft von Bedeutung sein, die sich z. B. im ausführlichen BFH-Gutachten vom 18.2.59 wiederfinden (BFH 18.2.59, VI D 1/58 S, BStBl III 1959, 263). Bis 1990 war die Errungenschaftsgemeinschaft auch der gesetzliche Güterstand nach dem Familiengesetzbuch der DDR (§ 13 FamGB-DDR).

3.3 Auszüge aus der Rechtsprechung zu ausländischen Güterständen

Die Rechtsprechung hatte sich in den letzten Jahren wieder vermehrt mit den ausländischen Güterständen und deren Rechtswirkungen zu befassen. Bei den Entscheidungen handelte es sich meist um Entscheidungen in Grundbuchsachen. Exemplarisch seien hier einige wichtige Entscheidungen zu Italien, Spanien und Polen ausgeführt.

3.3.1 Zum italienischen gesetzlichen Güterstand, OLG München 34 Wx 504/19, 25.6.20, FamRZ 20, 1470)

Das Grundbuchamt ging im Streitfall zutreffend davon aus, dass italienische Staatsangehörige, die miteinander verheiratet sind, ohne dass im Zuge der Hochzeit oder nach dem 28.1.19 ein Ehevertrag geschlossen oder auf sonstige Weise von einem diesbezüglichen Wahlrecht Gebrauch gemacht worden ist, hinsichtlich der güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem italienischen Recht als Recht des Staates unterliegen, dem beide Ehegatten angehören.

Das italienische Recht kennt für in Deutschland lebende und hier ein Grundstück erwerbende Staatsangehörige keine Rückverweisung auf das deutsche Recht, vielmehr bestimmen die einschlägigen Regelungen des italienischen IPR, dass die Ehegatten grundsätzlich dem Heimatrecht unterliegen (Art. 29, 30 des italienischen Gesetzes über die Reform des italienischen Systems des internationalen Privatrechts, 31.5.95, IPRG).

Nach Art. 177 des italienischen Zivilgesetzbuchs (Codice Civile, fortan CC) ist die Errungenschaftsgemeinschaft der gesetzliche Güterstand von Eheleuten, die im Hinblick auf einen Neuerwerb während der Ehe mit der Rechtsprechung des OLG München nicht mit einer Bruchteilsgemeinschaft zu vergleichen ist, sondern eher einer Gesamthandsgemeinschaft entspricht (entsprechend der Darstellung des OLG München).

Ebenso befand es das OLG Zweibrücken (9.12.15, 3 W 115/15, FG Prax 216, 113) zum italienischen Güterrecht. Denn nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB kommt es auf die maßgebliche Rechtslage gerade zum Zeitpunkt der Eheschließung an. Dieser Umstand ist auch bei der Anwendung der allgemeinen Bestimmungen des IPR zu berücksichtigen. Erwerben die Ehegatten nach ihrer Eheschließung eine gemeinsame effektive Staatsangehörigkeit oder einer der Ehegatten zusätzlich die deutsche Staatsangehörigkeit, begründen sie später einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat oder vereinbaren sie erst nach der Eheschließung ein Statut für die allgemeinen Ehewirkungen, so sind all diese Vorgänge für die Bestimmung des maßgeblichen Ehegüterstatuts grundsätzlich unerheblich.

Die Quintessenz der Entscheidung: Nach den Vorschriften der Art. 159, 177 des ital. Zivilgesetzbuchs (Codice Civile) ist die Errungenschaftsgemeinschaft der gesetzliche Güterstand von Eheleuten, die im Hinblick auf Neuerwerb während der Ehe nicht mit einer Bruchteilsgemeinschaft zu vergleichen ist, sondern eher einer Gesamthandsgemeinschaft entspricht. Jedenfalls wäre die „Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht“, nicht aber die beantragte Bruchteilsgemeinschaft nach § 47 Abs. 1 GBO in das Grundbuch als das „für die Gemeinschaft maßgebliche Rechtsverhältnis“ einzutragen.

3.3.2 Zum spanischen gesetzlichen Güterstand, OLG Düsseldorf I-3 Wx 258/09, 20.1.10, FG Prax 10, 117

Da es sich bei dem spanischen Regelgüterstand der „Sociedad des Gananciales“ um eine Erscheinungsform der Errungenschaftsgemeinschaft handelt, bei der in der Ehe erworbenes Vermögen gemeinschaftliches Eigentum beider Ehegatten wird, stehen die Beteiligten jedenfalls während bestehender Ehe güterrechtlich in Gesamthandsgemeinschaft, d. h., ein jeder ist Inhaber des ganzen Rechts, jeweils jedoch beschränkt auf die Mitberechtigung des anderen. Dem einzelnen Ehegatten steht also nicht wie bei der Bruchteilsgemeinschaft ein quotenmäßiger Anteil am Gesamteigentum (ideeller Bruchteil) zu, über den er frei verfügen kann (§ 747 S. 1 BGB) und der rechtlich selbstständig ist, sondern er hat als Gesamthänder keinen rechtlich abgrenzbaren übertragbaren oder verpfändbaren Anteil an den einzelnen Vermögensgegenständen.

