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TeilungsversteigerungManipulationsversuch bei der Teilungsversteigerung kann zur Versagung des Zuschlags führen

Abo-Inhalt04.08.202549 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| In Teilungsversteigerungsverfahren versuchen Mitglieder von (Erben-)Gemeinschaften immer wieder, durch abschreckende und irreführende Aussagen andere Bietinteressenten von Gebotsabgaben abzuhalten, um das Grundstück selbst günstig zu ersteigern. So wird oftmals bewusst ein negatives Szenario zur Immobilie vorgetragen, z. B. der Hinweis auf Pflegebedürftigkeit der bewohnenden Miteigentümer (Folge: Schwierigkeiten bei Räumung), angeblich hohe Zinslasten etc. Der BGH hat solchen manipulativen, abschreckenden Verhaltensweisen ein Ende bereitet, indem er darin einen Verstoß gegen die Verfahrensfairness sieht und demzufolge eine Vermögensverschleuderung durch eine Zuschlagsversagung verhindert. |

Leitsatz: BGH 18.7.24, V ZB 43/23

Bei falschen oder die wahre Sachlage verzerrenden Erklärungen eines Miteigentümers im Teilungsversteigerungstermin, die in der tatrichterlichen Gesamtschau der protokollierten Vorgänge die Annahme rechtfertigen, dass Bietinteressenten von der Abgabe von Geboten abgeschreckt werden sollen, damit der Miteigentümer das Grundstück selbst günstig ersteigern kann, kann die Fortsetzung des Versteigerungsverfahrens gegen das Gebot der fairen Verfahrensführung verstoßen. Der Zuschlag ist nach § 83 Nr. 6 ZVG zu versagen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich dieses Verhalten nachteilig auf die Abgabe von Geboten ausgewirkt hat (Abruf-Nr. 243232).

Sachverhalt

Im entschiedenen Fall kam es im Versteigerungstermin zu auffälligen Verhaltensweisen eines Miteigentümers. Dieser nutzte verschiedene rechtliche Instrumente (Vollstreckungsschutzantrag, Erinnerung), gab irreführende Hinweise zu Mietverhältnissen und Zinslasten und stellte die Situation des Objekts in einer Weise dar, die geeignet war, potenzielle Bieter zu verunsichern und von Geboten abzuhalten. Ziel war offenbar, das Grundstück selbst zu einem niedrigen Preis zu ersteigern. Das Vollstreckungsgericht hat dem Miteigentümer den Zuschlag versagt. Seine dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts war dem Miteigentümer der Zuschlag nach § 83 Nr. 6 ZVG zu versagen, da sein Verhalten als manipulative Einflussnahme auf das Bieterverhalten gewertet wurde. Auf die daraufhin zugelassene Rechtsbeschwerde hat der BGH die Entscheidung des Beschwerdegerichts bestätigt.

Entscheidungsgründe

Die Verfahrensregeln seien darauf ausgerichtet, einen möglichst hohen, dem wahren Wert entsprechenden Versteigerungserlös zu erzielen, was durch solche Manipulationen verhindert werde. Es genüge, wenn Anhaltspunkte für eine nachteilige Auswirkung auf die Gebotsabgabe bestehen. Ein Miteigentümer handele zwar nicht schon dann rechtsmissbräuchlich, wenn er im Versteigerungstermin aus seiner Sicht interessengerechte Angaben zu dem Versteigerungsobjekt macht und die vom Gesetz eröffnete Möglichkeit wahrnimmt, Vollstreckungsschutzanträge zu stellen oder eine Erinnerung gegen die Zwangsversteigerung einzulegen und auf deren Bescheidung besteht, selbst wenn dadurch Bietinteressenten von der Abgabe von Geboten abgeschreckt werden. Die Grenze zum rechtsmissbräuchlichen Verhalten könne aber überschritten sein, wenn ein Beteiligter gezielt die Konkurrenz der Bieter manipuliert und das Gericht dies nicht ausreichend korrigieren kann.

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Verfahrensfairness in Teilungsversteigerungen. Insofern können manipulative Handlungen, selbst wenn sie formalrechtlich durch Anträge wie z. B. Vollstreckungsschutz, Erinnerung legitimiert erscheinen, zur Versagung des Zuschlags führen. Für Mitglieder von Erbengemeinschaften und deren Gläubiger ist es daher unerlässlich, wachsam und rechtsstrategisch vorbereitet zu agieren. Ein proaktives Vorgehen und die Kenntnis der Grenzen zulässigen Verhaltens sichern faire Ergebnisse und schützen vor Vermögensverlusten. Hieraus ergeben sich folgende Handlungsempfehlungen für die Beteiligten:

