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KassenführungZum aktuellen Stand der Diskussion: Quo vadis Belegausgabepflicht?

Abo-Inhalt09.12.20245 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. (FH) Tobias Teutemacher

| In den letzten Wochen wurden in den sozialen Medien verschiedene Veröffentlichungen auf den Internetseiten des Bundestags, des Bundesrats und des BMF diskutiert. In diesem Zusammenhang ist aufgefallen, dass die Belegausgabepflicht (§ 146a Abs. 2 AO) erneut intensiv erörtert wird. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion. |

1. Belegausgabepflicht zum Schutz vor Manipulationen

Zum 1.1.20 wurde unter großem Medieninteresse die Belegausgabepflicht eingeführt. Insbesondere Vertreter des Bäckerhandwerks befürchteten eine Papierflut. Dabei wurde völlig übersehen, dass die Belegausgabepflicht zu den wichtigen Säulen des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (22.12.16, BGBl I 16, 3152) gehört. Neben der gesetzlich normierten Einzelaufzeichnungspflicht, der Pflicht, seine über das elektronische Aufzeichnungssystem erfassten Geschäftsvorfälle durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung schützen zu lassen, soll die Belegausgabepflicht sicherstellen, dass die Geschäftsvorfälle auch tatsächlich in den elektronischen Aufzeichnungssystemen erfasst werden.

Nach anfänglichem Widerstand wird die Belegausgabepflicht inzwischen akzeptiert. Dies liegt u. a. daran, dass viele Geschäfte ihren Kunden auch die Möglichkeit bieten, einen digitalen Beleg mitzunehmen. Wer jedoch mit offenen Augen durch die Geschäfte geht, wird feststellen, dass Manipulationen durch Nichteingabe weiterhin möglich sind und von einigen Unternehmen auch praktiziert werden.

2. Der bayerische Antrag im Bundesrat

Der Freistaat Bayern brachte am 3.7.24 einen Antrag zum Bürokratieabbau im Steuerrecht in den Bundesrat ein (vgl. auch BR-Drs. 324/24). In diesem Antrag wird gefordert, der Bundesrat möge beschließen, dass die seit dem 1.1.20 geltende Belegausgabepflicht (§ 146a Abs. 2 AO) abgeschafft und durch eine „Belegausgabe auf Verlangen“ ersetzt wird. Begründet wird dieser Schritt mit einer hohen Belastung für die Unternehmen und die Umwelt. Ein Großteil der Belege würde von den Kunden nicht entgegengenommen, sodass sie direkt im Müll entsorgt werden. Auch die gesetzliche Ausnahmeregelung (§ 146a Abs. 2 S. 2 AO) sei an zu strenge Voraussetzungen geknüpft, die von den Unternehmen kaum zu erfüllen sind.

Als weiteren Grund für die Abschaffung der Belegausgabe sieht der Antragsteller das geänderte Zahlungsverhalten der Kunden. In der Praxis würde eine Vielzahl von Geschäften mit Debit- oder Kreditkarten abgewickelt, bei denen der Umsatz ebenfalls über ein elektronisches Aufzeichnungssystem erfasst und durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung unveränderbar gespeichert wird.

Beachten Sie | Bis heute (Stand: 21.11.24) wurde über diesen Antrag im Bundesrat noch nicht entschieden.

3. Forderung des Bundesrechnungshofs (BRH)

In seiner abschließenden Mitteilung an das BMF über die Prüfung „Umsetzung, Kontrolle und Wirksamkeit der Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 AO“ vom 30.7.24 (www.iww.de/s12056) empfiehlt der BRH die Ausweitung der Kontrollen auch in Bezug auf die Einhaltung der Belegausgabepflicht. Sie ist ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Steuerhinterziehung in bargeldintensiven Betrieben. Darüber hinaus sollten die Finanzbehörden die Möglichkeit von Zwangsmaßnahmen, z. B. die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern, verstärkt nutzen, um einen gleichmäßigen Steuervollzug zu gewährleisten. Außerdem empfiehlt der BRH, den Sanktionsapparat des Kassengesetzes 2016 (vgl. § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 3-6 AO) zu erweitern, d. h. die Nichteinhaltung der Belegausgabepflicht in die Tatbestandsmerkmale aufzunehmen.

