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FristenkontrolleMit dem beA sind die Anforderungen an die Fristenkontrolle noch gestiegen!

Abo-Inhalt11.09.202533 Min. LesedauerVon Rechtswirtin und Kanzleimanagerin Carmen Wolf, Koblenz

| Das Versäumen einer Frist ist ein Kardinalfehler: Sie verlieren Gerichtsverfahren, Mandanten entziehen Ihrer Kanzlei das Vertrauen, Sie provozieren einen Haftungsfall. Nicht zuletzt leidet der gute Ruf Ihrer Kanzlei, wenn die Versäumnisse öffentlich bekannt werden. Die Mandanten nehmen diese – zu Recht – als mangelhafte Organisation wahr. Und solche Themen werden öfter weitererzählt als positive Erfahrungen, weil sie für die Außenwelt spannender sind. Wie Sie die Fristenkontrolle in Zeiten des beA sinnvoll und ohne Fehler implementieren, zeigt der folgende Beitrag. |

Was Sie über die Organisation von Fristen wissen müssen

Das Fristenmanagement kann bei gewöhnlichen und routinemäßigen Fristen auf im Einzelnen dafür benanntes Fachpersonal übertragen werden. Sie als Berufsträger haben aber – neben der Schaffung einer guten Organisation – trotzdem noch Verantwortung: die selbstständige Kontrolle, insbesondere bei Rechtsmittel(begründungs)fristen, aber auch die stichprobenartige Kontrolle des zuständigen Fachpersonals liegt in Ihrem Bereich.

Die Organisation des Fristenmanagements schließt folgende Punkte mit ein:

  • Strukturierung und Arbeitsanweisungen zum Errechnen und Notieren von Fristen und Vorfristen und
  • Vorgaben zum Ablauf der Streichung erledigter Fristen.

Im ersten Schritt gehört es zu Ihren Aufgaben, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist (bei dem zuständigen Gericht) eingeht. Zu diesem Zweck müssen Sie sicherstellen, dass Ihnen die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt oder digital verfügt werden. Unabdingbar ist daneben, eine Ausgangskontrolle zu schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Fehlt diese Ausgangskontrolle, kann eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht gewährt werden.

Wer für die Erledigung von Fristen verantwortlich ist

Grundsätzlich gilt hierbei dasselbe wie bei der Berechnung und dem Notieren von Fristen: Die Verantwortung muss einer bestimmten Fachkraft zugewiesen sein. Nicht jeder darf sich um die Fristenkontrolle kümmern. Es muss eindeutig feststehen, wer zu welchem Zeitpunkt ausschließlich zuständig ist.

Seit das beA verpflichtend ist, geht damit eine größere Verantwortung einher. Gerade im digitalen Zeitalter können Ungenauigkeiten oder Oberflächlichkeiten zum Verlust des Rechtsstreits führen, u. a. wenn Sie den Schriftsatz nicht oder falsch signieren. Das Versenden oder Signieren von ungeprüften Schriftsätzen kommt einer Blind- oder Blanko-Unterschrift gleich. Das Argument, einer langjährig geschulten Fachkraft wäre ein Versehen passiert, ist hinfällig. Sie verantworten die Schriftsätze, die aus Ihrem beA verschickt werden.

Wie die Fristen geprüft werden

Prüfungsschritte in der Versendungsvorbereitung

Sie können sich mit einfachen Kontrollschritten vor nicht mehr korrigierbaren Fehlern beim Versand fristgebundener Schriftsätze über das beA schützen. Führen Sie diese Schritte nach dem Hochladen (unabhängig, von wem dieser Schritt erledigt wird), aber vor dem Signieren durch:

  • 1. Gleichen Sie das Empfängergericht mit den Daten in der E-Akte sowohl im Schriftsatz als auch im Empfängerfeld des beA ab und prüfen Sie es noch einmal. Am sichersten ist der Vergleich mit dem letzten eingegangenen Schriftstück des Gerichts.
  • 2. Prüfen Sie den Schriftsatz auf Inhalt, Vollständigkeit und Richtigkeit.
  • 3. Kontrollieren Sie das Gerichtsaktenzeichen.
  • 4. Prüfen Sie, ob der Schriftsatz eine einfache Signatur (lesbare Unterschrift im Schriftsatz – maschinengeschriebener Name reicht aus) enthält.
  • 5. Signieren Sie das Dokument beim Versand über eine Mitarbeiterkarte.
  • 6. Benennen Sie die Datei eindeutig.

Beachten Sie | Für den BGH (31.8.23, VIa ZB 24/22, Abruf-Nr. 237676) ist ein individueller Dateiname ausdrücklich erforderlich. Der Name „Berufungsschriftsatz.pdf“ ist nicht geeignet, eine Verwechslung auszuschließen. Dem folgend gilt es auch für „SS-Fristerledigung.pdf“ oder „Klageerwiderung.pdf“. Der Dateiname ermöglicht „weder die Zuordnung zu einem bestimmten Verfahren noch eine hinreichende Unterscheidung von anderen Dokumenten im selben Verfahren“.

