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VertragsgestaltungDer Familienpool: ein Gestaltungsinstrument für die Vermögensnachfolge

Abo-Inhalt24.01.20259 Min. LesedauerVon RA und Notar a. D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg

| Immer mehr Eltern machen sich frühzeitig Gedanken darüber, wie sie ihr Vermögen möglichst steuerfrei an die nächste Generation weitergeben können, ohne schon zu Lebzeiten den kompletten Zugriff auf das Vermögen zu verlieren. Die Bündelung insbesondere von Privatvermögen in einem Familienpool ist ein effizientes und anpassungsfähiges Instrument, um das Familienvermögen dauerhaft für die Familie zu erhalten und die Vermögensnachfolge frühzeitig einzuleiten. Teil 1 dieser Beitragsserie befasst sich mit der Pool-Errichtung, Teil 2 mit der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags eines KG-Familienpools. |

1. Die Familie als Gesellschaft – der Familienpool im Überblick

Beim Familienpool werden Vermögenswerte vom Vermögensinhaber (nachfolgend „Schenker“) in eine Gesellschaft eingebracht. Besondere Regelungen im Gesellschaftsvertrag sichern die dauerhafte Einflussnahme des Schenkers auf das Vermögen. Sie schützen dieses vor dem Zugriff von Gläubigern, geschiedenen Eheleuten/Lebenspartnern, Schwiegerkindern und Pflichtteilsberechtigten. Die dauerhafte Bündelung des Vermögens in der Gesellschaft und der Schutz vor Zerschlagung durch die Abkömmlinge werden durch restriktive Kündigungseinschränkungen und Abfindungsregelungen im Gesellschaftsvertrag geschaffen.

Eine zusätzliche Absicherung erfolgt durch Gebote, Verbote und Rückforderungsrechte im Schenkungsvertrag, mit dem die Anteile auf die Angehörigen übertragen werden. Flankiert wird die Gestaltung nach Bedarf durch passende Testamente, Eheverträge und Vollmachten. Eine entsprechende Vertragsgestaltung bewirkt eine steuerliche Entlastung oder sogar eine komplette Steuervermeidung.

2. Sachverhalt

Die Eheleute M und F sind Miteigentümer mehrerer Immobilien zu gleichen Teilen. Sie haben drei gemeinsame Kinder K1, K2 und K3. Die wichtigsten Vorstellungen der Eheleute sind:

  • Bündelung des Familienvermögens in einer Gesellschaft
  • Verhinderung der Zerschlagung des Vermögens durch Erbschaft oder Scheidung
  • alleinige Geschäftsführung der Eltern, solange dies deren Wunsch ist
  • Ausgestaltung der Gewinnbezugsrechte und Stimmrechte in der Gesellschaft zugunsten der Eltern, unabhängig von den tatsächlichen Beteiligungsverhältnissen
  • Rückforderungsvorbehalt der Eltern zur Rückgängigmachung der Übertragungen bei unerwünschten Entwicklungen

3. Vertragliche Regelung mit Anmerkungen

Bei der Umsetzung des Modells eines Familienpools sollte man die Motive der Beteiligten im Vorfeld genau klären und vertraglich absichern, um bei Fehlentwicklungen gegensteuern zu können.

Musterformulierung / 

Errichtung einer Vermögensverwaltungs-KG unter Einbringung von Immobilien; mit Anmerkungen (ausformulierte Vorschläge beschränken sich auf die Besonderheiten bei Gründung eines Familienpools)
§ 1 Grundbuchstand und Sachverhalt
M und F sind dahin übereingekommen, unter Einbringung des zuvor näher beschriebenen Grundbesitzes eine vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft zu gründen. Hierzu werden die nachstehenden Vereinbarungen getroffen.
§ 2 Gesellschaftsgründung
M und F errichten eine Vermögensverwaltungs-Kommanditgesellschaft gemäß §§ 161 ff., 105 ff. HGB und vereinbaren einen Gesellschaftsvertrag, der als Anlage dieser Urkunde beigefügt und deren wesentlicher Bestandteil ist.
§ 3 Einbringung von Grundbesitz, Auflassung, Vormerkung
  • (1) M und F wollen den in § 1 dieser Urkunde näher bezeichneten Grundbesitz mit allen Rechten und Bestandteilen sowie dem gesetzlichen Zubehör in die Gesellschaft einbringen.
  • (2) Die Vertragschließenden sind daher einig, dass das Eigentum am vorgenannten Grundbesitz von den einbringenden Gesellschaftern – nachfolgend als „Veräußerer“ bezeichnet, auch wenn es sich um mehrere Personen handelt –auf die nach § 2 gegründete Kommanditgesellschaft, vertreten durch die persönlich haftenden Gesellschafter – nachfolgend als „Erwerber“ oder „Gesellschaft“ bezeichnet – übergeht. Der Veräußerer bewilligt und der Erwerber beantragt die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch.
  • (3) K 1, K 2 und K 3 als Kommanditisten stimmen der Einbringung und den nachfolgend vereinbarten Gegenleistungen sowie Auflagen zu.

