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Wiedereinsetzung„Eigentlich perfekte Organisation“ schadet

Abo-Inhalt23.12.20243567 Min. LesedauerVon Christian Noe B. A., Göttingen

| Anwälte stellen sich nach dem BGH selbst schnell ein Bein, wenn sie organisatorische Abläufe in ihrer Kanzlei durch eine „unglückliche Wortwahl“ abschwächen oder die Zuständigkeiten bei der Fristenkontrolle „wachsweich“ handhaben. |

Entscheidungsgründe

Zum einen lasse die Formulierung des Anwalts hier, dass vor Büroschluss „grundsätzlich kontrolliert“ werde, auf mögliche Ausnahmen schließen. Zum anderen lege sich der Anwalt damit nicht fest, wann und unter welchen Bedingungen man vielleicht von einer abendlichen Postausgangskontrolle absieht. Damit deute er an, dass die Ausgangskontrolle bzw. einzelne Kontrollvorkehrungen an bestimmten Tagen möglicherweise nicht, wie angeordnet, stattfinden. Die geschilderte korrekte Kanzleiorganisation oder eine kanzleiinterne Arbeitsanweisung, die dem Gericht genügen würden, fallen insofern wie ein Kartenhaus in sich zusammen (BGH 26.9.24, III ZB 55/23, Abruf-Nr. 244230).

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung macht deutlich, wie ein Anwalt die Zuständigkeiten in seiner Kanzlei jedenfalls nicht wie folgt regeln darf:

  • Er darf nicht mittels einer allgemeinen Büroanweisung mehrere oder gar alle Büroangestellten verantwortlich machen.
  • Er darf nicht formulieren, dass er die Vertretungsfrage nicht selbst regele und bei einem Ausfall der verantwortlichen Mitarbeiter die Kontrollen „von den anderen Rechtsanwaltsfachangestellten übernommen“ werden.

Vielmehr muss der Anwalt Folgendes festlegen:

Praxistipp | Wenn Sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung begründen, sollten darin nie Signalwörter stehen, die das Gericht an Ihrer kontinuierlichen, korrekt gestuften Ausgangskontrolle (vgl. dazu AK 24, 19) zweifeln lassen. „Grundsätzlich“, „in der Regel“, „im Allgemeinen“ usw. sind Formulierungen, die die Regelmäßigkeit interner Kontrollen oder Arbeitsschritte infrage stellen und Gerichten zu schwammig sein können. Beschränken Sie sich darauf, Ihre Fristen- und Ausgangskontrollen ihrem Ablauf nach darzustellen, wie sie an jedem Arbeitstag in gleicher Weise stattfinden.

  • Er muss für bestimmte Zeitpunkte eine bestimmte qualifizierte Fachkraft für die Fristenkontrolle bestimmen.
  • Ist diese Fachkraft abwesend, ist der Anwalt verpflichtet, die Vertretung durch eine andere – gleichfalls zuverlässige – Fachkraft sicherzustellen. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass sein Personal die Vertretung selbst korrekt regelt.
Weiterführende Hinweise
  • Anwalt muss selbst prüfen, ob Fristen wiederholt verlängerbar sind, AK 24, 110
  • Für Rechtsmittelfristen müssen Vorfristen geführt werden, AK 24, 1

AUSGABE: AK 1/2025, S. 3 · ID: 50224710

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