Handlungsempfehlungen

(Miterben)Gemeinschaft

  • Transparenz wahren: Alle relevanten Informationen zum Objekt sind sachlich und korrekt darzustellen.
  • Keine Manipulationsversuche: Keine irreführenden oder abschreckenden Aussagen im Versteigerungstermin tätigen.
  • Rechte wahrnehmen: Interessengerechte rechtliche Möglichkeiten (z. B. Vollstreckungsschutzantrag, § 765a ZPO; Erinnerung, § 766 ZPO) dürfen genutzt werden, selbst wenn dadurch Bietinteressenten von der Gebotsabgabe abgeschreckt werden; sie dürfen aber nicht zu Manipulationszwecken verwendet werden. Dies verstößt gegen Treu und Glauben.
  • Kommunikation mit dem Gericht: Hinweispflicht, wenn Gericht Anlass zu der Annahme hat, dass ein Beteiligter die Rechtslage falsch einschätzt und ihm deshalb ein Rechtsnachteil droht; Gericht muss deshalb auf das Verfahren betreffende Erklärungen von Beteiligten ggf. reagieren und diese richtigstellen (§ 139 ZPO).

Gläubiger von Erben

  • Verfahrensbeobachtung: Das Verhalten der Beteiligten im Termin genau beobachten.
  • Rechtsmittel prüfen: Anhaltspunkte auf Manipulation reicht aus, um Zuschlagsvertagung (§ 87 ZVG) und ggf. Zuschlagsversagung nach § 83 Nr. 6 ZVG zu beantragen (siehe hierzu die Musterformulierung auf der folgenden Seite).
  • Dokumentation: Alle auffälligen Aussagen und Vorgänge sind zu protokollieren und ggf. dem Gericht zu melden. Beachte: Vorgänge im Termin, die nicht aus dem Protokoll ersichtlich sind, werden bei der Entscheidung über den Zuschlag nicht berücksichtigt (§ 80 ZVG)!
  • Zusammenarbeit: Mit anderen Gläubigern und der Erbengemeinschaft kooperieren, um faire Verfahrensführung sicherzustellen.

Musterformulierung / Beschwerde wegen Verfahrensmanipulation im Teilungsversteigerungsverfahren

An das Amtsgericht [Ort]

Vollstreckungsgericht –

Az: … K ./. …

Namens und in Vollmacht für den/die Beteiligten … (genaue Bezeichnung) erhebe ich hiermit Beschwerde gegen die Verfahrensführung im Versteigerungstermin vom … und beantrage:

1. Versagung des Zuschlags gemäß § 83 Nr. 6 ZVG.

2. Dem Beteiligten … sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Begründung

Im Versteigerungstermin am … hat der Beteiligte … (genaue Bezeichnung) während der Bietstunde durch sein Verhalten und seine Äußerungen in unzulässiger Weise in das Verfahren eingegriffen und dadurch potenzielle Bietinteressenten von der Abgabe von Geboten abgeschreckt. Dies stellt eine unzulässige Manipulation des Verfahrens und einen Verstoß gegen das Gebot der fairen Verfahrensführung dar.

Der Beteiligte hat im Termin Folgendes vorgetragen (die folgenden Formulierungen sind beispielhaft):

( ) Er hat mehrfach auf angebliche Schwierigkeiten bei der Räumung und auf bestehende Mietverhältnisse hingewiesen, die in dieser Form nicht den Tatsachen entsprechen bzw. übertrieben dargestellt wurden. Insofern liegen irreführende und abschreckende Aussagen vor.

( ) Es wurde behauptet, dass der Ersteher mit erheblichen finanziellen Risiken (z. B. Zinslasten in Höhe von bis zu … EUR) zu rechnen habe, ohne dass hierfür eine sachliche Grundlage bestand. Insofern ist eine übertriebene Darstellung von Risiken gegeben.

( ) Durch wiederholte Hinweise auf angebliche rechtliche und tatsächliche Probleme wurde gezielt ein „Horrorszenario“ erzeugt. Dies führte zu einer Verunsicherung der Bietinteressenten, was nachweislich zu einem Ausbleiben weiterer Gebote geführt hat.

( ) Das Verhalten des Beteiligten war offensichtlich darauf gerichtet, das Grundstück selbst zu einem möglichst niedrigen Preis zu ersteigern und andere Interessenten abzuschrecken. Damit liegt eine zielgerichtete Einflussnahme auf das Verfahren vor.

Beweis

  • Protokoll des Versteigerungstermins vom …
  • Zeugenaussagen anwesender Bietinteressenten (genaue Bezeichnung)

Nach der Rechtsprechung des BGH (18.7.24, V ZB 43/23) ist der Zuschlag zu versagen, wenn ein Beteiligter durch solche manipulative Verhaltensweisen in unlauterer Weise in das Bieterverfahren eingreift und dadurch die Verfahrensfairness verletzt wird.

Gez. Rechtsanwalt

AUSGABE: EE 8/2025, S. 130 · ID: 50474430

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