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Aktuelle GesetzgebungDiese 9 wichtigen Steueränderungen enthält das JStG 2024 für Anwälte

Top-BeitragAbo-Inhalt19.12.202410 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Trotz der aktuellen Regierungskrise ist im November 2024 das Jahressteuergesetz (JStG) 2024 verabschiedet worden (Abruf-Nr. 245271). Dieses enthält über 130 Einzelmaßnahmen, die zum Teil auch die Besteuerung von Anwälten betreffen. AK hat deshalb für Sie das JStG analysiert und neun wichtige Änderungen zusammengestellt. |

1. Grundfreibetrag rückwirkend zum 1.1.24 angehoben

Um das Existenzminimum von der Besteuerung zu verschonen, werden bis zur Höhe des Grundfreibetrags keine Steuern erhoben. Zwar wurde der für 2024 geltende Grundfreibetrag bereits auf 11.604 EUR angehoben. Das genügte jedoch nicht. Nun erfolgte eine weitere Anhebung – rückwirkend ab dem 1.1.24 – auf 11.784 EUR (plus 180 EUR). Das spart jährlich 25 EUR Steuern zzgl. Soli und Kirchensteuer. Für verheiratete Anwälte verdoppelt sich die Entlastungswirkung.

Beachten Sie | Der Grundfreibetrag soll künftig weiter steigen: Für 2025 beträgt er 12.096 EUR (+ 312 EUR) und für 2026 12.348 EUR (+ 252 EUR) geplant. Der Höchstbetrag für Unterhaltsaufwendungen (§ 33a Abs. 1 EStG) wurde ebenfalls auf 11.784 EUR angehoben und ab 2025 sind nur noch unbar oder als Sachleistung geleistete Unterhaltsaufwendungen abzugsfähig. Bisher wurden auch Barzahlungen anerkannt.

Der angehobene Grundfreibetrag bedeutet auch, dass Anwälte für alle bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer seit der Lohnabrechnung für Januar 2024 zu viele Steuern einbehalten und abgeführt haben. Grundsätzlich müssten deshalb alle Lohnabrechnungen seit Januar 2024 korrigiert werden (§ 41c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG). Das ist zum Glück nicht erforderlich. Denn § 52 Abs. 32a EStG bestimmt, dass die Entlastung mit voller Nachholwirkung in der Lohnabrechnung für Dezember 2024 zu berücksichtigen ist. Aus diesem Grund werden von der Finanzverwaltung für den Lohnsteuerabzug für Dezember 2024 gesonderte Programmablaufpläne aufgestellt, die die entsprechende Änderung berücksichtigen.

2. Kinderfreibetrag rückwirkend zum 1.1.24 angehoben

Wer Kinder hat, profitiert entweder vom Kindergeld (derzeit 250 EUR pro Monat und Kind) oder von steuerlichen Freibeträgen (derzeit 9.312 EUR pro Jahr und Kind). Weil nicht beides gewährt und das Kindergeld Monat für Monat durch die Familienkasse ausgezahlt wird, führt das FA eine Günstigerprüfung durch. Bedeuten die Freibeträge eine größere Entlastung als das Kindergeld, mindern die Freibeträge das zu versteuernde Einkommen und das ausgezahlte Kindergeld wird auf die Steuer aufgeschlagen. Bei Anwälten führen regelmäßig die Freibeträge zu einer größeren Entlastung, weil sie über ein hohes zu versteuerndes Einkommen verfügen. Die Freibeträge für Kinder wurden nun rückwirkend ab 2024 auf 9.540 EUR angehoben (+ 228 EUR). Bei einem Grenzsteuersatz von 42 % bietet das eine Steuerentlastung von 96 EUR.

Beachten Sie | Das Kindergeld wird in 2025 um monatlich 5 EUR und ab 2026 um monatlich weitere 4 EUR angehoben. Zudem werden die Freibeträge ab 2025 um 60 EUR und ab 2026 um weitere 156 EUR steigen („Steuerfortentwicklungsgesetz“).

3. Abzug von Kinderbetreuungskosten ab 2025 verbessert

Werden Dritte in die Betreuung der Kinder eingebunden, z. B. eine Kindertagesstätte oder eine Tagesmutter, kostet das Geld. Allerdings sind Kinderbetreuungskosten als Sonderausgabe von der Steuer abzugsfähig, wenn das Kind das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, für die Aufwendungen eine Rechnung vorliegt und diese unbar bezahlt wurde (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Bisher betrug der Sonderausgabenabzug zwei Drittel der Aufwendungen und maximal 4.000 EUR pro Kind. Ab 2025 sind nun 80 % der Aufwendungen und maximal 4.800 EUR pro Kind abzugsfähig.

Wichtig | Die Aufwendungen werden in der Steuererklärung in der Anlage Kind in voller Höhe eingetragen. Die Kürzung auf zwei Drittel bzw. 80 % der Aufwendungen und der Vergleich mit dem Höchstbetrag erfolgt automatisch durch das FA. Zudem können Arbeitgeber gemäß § 3 Nr. 33 EStG viele Kinderbetreuungskosten steuer- und beitragsfrei übernehmen (z. B. steuerfreie Kindergartenzuschüsse in: AK 23, 70). Das gilt sowohl für die normalen in der Kanzlei beschäftigten Mitarbeiter als auch für angestellte Anwälte.

4. Buchwertübertragung zur Schwesterpersonengesellschaft

Manche Kanzleien splitten unterschiedliche Tätigkeitsfelder auf und gründen für jeden Bereich eine eigene Personengesellschaft. An dieser sind immer zu gleichen Teilen die gleichen Anwälte beteiligt (personen-/beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften). In diesem Fall kommt es häufig vor, dass Wirtschaftsgüter von einer Gesellschaft nicht mehr benötigt werden, wohl aber von der anderen. Die Praktikerlösung lautet dann: Das Wirtschaftsgut wird ab sofort einfach der anderen Gesellschaft gegeben. Das FA akzeptierte das jedoch bisher nicht und forderte, dass die in dem Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt und versteuert werden müssen. Damit ist nun Schluss. Nachdem schon das BVerfG geurteilt hatte, dass eine Buchwertfortführung möglich ist, wurde dies nun mit § 6 Abs. 5 Nr. 4 EStG ins Gesetz aufgenommen. Es werden keine stille Reserven aufgedeckt.

Beispiel

Kanzlei A wird von der A-GbR geführt. An dieser sind A und B zu jeweils 50 % beteiligt. Kanzlei B wird von der B-GbR geführt. An dieser sind ebenfalls A und B zu jeweils 50 % beteiligt. Der A-GbR gehört ein Firmenwagen. Dessen Buchwert beträgt 1 EUR und der tatsächliche Wert 35.000 EUR. Weil die A-GbR den Pkw nicht benötigt, wird er in das Vermögen der B-GbR überführt.
Lösung: Bisher musste die A-GbR einen Gewinn von 34.999 EUR versteuern und die B-GbR den Pkw mit 35.0000 EUR abschreiben. Nun ist eine steuerneutrale Übertragung zu Buchwerten möglich, weil der Vorgang unentgeltlich erfolgt und es sich um beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften handelt.

5. E-Bilanz: Übermittlungspflichten ab 2025/2028 verschärft

Manche Anwaltskanzleien ermitteln den Gewinn freiwillig oder verpflichtend durch Bilanzierung. Die Pflicht besteht z. B., wenn die Kanzlei in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt wird. Bei Bilanzierung muss die Kanzlei dem FA den Inhalt der Bilanz sowie den Inhalt der Gewinn- und Verlustrechnung gemäß § 5b EStG elektronisch übermitteln (E-Bilanz). Das ist gängige Praxis und allseits bekannt. Neu ist, dass diese Übermittlungspflicht erweitert wurde:

Praxistipp | Die verschärfte Übermittlungspflicht gilt auch, wenn direkt eine Steuerbilanz übermittelt wird. Die Pflicht gilt zudem für jede für steuerliche Zwecke erstellte Bilanz, auch z. B. für eine Eröffnungsbilanz (§ 5b Abs. 1 S. 3, 4 EStG).
  • Für alle Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.24 beginnen (§ 52 Abs. 11 S. 2 EStG), ist die E-Bilanz um den unverdichteten Kontennachweis mit Kontensalden zu ergänzen.
  • Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.27 beginnen (§ 52 Abs. 11 S. 3 EStG), ist die E-Bilanz um den Anlagenspiegel und das Anlagenverzeichnis zu ergänzen. Gleiches gilt für die Verzeichnisse i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 EStG und – wenn vorhanden – für den Anhang, den Lagebericht und den Prüfungsbericht zur Bilanz.

6. Versorgungswerkbeiträge ab 2028 digital übermittelt

Leisten Rechtsanwälte Beiträge ans Versorgungswerk, ist der Beitrag gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in voller Höhe als Sonderausgabe abzugsfähig. Bisher mussten die Beiträge oft durch eine Papierbescheinigung nachgewiesen werden. Das macht nicht nur Arbeit, sondern kann auch dazu führen, dass ein Abzug der (oft hohen!) Beiträge vergessen wird. Das ändert sich künftig. Denn gemäß § 10 Abs. 2c EStG muss das Versorgungswerk die Vorsorgeaufwendungen, die nach dem 31.12.27 geleistet oder erstattet werden, dem FA nach Maßgabe des § 93c AO elektronisch übermitteln. Das sorgt einerseits für einen Bürokratieabbau bei einer ansonsten digitalen Steuererklärung und führt andererseits dazu, dass die steuermindernden Beitragszahlungen nicht mehr verloren gehen können.

7. Steuerfreiheit von PV-Anlagen auf Kanzlei ab 2025 erweitert

Befindet sich auf der Kanzlei eine PV-Anlage, unterliegen die dadurch realisierten Einnahmen und Entnahmen grundsätzlich der Besteuerung. Eine Ausnahme gilt, wenn die PV-Anlage unter § 3 Nr. 72 S. 1 EStG fällt. Dann sind die Einnahmen und Entnahmen steuerfrei und parallel ist insoweit der Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen (Details hierzu enthält das BMF-Schreiben vom 17.7.23, IV C 6 - S 2121/23/10001 :001, Abruf-Nr. 236439).

Bislang handelt es sich um eine steuerfreie PV-Anlage auf der Kanzlei, wenn die Leistung der PV-Anlage nicht mehr als 30 kWp beträgt. Sollte sich in dem Gebäude jedoch nicht nur die Kanzlei befinden, sondern sind dort auch weitere Wohn- oder Gewerbeeinheiten vorhanden, gilt eine Grenze von 15 kWp je Einheit und maximal 100 kWp. Bei einer Immobilie mit einer Einheit für die Kanzlei und zwei darüber liegenden Wohneinheiten dürfen also bis zu 45 kWp installiert werden, damit für die PV-Anlage die Steuerbefreiung gilt.

Neu ist, dass ab 2025 eine einheitliche Grenze von bis zu 30 kWp je Wohn- bzw. Gewerbeeinheit gilt, aber wie bisher maximal insgesamt 100 kWp. Besteht das Gebäude also aus einer Gewerbe- und zwei Wohneinheiten, können auf diesem deshalb ab sofort bis zu 90 kWp (bisher 45 kWp) steuerfrei betrieben werden.

Praxistipp | Die angehobenen Grenzwerte gelten nicht für Bestandsanlagen. Sie finden nur für die PV-Anlagen Anwendung, die nach dem 31.12.24 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden (§ 52 Abs. 4 S. 29 EStG). Das eröffnet aber Gestaltungspotenzial. Besteht bereits eine PV-Anlage, die derzeit nicht begünstigt ist, aber nach der Neuregelung begünstigt wäre, kann über eine Erweiterung der PV-Anlage die verbesserte Steuerbefreiung genutzt werden.

8. Gewerbesteuer: neue Grundstückskürzung ab 2025

Nicht oft, aber manchmal unterliegt der Gewinn der Kanzlei der Gewerbesteuer. Dies ist z. B. der Fall, wenn berufsfremde Personen Gesellschafter sind, die Kanzlei in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt wird oder die Kanzlei an einer Personengesellschaft beteiligt ist, die gewerbliche Einkünfte erzielt. Das Problem dabei ist: Der Kanzleigewinn unterliegt der Gewerbesteuer und parallel zahlt die Kanzlei für die Immobilie, in der sie sich befindet, Grundsteuer. Um diese Doppelbelastung abzufedern, gibt es die in § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG verankerte Grundstückskürzung. Diese basiert auf dem Einheitswert des Grundstücks und beträgt, vereinfacht gesagt, 1,2 % des zuvor mit 140, 250, 400 oder 600 % angesetzten Einheitswerts.

Zwar wurde die Kürzung ab dem Erhebungszeitraum 2025 nicht abgeschafft, aber sie wurde grundlegend verändert. Denn ab dem Erhebungszeitraum 2025 spielt der Einheitswert für die Kürzung keine Rolle mehr. Die neue Kürzung stellt nun auf die in dem jeweiligen Erhebungszeitraum als Betriebsausgabe erfasste Grundsteuer für zum Betriebsvermögen der Kanzlei gehörenden Grundbesitz ab. Und genau diese ist ab dem Erhebungszeitraum 2025 zu 100 % als Kürzung zu berücksichtigen. Maßgebend ist, wie bisher auch, dass der Grundbesitz, für den die Grundsteuer gezahlt wird, zum Betriebsvermögen der Kanzlei gehört. Befindet sich die Kanzlei folglich in gemieteten Räumen und wird für diese Grundsteuer gezahlt, lässt sich diese Grundsteuer nicht als Kürzung geltend machen.

Praxistipp | Die Grundstückskürzung blieb in der Gewerbesteuererklärung in der Vergangenheit oft über Jahre hinweg identisch und wurde in der Praxis deshalb oft nicht überprüft. Anwälte sollten folglich darauf achten, dass ab dem Erhebungszeitraum 2025, also in der Gewerbesteuererklärung für 2025, eine Anpassung erfolgt. Denn der Vorjahreswert ist in jedem Fall falsch.

9. Privilegien bei GrESt von Personengesellschaften bis 2026

Die Beratung von Personengesellschaften hat in letzter Zeit häufig wegen § 713 BGB für Kopfzerbrechen gesorgt. Denn durch diese Vorschrift ist seit dem 1.1.24 zivilrechtlich das Gesamthandsprinzip für rechtsfähige Personengesellschaften entfallen. Das Problem ist: Bis zum 31.12.23 gab es für rechtsfähige Personengesellschaften viele Begünstigungen beim Transfer von Immobilien zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft, z. B. auf Basis der §§ 5, 6 GrEStG. Grundlage der Begünstigungen war jedoch das Gesamthandsprinzip. Weil dieses ab 2024 für rechtsfähige Personengesellschaften abgeschafft worden ist, hätten die in der Praxis sehr bedeutsamen Privilegien zur Nichterhebung der Grunderwerbsteuer an sich nicht mehr genutzt werden können.

Um das zu verhindern, wurde bereits mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz § 24 GrEStG eingeführt. Danach sind rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen anzusehen – bis zum 31.12.26. Damit lassen sich zumindest befristet bis zum 31.12.26 die Privilegien der §§ 5, 6 GrEStG noch nutzen. Wie es danach weitergeht, ist offen.

Was § 24 GrEStG bisher nicht beantwortet hat, ist die Frage: Kommt es zum 1.1.27 aufgrund des Wechsels der Besteuerungssystematik automatisch zu einem Verstoß gegen noch laufende Nachbehaltensfristen (§ 5 Abs. 3 S. 1, § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG) und damit zu einer Nachversteuerung bei bereits vor dem 1.1.27 erfolgten Übertragungen? Dieses Risiko stand bisher im Raum und wurde nun das JStG 2024 gebannt. Denn der neue § 23 Abs. 27 GrEStG besagt, dass § 5 Abs. 3 S. 1 und § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG für bis zum 31.12.26 verwirklichte Übertragungen mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass anstelle des Vermögens der Gesamthand das Gesellschaftsvermögen tritt. Die Nachbehaltensfristen für vor dem 1.1.27 vorgenommene Übertragungen laufen also weiter und werden nur verletzt, wenn sich innerhalb dieser Frist – wie bisher auch – der Anteil am Gesellschaftsvermögen vermindert.

Beispiel

A ist Eigentümer eines Grundstücks. Dieses überträgt er 2026 auf eine OHG. An der OHG ist A zu 75 % beteiligt – die restlichen Anteile gehören B.
Lösung: Die Übertragung unterliegt der GrESt. Die Steuer wird i. H. v. 75 % nicht erhoben, da A in diesem Umfang am Vermögen der OHG beteiligt ist (§ 5 Abs. 2 i. V. m. § 24 GrEStG). Die Nachbehaltensfrist von zehn Jahren (§ 5 Abs. 3 S. 1 GrEStG) wird durch den zum 1.1.27 erfolgenden Systemwechsel nicht verletzt. Sollte A jedoch innerhalb der zehnjährigen Frist seinen Anteil an der Gesellschaft verringern, liegt – wie bisher – ein Verstoß vor und es kommt zu Nachversteuerung.

AUSGABE: AK 1/2025, S. 14 · ID: 50265073

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