3.3.3 Zum polnischen Güterstand, OLG München 34 Wx 364/15, 30.11.15, FamRZ 16, 906

Gesetzlicher Güterstand in Polen ist die Gütergemeinschaft in der Form einer Errungenschaftsgemeinschaft. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sich das Vermögen der Eheleute aus drei Massen zusammensetzt: dem ehelichen Gesamtgut (Art. 31 § 1 FVGB; Text bei Bergmann/Ferid S. 51 ff.) und dem Vorbehaltsgut jeweils beider Eheleute (Art. 33 FVGB).

Allerdings ist laut OLG zu prüfen, ob das maßgebliche Recht es zulässt, die Entstehung gemeinschaftlichen Vermögens im Vorfeld zu verhindern; in diesem Fall würden die Eheleute Bruchteilseigentum nur an der gegenständlichen Immobilie erwerben, sodass alles übrige Vermögen gemeinschaftliches Vermögen bleibe, soweit es in die Errungenschaftsgemeinschaft falle. Das polnische Recht kennt – wie auch andere Rechtsordnungen – derartige Möglichkeiten. Nach Art. 47 FVGB können Ehegatten durch einen notariell beurkundeten Vertrag die gesetzliche Gemeinschaft erweitern oder beschränken. Ergibt deshalb die grundbuchamtliche Prüfung, dass – abstrakt betrachtet – auch in dem maßgeblichen ausländischen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft ein Alleinerwerb bzw. ein Erwerb zu Miteigentum eines jeden Ehegatten möglich ist, so wird antragsgemäß in dem bezeichneten Verhältnis (§ 47 Abs. 1 GBO) einzutragen sein.

3.4 Möglichkeit der abweichenden Erwerbszuordnung – Bruchteilseigentum statt Errungenschaftsgut

Selbst bei Geltung des ausländischen Güterstands der Errungenschaftsgemeinschaft muss zugleich hinterfragt werden, ob das ausländische Recht andere Erwerbsformen zulässt. Dies kann etwa bedeuten, dass in Errungenschaftsgemeinschaft verheiratete Ehegatten eine Eigentumszuweisung außerhalb des Errungenschaftsvermögens vereinbaren. Deren Zulässigkeit bleibt aber eine Frage des ausländischen Rechts. Regelmäßig werden den Ehegatten entsprechende Wahlrechte an die Hand gegeben (für Polen: OLG München FGPrax 16, 70; für Italien: OLG München 25.6.20, 34 Wx 504/19, FamRZ 20, 1470).

Aus deutscher Sicht wird eine Offenheit gegenüber entsprechenden (ausdrücklichen) Zuweisungen signalisiert, sodass auch in Errungenschaftsgemeinschaft verheiratete Ehegatten bei entsprechender Wahl in Bruchteilsgemeinschaft Eigentum erwerben können (Milzer FGPrax 2016, 114). Hierfür wurde bislang aber eine ausdrückliche Wahl im jeweiligen Erwerbsvertrag verlangt (OLG München 25.6.20, 34 Wx 504/19, FamRZ 20, 1470).

Beachten Sie | Da der Umfang und die Ausgestaltung des ausländischen Güterstands aber dem jeweiligen ausländischen Recht unterliegt, bleibt dieses maßgebend. Dies muss sich auch auf die Modalitäten und Formvorschriften erstrecken, nach denen eine Ausnahme vom Errungenschaftsgut für einen bestimmten Gegenstand vereinbart werden kann.

