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BetriebsprüfungBetriebsprüfungspraxis in Deutschland: Aktuelle Zahlen, Daten und Fakten

Abo-Inhalt09.12.20244 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Juhn, Professor an der FOM Hochschule Bonn, StB und geschäftsführender Partner bei der JUHN Partner GmbH

| In Deutschland muss jedes zweite Unternehmen Steuern nachzahlen. Das zeigt eine aktuelle PwC-Studie. 54 % der befragten Betriebe sahen sich mit Mehrbelastungen konfrontiert – und das in Millionenhöhe. So wurde für 2022 vom BMF ein Mehrergebnis von rund 10,8 Mrd. EUR festgestellt. Projiziert auf den Haushaltsplan für 2025 entspricht das in etwa dem Jahresetat des BMZ (10.280.316 EUR). BBP gibt einen Überblick über die aktuelle Betriebsprüfungspraxis in Deutschland. |

1. Weiterhin hohe Nachzahlungen bei Betriebsprüfungen

Um sicherzustellen, dass die Unternehmen ihre Abgaben fristgerecht und in der richtigen Höhe an den Fiskus abführen, führen die Betriebsprüfer Stichproben durch. Im Jahr 2022 waren es rund 150.000 Unternehmen, die von den Mitarbeitern der FA aufgesucht wurden (PwC Deutschland, „Studie zur Praxis der Betriebsprüfung in Deutschland“, www.iww.de/s11778). Das entspricht einer Prüfungsquote von durchschnittlich 1,8 %. Zusätzlich wurden über 6.000 Prüfungen in „sonstigen Fällen“ vorgenommen, etwa bei Steuerpflichtigen mit bedeutenden Einkünften bzw. bei Verlustzuweisungsgesellschaften oder Bauherrengemeinschaften.

Der Prüfungszeitraum umfasst i. d. R. drei Veranlagungsjahre. Bei der Frage nach der Häufigkeit spielt u. a. auch die Umsatzgröße eine Rolle. Kleinbetriebe (Umsatz: < 10 Mio. EUR) und mittlere Betriebe (Umsatz: < 50 Mio. EUR) müssen sich beispielsweise erfahrungsgemäß im Durchschnitt alle zehn Jahre einer sog. Amtsbetriebsprüfung unterziehen. Dies unterstreichen auch die Ergebnisse der aktuellen PwC-Erhebung: Obwohl insgesamt ein Rückgang der Feststellungen zu beobachten ist, liegt der Anteil der geprüften Großbetriebe mit 17,5 % deutlich höher als bei den anderen Umsatzklassen (vgl. auch BMF, „Ergebnisse der steuerlichen Betriebsprüfungen der Länder 2022“: www.iww.de/s9990).

Mehr noch: Die PwC-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem die umsatzstärkeren Unternehmen höhere Steuernachzahlungen haben. Nur 19 % der befragten Unternehmen gaben an, dass sie keine nennenswerten Mehrbelastungen zu tragen hatten oder sogar Rückerstattungen erhalten haben. Die meisten davon sind kleinere Unternehmen der Umsatzgrößenklasse von 500 Mio. EUR und weniger (25 %). Unternehmen mit einem Umsatz von 500 Mio. EUR und mehr hatten dagegen höhere Mehrbelastungen. Auffällig ist, dass 5 % der Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 1 Mrd. EUR oder mehr bei der letzten Betriebsprüfung zusätzliche Steuerlasten von mindestens 50 Mio. EUR tragen mussten.

2. Digitale Hilfsmittel erleichtern die Prüfung

Normalerweise kann eine Betriebsprüfung, die sicherstellt, dass alles mit rechten Dingen zugeht, eher als „Gesundheitscheck“ für die Finanzen des Unternehmens angesehen werden. Auffälligkeiten im Zahlenwerk führen erfahrungsgemäß noch nicht zu einer förmlichen Prüfungsanordnung. Wenn sich Auffälligkeiten jedoch häufen und eine unübersichtliche Darstellung der Zahlen den Vergleich mit den Vorjahren erschwert, werden die Prüfer aufmerksam. Dabei stehen ihnen heute ganz andere digitale Hilfsmittel zur Verfügung als noch vor zehn Jahren. So lassen sich riesige Datenmengen mit Analyseprogrammen automatisch auswerten und Durchschnittswerte für Branchen ermitteln. Entsprechend schnell und präzise können die Prüfer feststellen, welche Unternehmen von der Norm abweichen. Das gilt auch für Fälle, in denen die Daten aus der Steuererklärung und der E-Bilanz nicht übereinstimmen.

Auf der anderen Seite ist der Einsatz von digitalen Tools auf Unternehmensseite noch ausbaufähig. Im Idealfall nutzen Unternehmen diese zur Erfassung und Archivierung von Belegen oder sogar ganzheitliche Tax-Compliance-Management-Systeme, die einen transparenten 360-Grad-Überblick über sämtliche Daten der letzten drei zusammenhängenden Jahre ermöglichen. In der PwC-Studie geben 61 % der befragten Unternehmen an, kein Tax-Compliance-Management-System zu nutzen. Bei kleineren Unternehmen mit weniger als 100 Mio. EUR Umsatz sind es sogar 77 %. Immerhin zeigt der Blick in die Zukunft: Die Hälfte (49 %) der befragten Unternehmen will bei künftigen Betriebsprüfungen verstärkt auf Technologie setzen.

3. Relevanter Prüfungsstoff und Mehrergebnisse

Neben den Kleinbetragsrechnungen, den Betriebsausgaben (insbesondere Bewirtungsbelegen) und den Angaben zu den gesetzlichen Sozialversicherungen sind auch der Vorsteuerabzug, die Umsatzsteuer, die Investitionsabzugsbeträge, die Sonderabschreibungen, die Schuldzinsen und die private Nutzung betrieblicher Wirtschaftsgüter, insbesondere von Dienstwagen, beliebte Prüfungsschwerpunkte der Finanzverwaltung. Die Schwerpunkte der Betriebsprüfung sind jedoch von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. So zeigt die PwC-Studie, dass bei größeren Unternehmen in der Umsatzklasse ab 500 Mio. EUR Mehrergebnisse im Bereich des Bilanzsteuerrechts erzielt wurden. Bei kleineren Unternehmen ist es hingegen der Bereich der laufenden Abschreibung. Und mit den Themen „Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben“ sowie „Bilanzierung des Umlaufvermögens“ haben Unternehmen aller Umsatzgrößenklassen zu kämpfen.

Weiterführender Hinweis
  • JUHN Partner, Betriebsprüfung: Überblick über den Ablauf, die Prüfungsanordnung und den Prüfungsbericht: www.iww.de/s11779

Zum Autor | Die Schwerpunkte von Prof. Dr. Christoph Juhn sind Umwandlungen und Umstrukturierungen, Unternehmen- und Konzernsteuerrecht, internationales Steuerrecht und Unternehmenstransaktionen.

AUSGABE: BBP 12/2024, S. 317 · ID: 50200154

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