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EBM & GOÄManuelle Medizin (oder Chirotherapie) in der Hausarztpraxis

Abo-Inhalt04.11.20229943 Min. LesedauerVon Sandra van der Walle, Abrechnungsexpertin und MFA-Prüferin, Steinfurt

| Seit dem 01.10.2022 ersetzt im EBM der Begriff „Manuelle Medizin“ den Vorgänger „Chirotherapie“. Aus dem „chirotherapeutischen Eingriff” wurde ein „manualtherapeutischer Eingriff”. Für Vertragsärzte, mit der Zusatzbezeichnung Manuelle Medizin oder Chirotherapie ändert sich durch die neue Begrifflichkeit nichts. Erfahren Sie, was Sie für Ihr Praxisangebot in diesem Bereich wissen und bedenken sollten. |

Die Manuelle Medizin (Chirotherapie) ist eine Kassenleistung

Die beiden EBM-Nrn. 30200 (Manualtherapeutischer Eingriff an einem oder mehreren Extremitätengelenken; 48 Punkte) und 30201 (Manualtherapeutischer Eingriff an der Wirbelsäule; 71 Punkte) sind jeweils einmal je Sitzung und zweimal im Behandlungsfall abrechenbar. Ist bei der Nr. 30201 nach zweimaliger Behandlung kein ausreichender Effekt erzielt worden, kann im Ausnahmefall jede weitere Behandlung mit ausführlicher Begründung zur Segmenthöhe, Blockierungsrichtung, muskulären reflektorischen Fixierung und den vegetativen sowie neurologischen Begleiterscheinungen abgerechnet werden.

Praxistipp | Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Chirotherapie bzw. Manuelle Medizin sind berechtigt, auch Leistungen der Physikalischen Therapie aus dem Kapitel 30.4 des EBM abzurechnen, also z. B. die EBM-Nr. 30400!

Die Massagetherapie zählt zu den Heilmitteln

Die Massagetherapie nach Nr. 30400 (74 Punkte) ist eine Weichteilbehandlung von Gewebsveränderung (Verklebungen/Verspannungen z. B. der Muskeln und Faszien) oder Bindegewebsmassage. Daher gilt sie in Kombination mit der Manuellen Medizin oder als Einzeltherapie bei Lumbalgien als effektiv und ist zudem mit einer Prüfzeit von vier Minuten durchaus lukrativ.

Merke | Beachten Sie, dass die Nr. 30400 zu den Heilmitteln zählt und Patienten hier eine Zuzahlung in Höhe von derzeit 1,76 Euro je Behandlung zu leisten haben. Dieser Betrag wird von der KV einbehalten und an die Krankenkassen abgeführt („Abzüge für Heilmittel” in der Honorarabrechnung). Die Zuzahlung ist vom Patienten direkt einzubehalten und zu quittieren, sie verbleibt in der Praxis. Keine Zuzahlung müssen Patienten leisten, die minderjährig sind, Schwangere, Versicherte der Postbeamtenkrankenkasse A sowie Patienten, die eine Befreiungsbescheinigung ihrer Krankenkasse vorlegen. In diesem Fall wird die Nr. 30400 mit einem A hinter der Position gekennzeichnet.

Krankengymnastik-Positionen, wenn Bewegungsbad möglich

Denkbar ist auch der Ansatz der Positionen für Krankengymnastik. Für die Nrn. 30420 bzw. 30421 muss ein Bewegungsbad als fakultativer Leistungsinhalt möglich sein (ggf. auch andernorts, siehe AAA 01/2019, Seite 5). Zudem sind die Prüfzeiten von 12 Minuten (Nr. 30420) bzw. 4 Minuten (Nr. 30421) zu beachten.

Merke | Beachten Sie, dass in vielen KVen die Manuelle Medizin im Hausarztbereich zum Qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen (QZV) gehört, was eine geringere Honorarbudgetierung bedeutet. Die physikalischen Leistungen können hingegen in einigen KVen bei Überschreitung zu Abzügen im Regelleistungsvolumen (RLV) führen (Ausnahme ist z. B. die KV Niedersachsen, wo ein QZV auch für die physikalische Therapie gilt). Denkbar wäre auch, auf die Genehmigung der KV zu verzichten und Manuelle Medizin ausschließlich als reine Privatleistung anzubieten. In diesem Fall sollten Sie eine Privatsprechstunde anbieten, die klar von den kassenärztlichen Sprechzeiten zu trennen ist.

Abrechnung bei Privatpatienten

In der GOÄ kommen für die Abrechnung der Manuellen Medizin oder Chirotherapie grundsätzlich die Nrn. 1, 4, 5, 7, 8, 800, 831, 3305, 3306, 523 sowie 510 GOÄ infrage. Nr. 510 GOÄ (70 Punkte) bezeichnet eine „Übungsbehandlung“, die als Teilbehandlung zur Mobilisierung eines gelenktragenden Körperteils eingesetzt werden kann. Da sich die Nrn. 3305 und 3306 GOÄ auf die gesamte Wirbelsäule beziehen und eine Mehrfachabrechnung dieser Positionen nicht möglich ist, empfiehlt es sich, bei der Behandlung in mehreren Abschnitten diesen Mehraufwand über den Faktor abzubilden (mögliche Begründungen wären z. B „erhöhter Zeitaufwand“ oder „Behandlung mehrerer Abschnitte“).

Anders als im EBM gibt es in der GOÄ keine gesonderte Ziffer für den Eingriff an den Extremitäten, hier wäre der Ansatz der Nr. 3306 analog GOÄ möglich. Auf diese Weise ist sozusagen auch eine „zweifache“ Berechnung der Nr. 3306 GOÄ möglich.

Praxistipp | Nehmen Sie beim Ansatz der Nr. 3306 analog GOÄ eine klare Benennung der Gelenke und der Wirbelsäulenabschnitte vor, um eine Kürzung/Nachfrage durch Kostenträger zu vermeiden.

IGeL

Ergänzend zur Manuellen Medizin können weitere osteopathische Techniken angewandt werden, die jedoch nicht Teil des GKV-Leistungskatalogs sind. Diese können als IGeL angeboten werden mit einer gesonderten Honorarvereinbarung. Abgerechnet werden können in diesem Kontext dann z. B.

  • die Nrn. 3305 analog und 3306 analog GOÄ für manuelle Gelenk- und Weichteilbehandlung oder auch
  • die Nrn. 510 und 523 GOÄ auf Wunsch des Patienten.

Die Atlastherapie nach Arlen wird durch qualifizierte Ärzte ebenfalls als IGeL angeboten. Diese osteopathische Leistung wird durch einige Krankenkassen bezuschusst. Meist sind drei Behandlungen innerhalb von 14 Tagen notwendig, um den erwünschten Therapieeffekt zu erzielen. Die Abrechnung ist auch hier mit Nr. 3306 analog GOÄ (ggf. auch durch die „zweifache“ Berechnung, originär und analog und/oder mit Faktorsteigerung).

Weiterführende Hinweise
  • ABC der Abrechnung: „Z“ – Zervikalsyndrom (AAA 06/2022, Seite 17)
  • Massagen und KG in der Hausarztpraxis (AAA 06/2013, Seite 8)
  • Mitteilung der KBV vom 29.09.2022 zur EBM-Anpassung des Begriffs „Chirotherapie“ in „Manuelle Medizin“ online unter iww.de/s7167

AUSGABE: AAA 11/2022, S. 7 · ID: 48706602

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