4. Empfehlungen des Bundesrats zum JStG 2024

Eine Überraschung brachten die Empfehlungen der Ausschüsse an den Bundesrat zum Entwurf des JStG 2024 (BR-Drs. 369/1/24 vom 17.9.24). Dort wurde vorgeschlagen, in § 379 Abs. 1 S. 1 AO zwei neue Ordnungswidrigkeitentatbestände einzufügen: „Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

  • Nr. 9: entgegen § 146a Abs. 2 S. 1 der Belegausgabepflicht nicht oder nicht richtig nachkommt,
  • Nr. 10: entgegen § 146a Abs. 4 seiner Mitteilungspflicht nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt.“

Bei Verstößen gegen die Belegausgabe- und Mitteilungspflicht hätten Steuerpflichtige mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 EUR belegt werden können. Begründet wurde dieser Sanktionsvorschlag mit der Forderung des BRH (siehe 2.). Denn nur bei Ausgabe eines Belegs kann die Finanzbehörde grundsätzlich davon ausgehen, dass der Geschäftsvorfall auch im elektronischen Aufzeichnungssystem und damit in den Grundaufzeichnungen erfasst und durch die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung vor Manipulationen geschützt gespeichert wird.

Beachten Sie | Am 18.10.24 wurde das JStG 2024 ohne die vom Bundesrat empfohlene Änderung des § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 und 10 AO vom Bundestag verabschiedet.

5. Referentenentwurf des BMF: Zweite Verordnung zur Änderung der Kassensicherungsverordnung

Aktuell könnte man denken, dass es bei der Belegausgabepflicht bleibt, wie sie in § 146a Abs. 2 AO geregelt ist. Doch es bleibt spannend, denn der nächste Versuch, die Belegausgabepflicht abzuschaffen, kommt nun vom BMF in Form des Referentenentwurfs zur zweiten Verordnung zur Änderung der Kassensicherungsverordnung vom 18.9.24.

Der Entwurf enthält einige redaktionelle Änderungen sowie verschiedene Klarstellungen. So wurde u. a. die einheitliche digitale Schnittstelle (DSFinV-K = digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung für Kassensysteme, DSFinV-TW = digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung für Taxameter und Wegstreckenzähler) neu definiert (vgl. § 4 KassenSichV-E).

In Bezug auf die Belegausgabepflicht ist aber die Änderung des § 7 Abs. 4 KassenSichV von Bedeutung. An dieser Stelle sollen die Sätze 1 und 2 durch folgende Sätze ersetzt werden:

Änderung des § 7 Abs. 4 KassenSichV

„Verfügt ein EU-Taxameter nicht über einen Belegdrucker, so besteht keine Belegausgabepflicht. In diesen Fällen kann der Beleg außerhalb des EU-Taxameters in Papierform oder mit Zustimmung des Belegempfängers elektronisch in einem standardisierten Datenformat ausgegeben werden.“

Hier erhalten Taxiunternehmen die Möglichkeit, die Belegausgabepflicht zu unterlaufen. Dies hätte in der Praxis die Konsequenz, dass in Taxen, in denen für viel Geld Drucker eingebaut wurden, diese wieder ausgebaut werden, um eben nicht der Belegausgabepflicht zu unterliegen. Wenn hier Sonderregelungen für eine Branche geschaffen werden, werden andere folgen. Das Ende der Belegausgabepflicht wäre damit vorprogrammiert.

Fazit | Für einen Praktiker, der sich seit nunmehr 28 Jahren mit Manipulationen rund um die Kassenführung beschäftigt, wäre eine Aufweichung bzw. Abschaffung der Belegausgabepflicht das falsche Signal. Manipulationen durch die Nichteingabe von Geschäftsvorfällen gehören im Moment zu den am häufigsten festgestellten Fällen der Steuerhinterziehung. Ehrliche Unternehmen haben in den letzten Jahren viel Geld investiert, um die gesetzlichen Anforderungen des Kassengesetzes 2016 zu erfüllen. Um weiterhin der Steuergerechtigkeit zu entsprechen, sollte die Belegausgabepflicht im Gesetz verbleiben. Die Finanzbehörden werden den Druck auf potenzielle Täter durch
erhöhen.
  • verstärkte Inaugenscheinnahmen (§ 98 AO),
  • die Mitteilungspflicht (§ 146a Abs. 4 AO) und
  • verstärkte Kassen-Nachschauen (§ 146b AO)
Wie es jedoch mit der Belegausgabepflicht weitergehen wird, kann aufgrund der aktuellen politischen Situation derzeit noch nicht gesagt werden.
Hinweis

AUSGABE: BBP 12/2024, S. 314 · ID: 50245859

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