3.1 Anmerkungen zu Formfragen und Rechtsfähigkeit

Musterformulierung / Fortsetzung

§ 4 Gegenleistungen, Schenkung unter Auflagen, erbrechtliche Folgen
  • (1) Für die vereinbarte Einbringung von Grundbesitz werden keine Gegenleistungen vereinbart. Die Einbringung erfolgt allerdings mit folgenden Auflagen.
  • (2) Für den Fall, dass
    • a) für einen oder mehrere Gesellschafter durch die mit der heutigen Gesellschaftsgründung verbundenen unentgeltlichen Zuwendungen Schenkungsteuer anfällt oder
    • b) die Voraussetzungen für den Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft gemäß § … des Gesellschaftsvertrages vorliegen oder
    • c) in einen Gesellschaftsanteil oder wegen dieses Gesellschaftsanteils ein Zugewinnausgleichs- oder Pflichtteilsanspruch oder ein Anspruch auf Auseinandersetzung des Güterstands einer Gütergemeinschaft geltend gemacht wird oder
    • d) ein Gesellschafter die Gesellschaft zu Lebzeiten des Veräußerers kündigt oder
    • e) ein Gesellschafter sich grob undankbar verhält (hierzu gehört auch die nachhaltige Störung des Familienfriedens) oder
    • f) ein Gesellschafter zu Lebzeiten des Veräußerers ohne dessen Zustimmung ganz oder teilweise seinen Gesellschaftsanteil veräußert oder belastet oder
    • g) ein Gesellschafter seinen Verpflichtungen aus diesem Vertrag und dem Gesellschaftsvertrag trotz einer vorausgegangenen Abmahnung nicht hinreichend nachkommt (hierzu gehört auch die Behinderung der Verwaltung oder die Gefährdung der Erhaltung des Gesellschaftsvermögens) oder
    • h) ein Gesellschafter heiratet und nicht spätestens sechs Monate nach der Eheschließung Gütertrennung oder Nichtberücksichtigung des heutigen Vertragsgegenstands bei der Berechnung des Zugewinns (modifizierte Zugewinngemeinschaft) vereinbart oder
    • i) ein Gesellschafter versterben sollte, ohne dass ausschließlich Abkömmlinge von ihm aufgrund Erbfolge oder Vermächtnis den Gesellschaftsanteil erwerben,
gilt Folgendes:
Der Veräußerer behält sich das Recht vor, durch persönliche schriftliche Erklärung per Einschreiben/Rückschein gegenüber der Gesellschaft die Übertragung des von ihm eingebrachten Grundbesitzes auf eine neu zu gründende Kommanditgesellschaft zu verlangen, die aus sämtlichen Gesellschaftern der heute errichteten Gesellschaft mit Ausnahme des Gesellschafters, in dessen Person der Rückforderungsgrund eingetreten ist, und dem an dessen Stelle getretenen Veräußerer besteht und im Übrigen inhaltlich identisch ist; existieren keine weiteren Gesellschafter oder stimmen die übrigen Gesellschafter nicht zu, kann der Veräußerer die Rückübertragung auf sich selbst fordern.
