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BetriebsprüfungAchtung: Steuerrisiko bei Fremdwährungsverlusten
| In zwei Urteilen hat der BFH klargestellt, dass Fremdwährungsverluste in den Anwendungsbereich der Korrekturvorschrift des § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG fallen. Dies gilt aufgrund einer Gesetzesänderung jedoch nur für bis zum 31.12.21 realisierte Fremdwährungsverluste. Insbesondere in laufenden Betriebsprüfungen dürfte diese Vorschrift ein echtes Steuerrisiko darstellen. |
1. Grundsätze zu § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG
Gewährt eine Kapitalgesellschaft einer anderen Kapitalgesellschaft, an der sie zu mehr als 25 % beteiligt ist, ein Darlehen und kommt es infolge eines Darlehensausfalls oder -verzichts zu einer Gewinnminderung, so ist diese dem zu versteuernden Einkommen der darlehensgebenden Kapitalgesellschaft außerbilanziell wieder hinzuzurechnen. Zu einer Korrektur kommt es auch, wenn Gewinnminderungen für Forderungen aus Rechtshandlungen entstehen, die einer Darlehensgewährung vergleichbar sind.
Beachten Sie | Die Korrektur kann verhindert werden, wenn nachgewiesen wird, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte und es auch bei diesem fremden Dritten zu einer Gewinnminderung gekommen wäre (Fremdvergleich).
Mit Wirkung ab 1.1.22 wurde in § 8b Abs. 3 S. 6 KStG ausdrücklich klargestellt, dass Währungskursverluste im Zusammenhang mit einer Darlehensgewährung nicht unter diese Korrekturnorm fallen.
2. BFH: Korrekturvorschrift greift bei Währungskursverlusten
In zwei aktuellen Urteilen hat der BFH nun entschieden, dass Währungskursverluste, die bis zum 31.12.21 im Zusammenhang mit einer Darlehensgewährung realisiert wurden, in den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG fallen (BFH 24.4.24, I R 11/23, Abruf-Nr. 243492 und I R 41/20, Abruf-Nr. 243497). Begründet haben die Richter dies damit, dass der Wortlaut der Vorschrift keine Anhaltspunkte dafür bietet, Währungskursverluste nicht in diese Korrekturnorm einzubeziehen. Der Gesetzestext spricht von „Gewinnminderungen“ und enthält keine Einschränkung für Währungskursverluste. Auch die Begründung des Gesetzentwurfs bei Einführung dieser Vorschrift im Jahr 2008 wird von den BFH-Richtern zitiert (BT-Drs. 16/6290, S. 73). Hier wird ausdrücklich von „allen“ Gewinnminderungen gesprochen. Es ist zudem weder im Gesetzestext noch im damaligen Gesetzentwurf eine Einschränkung zu finden, dass nur Gewinnminderungen korrigiert werden, bei denen auch Gewinnerhöhungen (hier: Währungskursgewinne) steuerfrei wären. Im Ergebnis dürften also Betriebsprüfer bei Betriebsprüfungen, bei denen die Voraussetzungen des § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG vorliegen, in den Jahren bis Ende 2021 solche Sachverhalte mit Fremdwährungsverlusten aufgreifen.
3. Zu beachtende Besonderheiten bei § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG
Die Korrekturvorschrift des § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG trifft Mandanten und Steuerberater häufig völlig unerwartet, denn es gibt einige Ausnahmen vom klassischen Fall der Darlehensgewährung.
Besonderheit 1: Vergleichbare Forderungen
Die Korrekturvorschrift greift auch, wenn gar kein Darlehensvertrag abgeschlossen wurde. In der Praxis kommt es zu einer Korrektur, weil zwischen zwei Kapitalgesellschaften ein Verrechnungskonto für Liefer- und Leistungsbeziehungen besteht und der Forderungsausfall aufgrund eines Verzichts in Bezug auf dieses Verrechnungskonto zu einer Gewinnminderung führt. Im Urteilsfall I R 41/20 bestand zwischen einer in Deutschland und einer in Brasilien ansässigen Kapitalgesellschaft ein Verrechnungskonto aufgrund von Warenlieferungen der deutschen Gesellschaft. Es bestand ein Zahlungsziel von 90 Tagen. Hat die deutsche Kapitalgesellschaft die Forderung nach weiteren 90 Tagen noch nicht eingetrieben, wird diese Forderung im Verrechnungskonto zu einer einem Darlehen vergleichbaren Forderung und die Anwendung der Korrekturnorm des § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG ist eröffnet.
Besonderheit 2: Nahestehende Personen nach § 1 Abs. 2 AStG
Leider kann man sich nicht beruhigt zurücklehnen, wenn zwischen Darlehensgeber und -nehmer kein Beteiligungsverhältnis von mehr als 25 % besteht. In § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG ist geregelt, dass diese Korrekturnorm auch für dem Gesellschafter nach § 1 Abs. 2 AStG nahestehende Personen (insbesondere Schwestergesellschaften) gilt.
Besonderheit 3: Darlehensgeber ist eine Personengesellschaft
Auf völliges Unverständnis treffen Feststellungen nach § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG, wenn es sich bei der darlehensgebenden Gesellschaft um eine Personengesellschaft handelt. Ist an einer Personengesellschaft eine Kapitalgesellschaft beteiligt, kann es allerdings auf der Ebene der Kapitalgesellschaft aufgrund des Transparenzprinzips zu einer Einkommenskorrektur bei entsprechenden Gewinnminderungen kommen (§ 8b Abs. 6 KStG).
4. Verhaltensknigge für die Praxis
Eine Möglichkeit, trotz Vorliegens aller Voraussetzungen des § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG eine außerbilanzielle Korrektur bei der darlehensgebenden Kapitalgesellschaft zu vermeiden, ist der Nachweis, dass auch fremde Dritte unter gleichen Umständen einen Währungskursverlust erzielt hätten. Dieser Fremdvergleich dürfte in der Praxis allerdings schwierig zu führen sein.
Eine weitere Möglichkeit wäre der Darlehensverzicht gegen Besserungsschein. Im Zeitpunkt des Verzichts (in der Gewinnermittlung Teilwertabschreibung) würde es zur Korrektur nach § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG kommen. Sollte die Darlehensforderung im Besserungsfall wieder aufleben und die Teilwertabschreibung rückgängig gemacht werden (= Gewinnerhöhung), dürfte in dieser Höhe eine außerbilanzielle Minderung des zu versteuernden Einkommens der darlehensgebenden Gesellschaft vorgenommen werden (§ 8b Abs. 3 S. 9 KStG).
AUSGABE: BBP 12/2024, S. 320 · ID: 50241129