Für Kanzleien, die über ihre Software und entsprechender Schnittstelle ihre Schriftsätze via beA einreichen, bedeutet die Entscheidung einen Mehraufwand. Denn hierbei wird unmittelbar aus einer Akte heraus versendet, in der sich üblicherweise nicht mehrere unterschiedliche Dokumente mit demselben Dateinamen befinden. Eine Unterscheidung von anderen Dokumenten im selben Verfahren sollte daher problemlos möglich sein.

Praxistipp | Sinnvoll erscheint ein Klarname, der sich aus der Art des Schriftsatzes (abgekürzt) , dem Kurzrubrum und dem Datum zusammensetzt, wie etwa „BB_Müller_Weber_2025_01_10.pdf“. Denn wird nur die Art des Schriftsatzes (z. B. „Berufungsbegründung“) mit den Parteinamen oder dem Aktenzeichen gekoppelt, könnten diese Dokumente schwer von anderen Dokumenten im selben Verfahren unterschieden werden. Der BGH hält Zahlendreher für wahrscheinlich, was wiederum eine Wiedereinsetzung verhindern würde. Wie man es richtig machen soll, hat der BGH allerdings offengelassen.

Prüfungsschritte nach dem Versand

Die Frist darf erst als erledigt gekennzeichnet werden, wenn der Nachweis des korrekten Zugangs der vollständigen Nachricht heruntergeladen und (positiv) geprüft worden ist. Denn haben Sie nach vollständiger Prüfung den Sendebutton gedrückt, genügt dies dem BGH nicht (11.5.21, VIII ZB 9/20, Abruf-Nr. 223173). Das allein gibt keine Sicherheit, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Dafür muss die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO erteilt werden. Das kann und sollte aber in der Regel dem Fachpersonal übertragen werden.

Um die Eingangsbestätigung prüfen zu können, müssen Sie sich in der beA-Webanwendung anmelden – auch dann, wenn Sie mit einer kanzleispezifischen Software arbeiten. Zwar übertragen die meisten Systeme mittlerweile den Meldetext. Hierauf dürfen Sie sich aber nicht verlassen, weil die Softwarehäuser für die Richtigkeit der Übertragung der Meldetexte (bislang) keine Garantie geben.

In der beA-Webanwendung kann die gesendete Nachricht unter „Gesendet“ (linke Menüleiste) nach dem Öffnen exportiert werden (rechte Menüleiste). Sämtliche zu dieser Nachricht gehörenden Dateien werden dann lokal abgelegt.

Die Datei mit der Endung _export.html enthält die Eingangsbestätigung. Durch Doppelklick hierauf kann das Prüfprotokoll eingesehen und auf ordnungsgemäßen Versand und fehlerlosem Eingang prüft werden. Bei einer korrekten Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO zeigt das beA im Übermittlungsprotokoll unter dem Abschnitt „Zusammenfassung Prüfprotokoll“ folgendes Bild:

ZusammenfassungPrüfprotokoll_sw_300dpi.jpg (© IWW Institut)
Bild vergrößern
© IWW Institut

Der Meldungstext und der Status (hier eingekreist) bestätigen, dass der Vorgang abgeschlossen wurde und kein Fehler passiert ist. Zugleich befindet sich dort auch ein zeitlicher Nachweis über den Eingang der Dokumente auf dem Intermediär.

Allerdings ist diese Eingangsbestätigung nur dann wertvoll, wenn der richtige Empfänger und das korrekte Aktenzeichen angegeben wurde. Auch diese Daten ergeben sich aus der Datei _export.html (oben links) und sind anhand der Akte abzugleichen. Außerdem muss sich die Eingangsbestätigung auf die Datei mit dem Schriftsatz beziehen, dessen Übermittlung erfolgen sollte. Auch diese Prüfung ist anhand der export.html-Datei abzugleichen, und zwar oberhalb des Prüfungsprotokolls:

Dateiname

Bezeichnung

Anhangstyp

BB_Müller_Weber_2025_01-10.pdf

BB_Müller_Weber_2025_01-10.pdf.pkcs7

Anlage_K3.pdf

Xjustiz_nachricht.xml

BB_Müller_Weber_2025_01-10.pdf

BB_Müller_Weber_2025_01-10.pdf.pkcs7

Anlage_K3.pdf

Xjustiz_nachricht.xml

Schriftsatz

Anlage

Anlage

Strukturdatensatz

Die an das Gericht übermittelte pdf-Datei oder die Dateien sind zudem im Export-Ordner enthalten. Sie sollten bestenfalls ebenfalls geöffnet und auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft werden.

Tritt ein Fehler auf oder fehlt auch nur ein Hinweis des ausgeführten Auftrags, müssen Sie die Datei erneut versenden. Führen Sie alle Prüfungsschritte noch einmal – sozusagen doppelt – aus. Erst wenn alle Prüfungspunkte als richtig abgehakt sind, kann die Frist gestrichen bzw. als erledigt gekennzeichnet werden.