Die Übertragung hat grundsätzlich unentgeltlich, jedoch auf Kosten des Rückerwerbers zu erfolgen. Am Grundbesitz bestellte Belastungen sind allerdings in dinglicher und, soweit die hierdurch abgesicherten Verbindlichkeiten von der Gesellschaft im Zuge der Grundstückseinbringung übernommen oder später zur Finanzierung werterhöhender Verwendungen hierauf eingegangen wurden, in persönlicher Hinsicht zu übernehmen. Dies gilt auch für nicht durch Grundschulden abgesicherte Verbindlichkeiten. Eine Erstattung von Tilgungsleistungen oder Investitionen ist nicht geschuldet. Die Ansprüche aus dieser Vereinbarung sind – soweit sie nicht bereits zu Lebzeiten des Anspruchsberechtigten in der vereinbarten Form geltend gemacht worden sind – nicht vererblich und nicht übertragbar.
  • (3) Entsteht ein Rückübertragungsanspruch des Veräußerers nach Abs. 2, können die Gesellschafter diesen einvernehmlich auch dadurch erfüllen, dass anstelle einer Übertragung des Vertragsbesitzes auf eine neue Gesellschaft der Gesellschafter, in dessen Person der Rückübertragungsgrund eingetreten ist, seine Gesellschaftsbeteiligung ganz oder teilweise unentgeltlich auf den Veräußerer überträgt.
  • (4) Soweit durch die seitens des Veräußerers erfolgte Einbringung von Grundbesitz in die Gesellschaft Vermögen auf die Mitgesellschafter übertragen wird, erfolgt dies unentgeltlich im Wege der Schenkung des betreffenden Vermögensanteils unter Berücksichtigung der im Rahmen der Einbringung vereinbarten Gegenleistungen und Auflagen.
  • (5) Die Gesellschafter K1, K2 und K3 haben sich den Wert der ihnen mit der Einbringung in die Gesellschaft gemachten Zuwendung gemäß § 2315 BGB in Höhe eines Betrages von XXX EUR auf ihren jeweiligen Pflichtteil nach dem Veräußerer anrechnen zu lassen.
  • Formfragen: Nach § 311b Abs. 1 BGB bedürfen der Einbringungsvertrag und alle damit im Zusammenhang stehenden Vereinbarungen, somit auch der Gesellschaftsvertrag, der notariellen Form. Wird der Gesellschaftsvertrag bereits vor dem Einbringungsvertrag geschlossen, bedarf er der notariellen Form, sofern die Verpflichtung zur Einbringung in die Gesellschaft bzw. zum Erwerb von Grundbesitz durch die Gesellschaft Vertragsbestandteil ist.
  • Rechtsfähigkeit der KG: Die Kommanditgesellschaft kann gem. §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen.
  • Die von M und F den Mitgesellschaftern K1, K2 und K3 gemachte Schenkung erfolgt bereits durch Einbuchung des eingebrachten Grundbesitzes auf die Beteiligungskonten der Mitgesellschafter und nicht erst durch die Schenkung von Gesellschaftsanteilen nach Vollzug des Einbringungsvorgangs.

