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CBChefärzteBrief

StrafrechtBedienungsfehler des Anästhesisten führt zum Tod des Patienten: Schulen Sie Ihre Mitarbeiter!

Abo-Inhalt29.05.2024640 Min. LesedauerVon RA, FA MedR Dr. Rainer Hellweg, Hannover

| Wer als Arzt seine Sorgfaltspflicht bei der Funktionsüberprüfung nicht einhält, kann sich strafbar machen. Das musste ein Anästhesist in einer Klinik erfahren, der die Sauerstoffunterversorgung des Patienten nicht hatte beheben können. Der Patient verstarb. Das Landgericht (LG) Bielefeld verurteilte den Arzt wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung (Urteil vom 22.06.2023, Az. 022 Ns-446 Js 543/19-33/22). Der Fall zeigt, wie wichtig eine gut strukturierte Geräteschulung im Krankenhaus ist. Deren ordnungsgemäße Durchführung sollte bei allen ihre Tätigkeit neu aufnehmenden Mitarbeitern dokumentiert werden. Andernfalls könnten auch die Klinikleitung oder der Chefarzt unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens haften. |

Falsche Handhabung des Narkosegeräts führt zum Tod des Patienten

Der Anästhesist hatte in seiner Heimat im Ausland studiert und war erst später zum Arbeiten nach Deutschland gekommen. Da sein im Ausland erworbener Facharzt in Deutschland nicht anerkannt wurde, trat er seine Stelle zur Weiterbildung in der Anästhesie an. Dabei war er auch im sogenannten ambulanten Operationszentrum des Krankenhauses tätig. In die Funktionsweise des dort verwendeten Narkosegeräts Primus hatte ihn der Einweisungsbeauftragte der Klinik eingeführt – ein Oberarzt der Anästhesie, der durch die Herstellerfirma entsprechend geschult war und die Geräteeinweisung bei allen Ärzten des Hauses schulte. Am Tattag stand eine diagnostische Arthroskopie an. Durch Sauerstoffunterversorgung erlitt der Patient ein Hirnödem, an dessen Folgen er am nächsten Tag verstarb.

LG Bielefeld: Angeklagter hat seine Sorgfaltspflichten verletzt

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Anästhesist die ihm als Arzt in Weiterbildung obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt habe. Er habe die Standards in der Anästhesie zur Funktionsprüfung des Narkosegeräts und zum Gebot, bei Problemen mit der Beatmung im Zweifelsfall die Beatmung per Ambu-Beutel sicherzustellen, nicht eingehalten.

Ohne zuvor zu prüfen, ob ein Sauerstofffluss vom Narkosegerät zum Patienten gewährleistet war, habe der Anästhesist die Narkose eingeleitet. Im Verlauf der Anästhesie habe er es trotz der von ihm akustisch wahrgenommenen Alarmmeldung der Kategorie „roter Alarm“ unterlassen, die konkrete Alarmmeldung auf dem Bildschirm des Narkosegeräts und den für die Alarmauslösung verantwortlichen und durch rotes Blinken kenntlich gemachten Messwert in Augenschein zu nehmen. Durch dieses Versäumnis habe er nicht entsprechend reagieren können. Das Gericht wertete dies als eklatante Verletzung der Sorgfaltsanforderungen – trotz langjähriger Berufserfahrung des Anästhesisten und hinreichender Ausbildungs- und Einweisungsbemühungen seitens des Krankenhauses.

AUSGABE: CB 7/2024, S. 9 · ID: 50037914

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