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CBChefärzteBrief

KrankenhausabrechnungKein Platz im Hospiz frei? Krankenhaus hat Vergütungsanspruch für Weiterbehandlung!

Abo-Inhalt02.06.20255766 Min. LesedauerVon RA Malte Brinkmann, armedis Rechtsanwälte, Seesen

| Hin und wieder kommt es vor, dass ein Patient nach der Krankenhausbehandlung in einer anderen Einrichtung (z. B. Reha-Klinik, Hospiz) weiterbehandelt werden muss. Was aber, wenn in der entsprechenden Einrichtung keinen Platz frei ist? Schon am 19.11.2019 hatte das Bundessozialgericht (BSG) festgestellt, dass ein Krankenhaus trotz fehlender Behandlungsbedürftigkeit einen Vergütungsanspruch für eine Reha-Behandlung nach dem Rechtsgedanken des § 76 Abs. 1 S. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V hat (sog. „Reha-Notfall-Entscheidung“; CB 03/2020, Seite 2 f.). Ein Sozialgericht hat diesen Rechtsgedanken nun auf die stationäre Hospiz-Notfallbehandlung übertragen und einen Vergütungsanspruch des Krankenhauses bejaht (Sozialgericht (SG) Leipzig, Urteil vom 26.11.2024, Az. S 3 KR 1024/21). |

Fehlende Kapazitäten verzögern die Verlegung ins Hospiz

Ein Patient mit bekanntem multipel metastasierten kleinzelligem Lungenkarzinom wurde zur symptomatischen Behandlung stationär ins Krankenhaus aufgenommen. Während seines Aufenthalts konnte der Patient von einer stationären Aufnahme in einem Hospiz überzeugt werden. Daraufhin wurde am 03.12.2019 ein Antrag auf stationäre Hospizleistungen bei der zuständigen Krankenkasse eingereicht. In dem Antrag waren zwei mögliche Einrichtungen konkret benannt. Der Antrag wurde nach Beteiligung des Medizinischen Dienstes (MD) am 05.12.2019 telefonisch genehmigt. Bereits am 03.12.2019 hatte der Sozialdienst des Krankenhauses den Patienten in den beiden Hospizeinrichtungen angemeldet. Aufgrund fehlender Kapazitäten konnte der Patient aber erst am 18.12.2019 verlegt werden.

Krankenkasse rechnet gezahlte Vergütung auf

Der Krankenhausträger stellte der Krankenkasse die Krankenhausbehandlung in Rechnung. Die Krankenkasse zahlte zunächst, veranlasste aber fristgerecht eine Prüfung des Behandlungsfalls durch den MD. Der MD kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass ab dem 09.12.2019 keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit mehr bestanden habe, weil der Patient in ein Hospiz hätte verlegt werden können. Die Krankenkasse schloss sich der Auffassung des MD an und verrechnete am 18.03.2021 den strittigen Betrag von 7.656,99 Euro gegen andere unstrittige Forderungen des Krankenhauses.

Klage des Krankenhausträgers hat Erfolg

Das Krankenhaus klagte den offenen Betrag ein und trug im Wesentlichen vor, dass die stationäre Behandlung nicht habe verkürzt werden können. Die medizinische Behandlung hätte nicht ambulant erfolgen können. Die Krankheit habe sich im Endstadium befunden, deswegen sei aus medizinischen Gründen nur die Versorgung im Krankenhaus oder in einem Hospiz möglich gewesen. Wegen der hohen Symptomlast hätte die Verlegung in eine Kurzzeitpflege oder in ein Pflegeheim gerade nicht ausgereicht. Dem entgegnete die Krankenkasse, dass fehlende Kapazitäten bei der Hospizversorgung nicht in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen würden.

Das SG Leipzig gab der Klage vollumfänglich statt.

Darum sah das Gericht einen Vergütungsanspruch

Das SG ist insoweit der Auffassung, dass der Krankenhausträger Anspruch auf Notfallvergütung nach dem Rechtsgedanken des § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V hat. Der Anspruch bestehe in der gleichen Höhe, als wenn das Krankenhaus im kurativen Notfall behandeln würde. Das SG Leipzig schloss sich damit der o. g. höchstrichterlichen „Reha-Notfall-Entscheidung“ des BSG (Urteil vom 19.11.2019, Az. B 1 KR 13/19 R) an.

Die notfallmäßige Weiterbehandlung war nicht unwirtschaftlich

Der Vergütungsanspruch gelte auch für den Fall der fehlenden Anschlussversorgung durch einen stationären Hospizplatz. Das Gericht führte aus, dass sich die notfallmäßige Weiterbehandlung des Versicherten auch nicht als unwirtschaftlich erweise: Nach Zustimmung des Patienten habe der Sozialdienst die Hospizversorgung zeitnah eingeleitet, alle erforderlichen Anträge gestellt und bei den infrage kommenden Einrichtungen regelmäßig nachgefragt.

Krankenkassen sind bei Notfallversorgungen in der Leistungspflicht

Dem Notfallvergütungsanspruch des Krankenhauses steht auch nicht entgegen, dass die Krankenkassen grundsätzlich nicht für Strukturdefizite bei anderen Versorgungsträgern verantwortlich sind. Zwar habe das BSG bereits für den Fall, dass die nahtlose Unterbringung in einer anderen Einrichtung erforderlich ist, jedoch nicht rechtzeitig ermöglicht werden kann, einen Vergütungsanspruch verneint. Das BSG hatte entschieden, dass Krankenhausträger keine Leistungen abrechnen können, die zur Überbrückung von strukturellen oder einzelfallbezogenen Defiziten dienen, die beim Übergang von der stationären Krankenhausversorgung in eine andere, von der Strukturverantwortung der Krankenkassen nicht umfasste Versorgungsform bestehen. (BSG, Urteil vom 17.11.2015, Az. B 1 KR 20/15 R, juris). Dies betrifft indessen nicht den Anspruch auf medizinische Notfallversorgung, wie sie hier vorliegt, denn es handelt sich hier bei der Hospizversorgung um eine Krankenversicherungsleistung, die nicht rechtzeitig erlangt werden konnte.

Fazit | Die Entscheidung des SG Leipzig ist erfreulich und sollte gegenüber den Kostenträgern mitgeteilt werden, insoweit sich diese gegen eine Kostenübernahme wehren sollten. Der Rechtsgedanke des § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V, im Falle eines Notfalls aufgrund von Kapazitätsmängeln in der Anschlussversorgung die stationäre Behandlung – obgleich keine Notwendigkeit mehr besteht – bezahlt zu bekommen, bezieht sich nicht nur auf Rehabilitationseinrichtungen, sondern auch auf eine stationäre Anschlussversorgung in einer Hospizeinrichtung.

Weiterführender Hinweis
  • Stationäre Behandlung abgeschlossen, Reha-Platz nicht frei, Patient muss bleiben! Wer zahlt? (CB 03/2020, Seite 2 f.)

AUSGABE: CB 8/2025, S. 14 · ID: 50403329

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