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BerufsrechtNicht stabilisierte Abhängigkeitserkrankung reicht für Anordnung des Ruhens der Approbation aus
| Jeder Arzt muss schon aus Patientenschutzgründen uneingeschränkt gesundheitlich zur Ausübung seines Berufs geeignet sein. Fehlt diese Eignung, z. B. aufgrund einer Abhängigkeit, droht die Anordnung des Ruhens der Approbation. Damit, welche Anforderungen an die Begutachtung einer Abhängigkeitsproblematik zu stellen sind, hatte sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) zu beschäftigen (13.07.2021, Az. 21 ZB 18.509) |
Zwei Gutachten belegen Amphetaminabhängigkeit, Klage abgewiesen
Geklagt hatte ein Oberarzt, bei dem 2014 vor allem der intensive, regelmäßige Konsum von Methamphetamin festgestellt worden war. Ein Gutachten ergab eine manifeste Abhängigkeit von Amphetaminen. Hierauf ordnete die zuständige Approbationsbehörde das Ruhen der Approbation an. Der Arzt hatte sich inzwischen bereits in stationäre Behandlung begeben. Er klagte gegen die Anordnung. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens wurde Mitte 2017 erneut ein Gutachten erstellt. Die Haarprobe des Klägers wies wieder einen Amphetaminkonsum aus, wenn auch in geringerer Intensität. Der Gutachter ging daher davon aus, dass es nicht zur ausreichenden Stabilisierung gekommen sei und die gesundheitliche Eignung weiterhin nicht vorliege. Zwischen der mündlichen Verhandlung und der Urteilsverkündung wurde nach einem Suizidversuch des Arztes ein AHDS mit hoher Abhängigkeitsdisposition und eine schwere depressive Episode festgestellt. Das Gericht wies die Klage ab.
Arzt kann nicht belegen, dass das Gutachten fehlerhaft ist
Auch gegen dieses Urteil ging der Kläger vor. Begründung: Das Gutachten sei fehlerhaft. Der VGH war anderer Ansicht: Der Gutachter habe sich ausreichend mit der genauen Beschaffenheit der Abhängigkeit auseinandergesetzt, so der VGH. Er hatte sämtliche Kriterien der diagnostizierten Abhängigkeit im ICD-10 und mögliche Abstufungen (manifeste/abstinente Abhängigkeit, Überwindung/Stabilisierung der Abhängigkeit) detailliert gewürdigt. Dem VGH reichte die so festgestellte, nicht hinreichende Stabilisierung der Erkrankung nach einer eindeutigen manifesten Abhängigkeit aus, um die gesundheitliche Eignung aufzuheben. Der Kläger sei zz. nicht in der Lage, seinen Konsumwunsch ausreichend bewusst und willentlich zu steuern. Der Kläger scheiterte auch mit den weiteren Einwänden, dass die Diagnose des ADHS und die damit eingetretene Besserung seines Zustands nicht berücksichtigt worden seien. Hierzu hatte er keine fachlichen Stellungnahmen vorgelegt, sodass das Gericht den Einwand als bloße Behauptung abtat. Gleiches galt für das Vorbringen, bei seiner Abhängigkeitsdisposition sei mit gelegentlichen Rückfällen zu rechnen.
Praxistipp | Da die Behörden i. d. R. aussagekräftige Gutachten vorlegen, müssen diese durch fachlich qualifizierte Gegenmeinungen belegt werden. Bloße Gegenbehauptungen reichen nicht aus. Auch ein Unterliegen im Prozess bedeutet aber nicht, dass der Arzt nie wieder praktizieren darf. Er kann jederzeit eine Überprüfung seiner gesundheitlichen Eignung fordern. Liegt eine hinreichende Stabilisierung vor, wird die Ruhensanordnung aufgehoben. |
AUSGABE: CB 7/2022, S. 8 · ID: 48228572