FeedbackAbschluss-Umfrage
EEErbrecht effektiv

PflichtteilsstrafklauselZur Auslegung und Verwirkung der Regelung „entgegen dem Willen“ in einer Pflichteilsstrafklausel

Abo-Inhalt04.08.202556 Min. Lesedauer

| Das OLG Zweibrücken (9.7.25, 8 W 56/24, Abruf-Nr. 249382) hat über die Auslegung einer Pflichtteilsstrafklausel entschieden. |

Die Erblasserin hatte zusammen mit ihrem Ehemann ein eigenhändiges gemeinschaftliches Testament errichtet, das folgende Pflichtteilsstrafklausel enthielt: „Für den Fall, dass eines der Kinder nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten entgegen dem Willen des überlebenden Ehegatten einen Pflichtteilsanspruch oder Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht und diesen auch erhält, bestimmen wir, dass er nicht Erbe des Längstlebenden wird.“

Die Erblasserin hatte nach dem Tod des vorverstorbenen Ehemanns diesen aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments als Alleinerbin beerbt. Nach dem Tod ihres Vaters verlangte eines der beiden Kinder mit anwaltlichem Schreiben „zur vorläufigen Durchsetzung des Pflichtteilsrechts“ Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Im Anschluss daran einigte sich dieses Kind mit der Erblasserin auf Zahlung des Pflichtteils, die auch erfolgte.

Der Sohn der Eheleute beantragte nach dem Tod der Erblasserin beim Nachlassgericht die Erteilung eines Alleinerbscheins. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass seine Schwester aufgrund der Forderung ihres Pflichtteils im ersten Erbfall von der Erbfolge nach der Erblasserin ausgeschlossen sei. Das Nachlassgericht hat die für die Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen festgestellt. Hiergegen hat die Schwester des Antragstellers erfolglos Beschwerde eingelegt. Die wiederum dagegen gerichtete Beschwerde hat das OLG zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Pflichtteilsstrafklausel wirksam und eindeutig formuliert sei und diese dem Zweck diene, den länger lebenden Ehegatten vor Pflichtteilsforderungen zu schützen und damit den Nachlass zusammenzuhalten. Kern der Entscheidung ist die Auslegung des Begriffs „(ent-)gegen dem Willen“, wobei das Gericht zu folgenden Ergebnissen kommt:

  • Indem die Tochter entgegen den Anordnungen im gemeinschaftlichen Testament zunächst Auskunft über den Nachlassbestand und anschließend die Auszahlung des Pflichtteils verlangt habe, habe sie den Willen ihrer Eltern erkennbar missachtet, den Längerlebenden nicht mit Pflichtteilsansprüchen zu konfrontieren.
  • Die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs durch ein Anwaltsschreiben „zur vorläufigen Durchsetzung des Pflichtteilsrechts“ zeige überdies, dass der Pflichtteil nicht einvernehmlich verlangt wurde. Die Vorgehensweise enthalte ein konfrontatives Element. Deshalb sei die Geltendmachung hier letztlich „gegen den Willen“ der Erblasserin erfolgt, ohne dass es dazu einer Äußerung des entgegenstehenden Willens gegenüber der Tochter bedurft habe.
  • Es sei unerheblich, dass die Erblasserin – rechtlich zutreffend beraten – die Auskunft erteilt und auch die sich daraus ergebenden Pflichtteilsansprüche erfüllt habe, ohne sich auf einen (Rechts-)Streit mit ihrer Tochter einzulassen oder gar eine Verurteilung zu riskieren.

AUSGABE: EE 8/2025, S. 128 · ID: 50491448

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte