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Nachhaltigkeit in der KanzleiPositives Image durch Engagement für Nachhaltigkeit

Abo-Inhalt15.12.2024393 Min. LesedauerVon Ursula Katthöfer, Wissenschaftsjournalistin, Bonn

| Eine Kanzlei, die nachhaltig denkt und handelt, sollte das kommunizieren. Denn ein grünes Image kann ein Wettbewerbsvorteil sein und die Arbeitgebermarke stärken (vgl. „Green Jobs und Nachhaltigkeit“, Deloitte Österreich). Allerdings müssen die Marketingaussagen authentisch, ehrlich und nachvollziehbar sein. Groß ist das Risiko, des Greenwashings bezichtigt zu werden. |

Begriffe wie „klimaneutral“ sind irreführend

Werbung mit „klimaneutral“ ist nur zulässig, wenn in der Werbung selbst erläutert wird, welche konkrete Bedeutung diesem Begriff zukommt (BGH 27.6.24, I ZR 98/23, Abruf-Nr. 242609). Zuvor hatte der Süßwarenhersteller Katjes damit geworben, seine Produkte „klimaneutral“ herzustellen. Diese Werbeaussage sei irreführend, weil der Herstellungsprozess von Lakritz und Fruchtgummi keineswegs CO2-neutral sei. Stattdessen hatte Katjes seine Treibhausgasemissionen über die Organisation „ClimatePartner“ kompensiert (vgl. dazu AK 23, 44). Der BGH fand, dass die Werbung mehrdeutig sei und „sowohl im Sinne einer Reduktion von CO2 im Produktionsprozess als auch im Sinne einer bloßen Kompensation von CO2 verstanden werden kann.“ Reduktion und Kompensation seien keine gleichwertigen Maßnahmen, um Klimaneutralität zu erreichen.

Beachten Sie | Das Beispiel zeigt, wie sensibel die Öffentlichkeit inzwischen auf Etiketten wie „nachhaltig“ und „klimapositiv“ reagiert. Da es keine gesetzlichen Vorgaben zu Umwelt- und Klimaschutzangaben für Produkte und Dienstleistungen gibt, kann jedes Unternehmen nach eigenem Gusto Labels, Zertifikate und Werbeslogans entwickeln. Die EU-Kommission plant zwar, dass Unternehmen in Zukunft Mindeststandards einhalten müssen. Doch kann es dauern, bis solche Regeln formuliert und in nationales Recht umgesetzt sind.

Klimaschutzprojekte durch Kompensation unterstützen

Eine Tonne CO2 verursacht dem Umweltbundesamt zufolge Schäden von 180 EUR (iww.de/s11332). Auch wenn es schwierig sein dürfte, diese Zahl exakt nachzuvollziehen, gibt sie immerhin eine Größenordnung zu wirtschaftlichen Einbußen durch Produktionsausfälle, Ernteverluste, Schäden an Gebäuden, Straßen, Bahnlinien, Rechenzentren etc. an.

Zum Vergleich die Kosten für die CO2-Kompensation: Bei atmosfair, dem Testsieger für CO2-Kompensation der Stiftung Warentest, kostet es 25 Euro, eine Tonne CO2 einzusparen. Mit den Einnahmen aus Kompensationszahlungen fördert atmosfair Solarenergie, Wasserkraft und Biogas. Da die Organisation gemeinnützig ist, lässt sich der Betrag für die CO2-Kompensation steuerlich absetzen.

Beachten Sie | Umweltschützer, die diese Praxis hinterfragen, kritisieren vor allem, dass Unternehmen sich auf billige Art von ihrer Verantwortung freikaufen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir von einer klimaneutralen Wirtschaft noch sehr weit entfernt sind und Kompensation an sich nichts Schlechtes ist. Kanzleien, die sich für die CO2-Kompensation entscheiden, sollten sehr gut begründen, warum sie diesen Weg gehen. Um nicht des Greenwashings verdächtigt zu werden, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass alle anderen Möglichkeiten der CO2-Reduktion aktiv ausgeschöpft worden sind. Kompensiert werden nur Emissionen, die sich wirklich nicht vermeiden lassen.

Passendes Nachhaltigkeitsprojekt auswählen

Zusätzlich zur CO2-Kompensation ist jede Spende für nachhaltige Projekte begrüßenswert, die nach ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) ausgewählt werden. Statt Spenden nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen, ist es sinnvoll, sich eine Corporate-Social-Responsibility-Strategie (CSR-Strategie) zu überlegen, sich für ein Projekt zu entscheiden und dieses über einen mehrjährigen Zeitraum zu fördern. So verankert sich in den Köpfen von Mandanten und Zivilgesellschaft, dass die Kanzlei sich für etwas Besonderes engagiert. Um glaubwürdig zu sein, sollte das ausgewählte Projekt zur Kanzlei passen. Es gibt zwei Ansätze:

  • Standort: Für Kanzleien, die an ihrem Standort fest verwurzelt sind und dort ihre Mandantschaft haben, eignen sich kommunale Projekte besonders gut. Die Nationale Klimaschutzinitiative hilft bei der Suche (iww.de/s11330).
  • Inhalt: Hier können Projekte ortsunabhängig, aber passend zur Spezialisierung gefördert werden: Eine Kanzlei für Familienrecht kann z. B. für ein Kinderschutzprojekt spenden. Bei Migrationsrecht bietet sich ein Flüchtlingsprojekt an, bei Baurecht ein gemeinnütziges Bauprojekt, bei Strafrecht ein Projekt zur Persönlichkeitsentwicklung von Strafgefangenen etc.