Entgegen der Meinung des OLG Zweibrücken, ggf. auch nur im Hinblick auf die Nichterörterung durch das Gericht, wäre etwa für Ehegatten einer italienischen Errungenschaftsgemeinschaft eine Wahlmöglichkeit zum Erwerb in Bruchteilseigentum nach Art. 179 Abs. 2 CC eröffnet (so auch: Milzer FGPrax 16, 114; siehe für Polen: OLG München 30.11.15, 34 Wx 364/15, FamRZ 16, 906), wobei an eine solche Wahl allerdings erhebliche Voraussetzungen geknüpft sind:

Ausschluss von Erwerbsgegenständen von der Gütergemeinschaft

„Der Erwerb von unbeweglichen oder der in Art. 2683 aufgezählten beweglichen Sachen, der nach der Eheschließung erfolgt, ist von der Gütergemeinschaft gem. den Buchstaben c), d) und f) des vorhergehenden Abs. ausgeschlossen, wenn dieser Ausschluss aus dem Erwerbsakt hervorgeht und auch der andere Ehegatte Partei dieses Erwerbsakts ist.“

Wiederum bezogen auf das italienische Güterrecht bestünde neben der Herausnahme eines Gegenstands bei dessen Erwerb aus dem Errungenschaftsvermögen auch die Möglichkeit einer generellen Modifikation des gemeinschaftlichen Vermögens durch Ehevertrag. Eine solche ist in Art. 210 CC ff. geregelt. In der Vertragsgestaltung wird in entsprechenden Fällen darauf zu achten sein, dass ein Grundstückserwerb oder ein anderer Vermögenserwerb abseits des gemeinschaftlichen Vermögens erfolgt. Der Vereinbarungsinhalt ist auf die jeweiligen nationalen Vorgaben abzustimmen.

3.5 Zur Prüfungspflicht der Notariate und Grundbuchämter bei Verträgen mit Güterrechtsbezug – eingeschränkte Rechtssicherheit

Wenngleich den beurkundenden Notariaten und den Grundbuchämtern von der Rechtsprechung keine umfassende Überprüfungspflicht der Güterstände der beteiligten Vertragspartner obliegt, besteht dennoch bei entsprechenden Indizien eine Nachfrage- und Aufklärungspflicht. Begründete Zweifel an der Richtigkeit der beantragten Eintragung des Grundstückserwerbs zu Bruchteilen können sich nach Auffassung der Rechtsprechung sicher noch nicht aus den ausländischen Nachnamen der Vertragsparteien ergeben. Allerdings mag die Tatsache, dass beide Erwerber als italienische Staatsangehörige geheiratet haben und weiterhin diese Staatsangehörigkeit besitzen, bereits Grundlage für weitere Nachforschungen sein (OLG Zweibrücken 9.12.15, 3 W 115/15, FGPrax 16, 113; ebenso OLG Düsseldorf 20.1.10, I-3 Wx 258/09, FGPrax 10, 117).

Merke | Für die steuerliche und familienrechtliche Praxis zeigt sich daher, dass zwar offensichtlich fehlerhafte Eigentumseintragungen vor dem güterrechtlichen Hintergrund vermieden werden. Eine Verlässlichkeit der Grundbucheintragungen mit der Folge, dass rechtssichere Beurteilungen und Strukturierungen auf Basis einer Grundbucheinsicht erfolgen können, besteht aber in diesem Kontext nicht. Gerade in der Gestaltungsberatung werden Rechts- und Steuerberater daher zur Vermeidung unerwünschter Konsequenzen gehalten sein, weitere Erkundungen zum Ehegüterstand einzuziehen bzw. Absicherungen des Ehegüterstands vorzunehmen. Dies kann auch eine Güterstands- oder Güterrechtswahl beinhalten.

Überdies müssen bei Güterstandswechseln stets auch die ertragsteuerlichen Folgen mit abgewogen werden und eventuelle Gestaltungsmaßnahmen eruiert werden. Zu groß können die steuerlichen Schäden andernfalls sein.

Fazit | Die im Familienrecht häufig anzutreffenden internationalen Betrachtungsweisen dürfen vor den steuerrechtlichen Würdigungen nicht Halt machen. Während sich im Familienrecht tätige Anwälte diese internationale Denkweise angeeignet haben, ist diese Betrachtungsweise im Hinblick auf Güterstandsfragen bei der steuerrechtlichen Betrachtung weniger verbreitet. Eine funktionierende Symbiose aus familienrechtlicher und steuerlicher Beratung sollte bei Familienrechtlern aufgrund ihrer internationalen Denkweise zu kritischem Nachfragen beim steuerlichen Berater veranlassen. Gestaltungen ohne Einbeziehung steuerrechtlicher Berater sollten stets unter Mitberücksichtigung der eventuellen steuerlichen Konsequenzen vorgenommen werden. Insgesamt zeigt der Blick auf die zivilrechtliche Rechtsprechung auch, dass sich die Fragestellungen im internationalen Güterstandskontext zwar zunächst als Fragen einer Grundklassifizierung erweisen, zugleich aber einzelfallabhängig sind.

AUSGABE: ErbBstg 2/2025, S. 43 · ID: 50265319

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