3.2 Anmerkungen zu Abs. 1

Da der Veräußerer die Zielsetzung verfolgt, Vermögen weitgehend ohne Entgelt auf die nächste Generation zu übertragen, wird der Familienpool im Regelfall mit Vermögen im Wege der Einbringung ausgestattet. Das erfolgt entweder unentgeltlich oder gegen Übernahme der Verbindlichkeiten, die für die Finanzierung der Herstellungs- oder Anschaffungskosten der eingebrachten Objekte begründet wurden. Gegebenenfalls kann sich der Veräußerer – bei mehreren als Gesamtberechtigte gemäß § 428 BGB – auf Lebensdauer den Nießbrauch am Einbringungsgegenstand oder Teilen davon vorbehalten. In diesem Fall ist zu regeln, ob für dessen Inhalt die gesetzlichen Bestimmungen oder die gewünschten Abweichungen von den gesetzlichen Bestimmungen gelten sollen (siehe hierzu auch den Beitrag „Die Übertragung von Immobilien steueroptimiert innerhalb der Familie gestalten“, ErbBstg 25, 16 ff.).

Beachten Sie | Die Einbringung eines Vermögensgegenstands in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft kann insbesondere einkommensteuerliche, schenkungsteuerliche und/oder grunderwerbsteuerliche Auswirkungen haben:

  • Einkommensteuer: Zu unterscheiden ist die Einbringung aus Privatvermögen in das Privatvermögen einer rein vermögensverwaltend tätigen Personenhandelsgesellschaft (Fall 1) sowie die Einbringung aus Betriebsvermögen in das Privatvermögen einer solchen Gesellschaft (Fall 2).
    • Fall 1: Die Einbringung ist grundsätzlich steuerfrei, soweit nicht § 23 EStG eingreift. Eine Veräußerung gem. § 23 EStG, die innerhalb der 10-Jahresfrist die sog. Spekulationssteuer auslösen kann, ist von vornherein allerdings hinsichtlich des Anteils ausgeschlossen, mit dem der Veräußerer an der übernehmenden Gesellschaft selbst beteiligt ist. Denn die Wirtschaftsgüter einer rechtsfähigen Personengesellschaft werden den Beteiligten anteilig zugerechnet (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Da der Veräußerer an der übernehmenden Gesellschaft regelmäßig beteiligt sein wird, kommt also nur eine anteilige Veräußerung in Betracht. Das gilt insoweit, als an der vermögensverwaltenden Gesellschaft Dritte beteiligt sind und ein Entgelt für den Vermögenszuwachs z. B. durch Übernahme von eingebrachten Schulden oder Begründung einer Geldforderung zugunsten des Einbringenden leisten müssen (vgl. Spiegelberger ZEV 03,399).
    • Fall 2: Es handelt sich um eine Entnahme. Sie führt regelmäßig zur Aufdeckung stiller Reserven und ist insoweit ertragsteuerpflichtig.
  • Schenkungsteuer: Soweit eine Einbringung unentgeltlich erfolgt, unterliegt der Vorgang der Schenkungsteuer. Allerdings ist zu beachten, dass in Höhe des Anteils des Einbringenden an der KG keine Zuwendung vorliegt.
  • Grunderwerbsteuer: Nach § 5 GrEStG ist eine Grundbesitzübertragung auf eine Gesamthand insoweit steuerfrei, als der Übertragende vor und nach der Übertragung gleichermaßen am Grundstück beteiligt ist. Die 10-jährige Haltefrist zur Missbrauchsvermeidung nach § 5 Abs. 3 GrStG gilt nicht für eine Übertragung, bei der die sachlichen und persönlichen Steuerbefreiungen des § 3 GrEStG zur Anwendung kommen würden (vgl. Vosseler/Regierer, ZEV 18, 434). Aus diesem Grunde werden von § 5 Abs. 3 GrStG auch diejenigen Fälle nicht erfasst, in denen es zu einer Verminderung des Anteils des einbringenden Gesamthänders zugunsten eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, eines Lebenspartners, eines früheren Lebenspartners oder eines Verwandten in gerader Linie kommt (vgl. Viskorf in: Viskorf, GrEStG, 21. Aufl. 2024, § 5, Rz. 124 m. w. N.).

3.3 Anmerkungen zu Abs. 2

Der Rückübertragungsanspruch sollte durch eine Vormerkung gesichert werden. Dabei sind die Modalitäten zur Löschungsbewilligung zu regeln (von der Wiedergabe einer Musterformulierung wird abgesehen).

Es ist sachgerecht, den Rückforderungsanspruch weder abtretbar, verpfändbar, pfändbar noch vererblich auszugestalten. Deshalb ist die Entstehung des Anspruchs an eine entsprechende persönliche schriftliche Erklärung des Veräußerers geknüpft. Da die Folgen der Ausübung des Rückforderungsrechts nur den Gesellschafter treffen sollen, in dessen Person der Rückforderungsgrund entstanden ist, richtet sich der Anspruch auf Rückübertragung an die bestehende Kommanditgesellschaft. Dort tritt der Veräußerer an die Stelle des die Rückforderung auslösenden Gesellschafters. Rechtlich handelt es sich dabei um eine neue, mit der alten Gesellschaft aber bis auf die Ersetzung des ausscheidenden Gesellschafters durch den Veräußerer inhaltsgleiche KG.

Anmerkungen zu Abs. 5

  • Pflichtteilsanrechnung: Nach § 2315 BGB setzt die Anrechnung einer unentgeltlichen Zuwendung auf den Pflichtteil des Zuwendungsempfängers am Nachlass des Zuwendenden voraus, dass der Veräußerer bei der Vornahme der Zuwendung eine entsprechende Anrechnungsbestimmung getroffen hat. Sie ist deshalb ausdrücklich in den Vertrag aufzunehmen. Zur Vermeidung späterer Streitigkeiten sollte die Höhe der vereinbarten Pflichtteilsanrechnung betragsmäßig beziffert werden.

AUSGABE: ErbBstg 2/2025, S. 38 · ID: 50264627

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