Mit dem eigenen Nachhaltigkeitsprojekt werben

Es mag edel sein, still zu spenden und kein weiteres Wort darüber zu verlieren. Für die Imagebildung gilt jedoch: Tue Gutes und rede darüber. Noch haben die wenigsten Kanzleien auf ihrer Homepage eine Unterseite zu Nachhaltigkeit. Doch genau dies wäre der Platz für die Dokumentation der Spenden und anderer Nachhaltigkeitsprojekte. Auch sind die meisten Kanzleien zu klein, um nach der EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vom 14.12.22 zur Nachhaltigkeit berichtspflichtig zu sein (iww.de/s11333). Dennoch kann es sich lohnen, einen eigenen Nachhaltigkeitsbericht zu schreiben und auf der Website oder über Social Media zu veröffentlichen.

Beachten Sie | Wer ein Projekt lange fördert – sei es durch Spenden von Zeit, Geld oder Material –, macht sich auch gegenüber den Medien glaubwürdig. Lokale Zeitungsredaktionen schicken bei Scheck- oder Spendenübergaben eher einen Fotografen, wenn die Unterstützung bereits in der Kommune bekannt ist. Auch spielt die Höhe eines Schecks oder der Wert einer Sachspende eine Rolle. Vierstellig sollte er schon sein, um einen Fotografen anzulocken.

Wunsch nach Sinnhaftigkeit am Arbeitsplatz steigt

Es ist immer wieder zu hören, dass vor allem junge Menschen ihren Arbeitgeber nach dessen Engagement für Nachhaltigkeit auswählen. Das stimmt nur zum Teil und trifft vor allem auf diejenigen zu, die sich bereits für Umwelt- und Klimaschutz engagieren. Inzwischen zeigen Studien, dass Nachhaltigkeit als Teil der Arbeitgebermarke überschätzt wird. Ein gutes Gehalt, eine ausgeglichene Work-Life-Balance und die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen, sind vielen Bewerbern wichtiger als das grüne Gewissen. Dennoch steigt der Wunsch, das Arbeitsleben mit etwas Sinnvollem zu verbringen.

Beachten Sie | Nun dürften Kanzleien grundsätzlich das Gefühl haben, dass ihre Arbeit sinnvoll ist. Sich zusätzlich am Arbeitsplatz in einem Greenteam (iww.de/s11334) zu engagieren, hebt das Gefühl der Sinnhaftigkeit jedoch auf eine weitere Stufe. In diesen Teams schließen sich Beschäftigte freiwillig zusammen, um sich für mehr Nachhaltigkeit einzusetzen. Projekte sind z.  B.

  • das Erstellen einer CO2-Bilanz,
  • das Schreiben eines Nachhaltigkeitsberichts,
  • eine neue Dienstwagenverordnung,
  • der Umstieg auf erneuerbare Energien oder
  • die ökologische Umgestaltung der Kanzleiräume.

Imagebildung und Arbeitgebermarke stärken

Meist entstehen diese Greenteams nicht von selbst. In Kanzleien, die das grüne Engagement fördern möchten, sollte daher eine Führungskraft zu ersten Treffen eines Greenteams einladen und möglichst einen Besprechungsraum zur Verfügung stellen. In einem überschaubaren Rahmen kann das freiwillige Engagement während der Arbeitszeit stattfinden. Möglich ist, ein Budget zur Verfügung zu stellen, z. B. für eine E-Bike-Ladestation. Greenteams arbeiten besonders kreativ, wenn sie dem Führungspersonal nicht Bericht erstatten müssen. Sie brauchen Platz für Selbstorganisation und eigene Interessen. Führungskräfte können darauf vertrauen, dass Mitarbeiter oft Dinge tun, die der Kanzlei zugutekommen.

Demotivierend ist, wenn sich der Arbeitgeber mit den Errungenschaften des Greenteams schmückt. Wird eine Wallbox installiert, kann die Geschäftsführung in der Öffentlichkeit zwar zeigen, dass sie stolz darauf ist. Doch sollte sie sich davor hüten, das Projekt als das eigene zu präsentieren. Völlig deplatziert ist, bei einem Aktionstag zum Müllsammeln zu fragen, ob der eigentliche Job schon erledigt ist. Das ist das „Aus“ für jedes freiwillige Engagement.

Beachten Sie | In diesem Zusammenhang spielt die Arbeitgebermarke eine Rolle. Für Mitarbeiter, die sich für Klima- und Umweltschutz stark machen, ist die Teilnahme an einem Greenteam durchaus ein Argument, sich an einen Arbeitgeber zu binden und im Freundes- und Familienkreis positiv über ihn zu berichten. Für die Imagebildung haben Greenteams einen weiteren Vorteil: Sie sind authentisch nachhaltig. Sie beweisen, dass eine Kanzlei kein Greenwashing betreibt, sondern es mit der Nachhaltigkeit ernst meint. Nur dann strahlt sie auf die Attraktivität des Arbeitgebers aus.

AUSGABE: AK 1/2025, S. 11 · ID: 50109038

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