Wie Sie noch mehr Sicherheit bei der Fristenkontrolle erzeugen können

Darüber hinaus ist es ratsam, die Datei mit der Endung VerificationReport.html durch Doppelklick einzusehen. Machen Sie das immer, wenn das Erfordernis der qualifizierten Signatur besteht (v. a. beim Versand einer beA-Nachricht durch einen Mitarbeiter). Die Datei VerificationReport.html enthält das Prüfprotokoll für die Signatur. Grün hinterlegte Angaben sind in Ordnung. Treten Fehler auf, sind die entsprechenden Prüfungspunkte gelb bzw. rot hinterlegt. Hier lohnt ein Blick darauf, wer qualifiziert signiert hat.

Prüfen Sie auch die restlichen Dateien im Exportordner: So z. B. die Datei BusinessCard.html. Dort sehen Sie, ob die Versendung aus dem richtigen Postfach heraus erfolgt ist. Gerade, wenn Sie selbst versenden, müssen die einfache Signatur im Schriftsatz und das entsprechende beA-Postfach übereinstimmen. Fehler können hier vorkommen, wenn Sie auf beA-Postfächer von Kollegen zugreifen, Sie mehrere Postfächer für weitere Kanzleien besitzen oder ein beA-Postfach für die Berufsausübungsgesellschaft existiert.

Bevor Sie qualifiziert signieren, prüfen Sie, ob der Schriftsatz auch Ihre einfache Signatur enthält (Unterschriftszeile). Zwar gibt es aktuelle Entscheidungen, dass die qualifizierte Signatur die Verantwortung zeigt und es nicht schädlich sein muss, wenn einfache und qualifizierte Signatur nicht übereinstimmen. Lassen Sie es nicht darauf ankommen. Achten Sie nach der Signatur darauf, dass der Name der Signaturdatei (meist mit der Endung „pkcs7) identisch mit dem Namen des Schriftsatzes (Endung: pdf) ist. Ist er es nicht, ist der zu versendende Schriftsatz nach dem Signieren verändert worden.

Wie die Fristenkontrolle revisionssicher wird

Das beA ist kein Aufbewahrungsarchiv. Die Daten werden nach bestimmten Ablauffristen gelöscht. Wird der entsprechende Nachweis nicht gedruckt oder als Screenshot gespeichert, kann der Beweis für den (technischen) Zugang eines elektronischen Dokuments nicht erbracht werden!

Beachten Sie | Der Ausdruck hat nicht die volle Beweiskraft. Es handelt sich nicht um eine Urkunde, da sie nicht öffentlich beglaubigt wurde. Jedoch ist die Beweiskraft elektronischer Dokumente von öffentlichen Behörden anerkannt. Sie sollten daher die gesamte beA-Nachricht des ZIP-Ordners (vgl. oben) auf dem lokalen Server der Kanzlei oder zur Akte zu speichern, um im Fall des Falles den Beweis führen zu können, dass eine korrekte Versendung und Bestätigung erfolgt ist.

Doppelter Check am Abend ist essenziell

Ist die Arbeit des Tages getan, fällt üblicherweise der letzte Blick in den Fristenkalender. Hier genügt es nicht, dass alle Fristen gestrichen sind. Der BGH fordert eine Tagesendkontrolle (24.1.19, I ZB 47/18, Abruf-Nr. 207449). Das bedeutet: Jede Frist, die am Ende des Tages für diesen Tag im Fristenkalender notiert ist, ist nochmals zu überprüfen – auch, wenn die Erledigung bereits Tage oder Wochen vorher erfolgt ist und die Frist in dem Zeitpunkt schon (kontrolliert) gestrichen wurde. Die Prüfung umfasst, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht.

Checkliste / Prüfungsschritte der Fristenkontrolle mit beA

Vor dem Versenden:

  • Gericht und Daten der E-Akte im Schriftsatz und Empfängerfeld des beA abgleichen
  • Schriftsatz ist vollständig und inhaltlich richtig
  • Gerichtsaktenzeichen ist richtig
  • Schriftsatz enthält einfache Signatur
  • Datei eindeutig benannt

Ausgangskontrolle nach dem Versenden:

  • Nachricht ist korrekt zugegangen
  • Empfangsbestätigung des Gerichts liegt vor
  • Alle Dateien zu einer Nachricht sind gespeichert
  • Kontrolle aller Dateien (Prüfprotokoll)
  • Frist ist korrekt errechnet und eingetragen

Ist irgendwo ein Fehler aufgetreten: Datei neu versenden und alle Prüfungsschritte von vorn wiederholen!

Tagesendkontrolle:

  • Alle Fristen des Tages – egal ob erledigt oder nicht – kontrollieren

AUSGABE: AK 9/2025, S. 151 · ID: 50307796

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